Protocol of the Session on January 28, 2010

Kürzungen bei der Ausbildung, wie zum Beispiel die Senkung des Betreuungsschlüssels zwischen pädagogischen Mitarbeiterinnen und FÖJ-Teilnehmerinnen und Teilnehmern von 1:30 auf 1:40 sowie bei den Auszahlungen an die FÖJ-Teilnehmenden dann unter das Hartz-IV-Niveau oder die Senkung der Platzzahl auf im schlimmsten Fall 100 dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und des Ab- geordneten Flemming Meyer [SSW])

Dafür ist das Freiwillige Ökologische Jahr für unser Land zu wertvoll. Das FÖJ ist die Basis, auf der Jugendliche soziale Verantwortung, politische Mitgestaltung und späteres bürgerschaftliches Engagement erlernen können. Das FÖJ macht Jugendliche zu kompetenten Multiplikatoren für eine nachhaltige Entwicklung in ihren Familien, am Ausbildungs- und Arbeitsplatz. Es ist ein unentbehrlicher Bestandteil der Bildungsarbeit in Schleswig-Holstein. Das FÖJ stärkt Jugendliche unterschiedlicher sozialer Herkunft in ihrer Selbstständigkeit und stärkt ihre Ausbildungschancen. Schließlich leistet das FÖJ in Schleswig-Holstein - vor allem in der Nebensaison, wo es wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmern und einen häufigen Veranstaltungsausfall gibt - einen wichtigen Beitrag zum touristischen Angebot.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Gerade hier wird deutlich, warum das gelegentlich geforderte Landeskinderprivileg unsinnig und auch in den meisten anderen Bundesländern zu Recht nicht vorhanden ist. Die FÖJ-ler leisten ihre Arbeit für Umwelt, Natur und Tourismus in SchleswigHolstein, sie geben ihr Geld hier aus, zahlen im Land Steuern und in die Sozialsysteme ein - dabei ist ihre Adresse vor Eintritt in das FÖJ unbeachtlich.

(Sandra Redmann)

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Ich möchte mich an dieser Stelle im Namen der SPD-Landtagsfraktion bei allen FÖJ-lern, die ihre Arbeit in unserem Land geleistet haben und leisten, herzlich bedanken.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt beim SSW)

Gerade die Aktionen wie die FÖJ-Wette mit einzelnen Landtagsfraktionen in der letzten Legislaturperiode oder die am letzten Freitag hier im Landtag übergebene Resolution zum Erhalt des FÖJ für spätere Jahrgänge zeigen deutlich, wie aktiv und lebendig das FÖJ in Schleswig-Holstein ist.

Schließen möchte ich mit einem Zitat meines Landtagskollegen Hans Müller: Unser Land ist die Geburtsstätte des FÖJ, machen Sie es nicht zu seinem Friedhof!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich dem Kollegen Dr. Michael von Abercron.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist doch völlig klar: Die vom Landwirtschaftsministerium angekündigten Kürzungen bei dem FÖJ sind ein hervorragendes Thema für die Oppositionsparteien um der Regierung und den sie tragenden Parteien klassische Negativattribute anzuhängen, die im politischen Themenarsenal der vermeintlich besseren Menschen zu finden sind unsozial, umwelt- und bildungsfeindlich, politisch instinktlos und so weiter. Gestern hatten wir das Thema Schaufensterantrag. Ich würde den SPDAntrag hier als Klischeeantrag titulieren. Wenn ich mich nach ganz links wende und Ihren Antrag lese, dann ist das ein Opportunitätsantrag.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Man trifft sich immer zweimal!)

Ist das Thema FÖJ aber wirklich dazu geeignet, und gibt es nicht zahlreiche Argumente und Lösungen für das FÖJ, die von den meisten hier im Haus getragen werden können?

