- Ja. Dabei geht es nicht nur um EU-Ausländer, sondern auch um andere. Bei Flüchtlingen und EUBürgern ist es sowieso nur bedingt möglich, die Einwanderung zu steuern. Wenn wir steuern wollten, dann könnten wir das nur bei Nicht-EU-Mitgliedern machen. Um das aber nachvollziehbar, vernünftig und vor allen Dingen unbürokratisch zu regeln, brauchen wir ein neues Einwanderungsrecht. - Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen nicht vor. Dann hat jetzt für die Landesregierung der Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Stefan Studt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung veranlasst werden, sich auf Bundesebene für die Schaffung eines modernen Einwanderungsrechts einzusetzen. Das tun wir schon - mit dem starken Rückenwind aus dem Landtag aber gern auch noch einmal mehr. Der Befund ist deutlich - wir haben es hier schon gehört -: Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, nach der der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung weiter abnehmen wird, ist die Sicherung der Fach
Hierzu hat die Frau Abgeordnete Midyatli - wie andere auch - ja schon entsprechend ausgeführt. Deutschland hat einen Bedarf an Fachkräften, der ohne Zuwanderung schon heute nicht mehr gedeckt werden könnte. Deutschland braucht daher Einwanderung von Menschen mit beruflicher Qualifikation im erwerbsfähigen Alter.
Das geltende Zuwanderungsrecht bietet schon viele Möglichkeiten und einen guten rechtlichen Rahmen für gewollte Zuwanderung. Die in allen Parteien im Bund geführte Diskussion um die Inhalte eines umfassenden Einwanderungsgesetzes ist inzwischen wegen anderer Aktualitäten und Präferenzen allerdings etwas zum Erliegen gekommen. Richtig ist jedoch: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Ich will daran erinnern: Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Niedersachsen am 6. März 2015 im Bundesrat einen Entschließungsantrag mit dem Titel „Einwanderung gestalten - Einwanderungsgesetz schaffen“ eingebracht. Mit diesem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, den Entwurf eines Einwanderungsgesetzes unter Berücksichtigung von zwölf Eckpunkten vorzulegen.
Die in dem Entschließungsantrag angesprochenen und zu berücksichtigenden Eckpunkte umfassen viele der für eine gelingende Zuwanderungsgestaltung und Zuwanderungsverwaltung notwendigen Aspekte wie zum Beispiel: Ermittlung und Festlegung des Einwanderungsbedarfs; Festlegung des Arbeitskräftebedarfs auf qualifizierte Arbeitskräfte, nicht nur Hochqualifizierte; Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials; Erfassung der Vorqualifikation bei Asylsuchenden; Vereinfachung des Familiennachzugs; Ausbau der Informations- und Beratungsangebote und Verbesserung der Möglichkeiten des Erwerbs der Deutschkenntnisse im In- und Ausland; Möglichkeiten eines sogenannten Spurwechsels in dem Verfahren; weitere Abschaffung der Vorrangprüfung für Asylbewerber und Geduldete; Aufenthaltsrecht für die Dauer einer Ausbildung für Asylbewerber und Geduldete, und zuletzt: Vereinfachung des Visumverfahrens. Es wird damit also schon ein breites Spektrum abgebildet.
Darüber hinaus ist meines Erachtens besonders bedeutsam der auch zum Ausdruck gebrachte Ansatz, dass die Änderung aufenthaltsrechtlicher Regelungen allein nicht ausreichend ist. Ein modernes Einwanderungsrecht muss auch arbeitsmarkt- und sozialpolitische Regelungen definieren.
Nach meiner fachlichen Einschätzung scheint mir der Drei-Länder-Entschließungsantrag für die Schaffung eines umfassenden Einwanderungsgesetzes ein geeigneter Weg zu sein. Ich fühle mich aber - das will ich an der Stelle sagen - durch diese Diskussion ermutigt, als Minister für Bundesangelegenheiten den Antrag wieder aus der Versenkung des Bundesratsverfahrens herauszuholen und die Fragen beziehungsweise Impulse, die wir im Ausschuss besprochen haben und die ich hier aus der Diskussion aufgenommen habe, noch einmal mitzunehmen und nach Mitstreitern zu suchen.
Ich will aber auch nicht verhehlen, dass dieser Prozess in Berlin ein schwieriger ist. Das wissen Sie auch. - Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Das Wort hat Frau Abgeordnete Birgit Herdejürgen.
Überraschung. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist einer der seltenen Fälle, in dem die Diskussion im Landtag die Diskussion im Ausschuss ergänzt hat und durch Überzeugungsar
beit bei uns Wirkung gezeigt hat. Nachdem es, was einzelne Formulierungen angeht, offensichtlich Missverständnisse gegeben hat, haben wir uns das noch einmal genau angesehen. Wir werden dem Änderungsantrag der FDP zustimmen. Insofern sind wir uns an dieser Stelle einig, zumindest was die große Mehrheit des Hauses angeht.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/3765 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei Gegenstimmen von den PIRATEN und der CDU ist dieser Änderungsantrag angenommen.
