Ich muss gar nicht einmal so weit in die Vergangenheit schauen, um zu sehen, dass wirklich nichts, rein gar nichts, was die Bank uns in der Vergangenheit vorgelegt hat, wirklich Substanz hatte. Es ist immer schlimmer gekommen, als es die Bank in Aussicht gestellt hat.
Schauen wir uns also das Jahr 2013 an und auch die Abstimmung zur Wiedererhöhung der Garantie. Uns wurde erzählt, dass sich nur im Worst-Case die Wiedererhöhung der Garantie nicht für die Länder rechnet. Der Worst-Case war, dass damals erst kurz nach der Wiedererhöhung plötzlich hohe Belastungen auf die Garantie zukommen würden. Uns wurde erklärt, dass dies total unwahrscheinlich und nur eine theoretische Möglichkeit sei. Heute, im Dezember 2015, müssen wir festhalten, dass der Worst-Case von damals nicht nur Theorie ist, denn es würde durch den Ankauf als auch durch die Option der Abwicklung dazu kommen, dass zu hohe Summen gegen die Garantie angerechnet werden.
Meine Damen und Herren, warum sollten wir als Abgeordnete Vertrauen darin haben, dass der theoretische Worst-Case dieses Mal ausbleiben wird?
Das Handshake-Agreement der Landesregierung sieht vor, dass wir zum einen die Bank umstrukturieren in eine Holding und zum anderen in eine operative Kernbank. Zusätzlich soll die Garantiestruktur umgebaut werden. Außerdem sollen bis zu 8,2 Milliarden € an notleidenden Krediten aus der Bank herausgelöst werden, und davon sollen die Länder bis zu 6,2 Milliarden € abkaufen. Dafür müsste dann noch in diesem Jahr eine Abwicklungsanstalt nach deutschem Recht gegründet werden. Man muss also unter Zeitdruck arbeiten.
Meine Damen und Herren, liebe Ministerin, ich kann diesen Zeitdruck sogar verstehen und nachvollziehen. Denn klar ist, dass eine Abwicklungsanstalt nach § 8 b Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz für die Bank viele Vorteile bringt. Ich teile hier nicht die Einschätzung des Kollegen Kubicki, dass dies auch noch im nächsten Jahr möglich ist. Auch wenn im Gesetz keine Frist für § 8 b enthalten ist, wissen wir jedoch, dass ab Januar nächsten Jahres das Abwicklungsregime der EU greifen wird. Und warum sollte die BaFin noch Landesrecht akzeptieren? Darüber hinaus nehmen wir jetzt Geld auf, zusätzlich zu den Garantien, um
notleidende Kredite aufzukaufen. Das ist reales Geld, das wir in die Hand nehmen, um die Bank zu entlasten. Das Risiko für die Wertentwicklung dieses Portfolios tragen die Länder dann zu 100 %.
Meine Damen und Herren, ich habe große Sorgen, dass wir auf den Schrottpapieren am Ende sitzen bleiben werden und dass Ihr Plan nicht aufgehen wird, Frau Ministerin. Denn wie sieht das WorstCase-Szenario aus? Wir entscheiden jetzt über die Gründung der Abwicklungsanstalt und den Ankauf der Portfolien. Das ist dann der erste Meilenstein in der Umsetzung des Handshake-Agreements. Die nächsten Schritte stehen dann an. Die Bank soll umstrukturiert und der operative Teil der Bank soll in eine Tochtergesellschaft ausgelagert werden. Warum sollen alle privaten Anteilseigner das überhaupt mitmachen? Was hat Flowers davon, und was ist, wenn er diese Entscheidung blockiert und Ihr Plan wieder einmal nicht aufgeht?
- Doch, das ist von mir thematisiert worden, zum Beispiel bei der Regierungserklärung der Ministerin. Ich sehe da große Risiken und glaube nicht, dass dies ein Selbstläufer ist. Am Ende wickeln wir dann doch ab, auch wenn wir keinen Käufer finden, dann haben wir eine 10-Milliarden-Garantie und obendrauf noch einmal 6,2 Milliarden € an faulen Krediten und stehen weiß Gott nicht besser da als heute. Der ausschlaggebende Punkt am Ende ist für uns schlicht und ergreifend, dass wir kein Vertrauen in die Bank haben.
