Protocol of the Session on December 18, 2015

halten, die sie im Zweifel an die Wand fahren würden.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es gibt zwei Punkte, wegen derer ich heute mit Nein stimmen werde.

Erstens bin ich im Hinblick auf den Zeitpunkt der Entscheidung anderer Auffassung als Sie, Frau Ministerin, anderer Auffassung auch als Sie, Herr Kollege Schmidt. Das Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz kennt gerade keine Befristung für die Errichtung einer Landesabwicklungsanstalt nach § 8 b. Das kann man anders sehen. Das haben wir miteinander diskutiert.

Zweitens - da komme ich sozusagen zum Apell des Kollegen Rother, ich müsste doch zustimmen, weil ich die Unterlagen eingesehen hätte, auch im Tresorverfahren -: Ja, ich habe sie eingesehen, und genau weil ich sie eingesehen habe

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- jawohl -, komme ich zu einer anderen Einschätzung, zu einer anderen Risikobewertung als die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Ich komme zum Schluss. - Ich komme auch zu einer anderen Einschätzung als die Finanzministerin und der Staatssekretär. Ich will an dieser Stelle betonen: Ich fühle mich den Umständen entsprechend jedenfalls durch Sie, Frau Ministerin, und auch durch Sie, Herr Staatssekretär, nicht schlecht informiert, aber es reicht nicht, was wir an Informationen bis heute bekommen haben, um mich anders zu entscheiden, als ich das heute tue. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, Uli König [PIRATEN] und Torge Schmidt [PIRATEN])

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Patrick Breyer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz grundlegend zu dieser De

batte sagen, dass ich es nicht akzeptiere, dass hier versucht wird, die heutige Entscheidung rein auf die technische Wahl zwischen dem einen und dem anderen Milliardenschaden zu reduzieren und den Hintergrund davon völlig auszublenden.

Fakt ist doch erstens: Die Öffentlichkeit hat überhaupt kein Verständnis für diesen Totalschaden, den die Gier der etablierten Parteien verursacht hat.

Zweitens. Erst von außen, nämlich durch die EUKommission, musste der überfällige Ausstieg aus diesem Abenteuer erzwungen werden. Von selbst hätten Sie es doch nie gemacht.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Was haben die Par- teien davon?)

Drittens. Bis heute sind die nötigen Konsequenzen daraus nicht gezogen worden. Weder auf Bundesnoch auf Europaebene ist sichergestellt worden, dass der Steuerzahler nie wieder für Pleitebanken aufkommen muss und dass öffentliche Regionalbanken nicht auf globalen Kapitalmärkten spekulieren dürfen, noch sind auf Landesebene die notwendigen Konsequenzen gezogen worden.

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Nein, Herr Kollege! - Überfällig wäre doch längst ein Plan zur Rückführung des Schuldenbergs, um uns aus dem Griff der Kapitalmärkte zu befreien, die der HSH Nordbank jetzt zum Verhängnis geworden sind. Sie wissen doch genau, welches Risiko die Zinssätze für unseren Landeshaushalt darstellen. Wir PIRATEN fordern deswegen seit Langem bindende Vorgaben zum Schuldenabbau in der Landesverfassung.

(Zurufe Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Lasten müssen sozial gerecht verteilt und starke Schultern stärker belastet werden.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Schuldenbremse!)

Die Verantwortlichkeit von aktuellen und ehemaligen Amtsinhabern für gravierende Fehlentscheidungen zulasten der Steuerzahler muss endlich sichergestellt werden.

Wir PIRATEN haben vor langer Zeit eine Pflicht zur Anzeige von Straftaten beantragt, die bei Haushaltsprüfungen bekannt werden. Sie haben das abgelehnt. Wir haben ein Rederecht des Präsidenten oder der Präsidentin des Landesrechnungshofs vor

(Dr. Heiner Garg)

so wichtigen Entscheidungen beantragt. Sie haben das abgelehnt.

