Protocol of the Session on April 25, 2012

Zunächst einmal möchte ich ergänzen: Die Beltquerung ist tatsächlich eine Politik von gestern. Spitzenkandidat Thorsten Albig sagte gestern in einer Presseerklärung - ich konnte es lesen -: „In einer idealen Welt könnte dieses Projekt funktionieren!“

(Beifall des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP] - Christopher Vogt [FDP]: Der Mann hat Humor!)

Ich sage Ihnen: In der realen Welt spricht Ihre Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn Klartext. Ich möchte zitieren, was sie sagt:

„Der Rechnungsprüfungsausschuss darf sich verschaukelt fühlen - die tatsächliche Bauphase - und damit abermals die verzögerte Fertigstellung der Hinterlandanbindung über 2021 hinaus - wird totgeschwiegen. Jede zeitliche Verzögerung bedeutet aber automatisch und erwiesenermaßen drastische Kostensteigerungen.“

Die Frau weiß, wovon sie redet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE] und Lars Harms [SSW])

Herr Stegner, mehr Hagedorn, weniger Poersch – Entschuldigung, Ihr Antrag sagt im Grunde auch nichts aus - und weniger Albig. Dann ist das in Ordnung. Dann haben wir wirklich eine realistische Einschätzung der Fehmarnbelt-Querung.

Die Bevölkerung will den Wechsel auch in der Verkehrspolitik. Sie haben es nicht verstanden, angesichts der Schuldenbremse von diesem unsinnigen Projekt abzurücken. Sie haben es nicht verstanden, mit dem Staat Dänemark in Kontakt zu treten und Artikel 22 Abs. 2 Satz 2 in Anwendung zu bringen.

Herr Abgeordneter Dr. Tietze, lassen Sie jetzt eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

So, jetzt lasse ich auch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kubicki zu, bitte schön.

(Dr. Andreas Tietze)

Herr Kollege Dr. Tietze, ich habe Sie vorhin richtig verstanden und jetzt wiederholt richtig verstanden, dass Sie davon ausgehen, dass die Mobilität etwas mit einem Antriebssystem Ottomotor/Dieselmotor - zu tun hat? Ist Ihnen bekannt, dass in Deutschland bis zum Jahr 2020 allein eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straßen gebracht werden sollen - Tendenz: weiter steigend - und dass man auch für Elektrofahrzeuge Brücken und Straßen braucht?

- Verehrter Herr Kubicki, ich glaube sehr, dass wir eine Innovationsstrategie für die Antriebstechnik brauchen. Ich bin aber der Meinung, dass die Elektromobilität eher im Nahverkehr eingesetzt wird. Da wird sie sicherlich auch erfolgreich sein. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir für den Fernverkehr über den Bahnverkehr und die Reisezeiten mit dem ICE mittlerweile eine gute Elektromobilität haben. Deshalb glaube ich nicht, dass wir in den nächsten zehn Jahren über Elektroautos reden werden, die diese Strecken wirklich sinnvoll bewältigen können.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Christopher Vogt [FDP]: Womit sollen denn Fähren fahren? - Zuruf von der CDU: Die Fähren segeln!)

Ich möchte noch etwas zum Dialogforum sagen. Herr Arp hat sich hingestellt und das hier gelobt. Herr Arp, dieses Dialogforum ist kein Meilenstein in der Bürgerbeteiligung. Frau Merkel hat es angekündigt als das Mittel par excellence. Ich stelle einfach einmal fest: 30 Leute hatten Sie, davon waren vier Kritiker, zwei von den Kritikern haben sich jetzt aus dem Dialogforum verabschiedet, unter anderem auch mit der konkreten Erfahrung der Intransparenz - Unterlagen sind nicht geliefert worden -, und die Leute fühlen sich verschaukelt, weil Sie durchs Land ziehen und sagen: Wir reden nicht über das Ob, sondern nur über das Wie.

