Sondern es geht tatsächlich um solche obskuren Organisationen, die Sie selbst genauso hart kritisieren, wie wir das tun.
Herr Kollege, können Sie uns bitte eine Einschätzung hinsichtlich des Gewichtungsverhältnisses zwischen den Gewerkschaften in Deutschland geben? Um Ihnen die Frage zu verdeutlichen: Wer ist der dominante Tarifpartner bei den Gesprächen?
- Das ist tatsächlich von Region zu Region unterschiedlich. Sie wissen doch auch, dass es Branchen gibt, in denen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kaum gewerkschaftlich organisieren, weil sie große Schwierigkeiten damit haben. Dies gilt beispielsweise für den Einzelhandel. Wir haben doch alle noch die Diskussion um Lidl und andere im Ohr. Bei diesen gab es große Probleme, überhaupt Betriebsräte zu bilden.
Ich finde es nicht fair, dass Sie sagen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dabei große Schwierigkeiten bekommen, eventuell unter
Ich will Ihnen auch ganz deutlich sagen: Wenn wir über 8,50 € pro Stunde diskutieren, diskutieren wir doch nicht über Reichtümer. Was bedeutet denn eine Untergrenze von 8,50 € pro Stunde?
Bei einem alleinstehenden Menschen - Steuerklasse 1 - bedeutet das einen Monatsverdienst von 970 €. Wenn man Pech hat, ist man dann immer noch darauf angewiesen, zum Sozialamt zu gehen und unterstützende Leistungen zu beantragen. Darüber diskutieren wir. Deshalb geht es um einen Mindestlohn von 8,50 €. Ich finde, da müssten Sie deutlich sagen, dass der Mindestlohn – wenn wir das so nennen – nicht unterlaufen werden darf. Das müsste eindeutig in Ihrem Papier enthalten sein.
Ein letztes Argument zum Beitrag des Kollegen Vogt! Der Kollege Vogt hat hier über die Arbeitsförderung gesprochen. Das kann man so machen, ich will aber versuchen, deutlich zu machen, was die „Instrumentenreform“, die Herr Vogt so gelobt hat, für Schleswig-Holstein bedeutet. Sie bedeutet in den nächsten Jahren bis 2015 650 Millionen € weniger aus Arbeitsmarktfördermitteln für Schleswig-Holstein – 650 Millionen € weniger!
Dann stellen Sie sich mit Ihrer Fraktion hier hin, halten die Schuldenbremse hoch, versuchen, die Schuldenbremse einzuhalten, kriegen dafür vom Bund jährlich 80 Millionen € aus einem Fonds zur Hilfe und Unterstützung, weil man das leistet,
und gleichzeitig kommt diese Bundesregierung und streicht Ihnen 650 Millionen € bis zum Jahr 2015 aus der Kasse. Das ist doch nicht vernünftig, das ist nicht einmal haushaltspolitisch vernünftig!
hängig sind, weil genau die Maßnahmen, die notwendig sind, um den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen, die Qualifizierungsmaßnahmen, die Weiterbildungsmaßnahmen, gestrichen werden und auf der Strecke bleiben.
Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich: Die Arbeitsmarktreform ist nicht klug, sondern sie ist verheerend, nicht nur haushaltsmäßig, sondern vor allem für die Menschen, die davon abhängig sind. So eine Politik kann man doch nicht gut finden!
Für die Landesregierung erteile ich jetzt dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Herrn Dr. Heiner Garg, das Wort.
- sehr verehrte Frau Kollegin -, die nicht fand, dass Rot-Grün der Garant sozialer Arbeitsmarktpolitik war, sondern die sah, dass über 5 Millionen arbeitslose Männer und Frauen ein unsozialer Tatbestand waren – über 5 Millionen arbeitslose Männer und Frauen!
Über 160.000 Männer und Frauen allein in Schleswig-Holstein ohne Beschäftigung. Es war eine rotgrüne Bundesregierung, die dann die größte Arbeitsmarktreform, die in den letzten Jahrzehnten auf den Weg gebracht wurde, eingeleitet hat.
Das Gefühl zu haben – über 5 Millionen Menschen! -, nicht gebraucht zu werden, das ist unsozial. 160.000 Männer und Frauen, die vom Erwerbsleben ausgeschlossen werden, das ist unsozial.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen deutlich sagen: Heute sind in der Bundesrepublik fast 2 Millionen arbeitslose Männer und Frauen weniger arbeitslos als 2004, und in Schleswig-Holstein sind rund 60.000 Männer und Frauen mehr in Beschäftigung. Das ist sozial.