Völlig unstrittig ist, das FÖJ ist in vielfacher Hinsicht sehr positiv zu bewerten. Das gilt für die betroffenen Jugendlichen, das Land und seine Umwelt. Ich nenne hier beispielhaft - die Kollegin vor mir hat das auch schon getan - die folgenden Punkte: soziales und bürgerschaftliches Engagement, Umweltbildung und aktiver Einsatz für die Umwelt, Anleitung zum selbstständigen Handeln, Multiplikator für Nachhaltigkeit und touristische Attraktionen des Landes, Hilfe bei der beruflichen Orientierung. Das sind nur einige der Themen, die man dazu nennen kann.

Wie kann es sein, dass eine Ministerin bei diesen ganzen positiven Dingen über eine Reduzierung der Mittel nachdenkt? - Über die Finanzlage dieses Landes ist in den Vorreden unheimlich viel gesagt worden. Deshalb fordere ich Sie ganz herzlich auf, auch im Sinne der jungen Kollegen, nach vorn zu denken und auch einmal aktiv zu handeln. Denn es ist genug geredet worden.

(Beifall bei der CDU)

Jeder von Ihnen sollte die Finanzlage dieses Landes sehr ernst nehmen und sie kennen. Ich habe ein Zitat herausgesucht, das sehr gut passt: Verfüge nie über das Geld, ehe Du es hast. - Meine Damen und Herren, wir haben es schon lange nicht mehr.

Deshalb ist es unser Anliegen, Ministerin Rumpf zu bitten, die Vorschläge des Landesrechnungshofs, die vorliegen, sehr sorgfältig zu prüfen und uns im Ausschuss darüber zu berichten, was das Ministerium davon umsetzen kann und wie es dies umsetzen will.

Der Landesrechnungshof hat sehr konkrete Hinweise zu möglichen Einsparungen bei der Durchführung des FÖJ gegeben. Er weist darauf hin, dass das am höchsten verschuldete Flächenland SchleswigHolstein nicht nur bei der Anzahl der geförderten Plätze - bei uns sind es 150 -, sondern auch bei der Höhe der Zuschüsse eine Spitzenstellung im Bundesvergleich hat. Im Bund sind es 419 €, bei uns waren es bislang 690 €.

Unklar bleibt die Frage, wieso der Anteil von auswärtigen FÖJ-Teilnehmern in Schleswig-Holstein sehr hoch ist. Er liegt bei 66 %. Für mich wäre es interessant zu wissen, ob wir auch in den anderen Bundesländern einen ähnlich großen Anteil an Absolventen haben, die aus anderen Bundesländern dazukommen. Das wäre zu prüfen. Ich sehe keine Notwendigkeit, uns damit allein zu lassen. Das sollten wir im Ausschuss einmal näher ansprechen.

(Sandra Redmann)

Neben diesem Aspekt gibt es eine Reihe sehr konkreter Empfehlungen, deren Umsetzungen eine erhebliche Reduzierung der Kosten bringen kann, ohne das eigentliche Ziel des Erhalts vieler FÖJ zu gefährden. Ich nenne Beispiele: Das Bundesamt für Zivildienst fördert die Plätze für Wehrersatzdienst mit 421 €, und das Land fördert sie mit etwa 700 €.

Der Betreuungsschlüssel - das ist schon angesprochen worden - liegt bei uns bei 1:30, im Bundesdurchschnitt bei 1:40. Die Eigenbeteiligung der Einsatzstellen sollte höher sein, so sagt der Landesrechnungshof. Derzeit sind es 400 € im Durchschnitt. Davon kann man sicherlich abweichen. Die Förderung der pädagogischen Betreuung kann durch eine teilnehmergebundene Pauschale erfolgen. Auch das ist ein Vorschlag des Landesrechnungshofs. Er schlägt weiter vor, frei finanzierte FÖJ-Plätze sollten besser gefördert werden.

