Aber gerade die Schulen, über die wir hier sprechen, sind noch gar nicht im Umbruchprozess. Daher kann dieser auch nicht - wie Sie, verehrte Frau Erdmann, im Bildungsausschuss behauptet haben gestört werden. Frau Erdmann, es wurde mehrfach gesagt, aber ich wiederhole es auch für Sie gerne noch einmal:
Die abgeschlossene Schulentwicklungsplanung hat Bestand und wird nicht wieder angerührt. Es wird keine Rolle rückwärts gemacht.
Lediglich den noch bestehenden Realschulen und den kooperativen Gesamtschulen - Herr Kollege Höppner hat es vorgerechnet, es ist nur noch eine im Lande - soll die Möglichkeit eingeräumt werden, weiterhin zu existieren.
Im Übrigen hat auch Bildungsminister Dr. Klug im Bildungsausschuss die Bedingungen genannt, unter denen diese Schulen weiter bestehen können. Es muss die Voraussetzung geschaffen sein, dass jeder Bildungsabschluss im örtlichen Umfeld erreicht werden kann. Die Realschule ist also ein zusätzliches Angebot zu den bestehenden Regional- und Gemeinschaftsschulen.
Entsprechend flexibel und kurzfristig sollen dahin gehende Anträge dann auch im Ministerium bearbeitet und umgesetzt werden. Das hat der Minister auch mehrfach zugesagt.
Die bestehenden Realschulen haben für den Erhalt ihrer Schulform gekämpft und dafür breite Unterstützung aus der Bevölkerung erfahren. Ob die Initiative erfolgreich war, wird sich nach der Auszählung Ende Februar beziehungsweise Anfang März zeigen.
- Oder Mitte April. Insofern, Herr Höppner, finde ich es unangemessen, wenn Sie im Bildungsausschuss die Behauptung aufstellen, dass die noch bestehenden Realschulen dafür belohnt werden würden, weil sie nicht rechtzeitig - ich zitiere Sie wörtlich -: „in die Puschen gekommen“ wären.
Das ist eine Abwertung der Beschlüsse der regionalen Entscheidungsträger, und das zielt ebenso auf die Abwertung der wertvollen pädagogischen Arbeit ab, die auch diese Schulform geleistet hat und leisten wird.
Ich hatte bereits in der letzten Sitzung dieses Hohen Hauses gesagt: Schüler, Eltern und Lehrer sind nach den massiven Umstrukturierungen der Schullandschaft in den letzten Jahren unter sozialdemokratischer Führung schon genug gebeutelt worden. Sie sollen langsam wieder in ruhiges Fahrwasser gelangen, um in Ruhe arbeiten zu können und ihrer eigentlichen Aufgabe, der Bildung, nachzukommen.
Nun komme ich zur Kritik am formalen Vorgang der Schulgesetzänderung. Der Gesetzentwurf ist und das sollten die Kritiker fairerweise endlich einmal zugeben - in seinem Wesen nicht geändert worden, und daher hat die inhaltliche Anhörung zu dieser Fragestellung im Bildungsausschuss ganz eindeutig stattgefunden.
Die Änderungen, die notwendig waren, sind vielmehr eindeutig in juristischen beziehungsweise formalen Sinn vorgenommen worden. Das bedeutet ich erkläre das gern noch einmal -: Es handelt sich nicht um eine inhaltliche Änderung, sondern lediglich um eine redaktionelle Anpassung.
Ebenso ist der Vorwurf, eine Anhörung der Beteiligten wäre in der kurzen Frist nicht möglich gewesen, von der Hand zu weisen. Auch Ihnen müssen doch die zahlreichen Stellungnahmen zu dem Thema bekannt sein. Abgesehen davon, dass es keine gesetzliche Grundlage zu der Länge einer solchen Frist gibt, sind aus unserer Sicht drei Wochen eine ausreichend lange Zeit, um seine Meinung kundzutun. Es liegt ja eine ganze Reihe von entsprechenden Erklärungen vor. Ich nenne nur exemplarisch den Landeselternbeirat Gesamtschule, den Landeselternbeirat der Gymnasien, den Landkreistag, die Arbeitsgemeinschaft der Leiterinnen und Leiter der Gesamtschulen, die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule. Alle haben den Inhalt des Gesetzes erfasst und dazu innerhalb der drei Wochen Stellung bezogen. Alle haben die Zielrichtung des Entwurfs offensichtlich verstanden. Dass die Änderung
des Entwurfs schlichtweg redaktioneller Natur war, dürften auch Sie gern akzeptieren und zugeben. Dass eine entsprechende Dringlichkeit dieser Ergänzung bestand, habe ich bereits ausgeführt. Darüber hinaus gilt für mich: Die Bildung unserer Kinder ist wichtiger als bürokratisches Denken.
