Protocol of the Session on December 18, 2015

Herr Präsident, wenn ich mich jetzt aufregen muss, darf ich auch parlamentarisch unzulässige Begriffe gebrauchen? Ich könnte das machen, obwohl das ja Unsinn ist.

(Unruhe)

Ich habe mich zu Herrn Dr. Breyer gemeldet, weil man unsinnige Erklärungen nicht einfach stehen lassen darf.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich komme gleich darauf zurück. Ich möchte dem Kollegen Harms nur empfehlen, sich damit zu beschäftigen, dass wir einen Bankenabwicklungsmechanismus haben. Unkontrolliert kann gar nichts mehr gehen. Die Ministerin hat darauf hingewiesen. Es gibt die Bail-in-Regeln. Ich will das jetzt nicht weiter ausführen; ich habe nur drei Minuten. Ich könnte Ihnen sonst erklären, dass Mechanismen geschaffen worden sind, um Chaos an den Finanzmärkten und Chaos bei den Banken zu verhindern. Aber darauf kommt es momentan nicht an. Ich würde mir wünschen, die HSH Nordbank wäre nicht die erste Großbank, bei der man diese Regeln anwenden und sozusagen am lebenden Körper experimentieren muss.

Kollege Breyer, ich empfehle Ihnen, sich einmal ein bisschen mit der Parlamentsgeschichte in Schleswig-Holstein zu beschäftigen und aus Ihrem Schneckenhaus herauszukommen, das Sie daran hindert, Realitäten wahrzunehmen.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir haben einen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank gehabt, der mit einer Empfehlung geendet hat, die in diesem Parlament einstimmig verabschiedet worden ist. Die lautete, dass die HSH Nordbank schnellstmöglich zu veräußern ist. Das Problem war nur, dass bei einer schnellstmöglichen

Veräußerung die Bedingung dabei war: möglichst vermögenschonend.

Nun hatten wir in der Zeit zwischen 2009 und 2015 keine Situation, wo die Vermögenslage - ich sage das einmal etwas untechnisch - der Bank so war, dass man sie mit einem nennenswerten Gewinn hätte veräußern können. Deshalb war die Idee - man kann sie für falsch oder richtig halten -: Wir warten ab, wir helfen der Bank, aus dem Tal des Jammers herauszukommen. Wenn sie dann im operativen Geschäft wieder deutlich hohe Renditen erzielt und Gewinne ausweist, würden wir in der Lage sein, einen Käufer zu finden, der bereit ist, einen nennenswerten Betrag zu leisten.

Was jetzt ins Werk gesetzt wird, folgt dieser Idee nach wie vor. Man entlastet die Bank von bestimmten Altlasten, macht sie etwas hübsch und erwartet, dass die etwas hübsch gemachte HSH Nordbank im Jahr 2018 einen Käufer findet, der bereit ist, dafür einen nennenswerten Betrag zu zahlen.

Man kann lange darüber diskutieren. Die Entlastung, die nicht vollständig stattfinden wird, macht die Bank aus meiner Sicht nicht so hübsch, dass sie sich vor Freiern nicht mehr retten kann. Im Gegenteil, wir werden sehen, dass das etwas Hübsch-Machen der Bank uns zwar beruhigt, aber nicht dazu führen wird, dass wir im Jahr 2018 einen Käufer finden werden, der bereit ist, einen nennenswerten Beitrag zugunsten der Kassen der Länder zu leisten und damit die Verluste zu minimieren.

Ich sage noch einmal: Die Wahrscheinlichkeit, dass wenn die Abwicklung im Jahr 2018 nach den bestehenden Kriterien stattfinden muss, es dann teurer wird, als wenn man die Bank im Jahr 2016 abzuwickeln beginnen würde, ist größer als die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht teurer wird. Um nicht mehr und nicht weniger geht es.