Nun wäre es sehr einfach, sich ein paar Tage vor der Landtagswahl hinzustellen und zu behaupten, das sei alles der Erfolg von irgendwelchen Regierungen auf Bundes- und Landesebene. Nein, so einfach will ich es mir nicht machen. Ich glaube, dass die Grundlage für diese Zahlen und den Erfolg in den Arbeitsmarktreformen des SGB II und SGB III gelegt wurde. Wenn Sie sich bei Ihren eigenen Arbeitsmarktreformen vom Acker machen, können Sie das gern tun. Ich halte für die Landesregierung fest, dass wir die Grundphilosophie der Arbeitsmarktreformen nach wie vor richtig finden, weil sie mehr Männer und Frauen in Beschäftigung gebracht haben.
Ich bin genauso der Meinung, dass man sich auf diesen Erfolgen mitnichten ausruhen darf. Wir haben ganz neue arbeitsmarktpolitische Herausforderungen. Wir haben auf der einen Seite heute schon das Problem bei vielen Betrieben, gerade in Schleswig-Holstein, gerade in besonderen Branchen, gerade in bestimmten Regionen wie an der Westküste, dass wir erheblichen Fachkräftebedarf haben. Ich will gar nicht das Wort Fachkräftemangel in den Mund nehmen, auch wenn wir ihn im Gesundheitsund Pflegebereich in vielen Fällen haben. Wir haben Fachkräftebedarf. Das ist die eine Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt.
Die zweite Herausforderung ist ein Teil von Menschen, die von ihrer eigenen Arbeit nicht leben können, die nicht davon leben können, wenn sie acht Stunden am Tag fünf Tage in der Woche arbeiten. Das ist ein Problem, das Politik nicht nur sehen und diskutieren muss, sondern wofür Politik Lösungen anbieten muss.
Bei aller Lautstärke - der Kollege Kalinka hat darauf hingewiesen - finde ich es erstaunlich, dass im Schleswig-Holsteinischen Landtag von der Grundidee her das Problem erkannt und häufig diskutiert wurde. Was verkannt wird, ist - auch darauf hat der Kollege Kalinka dankenswerterweise hingewiesen -, dass Unternehmerinnen und Unternehmer - in Schleswig-Holstein gibt es fast 98 % kleine und mittelständische Unternehmen - bereit sein müssen, diese Löhne zu zahlen, weil sie am Markt mit ihren Produkten und Dienstleistungen das Geld verdienen können müssen, damit sie diese Löhne überhaupt bezahlen können.
Wir wollen einen anderen Weg gehen. Union und FDP haben einen Vorschlag gemacht, und zwar nicht erst zu dieser Landtagstagung. Ich durfte für
die Landesregierung bei der letzten Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November in Leipzig das Modell einbringen, auf dem der Vorschlag der Bundesarbeitsministerin fußt. Unser Weg lautet: Tarifautonomie stärken, und zwar in den Regionen und Branchen, in denen Tarifautonomie im Moment nicht funktioniert, weil sich Tarifpartner nicht finden, weil sich Tarifpartner aus der Tarifgemeinschaft verabschiedet haben. Das ist das Modell der Lohnfindungskommission, das wir vorgeschlagen haben.
Ich finde es richtig, dass wir die Lohnfindung einschließlich des Ziels einer Lohnuntergrenze den Tarifpartnern überlassen und nicht dem Deutschen Bundestag und irgendwelchen Wahlkämpfen in Überbietungswettbewerben von vermeintlich sozialen Stundenlöhnen.
Lieber Kollege Baasch, Sie wissen, ich schätze Sie sehr, und ich schätze die Auseinandersetzung mit Ihnen gerade zu diesem Thema. Wenn Sie aber selber sagen, dass der von der SPD geforderte Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde in manchen oder sogar in etlichen Fällen gar nicht ausreichen würde, um den Gang zum Sozialamt zu vermeiden, Sie aber gleichzeitig sagen, das sei das oberste Ziel, den Gang zum Sozialamt zu vermeiden, müssen Sie wenigstens so konsequent sein und Ihr Angebot erhöhen.
- Sie können auch „Freibier“ auf Ihre Wahlplakate schreiben. Ich bin allerdings wenig überzeugt davon, dass das irgendjemand noch hinterm Ofen hervorholen wird.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine Bemerkung zum Schluss, weil die Problematik Schlecker hier ins Spiel gebracht wurde. Erstens stelle ich fest: An der schleswig-holsteinischen Landesregierung wäre eine Transfergesellschaft nicht gescheitert.