Das ist Pseudodemokratie, das ist Pseudobeteiligung. Deshalb ist Ihr Ansatz eines „Demokratieforums“ grandios gescheitert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich sage Ihnen: Es sind noch zwölf Tage, und die Leute werden auch das Thema Fehmarnbelt-Querung in ihre Wahlentscheidung mit einbeziehen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Hoffentlich!)

Wir haben uns in unserem 100-Tage-Programm klar und deutlich geäußert: Wenn die Grünen an der Regierung beteiligt sein sollten, werden wir uns dafür einsetzen, mit der Bundesregierung den Staat Dänemark aufzufordern, über einen Ausstieg aus dem Projekt zu verhandeln. Wir brauchen in Schleswig-Holstein wieder realistische Verkehrspolitik. Wir brauchen realistische Politik. Herr Kubicki, begreifen Sie endlich: Straßenbau als Politikinszenierung hat ausgedient - endgültig und ein für allemal. Ich sage Ihnen: Wer bei den Grünen das Kreuz macht, der wählt den Wechsel, der wählt eine Transformation in eine postkarbone Wirtschafts- und Verkehrspolitik.

(Lachen bei der FDP)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Der wählt die moderne Politik von morgen. Herr Kubicki, machen Sie nur so weiter. Dann werden Sie die Fünfprozenthürde nicht rocken!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

(Christopher Vogt [FDP]: Mehr Rotwein für Tietze! - Heiterkeit bei der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Problemstellungen hinsichtlich der möglichen Fehmarnbelt-Querung sind bekannt. Der Kostenrahmen für die Hinterlandanbindung ist nicht sicher. Wir wissen nicht, wie der Fehmarnsund gequert werden soll, und die Umwelt- und Lärmauswirkungen sind nicht bekannt. Darüber hinaus sind die regionalwirtschaftlichen Effekte nicht wirklich bekannt, und die Verkehrsprognosen sind auch unsicher. Vor diesem Hintergrund glaube ich nicht, dass es notwendig ist, dies alles noch einmal in elf Punkten in Form eines Antrags festzustellen. Deshalb möchte ich mich nur mit den Dingen beschäftigen, die heute als Forderungskatalog an die Bundesebene vorliegen.

Es ist in der Tat gut, dass das Dialogforum - wenn auch erst nach der Entscheidung für einen Staats

(Dr. Andreas Tietze)

vertrag - eingerichtet worden ist. Ziel dieses Forums ist es, für einen vorzeitigen Interessenausgleich zu sorgen, falls es zum Bau einer Fehmarnbelt-Querung kommt. Somit ist das Forum kein Gremium, das - in welcher Weise auch immer - nur für die kritische Begleitung des Projekts - wie die Linken es formulieren - vorgesehen ist, sondern dieses Gremium geht erst einmal wertfrei vor.

Auch ist das Dialogforum nicht für die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Sozialverträglichkeitsprüfung zuständig, wie es die Linken in ihrem zweiten Punkt suggerieren. Hier geht es nämlich um ein rechtliches Verfahren, das durch die jeweils zuständige Behörde durchgeführt wird und in dem sich die jeweiligen Träger von Belang zu den Planungen äußern können. Das Dialogforum ist nur dazu da, um mögliche Kritikpunkte im Vorwege auszuräumen. Ich glaube, hier besteht bei den LINKEN ein Missverständnis.

Im Übrigen gilt dies auch für alles das, was unter Punkt 4 im Antrag aufgeführt wird. Es mag viele Punkte geben, die wir hier politisch teilen. Trotzdem können nicht wir politisch entscheiden, wie die Umsetzung des Projektes, zum Beispiel im Bereich des Lärmschutzes oder in Bezug auf die Auswirkungen auf den Tourismus, vonstatten gehen soll. Politische Willkür darf es eben gerade nicht geben. Auch diese Punkte sind Teile des rechtlichen Verfahrens, also der Planfeststellung oder der Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wir sollten den Rechtsstaat da nicht außer Kraft setzen.