Meine Damen und Herren, es kann doch jetzt im Ernst niemand sagen, wir wollten das Freiwillige Ökologische Jahr nicht zukunftsfähig machen. Das sollten wir uns doch wirklich vornehmen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir schon Schulden aufnehmen, um solche freiwilligen Leistungen zu fördern; sollte die Effektivität dieser Maßnahme wenigstens optimiert werden. Herr Habeck hat ja vorhin ganz knackig gesagt: Ran an die Strukturen, die ineffizient sind. Dem kann ich an der Stelle nur zustimmen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Es ist aber sehr wichtig, dass wir denjenigen, die die Arbeit leisten, sagen, was wir von ihrer Arbeit halten. Wir schätzen ihre Arbeit. Wir tun, was wir können, um das Freiwillige Ökologische Jahr und die Leistungen und die Stellen zu erhalten. Wir werben um die Kreativität und Mitwirkung des FÖJ-Ausschusses. Wir bitten die Landesregierung, im Interesse des Freiwilligen Ökologischen Jahres die Vorgaben des Landesrechnungshofs nach Möglichkeit zu erfüllen.

Ich bin mir sicher, wir werden eine Lösung finden, die alle zufriedenstellt. Wir sollten alle damit beginnen, einen Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit des Landes zu suchen. Fangen Sie mit uns an, und gehen Sie diesen Weg.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich dem Herrn Kollegen Günther Hildebrand.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sehen schon, die Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt schließt sich nahtlos an die Diskussionen an, die wir heute Morgen und auch gestern hier geführt haben. Ich vermute mal ganz stark, dass es auch so weitergeht in den nächsten Monaten.

Jugendfreiwilligendienste sind Lernorte für bürgerschaftliches Engagement! Sie sind Ort informeller Bildung. Die Teilnehmer an Jugendfreiwilligendiensten erwerben neben persönlichen und sozialen Kompetenzen auch berufliche Ausrichtungen und Arbeitserfahrungen. Diese können sie dann später als Schlüsselkompetenzen bei der Arbeitsmarktsuche zumeist erfolgreich einsetzen.

Das Jugendfreiwilligendienstgesetz hebt besonders hervor, dass dieser Dienst ein an Lernzielen ausgerichteter Bildungsdienst ist. Dies erkennt auch fast wörtlich der Landesrechnungshof in seinen Bemerkungen 2009 zum Freiwilligen Ökologischen Jahr ausdrücklich an. Ich bedanke mich noch einmal beim Landesrechnungshof auf diesem Wege dafür, dass er so intensiv das Freiwillige Ökologische Jahr einmal unter die Lupe genommen hat.

(Beifall bei der FDP)

Nicht umsonst hat die Koalition vereinbart, unter anderem ein Freiwilliges Soziales Jahr Politik zu etablieren, um insbesondere Jugendliche zu motivieren, sich auch am politisch-gesellschaftlichem Geschehen zu beteiligen. Die FDP-Fraktion steht zu dieser Vereinbarung.

Meine Damen und Herren, in Bezug auf das Freiwillige Ökologische Jahr hat der Landesrechnungshof in seinen Bemerkungen 2009 eindringlich darauf hingewiesen, dass es vor der derzeitigen Haushaltslage nicht mehr darstellbar ist, dass sich das Land überproportional im Vergleich zu den anderen Bundesländern finanziell engagiert. Derzeit beträgt die durchschnittliche finanzielle Förderung der westdeutschen Länder 419 € pro Platz und Monat; in Schleswig-Holstein sind es im Vergleich dazu 690 €. Liebe Frau Kollegin Redmann, diese Zahlen sind belastbar. Sie sind tatsächlich auf gleichem Niveau erhoben worden, und da sind unterschiedliche Belastungen berücksichtigt worden.

Wir nehmen diese Hinweise des Landesrechnungshofs ernst; das sollten auch die anderen tun. Bereits die letzte Landesregierung, zumindest das Umweltressort, verfolgte das Ziel, die Mittel für das Freiwillige Ökologische Jahr in Schleswig-Holstein im

(Dr. Michael von Abercron)

Zeitraum von 2007 bis 2010 auf den Bundesdurchschnitt zurückzuführen. Sie wurden dann leider dennoch im Doppelhaushalt 2009/10 auf nunmehr über 1,2 Millionen € aufgestockt, was - ich gebe es auch zu - unsere Zustimmung fand. Das war allerdings vor der Implementierung einer Schuldenbremse und bevor die Wirtschafts- und Finanzkrise ihre volle Wirkung entfaltet hatte.

