Protocol of the Session on April 25, 2012

(Beifall bei der LINKEN)

Das hat viele negative Folgen. Eine davon ist, dass lokale Fischer, die sich und ihre Familien von ihrem Tagesfang ernähren müssen, keinen Fisch mehr in ihren Netzen haben. Allein im Senegal leben 600.000 Familien von der traditionellen Fischerei. Die Überfischung durch EU-Flotten betrifft viele Millionen Menschen vor allem in Westafrika. Wir, DIE LINKE, wünschen uns, dass sich die EU in dieser Frage endlich klar positioniert.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir können nicht auf der einen Seite Entwicklungspolitik in diesen Ländern machen und auf der anderen Seite die Lebensgrundlage der Menschen vernichten. Viel sinnvoller wäre es, wenn beispielsweise die Marokkaner ihren Fisch selbst fangen würden und ihn dann zu ordentlichen Preisen auf dem europäischen Mark verkaufen könnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Viertens möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir die Festsetzung der Gesamtfangmengen an den höchstmöglichen Dauerertrag nur als eine Zwischenlösung betrachten. Langfristig muss es darum gehen, einen Biosystemansatz zu verwirklichen, der möglichst alle Einflussfaktoren in den Blick nimmt und auf diese Weise zu mehr Nachhaltigkeit führen kann.

Meine Damen und Herren, es gilt nun, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Reichtum der Meere zu erhalten. Im Interesse der nachfolgenden Generation, von der wir hier so oft reden, müssen wir jetzt handeln und die Artenvielfalt in unseren Ozeanen vor Profitgier schützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die bisherige verfehlte EU-Fischereipolitik hat dazu geführt, dass mittlerweile fast neun von zehn Speisefischbeständen in den europäischen Meeren überfischt sind. Nun ist es nicht so, dass uns diese Problematik neu ist. Dieses Problem ist vielmehr seit Jahren bekannt. Daher mag man sich zu Recht fragen, warum über Jahre hinweg nicht gehandelt wurde und warum die Fischbestände nicht bereits früher geschützt wurden. In früheren Debatten in diesem Hause wurde deutlich, dass die formulierten Ziele zur Nachhaltigkeit, der rentablen Nutzung der Fischereiressourcen und der Flottenpolitik wenig mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Wir müssen aber leider erkennen, dass die Fischereipolitik in Brüssel entschieden wird und der Einfluss Schleswig-Holsteins dort eher gering ist.

Die EU-Fischereipolitik hat bisher wenig dafür getan, um die Fischbestände wirklich zu schützen. Vielmehr wurde ein Berg von unüberschaubaren EU-Regelungen aufgebaut, um gegen Verstöße einzelner Mitgliedstaaten vorzugehen. Wie sich nun herausstellt, ist dies nur weiße Salbe. Damit wurde ein Bürokratiemonster geschaffen, das nicht nur seinen Zweck nicht erfüllt, sondern auch den Kontrollaufwand ständig erhöht und die ordnungsgemäße Fischerei immer stärker einschränkt. Gegensteuern ist nun dringend notwendig. Wir brauchen eine wirkliche Reform der EU-Fischereipolitik, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.

(Beifall beim SSW)

Die unterschiedliche Umsetzung des Fischereirechts in einigen Mitgliedstaaten führte bisher nicht nur zu einer Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung, sondern sie missachtet auch jeglichen Gedanken der Nachhaltigkeit. Dann ist es unseren Fischern nicht mehr vermittelbar, dass sich

(Ranka Prante)

diese an Gesetze und Richtlinien halten müssen, wenn der Umgang mit dem europäischen Fischereirecht in einigen Mitgliedstaaten mehr als lax gehandhabt wird. Hier brauchen wir dringend Abhilfe. Wir brauchen Regelungen, die unsere regionale Fischerei schützt.

(Beifall beim SSW)

Immer größere Schiffe mit stärkerer Leistung und größeren Netzen haben die Fischbestände an den Rand der Existenzgrundlage geführt. Dort brauchen wir die Kontrollen. Es sind nicht die Kutterfischer, die die Bestände zerstören; es sind die großen Trawler und Fischfabriken. Aus diesem Grund müssen wir die handwerkliche heimische Fischerei schützen. So sehen wir auch die Beschlussempfehlung.

Hierbei möchte ich noch auf einen anderen Aspekt eingehen, der verdeutlicht, wie wichtig gerade dies ist. Denn gerade die kleinen Häfen sind nicht nur aus fischereiwirtschaftlicher Sicht wichtig. Sie haben auch aus touristischer Sicht einen großen Wert für die jeweilige Region. Für viele Touristen, aber auch für Einheimische ist es ein Erlebnis, den frischen Fisch direkt vom Kutter kaufen zu können. Genau diese Fischer möchten wir schützen.