Wenn ich in die Vergangenheit schaue, sind keine Prognose und kein Plan der Bank aufgegangen. Warum sollte es dieses Mal anders sein? Wie sagt man so schön: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Ich kann nicht mit gutem Gewissen Ja zum Staatsvertrag sagen.
Gehen wir keine neuen Risiken ein, auch wenn ich hoffe, dass Ihr Plan aufgeht, liebe Ministerin, und es am Ende günstiger wird. Aber eines hat die Vergangenheit gezeigt: Das Prinzip Hoffnung hat bei der HSH Nordbank noch nie funktioniert. Daher wird meine Fraktion gegen den Staatsvertrag stimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Bezug auf die HSH Nordbank stellen sich nicht nur hier im Hohen Hause Fragestellungen, sondern natürlich auch andernorts, auch unter den Bürgerinnen und Bürgern. Warum wickeln eigentlich die Landesregierungen in Kiel und Hamburg diese Bank nicht ab? Das ist ja immer das, was man hört - dann ist man doch aller Sorgen ledig, und dann ist das Problem gelöst. Leider, meine Damen und Herren, ist das nicht so einfach.
Erstens würde diese Abwicklung nahezu unkontrollierbar ablaufen, und zweitens wäre dann das Landesvermögen nach unserer Auffassung besonders bedroht. Mit der Option, Teile der unschönen Kredite herauszukaufen, besteht die Möglichkeit, das Institut zu stabilisieren, um somit einen Verkauf der Bank oder auch nur der guten Portfolien anzugehen. Es geht dabei nicht um die Rettung der Bank, meine Damen und Herren, sondern um die Rettung von Landesvermögen.
Ich betone nochmals, dass diese Entscheidung mitnichten ein Selbstzweck ist. Wir haben schließlich die Verantwortung gegenüber dem Vermögen des Landes. Verantwortung bedeutet, das jeweils Notwendige und Richtige zu unternehmen, um möglichst keinen oder vergleichsweise geringen Schaden entstehen zu lassen. Der Kollege Kubicki hat natürlich recht, wir wissen heute nicht, was passieren wird. Wir können uns gegenseitig nicht vorwerfen, die jeweils falsche Entscheidung getroffen zu haben. Wir machen hier auch wieder - ich will nicht sagen - Wetten auf die Zukunft -, aber wir gucken in die Zukunft. Jeder weiß, dass Zukunft immer unsicher sein kann. Auch die Entscheidung, die wir heute als Koalition treffen wollen, wo vielleicht der eine oder andere Abgeordnete unserer Lösung zustimmt, treffen wir vor dem Hintergrund einer großen Unsicherheit. Das ist so, dessen sind wir uns bewusst. Aber wir sind alle davon überzeugt, jeder im Hohen Hause, dass die Entscheidung, die man selber trifft, die Entscheidung ist, die dem Land Schleswig-Holstein am wenigsten teuer kommt.
Meine Damen und Herren, es geht ferner darum, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens alles einen möglichst guten Verlauf nimmt. Diesen Weg wollen wir als SSW natürlich auch gehen. Diese Verantwortung ist auch im Staatsvertrag abgebildet.
Dieser steht nun in einer zweiten Lesung zur Abstimmung. Der Hamburger Senat hat diesem Staatsvertag bereits zugestimmt. Die Hamburger haben nach unserer Auffassung verantwortlich und vor dem Hintergrund des gemeinsamen Interesses entschieden.
