Protocol of the Session on April 25, 2012

Genauso ist es. Wir sollten schleunigst damit beginnen, an die Zukunft derjenigen Menschen zu denken, die durch die feste Fehmarnbelt-Querung Ausbildung und Arbeit bekommen. Von allein nützen Infrastrukturverbindungen nur den Metropolen. Die dazwischenliegenden Regionen können profitieren, wenn sie sich engagieren und etwas dafür tun.

(Beifall der Abgeordneten Birgit Herdejür- gen [SPD] und Christopher Vogt [FDP])

In Sachen Bürgerbeteiligung braucht die Sozialdemokratie nun wirklich keine Nachhilfe. Bürgerbeteiligung hat bei uns gute Tradition. Zu unseren Sofortmaßnahmen nach der Wahl wird zählen: Wir werden die Bürgerbeteiligung beim Bau der festen Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindung ernst nehmen und dem Dialogforum Fehmarnbelt eine echte Mitsprache ermöglichen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb appelliere ich an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu, und stehen Sie mit uns dafür ein, Schleswig-Holsteins Chancen zu entwickeln und umzusetzen, wenn die feste Fehmarnbeltquerung kommt!

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Christopher Vogt das Wort.

(Zurufe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen - tut mir leid, dass ich die Spannung etwas kaputt machen muss -: Meine Fraktion sieht im Gegensatz zu Teilen der Opposition keinen Anlass, die Realisierung der festen FehmarnbeltQuerung infrage und das Projekt auf den Prüfstand zu stellen. Wir sehen die Chancen, die für unser Land mit diesem Projekt verbunden sind, und wir wollen diese nutzen. Wir nehmen aber auch die Risiken und Bedenken sehr ernst, die mit einem solchen Großprojekt natürlich immer verbunden sind.

Die Linken machen es sich mit ihrem schön zusammenkopierten Antrag sehr einfach. Sie wollen das Projekt kurz vor der Wahl wieder einmal auf den Prüfstand stellen. Das ist einigermaßen konsequent von der Linken, schließlich ist der Verzicht auf die feste Fehmarnbelt-Querung beziehungsweise die Kostenbeteiligung des Landes an der Hinterland

anbindung Ihre Standardantwort auf die Frage, wie sie die Forderungen aus Ihrem Programm finanzieren möchten. Insofern ist es konsequent. Ich möchte Sie nur dezent darauf hinweisen, dass einmalig 60 Millionen nicht ausreichen und eben nur einmalig sind. Vielleicht sollte das Argument an der Stelle noch ein bisschen geschärft werden.

Die Haltung der Grünen ist ebenfalls nicht neu, und sie sind dem SSW-Antrag jetzt beigesprungen. Beim SSW finde ich es etwas bedauerlich, dass Sie in dieser für Dänemark wichtigen Frage Kopenhagen immer wieder von der Fahne gehen, aber das müssen Sie mit Ihren dänischen Freunden direkt besprechen.

(Lars Harms [SSW]: Wir sind eigenständig! - Hans-Jörn Arp [CDU]: Glauben Sie, dass die da Freunde haben?)

- Anke Spoorendonk sicherlich, bei Lars Harms bin ich nicht so sicher.

(Heiterkeit)

Ich glaube, die werden da schon ihre Kontakte haben und sicherlich auch einmal öfter von der Regierung in Kopenhagen ins Gebet genommen. Das ist ja auch in Ordnung.

Meine Damen und Herren, wirklich interessant in den Reihen der Opposition ist die Haltung der SPD zu diesem Projekt. Bei der anstehenden Landtagswahl bekommt man, wenn man im nördlichen Teil Ostholsteins, also in der betroffenen Region, wohnt, von der SPD ein interessantes Angebot: Wenn man dort mit der Erststimme die SPD wählt, stimmt man gegen die feste Fehmarnbelt-Querung, wenn man mit der Zweitstimme dort SPD wählt, spricht man sich für die feste Fehmarnbelt-Querung aus. Das nennt man wahrscheinlich breite inhaltliche Aufstellung.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herzlichen Glückwunsch dazu! Bei der Bundestagswahl ist das übrigens ganz genauso. Das ist ein sehr gutes Angebot an die Wähler.