Ich hätte es begrüßt, wenn der Punkt aus dem Antrag der Grünen übernommen worden wäre, in dem es darum geht, die Fischereirechte in der Zwölfmeilenzone ausschließlich der regionalen Küstenfischerei vorzubehalten. Zu Recht hat die SPD im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es gerade in Bezug auf die Krabbenfischer an der Nordseeküste Verträge mit dänischen Fischern gibt. Aber mit der Differenzierung der regionalen Küstenfischerei wurde meines Erachtens eine Formulierung gewählt, bei der solche Verträge Berücksichtigung finden. Es heißt ja nicht „nationale Küstenfischerei“, sondern „regionale Küstenfischerei“ in dem Antrag der Grünen, und somit hätte man das übernehmen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen, weil aus unserer Sicht die Zielrichtung stimmt. Die Aspekte der Nachhaltigkeit und die Stärkung der heimischen Fischerei sind im Antrag enthalten, und das ist für uns sehr wichtig.

Da, wie ich bereits eingangs gesagt habe, der Einfluss Schleswig-Holsteins auf die EU-Fischereipolitik eher gering ist, hätte ich es sehr begrüßt, wenn der Landtag in dieser Sache mit einer Stimme sprechen würde, um den Forderungen mehr Gewicht zu geben.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Besuchertribüne Firmlinge des Erzbistums Hamburg ganz herzlich hier im Landeshaus. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Frau Dr. Juliane Rumpf, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für Schleswig-Holstein, für unser Land zwischen den Meeren ist die Fischerei natürlich ein Kernanliegen. Deshalb freue ich mich, dass wir dieses Thema hier heute wieder diskutieren. Die Beiträge haben gezeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Fischerei sehr wichtig ist, das es aber auch sehr schwierig ist, diese Nachhaltigkeit umzusetzen. Die EU-Fischereipolitik hat hier sicherlich noch viele Hausaufgaben zu machen. Aber mit den Vorschlägen der Kommission ist immerhin zu erkennen, dass dies nun endlich angepackt wird.

Schleswig-Holstein hat die norddeutschen Positionen und Forderungen bereits seit Vorlage des Grünbuchs zur Reform der gemeinsamen Fischereipolitik der EU-Kommission im Jahr 2009 mit den benachbarten Bundesländern einvernehmlich abgestimmt. Zuletzt haben wir dies nach Veröffentlichung der konkreten EU-Verordnungsvorschläge in einer von mir einberufenen Fischereiministerkonferenz der norddeutschen Länder im August 2011 hier in Kiel gemacht. Die nachfolgende Position der Bundesregierung stimmt mit der der Länder weitgehend überein, sodass wir auf nationaler Ebene hier einen breiten Konsens verzeichnen können.

Anhand der vorliegenden Anträge stelle ich zudem fest, dass wir auch in den Landtagsfraktionen in unseren Vorstellungen und Zielen zur künftigen Fischereipolitik gar nicht so weit auseinanderliegen. Übereinstimmungen mit der Position der Landesregierung sehe ich beispielsweise in der Festsetzung der Gesamtfangmengen nach dem Prinzip des höchstmöglichen Dauerertrags, in den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen, in der Verbesserung der Datengrundlagen, in der Forderung nach gesetzli

(Flemming Meyer)

chen Regelungen zur Begrenzung des Beifangs wie Rückwurfverbote, wobei ich hier allerdings für einen fischerbezogenen Ansatz plädiere und nicht wie die Kommission - für einen artenbezogenen Ansatz. Wir haben Gemeinsamkeit in der Forderung nach einer stärkeren Regionalisierung im Aufbau effektiver und effizienterer Kontrollsysteme, hier allerdings mit konsequenter EU-weiter Umsetzung, in der Forderung nach Bürokratieabbau und in der Forderung einer nachhaltigen Fischerei.

Meine Damen und Herren, in drei Punkten vertrete ich gemeinsam mit den Regierungsfraktionen und den Fraktionen von SPD und SSW allerdings eine andere Auffassung als die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Festlegung von Quoten für alle kommerziell genutzten Arten ist nicht sinnvoll. Das Beispiel der Krabbenfischerei ist hier schon genannt worden. Krabben sind reichlich vorhanden. Es gibt keinerlei Anzeichen einer Überfischung. Seriöse Bestandsprognosen sind nicht möglich. Verwaltungs- und Kontrollaufwand wären immens, und die Vermarktungsproblematik würden wir dadurch nicht lösen. Es gibt auch Probleme für einige Arten in der Ostsee, für die wir einfach keine hinreichenden Datengrundlagen haben.