Gestatten Sie mir, das Gesagte noch einmal zusammenzufassen. Es geht hier nicht darum, Verunsicherung zu schaffen, wie immer suggeriert wird, sondern im Gegenteil: Wir wollen Planungssicherheit schaffen. Wir wollen das demokratische Element des Volksbegehrens achten und die Möglichkeit eröffnen, dem Wunsch der Bürger Rechnung zu tragen.
Für welchen Weg sich die noch bestehenden Realschulen entscheiden, ist ihnen freigestellt. Diese Entscheidung wird dann den örtlichen Gremien überlassen und von niemandem aus Regulierungswahn vorgeschrieben.
Einen Gesetzentwurf zu kritisieren, ist das gute Recht der Opposition. Wenn man aber in den Gremien angebliche formelle - nicht inhaltliche - Fehler vorschieben muss, die sich aus meiner Sicht als haltlos erweisen, zeigt sich, dass die Argumente gegen diese vergleichsweise kleine Gesetzesänderung wohl nicht stark genug sind. Daher bitte ich Sie noch einmal, den Argumenten, die ich hier vorgetragen habe, zu folgen und der Willensbildung der Schulen vor Ort zu entsprechen.
Diese Wahlfreiheit haben sich die Schulen nicht nur aufgrund ihrer hervorragenden Arbeit in der Vergangenheit, sondern auch als Vertrauensvorschuss für die kommenden Jahre verdient. Ich bitte Sie daher, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Themen am heutigen Vormittag passen gut zusammen. Das kostenfreie Kita-Jahr wackelt, weil die FDP den Hoteliers etwas zugutekommen lassen wollte. Das Richtergesetz wird geändert, damit die
FDP eine ausgewählte Anwältin platzieren kann. Und nun das Schulgesetz, weil die FPD auch noch den Realschulen etwas schuldig ist.
Wozu ist diese Gesetzänderung gut? Der Gesetzentwurf will - das ist schon verstanden worden, Frau Conrad - den Realschulen einen letzten Türspalt offen halten. Die letzten Realschulen sollen eben nicht zu Regional- und Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden. Aber man muss der Ehrlichkeit halber auch dazu sagen, dass dieser Weg sehr steinig wird. Drei Voraussetzungen müssen die Realschulen erfüllen. Erstens. Das Volksbegehren muss erfolgreich sein. Frau Conrad, Frau Franzen, Ihr Argument läuft ins Leere. Sie haben gesagt, Sie wollen jetzt dem Bürgerbegehren eine Chance geben. Direkte Demokratie ist wichtig. Das Volksbegehren ist überhaupt nicht abgeschlossen. Aber Sie machen schon einen ersten Punkt. Deswegen ist es überhaupt unsystematisch.
Frau Conrad, Sie sagen, Sie halten, was Sie vor der Wahl versprochen haben. Das stimmt natürlich nicht, weil Sie den Realschulen das Blaue vom Himmel versprochen haben und sich nicht haben durchsetzen können. Im Endeffekt geht es, wenn wir ehrlich sind, diesmal um fünf Realschulen. Das war Ihre Aussage im Ausschuss, als wir gefragt haben, um wie viele Realschulen es wirklich geht. Um fünf Realschulen, haben Sie gesagt. Es geht also um eine Handvoll! Das Volksbegehren müsste erfolgreich sein. Es gibt noch zwei weitere Punkte, Frau Conrad: Die Schulträger müssen bereit sein, bestimmte Punkte wieder aufzumachen. Das sind sie oft nicht. Und - das hat Herr Klug gesagt - der Hauptschulabschluss muss in der Nähe abgelegt werden können. Das heißt, die Gruppe von Schulen, über die wir hier reden, wird ziemlich klein sein.