(Zurufe)

Lieber Dr. Stegner, ich finde Ihren Änderungsantrag in diesem Kontext sehr gelungen. Er besteht ja nur aus einem Satz, der wie in Stein gemeißelt daherkommt und lautet - ich möchte den Satz gern zitieren, weil er so schön ist -:

„Wenn die feste Fehmarnbelt-Querung kommt, wird Schleswig-Holstein seine mög

(Regina Poersch)

lichen Chancen herausarbeiten und umsetzen.“

Ein wirklich großartiger Antrag, den Sie uns da vorgelegt haben!

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: In der Kürze liegt die Würze!)

Vor einigen Jahren hätte dieser dünne Satz vielleicht noch Sinn ergeben, in der jetzigen Planungsphase wirkt er eher wie: Wir wissen auch nicht so recht, was wir wollen, und einige bei uns sind dagegen, deswegen machen wir einmal so einen komischen Antrag. Insofern werden wir auch diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Lars Harms [SSW])

- Sogar Lars Harms klatscht begeistert; darüber freue ich mich sehr.

Meine Damen und Herren, die vor kurzem angekündigte Verzögerung bei der Realisierung der festen Querung mag vielleicht ein willkommener Anlass für die Projektgegner in diesem Hause sein, dieses Projekt und seine Realisierung erneut in Zweifel zu ziehen. Ich möchte aber auch heute festhalten: Verzögerungen bei der Realisierung eines Projekts sind immer ärgerlich, bei einem solch komplexen Großprojekt allerdings nicht wirklich ungewöhnlich.

Entscheidend für die Chancen Schleswig-Holsteins ist die Schienen-Hinterlandanbindung, und darüber sollten wir uns mehr unterhalten und weniger über das Projekt insgesamt. Meine Fraktion setzt sich seit Jahren für eine Trassenführung ein, die die Interessen der betroffenen Anwohner, Gewerbetreibenden und Kommunen möglichst gut berücksichtigt. Kritisch sieht meine Fraktion bei der Hinterlandanbindung nach wie vor das geplante Nadelöhr am Fehmarnsund. Das ist bei der Planung mindestens unglücklich so geschehen.

Für Diskussionen sorgt leider auch immer wieder auch das klang hier an - das eingerichtete Dialogforum. Meine Fraktion setzt sich für ein transparentes Verfahren bei Planung und Bau der festen Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindung ein. Wir wünschen uns einen möglichst breit angelegten Dialog, der die betroffenen Bürger mitnimmt und zur Findung der besten Lösung beiträgt.

Die Belange der betroffenen Anwohner, des Tourismus, der Kommunen in der Region sowie Sicherheits- und Umweltaspekte müssen umfangreich berücksichtigt werden. Akzeptanz beim Bürger ent

steht nur durch eine breite Diskussion und durch Transparenz der Verfahren. Fundierte Kritik von Gegnern und Skeptikern nehmen wir sehr ernst. Deshalb steht auch meine Fraktion zu diesem sachlichen Dialog mit den Gegnern des Projekts, auch wenn wir uns natürlich für das Projekt aussprechen und darin - wie gesagt - mehr Chancen als Risiken sehen. Wir plädieren dafür, dass alle Beteiligten dazu beitragen, dass die Initiativen, die jetzt das Dialogforum leider verlassen haben, wieder an den Besprechungstisch zurückkehren können. Es sollte von allen Beteiligten versucht werden, das verloren gegangene Vertrauen wiederherzustellen. Nur wer miteinander spricht, kann auch zu guten Ergebnissen kommen.

