Seit meinem 16. Lebensjahr bin ich Atomgegner. Muss ich eigentlich diese Fragen beantworten? Ich kann mich nur erinnern, dass sich die Befürworter immer gegen eine emotionalisierte Debatte verwahrt haben und auf das strengste Atomgesetz der Welt und den hohen technischen Standard in Deutschland hingewiesen haben. Soll sich doch bitte die CDU zu diesen Problemen äußern.
Dieses korrodierte Fragment eines Fasses zur Aufbewahrung von radioaktivem Müll in Deutschland hat einen riesigen Imageschaden für unser Land verursacht. Der Gedanke an eine Ingenieurin im Ausland, die für den Einkauf ihrer Firma Entscheidungen trifft, die Zeitung aufschlägt und ein Bild von einem Fass in Deutschland sieht, ist geradezu zum Fremdschämen.
Herr Kollege Matthiessen, Sie haben eben die möglichen Folgen der Entzugserlaubnis aufgezeigt. Würden Sie vor diesem Hintergrund Ihre Forderung als politisch seriös erachten?
- Herr Callsen, ich habe versucht, auf die Kausalitäten und die politische und historische Verantwortung hinzuweisen, und darauf, wie sie sich auf die Parteien verteilt. Ich kann mich nur erinnern, dass ich als Atomkraftgegner auf dieses Gesetz verwiesen worden bin, das es unter anderem auch ermögliche, bei einer Unzuverlässigkeit des Betreibers die Genehmigung zu entziehen.
Ich muss jetzt im fortgeschrittenen Alter - inzwischen habe ich viel gelernt - erkennen: Diese Versprechungen, die uns damals gemacht worden sind, waren ebenso leer wie das, was mir ein Minister Maihofer gesagt hat: Die Dinger sollen nur 19 Jahre laufen. Das habe ich ja alles persönlich erlebt. Ich saß mit ihm auf dem Podium in Berlin in meiner Studentenzeit. Da war ich 23 und hatte noch nicht so viel Ahnung von der Sache.
Sie versuchen - darum habe ich mich auch bei Herrn Arp so aufgeregt -, einer Verantwortungsumkehr das Wort zu reden.
Es lagert also schwarz-gelber Atommüll in den Kavernen und nicht grüner Atommüll. Herr Arp, der mich so hämisch angeguckt hat, ist leider hinausgegangen. Ich habe mich aufgeregt, weil ich es schwer ertragen kann, wenn Kollegen aus der CDU hier hämisch grinsen, wenn grüne Politik in exekutiver Verantwortung vor der Schwierigkeit steht, wie wir mit dem Atommüll umgehen müssen.
Ich finde, dass eine gegenseitige Schuldzuweisung eine schwierige politische Nummer ist. Es gibt eine Gemeinsamkeit in der Verantwortung für die Sicherheit der AKW und ihre Folgen. Es gibt aber keine Gemeinsamkeit darüber, wer für den Atommüll hinsichtlich der Verursachung die politische Verantwortung trägt.
Der Minister hat sich ja in seinem Beitrag ganz überwiegend mit einigen Sätzen meines Fraktionsvorsitzenden auseinandergesetzt, Herr Kubicki. Diese Beifallsorgie zum Schluss ist nur eine Show des schlechten Gewissens!
Lieber Herr Kollege Matthiessen, da wir ja keine Schuldzuweisungen betreiben wollen, sondern uns zukunftsgerichtet -
Ich will die Frage stellen. Ich höre ja seit Wochen in diesem Parlament immer wieder, auch von Herrn Dr. Stegner, dass Rot-Grün nach der Wahl regieren will. Die Wahl ist am 6. Mai. Würden Sie freundlicherweise uns und den Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteinern sagen, wie Sie denn nach dem 6. Mai mit dem Problem, das unzweifelhaft da ist, fertig werden wollen?
Im Moment hat jetzt der Abgeordnete Kubicki das Wort zur Frage und dann bitte ich Sie, Herr Matthiessen, zu antworten.
Herr Kollege Matthiessen, das war ja nur die Frage. Wir können doch erwarten, dass Sie sagen, wie Sie mit dem Problem in sechs oder acht Wochen fertig werden wollen, wenn Sie regieren wollen. Die Probleme sind von Herrn Minister Schmalfuß beschrieben worden. Er hat gesagt, und das sagen wir auch: Wir werden uns an Recht und Gesetz halten.