Bei all Ihren wunderbaren Transparenzgeschichten müssen Sie auch sehen, dass Banken wie andere Unternehmen am Geschäftsleben teilnehmen. Eine Erklärung über Geschäftsgeheimnisse, über die Aufstellung, könnte Mitbewerber - die Bank steht ja im Wettbewerb mit anderen Banken - dazu veranlassen, sich genauso zu verhalten, sodass der Wunsch, der hinter der Operation steht, nämlich die Bank am Markt wieder so zu platzieren, dass sie veräußerungsfähig ist, konterkariert werden könnte, wenn die Mitbewerber wissen, wie sich die HSH Nordbank positioniert und aufstellt.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Mein letzter Satz. - Da können sie unter Umständen mit Kampfkonditionen und anderen Dingen mehr dazu beitragen, dass die Bank keine nennenswerten Geschäftsabschlüsse mehr tätigen kann, was auch nicht im Interesse der Eigentümer, des Landes Schleswig-Holstein und auch nicht im Interesse der Parlamentarier liegen kann.

Herr Kollege Breyer, Ihnen das zu erklären, wird wahrscheinlich auch meine Fähigkeiten übersteigen und die Zeit, die wir mit Ihnen in diesem Parlament noch haben, deutlich ausschöpfen. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der nächste Redner ist der Abgeordnete Torge Schmidt.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann durchaus nachvollziehen, dass es sehr unbefriedigend ist, dass es in der Vergangenheit zum Beispiel für die Verantwortlichen der HSH Nordbank keine Konsequenzen gegeben hat. Aber so ist das nun einmal in Strafverfahren, wenn Sie vor Gericht stehen und freigesprochen werden.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Das Verfahren ist beim BGH anhängig. Nichtsdestotrotz, solange es keine Verurteilung gibt, ist das sehr unbefriedigend für denjenigen, der Konsequenzen einfordert.

Das Interessante ist ja - Herr Breyer hat das eben angesprochen -, es wurden noch keine Konsequenzen auf europäischer beziehungsweise auf Bundesebene getroffen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Dem möchte ich widersprechen. Es sind ja Regeln als Konsequenz aus der Finanzmarktkrise geschaffen worden. Unter anderem ist die Konsequenz auf europäischer Ebene gezogen worden, dass zum Beispiel Anteilseigner mit ihrem Kapital haften und im Sanierungsfall Geld hineingeben müssen, was uns das Genick bricht, weil wir Anteilseigner sind.

(Unruhe)

Das habe ich dem Kollegen Breyer im Vorfeld auch gesagt.

(Wortmeldung Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN] - Heiterkeit und Zurufe SPD)

Nichtsdestotrotz glaube ich, dass die Entscheidung nach wie vor sehr kompliziert und schwierig ist. Der Kollege Dudda hat es zum Beispiel angesprochen. Ich kann durchaus nachvollziehen und verstehen, wenn Abgeordnete sagen, sie fühlten sich nicht ausreichend informiert, könnten die Tragweite der Entscheidung nicht überblicken und könnten deshalb nicht zustimmen. Das ist ein legitimes Argument. Wie gesagt: Man kann sachliche Argumente dafür finden.

Ich hoffe, dass der Weg der Finanzministerin aufgeht. Wenn wir die Bank bis 2018 für einen relativ kleinen Betrag verkaufen, ist es immer noch besser, als wenn die Bank abgewickelt wird. Trotzdem sehe ich sehr viele Risiken auf dem Weg. Ich bin nicht bereit, diese Risiken einzugehen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung Ihres Fraktionskollegen?

Gern.

Herr Dr. Breyer, Sie haben das Wort.

Ich bin ja transparent.

Herr Dr. Breyer, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Es ist vollkommen richtig, dass aus der Banken- und Finanzmarktkrise Konsequenzen gezogen wurden. Die Frage ist, ob sie ausreichend sind. Wenn dem so wäre, hätte sich der Fall HSH nicht wiederholen können. Der Grund dafür, dass die EU-Kommission jetzt die Abwicklung fordert, ist doch, dass die HSH Nordbank nicht überlebensfähig ist.

(Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Das heißt, wenn eine öffentliche Regionalbank überlebensfähig wäre, wäre es ihr auch heute nicht verboten, sich auf den globalen Kapitalmärkten zu verzocken. Damit habe ich begründet, warum aus meiner Sicht bezüglich der öffentlichen Regionalbanken nicht die erforderlichen Konsequenzen gezogen wurden.

(Unruhe - Glocke Präsident)

Herr Kollege Breyer, es ist so, dass Regelungen getroffen worden sind. Das ist zum Beispiel der Grund, aus dem die Europäische Kommission die Abwicklung gefordert hat. Darüber hinaus ist es heutzutage nicht mehr möglich, dass die HSH Nordbank Gewährträgerhaftung in Höhe von 65 Millionen € aufnehmen kann. Sie kann für ihre Kredite also keine Gewährträgerhaftung mehr in Anspruch nehmen. Das wird in der Zukunft nicht mehr passieren. Deshalb werden wir auch nicht mehr die Situation haben, dass die Bank mit Kapital geflutet wird, um ein neues Risiko einzugehen.

Nichtsdestotrotz ist es immer noch so, dass diese Bank am Markt agiert. Herr Kubicki hat es vorhin beschrieben. Ich habe es auch in anderen Reden schon gesagt. Schaut man sich zum Beispiel die Pressemitteilungen der HSH Nordbank an, liest man immer nur, dass in Immobilienfinanzierung gemacht wird. Wir alle wissen - das war damals auch das Problem in den USA -, dass dieses Klumpenrisiko, wenn die Zinsen wieder steigen, wenn sich erneut eine Blase bildet, der HSH Nordbank erneut das Genick brechen kann.

Das ist ein Kritikpunkt, den man durchaus vortragen kann. Das kann man aber nicht mit Gesetzen regulieren. Das Einzige, dieses Risiko zu verhindern, ist, aus dieser Bank auszusteigen. - Ich danke Ihnen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

Weitere Wortmeldungen aus dem Parlament sehe ich nicht. - Jetzt hat für die Landesregierung die Frau Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Am Mittwoch haben wir uns in der ersten Lesung bereits damit befasst, welche Entscheidungen heute zu treffen sind. Sie entscheiden

heute über einen neuen Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein und einem Änderungsstaatsvertrag.

Mit dem Änderungsstaatsvertrag ermächtigen wir die alte AöR, Kredite in Höhe von bis zu 10 Milliarden € aufzunehmen. Das entspricht der 2009 gegebenen Garantie. Für diese 10 Milliarden € bürgt das Land bereits jetzt.

Mit dem neuen Staatsvertrag legen wir die Grundlage für die Gründung einer neuen Anstalt. Diese bekommt eine Ermächtigung, notleidende Kredite bis zu einer Höhe von 6,2 Milliarden € anzukaufen.

In den Medien wurde heute Morgen der Eindruck erweckt, wir planten heimlich, dass die Anstalt künftig auch Zinskosten zahlen könnte. Ich empfehle: Raus aus der Heimlichkeit, hin zur vollen Transparenz! Schauen Sie in den Staatsvertrag, § 2 Absatz 4! Dort ist transparent festgeschrieben, dass die Anstalt für die Aufnahme von Krediten, also für Zinsen, aber auch für weitere laufende Geschäftstätigkeit, Kredite einsetzen darf. Es ist also nichts, was heimlich passiert, sondern in voller Transparenz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, in diesem Artikel wurde auch aus einem vertraulichen Umdruck zitiert. Da Sie, Herr Koch, heute die Zahl 2030 erwähnt haben, möchte ich in öffentlicher Sitzung etwas dazu sagen. Richtig ist, dass wir davon ausgehen, dass spätestens 2030 das Land komplett für den Schaden der HSH Nordbank aufkommen muss. Nach den Berechnungen unserer Berater würden die notleidenden Kredite dann vollständig abgewickelt. Dann ist es folgerichtig, das mit dem Landeshaushalt abzurechnen. Insofern ist die Zahl 2030 keine, über die man schweigen muss.