Wir sind davon überzeugt, dass dieses Projekt unserem Bundesland sehr viele Vorteile bringen wird. Wir gehen auch davon aus, dass es kommen wird. Insofern werden wir die Umsetzung des Projekts weiterhin konstruktiv begleiten. Wir beantragen Abstimmung in der Sache und müssen leider alle Oppositionsanträge ablehnen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Wochen habe ich eine Studie über den sogenannten Peak Oil gelesen. Dort konnte man lesen, dass die weltweiten Erdölvorräte noch 43 Jahre reichen werden. 43 Jahre, Herr Kubicki. Die Abschreibung für die Fehmarnbelt-Querung sind 60 Jahre.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn man das einmal zusammenzählt - die Verknappung der Rohstoffe -, kann man sich ungefähr vorstellen, dass wir das erleben werden, was wir in den 70er-Jahren während der Ölkrisen hatten. Benzin und Treibstoff für Fahrzeuge wird nicht bezahlbar sein. Wer dann auf ein Straßengroßprojekt wie die Fehmarnbelt-Querung setzt, der setzt auf eine Politik von gestern, der ist rückwärtsgewandt, der ignoriert auch die derzeitige Debatte in Europa über die Schuldenbremse. Dazu gab es heute auch eine Presseerklärung. 300 Milliarden €

(Christopher Vogt)

kostet die Bundesrepublik Deutschland das Rettungspaket in der Europäischen Union als Schuldenstand. Wer darauf setzt, der ignoriert tatsächlich, dass mit Straßenbau in Deutschland kein Geld mehr zu verdienen ist. Das ist der völlig falsche Ansatz.

Herr Abgeordneter Dr. Tietze, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

Nicht so früh, Herr Kubicki. Ich möchte jetzt erst einmal meine Rede fortsetzen. Sie können sich gleich noch einmal melden, ganz ruhig bleiben. Es macht immer Spaß, mit Ihnen in den Dialog einzutreten.

Zunächst stellen wir einmal fest, dass die Baumaßnahmen 2015 beginnen sollen und 2021 der Bau vollendet sein soll. Es ist doch völlig klar, dass diese Verzögerung, Herr Kollege Vogt, einen höheren Bedarf an Koordinierung und Detailplanung erzeugen wird. Es wird viel, viel teurer werden, als bis jetzt abgeschätzt worden ist. Deshalb werden sich die Kosten für die Fehmarnbelt-Querung auch für die Bundesrepublik Deutschland exorbitant steigern.

Warum gibt es die Debatte im Deutschen Bundestag morgen? - Sie weigern sich - übrigens auch im Dialogforum -, endlich einmal einen Kassensturz zu machen und endlich einmal alle Kosten auf den Tisch zu legen. Sie haben sich beharrlich geweigert, die Folgekosten für den Ausbau des Knotens Hamburg, die Y-Trasse - ich kann zahlreiche Folgekosten nennen – zu nennen und dazu eine gesamtvolkswirtschaftliche Betrachtung auf den Tisch zu legen. Sie weigern sich, die Verkehrsprognosen zu aktualisieren. Weil Sie sich weigern und das eigentlich gar nicht wissen wollen, weil Sie das blockieren, deshalb wollen Sie diese Zahlen nicht auf den Tisch legen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der Linken ist in Fleißarbeit zusammengetragen worden. Vieles, was dort niedergelegt ist, ist schon erarbeitet worden. 95 % haben Sie von Ihren Bundesfreunden abgeschrieben.

(Björn Thoroe [DIE LINKE]: Zusammen er- arbeitet!)

- Ich habe ihn gelesen. Was ist das denn für eine Botschaft, die Sie mit Ihrem Antrag vermitteln? Sie

sagen tatsächlich: Wir wollen die FehmarnbeltQuerung nicht, aber wenn sie kommt, sollten wir auch noch die Fehmarnsund-Brücke als Tunnel ausbauen. - Was ist das denn für eine ökonomische Unsinnigkeit?

Zunächst einmal möchte ich ergänzen: Die Beltquerung ist tatsächlich eine Politik von gestern. Spitzenkandidat Thorsten Albig sagte gestern in einer Presseerklärung - ich konnte es lesen -: „In einer idealen Welt könnte dieses Projekt funktionieren!“