Also noch eine Gesetzesänderung für null bis fünf Schulen. Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist. Aber ich will nicht unfair sein, weil Sie die kooperativen Gesamtschulen auch noch anfassen wollen. Das ist eine Schule, vielleicht sind das sogar zwei, allerdings die zweite gegen den Willen der Schule.
Herr Minister, was muss man eigentlich anfassen, wenn man dieses Schulgesetz mit einem kleinen Strich ändert? Da sind doch genauso viele Verwaltungsvorschriften, die geändert werden müssen, wahrscheinlich genauso viele wie Realschulen, die davon profitieren werden. Sie machen aus der Jahreszahl 2010 eine 2011. Das ist ein kleiner Schritt
Her Minister, ich messe Sie einmal an Ihren eigenen Zielen. Sie wollen die Realschule retten. Dazu taugt der Gesetzentwurf nur wenig, haben wir gehört. Es geht um eine Handvoll Schulen. Es ist nur weiße Salbe für den Realschullehrerverband. Sie wollen für produktive Ruhe in der Schullandschaft sorgen, haben Sie gesagt. Das funktioniert aber nicht, weil Realschulen, Eltern und Schulträger, auch kooperative Gesamtschulen, zum Beispiel in Tornesch, gerade in heller Aufregung sind.
Dann redet die FDP gern von Transparenz. Das macht sie aber nur sonntags, und in der Woche macht sie ein Kuddelmuddel. Hier gibt es wirklich ein Schulchaos, das man bundesweit suchen muss. Sie steuern nicht auf eine Zweigliedrigkeit zu. Das war ja ein Weg, den die CDU bereit war zu gehen. Das war ja ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Schulfrieden, den CDU und SPD da zusammen gemacht haben. Wir steuern jetzt auf das völlig unsystematische Nebeneinander von Real-, Förder-, Regional- und Gemeinschaftsschulen und Gymnasien mit acht oder neun Jahren zum Abitur hin. Das wird ein Kuddelmuddel, sage ich Ihnen. Die Vier- bis Fünfgliedrigkeit ist bundesweit wirklich kein besonders gutes Aushängeschild.
Selbst wenn Ihr einziges Ziel wäre, Herr Minister, beim Philologenverband und den Realschullehrern Applaus zu ernten, so sind Sie, wie ich höre, momentan auf einem schlechten Weg.
Frau Conrad, Sie sagten, Sie wollen Planungssicherheit schaffen. Das sieht in Tornesch so aus, dass sich eine Schule klar positioniert hat, der Bürgermeister aber dagegen ist und jetzt die ganze Schullandschaft in Wallung ist.
Herr Minister, 10 % der Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs in Schleswig-Holstein gehen ohne Abschluss von der Schule. Das sind 1.500 Jugendliche pro Jahr. Was ist eigentlich Ihre Antwort für diese Jugendlichen? Sie wollen Realschulen erhalten; das will ich Ihnen ja zugestehen. Dann müssen Sie aber auch etwas in Richtung Hauptschule sagen. Aber da schweigen Sie sich aus. Abgesehen von der Anmerkung, Hauptschulabschlüsse müsse man weiter ablegen können, sagen Sie dazu nichts.
Sie haben nichts dazu gesagt. Was ist die Perspektive für die Jugendlichen, die jetzt auf Hauptschulen gehen? Sie fokussieren sich auf Realschüler.
- Herr Garg, es ist doch logisch: Wenn ich Realschulen erhalten will, ist doch die Frage, welches zusätzliche Angebot ich schaffe.
Wir haben funktionale Analphabeten - wir jetzt nicht -; 20 % der 15-Jährigen können nicht richtig lesen. Auch dazu höre ich von Ihrer Seite relativ wenig Richtungweisendes. Wir haben rund 35 % der Lehrkräfte, die vom Burnout-Syndrom betroffen sind. Da frage ich: Was ist Ihre Antwort? Es gibt ganz viele Fragen im Bildungssystem. Ihre Antwort ist: die Eigenverantwortung der Realschulen erhalten, Benachteiligung der Gymnasien vermindern. Das ist natürlich ein bisschen wenig zum jetzigen Zeitpunkt. Es ist eigentlich sogar ohne Worte, wenn man sich mal überlegt, wie groß die Herausforderungen sind.