Klar ist, dass wir als SSW keine Abwicklung im schrankenlosen Zustand wollen. Niemand weiß, was in so einem freien Fall passieren wird. Wir wollen jetzt nicht im vorletzten Kapitel der Geschichte der Bank den Laden an die Wand fahren, sondern das Ziel muss es sein, einen Verkauf am Markt vornehmen zu können, zumindest die Option sollten wir uns erhalten. Zudem gilt es, die Vereinbarung mit der EU-Kommission vom Herbst umzusetzen. Da fühlen wir uns nicht nur gebunden, meine Damen und Herren, sondern da sind wir faktisch auch gebunden. Würden wir diese Vereinbarung aufkündigen, würden wir heute dem Ergebnis nicht zustimmen, das unsere Regierung und die Regierung der Hamburger erzielt haben, dann würden wir in der Tat in ein unkontrollierbares Szenario kommen. Dann würde man von heute auf morgen bei der Bank den Schlüssel umdrehen. Meine Damen und Herren, das ist definitiv die teuerste Variante sowohl für das Land als auch für die Bürgerinnen und Bürger. Schon allein vor diesem Hintergrund glauben wir vonseiten der Koalition, dass es der richtige Weg ist, dem Staatsvertrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, 2018 stünde dann das letzte Kapitel der HSH Nordbank an, mit der Option auf neue Eigentümer oder eben dem abschließenden Rückbau der Bank. Das ist auch gut so, denn wir als SSW sehen wenig Sinn darin, das Land ewig an die Geschicke eines Geldinstituts binden zu wollen. Es ist nicht Aufgabe eines Landes, für ein international agierendes Kreditinstitut verantwortlich zu sein. Von daher geht es mit der Vorbereitung auf einen Verkauf auch darum, diese Verantwortung, vonseiten unseres Landes und damit natürlich auch der Bürgerinnen und Bürger vertraglich zu tilgen.
Ich betone nochmals, dass es heute nicht darum geht, eine besonders tolle oder populäre Entscheidung zu treffen. Das kann man in diesem Fall nicht. Vielmehr muss jetzt über den Weg für die kommenden zwei Jahre entschieden werden. Es geht darum, wie es die Ministerin schon gesagt hat, endlich einen Schlussstrich zu ziehen.
HSH Nordbank durchaus erfolgreich. Danach wurde sie Weltmarktführer in der Schiffsfinanzierung und machte sich daran, den internationalen Markt mit massiver Nutzung der Gewährträgerhaftung, die ja auslaufen sollte, zu erobern. Man hat sich mit Kredit-Engagements vollgesogen und natürlich dann auch mit den entsprechenden Risiken.
Das ist damals gründlich schiefgelaufen. Damals haben der Vorstand der Bank und auch der Aufsichtsrat, in dem im Übrigen nicht nur Politiker, sondern auch führende Vertreter der schleswig-holsteinischen Wirtschaft saßen, versagt. Das ist lange her, und seitdem ist viel passiert. Verschiedene Landesregierungen haben sich dauerhaft mit dem Gesundheitszustand dieser Bank beschäftigt. Gleiches gilt natürlich auch für unser Parlament und das Parlament in Hamburg.
Die Fehler der Vergangenheit können wir nicht rückgängig machen, doch wir können etwas dafür tun, einen Weg einzuschlagen, der einen Ausstieg aus dem Eigentum möglich macht. Von daher ist dieser Staatsvertrag keine langfristige Lebenserhaltungsmaßnahme, sondern es geht um das vorletzte Kapitel in der Geschichte dieser Bank. Und es geht darum, Schaden vom Land abzuhalten.
Daher ist es tatsächlich wichtig, dass wir diese Entscheidung heute treffen. Ich habe hohen Respekt vor jedem Abstimmungsverhalten in diesem Parlament. Jeder muss es nach seiner eigenen Einschätzung, nach seinem Wissen und Gewissen abschätzen. Sollte es Menschen geben - es ist angekündigt worden -, die diesem Staatsvertrag nicht zustimmen, habe ich auch Respekt davor. Ich bitte natürlich auch um den Respekt gegenüber unserer Koalition, dass wir dem Ganzen zustimmen werden. Wir hoffen alle zusammen, dass wir es hinbekommen werden, dass dieses Kreditinstitut uns als Land nicht mehr belastet.
Natürlich wünschen wir auch, dass dieses Institut in irgendeiner Art und Weise auch nach den zwei Jahren weiter bestehen kann, weil wir auch eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben, dass die Arbeitsplätze dort nach Möglichkeit erhalten bleiben können.
Ich sage es trotzdem noch einmal ganz direkt und ganz klar: Für uns als Parlamentarier in SchleswigHolstein geht es darum, den Schaden für das Land möglichst gering zu halten. Das ist die Maxime, an der auch wir als SSW uns orientieren. Deshalb werden wir dem Staatsvertrag zustimmen. - Vielen Dank.