Ebenso kritisch sehe ich die Forderung nach Einschränkung für die Fischerei in Meeresschutzgebieten, wenn dies, wie es in Ihrem Antrag wörtlich heißt, “zur Erreichung der Schutzziele erforderlich ist”. Herr Nickel, das ist mir zu unbestimmt. Die nachhaltige Fischerei ist für mich ebenso selbstverständlich zu fordern wie der Erhalt der Meeresschutzgebiete. Das heißt im Klartext: Die ordnungsgemäße Fischerei, die zum Zeitpunkt der Gebietsumwandlung ausgeübt wurde, genießt Bestandsschutz. Die Fischerei weist mich beiTreffen immer wieder darauf hin, dass ihnen dieser Bestandsschutz bei der Ausweisung der Natura-2000-Gebiete damals vom grünen Umweltminister zugesagt wurde, und ich halte mich an diese Zusage. Wir sollten hier keine unnötigen Konflikte aufbauen und unsere Fischer nicht verunsichern. Deshalb sind aus meiner Sicht Einschränkungen nur dann zu vertreten, wenn die Fischerei einen erheblichen negativen Einfluss auf den Erhaltungszustand relevanter Lebensräume und Arten hat.

(Beifall bei der CDU)

Als Letztes möchte ich die Forderung der übrigen Fraktionen nach Beibehaltung der einzelbetrieblichen Investitionsförderung ohne Kapazitätserhöhung nennen. Auch diese Forderung halte ich genau wie meine Kollegen in den anderen Küstenländern für richtig und setze mich nachdrücklich dafür ein.

Meine Damen und Herren, in den nächsten Monaten kommt es darauf an, dass wir in Brüssel weiterhin Überzeugungsarbeit leisten. Ich habe Ende Februar an einem interparlamentarischen Ausschusstreffen des Europäischen Parlaments zur Reform der gemeinsamen Fischereipolitik als Vertreterin der Bundesländer gemeinsam mit den Kollegen des Bundestags teilgenommen und für unsere Position geworben. Davor habe ich übrigens, wie von Herrn Schröder gefordert, ein Treffen mit den Verbänden abgehalten, sie beteiligt und ihre Wünsche und Hinweise nach Brüssel mitgenommen.

Mein Wunsch ist es, dass wir uns künftig auch gemeinsam zum Wohl unserer schleswig-holsteinischen Fischerei einsetzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag Drucksache 17/2162 abzulehnen. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen von CDU, SPD und FDP. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? Der SSW und eine Enthaltung bei DIE LINKE. Ich wiederhole: Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE bei Enthaltung von SSW und einer Stimme der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Mit der Drucksache 17/2349 (neu) haben die Mitglieder des Umwelt- und Agrarausschusses dem Landtag einen Entschließungsantrag mit der Bitte um Übernahme und Zustimmung vorgelegt.

Wer dieser Entschließung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen von CDU, SPD, FDP und SSW. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Damit ist die Beschlussempfehlung, Drucksache 17/2349 (neu), mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und SSW bei Enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Fehmarnbelt-Querung auf den Prüfstand

(Ministerin Dr. Juliane Rumpf)

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2503

Änderungsantrag der Fraktionen von SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2519 (neu)

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2523

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Björn Thoroe für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DIE LINKE hat für die heutige Sitzung im Landtag und für die morgige Sitzung im Bundestag noch einmal die feste Fehmarnbelt-Querung auf die Tagesordnung gesetzt, weil wir die Abstimmungsergebnisse hierzu heute im Landtag und morgen im Bundestag dokumentieren wollen. Zudem gibt es neue Fakten, die es notwendig machen, die feste FehmarnbeltQuerung auf den Prüfstand zu stellen. Das mache ich nicht nur daran fest, dass der Baubeginn der festen Fehmarnbelt-Querung auf das Jahr 2015 verschoben worden ist. Dabei sind die Klagen, die noch von verschiedenster Seite kommen werden, noch gar nicht berücksichtigt worden sind. Daher bin ich sehr guter Hoffnung, dass im Jahr 2015 garantiert nicht mit dem Bau der festen FehmarnbeltQuerung begonnen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Fakt ist, dass sich die Voraussetzungen für den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung grundlegend geändert haben. Ich beginne mit den Kosten. Ursprünglich waren 700 Millionen € für die Hinterlandanbindung eingeplant. Nun sind wir schon bei bis zu 2 Milliarden € angekommen. Die feste Fehmarnbelt-Querung droht den Verkehrshaushalt zu sprengen. Auch die an der Strecke liegenden Kommunen werden finanziell massiv belastet werden. Sie werden sich an den Kosten für die Bahnübergänge beteiligen müssen. Das Land plant einen Zuschuss von 60 Millionen €. Mich interessiert, ob dieser angehoben wird, wenn die Kosten insgesamt steigen.