Ich lasse nun über die geänderte Beschlussfassung des Innen- und Rechtsausschusses abstimmen, das ist die Drucksache 18/2693 in der soeben geänderten Form. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Es ist nur noch die CDU-Fraktion, die dagegen ist. Die PIRATEN haben sich entschlossen zuzustimmen. Gibt es Enthaltungen? - Das sehe ich nicht.
Ich wünsche allen Abgeordneten und der Regierung einen schönen Abend. Wir sehen uns morgen um 10 Uhr wieder. Ich unterbreche die Tagung. Die Sitzung ist geschlossen.
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3727 (neu) - 2. Fassung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich vertrete heute zu diesem Punkt unsere erkrankte Kollegin Astrid Damerow, der ich von hier aus gute Genesung wünsche. Sie hat an der Ostseeparlamentarierkonferenz Ende August im vergangenen Jahr für die CDU-Fraktion in Rostock teilgenommen.
Ich werde mich daher in diesem Beitrag nach Kontakt mit Astrid Damerow auf vier wesentliche Punkte zu den Ergebnissen der Ostseeparlamentarierkonferenz beschränken:
Erstens. Der Konferenz gehören Vertreter elf nationaler, elf regionaler und fünf Parlamentsorganisationen an. Mit Vertretern der Stadt St. Petersburg und der Region Kaliningrad gehört sie zu den wenigen europäischen Gremien, an denen Vertreter Russlands der unteren politische Ebene teilnehmen. Dieses bietet gerade in Krisenzeiten die Möglichkeit, direkten Austausch zu pflegen und Kontakte zu vertiefen. Zudem wissen wir, dass es im Ostseeraum Probleme gibt, die nur gemeinsam gelöst werden können. Das an sich ist schon wertvoll und unterstreicht die Bedeutung der Konferenz.
Der aktuelle Ukrainekonflikt spielte natürlich in Rostock auch eine Rolle. So etwas kann auch nicht ausgeblendet werden. Gerade deshalb sind Gespräche untereinander umso wichtiger.
Zweitens. Schwerpunkt der letzten Konferenz und der Resolution war das Thema Gesundheitspolitik in allen Facetten. Es ist bemerkenswert, dass mit annähernd 50 Punkten oftmals ganz konkrete Vorschläge zur Verbesserung und Kooperation benannt worden sind. Die Ausgangslagen der einzelnen Nationen und Regionen sind höchst unterschiedlich, die Gesundheitssysteme oft komplett anders aufgestellt. Dennoch gibt es einen Grundkonsens in den Zielen. Deutlich wird auch, dass insbesondere durch die Entwicklung von E-Health-Projekten neue bislang nicht mögliche Chancen zur Verbesserung der Gesundheitsvorsorge aber auch von Behandlungen von Krankheiten entstehen. Entfernun
gen können problemlos überwunden werden, Gesundheits-Know-how kann Grenzen überschreiten, und Kosten können dazu noch reduziert werden. In bestimmten Fachbereichen wird E-Health die Gesundheitspolitik zum Vorteil der Patienten revolutionieren.
Drittens. Die Resolution greift auch die sich im Spätsommer anbahnende Flüchtlingssituation in Europa auf und formuliert humanitärer Grundsätze. Seitdem ist viel passiert. Die Lage in Schweden oder Deutschland, in Dänemark oder Polen hat sich höchst unterschiedlich entwickelt. Es bleibt abzuwarten, was in diesem Punkt der Beschluss wert ist. Die Entwicklungen in einzelnen Ländern geben großen Anlass zur Sorge, dass selbst der Minimalkompromiss nicht gehalten werden kann.
Viertens. Schleswig-Holstein versucht seit Jahren, die Jugendarbeit im Ostseeraum durch Institutionaliserung und Veranstaltungen durch die Ostseeparlamentarierkonferenz voranzubringen. Bis vor Kurzem sah es so aus, als ob dieses nicht durchsetzbar sein wird. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat selbst die Initiative ergriffen und ein Kieler-WocheJugendforum in den vergangenen zwei Jahren während der Kieler Woche initiiert und junge Gäste aus dem Ostseeraum dazu eingeladen. Das letzte Jugendforum hat zudem mit dem Thema „E-Health und Gesundheitspolitik“ eine Vorbereitung der Parlamentarierkonferenz aus Jugendsicht vorgenommen. Unterstützt wurde dieses in großartiger Weise durch den Landesjugendring. Ein besonderer Dank gilt auch der zweiköpfigen Delegation des KielerWoche-Jugendforums, die in Rostock für eine Verstärkung der Jugendaktivitäten geworben hat. Jetzt hat die Konferenz in der Resolution beschlossen, „den politischen Austausch unter jungen Menschen in der Ostseeregion zu vertiefen und die Einrichtung eines ständigen Ostseejugendforums zu unterstützen“. Dieses ist ein konkreter Hoffnungsschimmer, dass wir mit unserem gemeinsamen Ziel weiterkommen.