(Unruhe)

Wir haben eine Veröffentlichung der einzelnen Prüfungsberichte des Landesrechnungshofs beantragt, um aufgedeckte Verstöße publik zu machen. Sie haben das abgelehnt. Wir haben die Einführung eines Straftatbestandes der Haushaltsuntreue beantragt. Sie haben das abgelehnt. Wir haben die Einführung eines Klagerechts des Landesrechnungshofs bei Verletzung von Haushaltsrecht gefordert. Auch das haben Sie abgelehnt.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht heute nicht nur um den Verkauf oder die Abwicklung der HSH Nordbank, sondern es geht für mich um eine grundsätzliche und hartnäckige Missachtung der Bürger und der Steuerzahler durch die herrschende Politik. Wir PIRATEN sind dafür gewählt worden, das zu ändern, und nicht dafür, dass wir das durch unsere Zustimmung legitimieren.

(Beate Raudies [SPD]: Verschwörungstheo- rien sind das! - Weitere Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Abgeordnete, der sich gemeldet hat, ist der Abgeordnete Lars Harms.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich mich eben anscheinend unklar ausgedrückt habe. Das möchte ich korrigieren. Der Kollege Garg hat darauf aufmerksam gemacht, man solle nicht falsche Argumente nutzen. Das ist natürlich richtig. Er bezog sich da glaube ich - mehr oder weniger auf den Fachterminus, dass die unkontrollierte Abwicklung einer Bank stattfinden könnte und man das nicht als Argument nutzen sollte.

Ich habe gesagt, die Abwicklung würde nahezu unkontrollierbar ablaufen. Das habe ich nicht als Fachterminus gemeint, sondern so, dass es ungesteuerte Einflüsse von außen geben könnte, dass da ohne Steuerung irgendetwas ablaufen könnte aufgrund von Einflüssen, von denen wir heute nicht wissen, welche kommen könnten. Ich glaube, dieses Argument stimmt immer noch. Wenn wir den Schlüssel von heute auf morgen umdrehen, hätten

wir dieses Problem wahrscheinlich. Damit habe ich aber nicht den Fachterminus gemeint, sondern habe das umgangssprachlich als „unkontrollierbar ablaufen“ bezeichnet. Ich glaube, dieses Argument ist immer noch richtig.

Ich möchte noch etwas zum Kollegen Breyer sagen. Es ist natürlich immer gut, wenn man hier reinmarschiert und sagt: Mensch, vor zehn Jahren haben Leute falsch gehandelt, vor acht Jahren haben Leute falsch gehandelt, vor sechs Jahren haben Leute falsch gehandelt. Ich sitze jetzt neu hier und habe natürlich die Weisheit gefressen. Alle anderen vorher waren - auf Deutsch gesagt - Idioten. - Das ist sehr einfach.

(Beifall SPD)

Herr Breyer, Sie schlagen vor, die Leute sollen für ihr Handeln haften. Stellen Sie sich einmal vor, Sie stimmen heute dagegen, und wir haben in zwei Jahren möglicherweise recht - was dann?

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Haften Sie dann für die Schäden, die Sie mit Ihrem Nein möglicherweise ausgelöst hätten?

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Kann er gar nicht! - Unruhe)

Dann sind Sie aber blitzschnell pleite, lieber Kollege. Dieses populistische, immer irgendetwas Hinrotzen - - Oh, Entschuldigung, das darf man nicht sagen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das geht mir langsam wirklich auf den Zeiger. - Ich nehme das Wort eben zurück. - Diese Rechthaberei geht mir wirklich auf den Zeiger. Wir treffen hier eine unheimlich schwierige Entscheidung. Ich habe Respekt vor jedem Menschen, der sich in die eine oder andere Richtung entscheidet. Aber dass sich Leute arrogant hinstellen und sagen: „Ich mache gar nichts, ich bin dagegen, ich finde euch sowieso alle ziemlich daneben, liebe Leute, ihr habt sowieso alle keine Ahnung, ihr seid alle nicht transparent und nicht öffentlich“, obwohl alle Abgeordneten, auch die Abgeordneten der Opposition, sagen, sie seien bestmöglich, wie es irgend ging, informiert worden, finde ich ziemlich arrogant, lieber Kollege.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Volker Dornquast [CDU])

(Dr. Patrick Breyer)

Herr Abgeordneter, ich sehe Ihnen in Ihrer Erregung die Wortwahl nach und denke, dass Sie es beim nächsten Mal anders machen.

(Heiterkeit)

Jetzt hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki das Wort.

(Zurufe)

Herr Präsident, wenn ich mich jetzt aufregen muss, darf ich auch parlamentarisch unzulässige Begriffe gebrauchen? Ich könnte das machen, obwohl das ja Unsinn ist.