Herr Kubicki, Sie haben meiner Rede wahrscheinlich nicht zugehört. Ich habe die Probleme ebenfalls ad extenso beschrieben, etwa eine Seite lang. Ich muss jetzt zur Kenntnis nehmen, dass die FDP hier jedenfalls keine Vorschläge macht. Ich bin gespannt auf Ihre Rede. Sie verlangen uns also Lösungen ab. Das finde ich auch schön; wir werden regieren, und Sie wahrscheinlich nicht. Wir werden dann
Sie haben gesagt, wir machen hier keine Schuldzuweisungen. Es ist schade, dass meine Rede so wenig deutlich war. Aber genau das habe ich versucht, hier deutlich zu machen, wer die politische Verantwortung für das Atomprogramm trägt und wer nicht. In dem Sinne war ich geradezu darum bemüht, diesbezüglich eine Schuldzuweisung vorzunehmen. Ich will das auch einmal in einem ethischen Sinne sagen: Diejenigen, die das hier in Deutschland exekutiert haben, haben tatsächlich eine sehr schwere Schuld auf sich geladen. Denn wir hinterlassen Zigtausende von Jahren nach menschlichen Maßstäben für die Ewigkeit - den nachfolgenden Generationen Atommüll. Meine Töchter werden in Kürze erleben, dass sie keine müde Kilowattstunde Atomstrom nutzen dürfen. Sie werden nur mit diesen Hinterlassenschaften zu kämpfen haben, wie auch noch viele Generationen danach. Ich finde es ein bisschen unbescheiden und wenig demütig, wie Sie sich hier angesichts der Frage präsentieren. Der Kollege der CDU trauert heute noch den Atomkraftwerken hinterher.
Herr Abgeordneter Matthiessen, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Magnussen zu?
Verehrter Herr Kollege Matthiessen, haben Sie sich mit den Fragen und den Antworten, die durch die Atomaufsicht im Internet dargelegt worden sind, auseinandergesetzt? Wenn ja, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass darin jede Menge Antworten enthalten sind, wie mit den Problemen umgegangen wird, dass es
jetzt eine Arbeitsaufgabe der Firma Vattenfall wird, mit der Atomaufsicht gemeinsam Systeme und Konzepte zu entwickeln, wie wir dieser Situation vor Ort Herr werden? Und würden Sie auch zur Kenntnis nehmen, dass ich mich als kleiner Abgeordneter des Schleswig-Holsteinischen Landtages vielleicht als Speerspitze der Kernenergie sehe, aber dass ich nicht die Umkehr herbeiführen kann und auch nicht will, und dass ich mich aber selbstverständlich der Energiewende stelle und Sie auffordere, sich in die sachgerechte Umsetzung der Energiewende einzubringen, wozu auch der Rückbau der Kernenergie gehört? Ich weiß nicht, ob Sie das alles verstanden haben.
- Zum einen habe ich natürlich diese Ausführungen gelesen; ich finde das auch gut, es ist nichts daran zu kritisieren. Zum anderen bin ich für die ökologische Energiewende. Ich darf bescheiden darauf hinweisen, dass ich etwas länger davon rede als die jetzt regierende Koalition. Ich darf daran erinnern, dass die Sprecherin für Energiepolitik der FDP hier über Windenergie hergezogen hat;
Insofern versuchen Sie hier sozusagen eine historische Verdrehung. Ich finde, das ist angesichts der gravierenden Probleme der Hinterlassenschaft der Atomindustrie und Ihres Atomprogramms ziemlich infam.
Herr Abgeordneter Matthiessen, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bernstein zu?
Herzlichen Dank für die Gelegenheit, diese Frage noch zu stellen. - Habe ich Sie zum einen richtig verstanden, dass Sie die angekündigten Maßnahmen des Ministeriums für richtig halten? Könnten Sie mir zum anderen sagen, ob es in Ihrer Rede einen weiteren Punkt gab, der sich mit der Zukunft beschäftigt hat?
Was die Behörde angeordnet hat, finde ich sehr folgerichtig, dass zunächst einmal das Handling mit den Fässern abgebrochen wird, dass dort ein Verschluss vorgenommen wird und dass man jetzt gemeinsam mit dem Betreiber und den Sachverständigen versucht, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Eine große Schwierigkeit sehe ich dabei schon, weil wir dort ja sehr viel Radioaktivität in der Tiefe haben und an die mutmaßlich verrosteten Fässer erst zuletzt herankommen. Dieses Handling wird eine Zeitlang dauern. Das heißt also, bevor wir da herankommen, wird noch eine ganze Zeit ins Land gehen.
Vielleicht habe ich Sie auch nicht ganz verstanden. Aber ich habe auch nicht die Expertise, der Reaktoraufsicht zu sagen, sie soll den Deckel beim Verschluss 3 cm dicker machen oder sonst irgendetwas. Insofern verlasse ich mich darauf; ich muss mich, wie wir alle, natürlich auf die Richtigkeit der behördlichen Maßnahmen verlassen.