Nun sind wir als Landtag gezwungen, alle - ich betone alle - Positionen im Landeshaushalt auf den Prüfstand zu stellen. Wir werden das gewissenhaft tun. Ziel der FDP-Fraktion wird es dabei sein, alle Stellen im Freiwilligen Ökologischen Jahr zu erhalten, allerdings mit geringerer finanzieller Förderung. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass beispielsweise Tätigkeiten, die heute von Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Freiwilligen Ökologischen Jahres wahrgenommen werden, beispielsweise im Küstenschutz, für das Land insgesamt kostengünstiger sind, als wenn diese durch hauptamtliche Mitarbeiter wahrgenommen würde.

Vor diesem Hintergrund ist es nur recht und billig, im Rahmen der Ausschussberatungen auch diese Aspekte zu hinterleuchten. Auf der anderen Seite sind aber auch die Hinweise des Landesrechnungshofs auf den Betreuungsschlüssel für das pädagogische Personal berechtigt. So werden in Schleswig-Holstein 30 FÖJ-Teilnehmer von einer Person betreut, während in anderen Bundesländern dieser Schlüssel bei 1:40 liegt. Wir alle werden im Umweltausschuss zu überprüfen haben, ob eine Erhöhung des Betreuungsschlüssels sachlich angemessen ist.

Der Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass eine höhere Eigenbeteiligung der Einsatzstellen beziehungsweise der Träger das Land auf der Einnahmenseite entlasten könnte. Wir werden das Umweltministerium unter anderem fragen, ob es gelungen ist, wie in den Bemerkungen des Landesrechnungshofes angeklungen, im FÖJ-Ausschuss auf eine höhere Eigenbeteiligung der Einsatzstellen und Träger hinzuwirken. Ebenso werden wir uns gern von der Umweltministerin im Ausschuss erläutern lassen, welche Vorstellungen es für eine stärkere Beteiligung von privaten Dritten an frei finanzierten FÖJ-Plätzen gibt. Es bleibt dabei - auch die Umweltministerin hat dies ja bereits presseöffentlich signalisiert -, das Freiwillige Ökologische Jahr wird auch künftig in Schleswig-Holstein seinen Platz mit einem hohen Stellenwert haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, dem SPD-Antrag könnten wir zustimmen. Allerdings befürchte ich, dass wir das Wort „ausreichend“ unterschiedlich interpretieren. Ansonsten könnten wir dem Antrag ohne Weiteres zustimmen. Wir hoffen, dass wir im Ausschuss Lösungen und Wege finden, wie wir auch weiterhin 150 Stellen für das Freiwillige Ökologische Jahr retten können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Kollegin Marlies Fritzen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jedes Jahr - das hatten wir auch schon gehört - bewerben sich fast 600 junge Frauen und Männer um einen der 150 Plätze des Freiwilligen Ökologischen Jahres hier in Schleswig-Holstein. Sie unterstützen Kindertagesstätten und Schulen bei der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie machen Naturerlebnisangebote für Tausende Touristen, die es ohne diese Unterstützung so nicht gäbe, und sie übernehmen engagiert und kompetent Betreuungsaufgaben in Schutzgebieten, die von den Naturschutzverbänden ohne die FÖJ-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer auch nicht so geleistet werden könnten.

Herr von Abercron, wenn Sie sagen, diese Arbeit sei ineffizient, finde ich das einen ziemlich unglaublichen Vorwurf. Sie mögen ihn im Ausschuss gern mal belegen. Ich sehe es anders. Diese Arbeit ist ein wertvoller Beitrag. Ich halte sie auch für unverzichtbar zum Schutz der Natur.