Was bleibt, ist die Frage, ob die kostenmäßigen Voraussetzungen für den Bau der FehmarnbeltQuerung und insbesondere die der Hinterlandanbindung so weit vom Ursprung abweichen, dass eine Neubefassung mit dem Projekt sinnvoll erscheint. Denn nur bei einer markanten Abweichung der Kosten ist gemäß dem Staatsvertrag überhaupt eine Neubefassung möglich. Nach unserer Auffassung muss hier die Bundesregierung mitteilen, wie die Kostenstruktur im günstigsten und im ungünstigsten Fall aussieht. Weiter muss uns die Bundesregierung sagen, wie diese Hinterlandanbindung finanziert werden soll. Im Investitionsrahmenplan, der bis 2015 gilt, findet sich dazu jedenfalls nichts. Sollten die Abweichungen so markant sein wie allgemein vermutet, dann muss man das Projekt in der Tat neu bewerten können.

Aber auch hier sehen wir die Sachlage anders als DIE LINKE. Wir haben einen gültigen Staatsvertrag zwischen zwei Ländern, nämlich Deutschland und Dänemark. Wenn man eine Neubewertung

vornimmt, dann muss dies gemeinsam geschehen. Das heißt, Deutschland und Dänemark müssen beide gemeinsam entscheiden, ob sie das Projekt noch weiter wollen, und gemeinsam entscheiden, wie das Projekt gegebenenfalls beendet wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Vertragstreue ist für uns ebenfalls ein wichtiges Gut. Deshalb darf es keinen einseitigen Ausstieg und auch keine einseitige Prüfung der Ausstiegmodalitäten geben, wie es DIE LINKE formuliert hat. So geht man unter Partnern nicht miteinander um.

Auch wir lehnen das Projekt Fehmarnbelt-Querung politisch immer noch ab. Aber wir haben immer auch gesagt, dass getroffene Entscheidungen zwischen zwei Staaten von uns nicht infrage gestellt werden. Die beiden Staaten und damit beide Regierungen gemeinsam können gemäß den Bestimmungen des Staatsvertrages das Projekt nur gemeinsam neu bewerten. Es darf nicht so sein, dass wir den Rechtsstaat außer Kraft setzen und rechtlich einwandfreie Verfahren politisch beeinflussen. Genau das unterscheidet uns von einer Bananenrepublik, und das soll nach unserer Auffassung auch so bleiben.

Deshalb haben wir gemeinsam mit den Grünen einen Änderungsantrag vorgelegt, der eine neue aktuelle Kostenschätzung, eine Aussage zur Finanzierung, also wo das Geld herkommen soll, und dann möglicherweise eine neue Befassung mit dem Projekt durch die Regierungen einfordert. Dieser Weg ist rechtlich sauber und baut auf eine gleichberechtigte Zusammenarbeit mit Dänemark auf. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Noch ein letztes Wort zu dem, was der Kollege Vogt eben angemerkt hat. Es ist richtig, dass, wenn man in Ostholstein lebt und sozialdemokratisch wählen will, mit der Erststimme Fehmarnbelt-kritisch wählen kann, dies aber mit der Zweitstimme anscheinend nicht mehr tun kann. Aber es gibt auch im Holsteinischen gute Alternativen. Ich sage nur: SSW wählen ist auch etwas Schönes!

(Beifall beim SSW)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

(Lars Harms)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil das, glaube ich, die 58. Debatte zum Thema Fehmarnbelt-Querung in dieser verkürzten Legislaturperiode ist

(Christopher Vogt [FDP]: 57!)

- 57; anscheinend habe ich falsch gezählt -, möchte ich einmal eine andere Methodik wählen, um mich dem Thema zu nähern.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Unter Wasser! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Nein, ich singe nicht. Ich gehe auch nicht unter Wasser. Wenn ich der Anmerkung von Herrn Thoroe folgen würde, die Schweinswale zu suchen, müsste ich das machen. Aber ich mache es trotzdem nicht.

Ich möchte einmal vergleichen, wie die Haltung der selbsternannten Dänenampel zur Fehmarnbelt-Querung ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Das ist ein methodischer neuer Ansatz, Herr Stegner. Gehen wir das doch einmal durch. Von den Grünen ist bekannt, sie sind dagegen.