Die Ostseeparlamentarierkonferenz ist und bleibt ein wichtiges Gremium zur Formulierung von wichtigen gemeinsamen Zielen im Ostseeraum, die möglichst von den nationalen und regionalen Parlamenten umgesetzt werden sollten. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren „We shall overcome!“ Die 24. Ostseeparlamentarierkonferenz im vergangenen Jahr fiel zusammen mit dem Antikriegstag am 1. September. Der Tag, an dem Deutschland 1939 Polen überfiel und damit den Zweiten Weltkrieg anzettelte, gilt uns heute als mahnender Tag, für den Frieden in der Welt einzutreten. Mich bewegt immer wieder, dass wir uns heute, gut 76 Jahre später, mit Parlamentskolleginnen und Parlamentskollegen aus dem Ostseeraum treffen, um friedlich und solidarisch nach gemeinsamen Lösungen zu suchen - wie zuletzt in Rostock-Warnemünde in der Gesundheitspolitik.
Es „brennt“ an allen Ecken Europas. Nationale Egoismen brechen sich Bahn. Eine europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik ist nicht in Sicht. Eines unserer EU-Mitgliedsländer führt Grenzkontrollen ein. Ein anderes beschneidet Verfassungsgericht und Medien.
Und mancher hier im Saal mag - wir Europapolitiker kennen das schon - wie jedes Jahr schmunzeln über die Themen unserer Resolution. Dass Parlamente aber nach wie vor an gemeinsamen Lösungen interessiert sind und daran arbeiten, sollte niemand geringschätzen, denn die Bedeutung und allseitigen Vorteile grenzüberschreitender Zusammenarbeit hat die Ostseeparlamentarierkonferenz am Beispiel grenzüberschreitender Notfallversorgung eindrucksvoll belegt. Sie ist notwendig für die schnellstmögliche Versorgung - unabhängig vom Herkunftsland oder Gesundheitsanbieter.
Wer wüsste die Vorteile besser zu schätzen als Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner mit unserer Flensburger Grenzregion! Auch deshalb sind Grenzkontrollen das falsche Signal.
Die Ostseeparlamentarierkonferenz 2015 in Rostock-Warnemünde stand unter der Überschrift „Ostseeregion - Modellregion für Innovationen im Gesundheits- und Sozialwesen“. Modellregion sein heißt: vorangehen, Pionier sein und erkennen, dass wir die Ostseeregion nur gemeinsam wirtschaftlich nachhaltig entwickeln und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können, dass wir nur gemeinsam Chancen für Unternehmen und Beschäftigte auftun können. Das gilt in besondere Maße - Sie können die konkreten Punkte der Resolution entnehmen für die Gesundheitspolitik.
In Schleswig-Holstein gehen wir mit gutem Beispiel voran. Mit dem Projekt E-Health for Region, das an der FH Flensburg federführend von Professor Dr. Trill vorangetrieben wird, leisten wir bestes Networking im Ostseeraum.
Stolz können wir Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner auf den Auftritt unseres Vertreters aus dem Kieler Woche-Ostseejugendforum sein. Maximilian Priebe aus Lübeck hat haben in Rostock eindrucksvoll die Ergebnisse der Konferenz vom Juni 2015 hier bei uns im Landeshaus vorgestellt.
Ein wichtiger Punkt aus dem Ostseejugendforum findet sich in der Resolution wieder, wir haben ihn auch in unserem Antrag herausgestellt: die Gesundheits- und Suchtprävention. Ich habe die Diskussion im Jugendforum zur Kieler Woche miterlebt und bin sehr beeindruckt von der Tiefe und Ernsthaftigkeit der Diskussion unter den jungen Leuten. Das war die beste Werbung für die Etablierung eines ständigen Ostseejugendforums, was ebenfalls Bestandteil der Resolution ist.
Darüber hinaus haben wir klar Stellung in der Flüchtlingspolitik bezogen und unsere Solidarität bekundet mit den Flüchtlingen, die zur Flucht aus ihrer jeweiligen Heimat gezwungen sind. Thema der Resolution ist daher auch die würdevolle Behandlung der Flüchtlinge insbesondere in Bezug auf Unterbringung und Gesundheitsversorgung. Die BSPC hat auch hier die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Ostseeanrainer betont.