Nach den Fraktionen kommen wir nun zu den Einzelbeiträgen im Dreiminutenrhythmus. Zunächst hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort. Danach hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau von Kalben, Sie haben davon gesprochen, wir müssten Verantwortung übernehmen. Wer das nicht wolle, solle sich nicht wählen lassen. Keine Frage! Sie haben auch von schlaflosen Nächten gesprochen, und die haben mich in den letzten Wochen auch begleitet, was diese Entscheidung heute angeht.
Lars Harms hat davon gesprochen, wir machten heute so etwas wie Wetten auf die Zukunft. Das war im Jahr 2008 das Verhalten der Finanzinstitute, das unsere Krise ausgelöst hat, die so schlimm war. Sie, Herr Koch, haben gesagt, man dürfe sich um eine Entscheidung nicht herumdrücken. Das sollte man auch nicht tun. Ich kann heute nicht entscheiden, will mich aber auch nicht darum herumdrücken. Das muss man erklären können.
Wenn man heute sagt - so wie ich es tun werde -, dass ich mich enthalten muss, weil ich einfach nicht genug weiß und deshalb auch nicht genug verstehe, ist das kein Vorwurf an Sie, Frau Heinold, und auch kein Vorwurf an Sie, Herr Nimmermann, oder an alle, die uns informiert haben. Sie durften und konnten uns nicht umfänglich informieren, mit der Folge, dass ich über drei Jahre hinweg nie über das, was ich wusste, öffentlich sprechen durfte, weil das das Rating der Bank beschädigt hätte - mit den negativen Folgen für die Bank und dann für den Steuerzahler. Das ist etwas, was man marktkonforme Demokratie nennen kann. Das ist nicht in Ordnung.
Auf meinem Tisch liegen drei Wundertüten, denen ich allen zuerkenne, dass sie sicherlich das Beste wollen. Aber wir alle haben mehrfach gehört: Wir wissen nicht, was die richtige Wundertüte ist. Ich persönlich kann am meisten mit dem anfangen, was von der FDP kommt. Aber auch da weiß ich nicht, ob es richtig ist. Das weiß keiner. Mein Wissen und auch das Wissen vieler Kollegen, mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe - steht völlig
außerhalb der Tragweite dessen, was hier heute entschieden wird. Das Einzige, was ich richtig machen kann, ist festzustellen, dass sich so etwas nie wiederholen darf, dass nie wieder ein parlamentarisches Gremium mit Haushaltsbefugnis in eine so missliche Lage gebracht wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Dudda, gerade weil ich einer der wenigen Abgeordneten bin, die Einsicht in die jedenfalls vermutlich - meisten Unterlagen hatte zunächst ab 2008 immer wieder einmal in Vertretung für Wolfgang Kubicki im Beteiligungsausschuss gesessen habe, seit dieser Legislaturperiode als ordentliches Mitglied -, gerade deswegen, weil der Kollege Rother mich angesprochen und gesagt hat, ich müsste doch eigentlich zustimmen, weil ich die Unterlagen kenne, will ich noch einmal begründen, warum ich heute mit Nein stimmen werde.
Kollege Harms, bei allem Respekt erlauben Sie mir zu Ihrem Beitrag trotzdem folgende Bemerkungen. Erstens. Das hat Wolfgang Kubicki in seiner Rede mehrfach betont, und ich glaube, es wäre gut, wenn wir uns daran halten würden. Für eine nachvollziehbare Entscheidung, die Sie nachher treffen werden, brauchen Sie kein falsches Argument. Das Argument, wenn man sich anders entscheiden würde als Sie, dann würde man die Bank in eine unkontrollierte Abwicklung treiben, ist schlicht falsch. Deswegen sollte man dieses Argument auch nicht anführen.
Zweitens. Ich glaube, Ihrem Satz: „Wir fahren der Bank den Laden an die Wand“, liegt ein Verständnis zugrunde, das jedenfalls nicht meins ist. Wir haben 2006, genau weil das nicht unser Verständnis ist, damals den Verkauf der Landesanteile beantragt. Wir wissen alle, wie es ausgegangen ist. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass kein Politiker hier im Plenum diese Bank - den Laden der Bank, wie Sie es genannt haben - an die Wand gefahren hat, sondern dass es Entscheider - nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die heute hier oben sitzen, sondern Entscheider - in dieser Bank gegeben hat, die geglaubt haben, sie könnten sich zwei Länder