Protocol of the Session on March 23, 2012

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Positiv ist: Das UKSH und die Universitäten gehen aufeinander zu. Sie setzen auf Kooperation statt auf Konfrontation. Man muss aber doch genau hinschauen, weil die Verpackung nicht das Entscheidende ist, sondern das Inhaltliche hier zählt. Es ist so, dass die Frage, die sich im Gutachten des Wissenschaftsrats stellt, bei den Universitäten so angekommen ist: Wir müssen vielleicht auch einen Rettungsschirm aufbauen, damit wir das, was wir vielleicht vor zwei Jahren bei der Haushaltskonsolidierung erlebt haben, vermeiden. Das wollen wir nicht mehr haben.

(Kirstin Funke)

Deshalb ist die Frage: Die starke Forschung und Entwicklung in den Universitäten hängt unmittelbar mit dem Zukunftsmodell, dem Asset-Modell, und der beabsichtigten Aufhebung des Investitionsstaus und einem schnellen Ausbau des UKSH zusammen. Beide Universitäten sind da in der Verantwortung und müssen dafür arbeiten, dass das gelingt. Beide Universitäten und das UKSH müssen anerkennen, dass die Probleme, die sie vielleicht weiterhin zwischen den Standorten Lübeck und Kiel noch haben, nur gemeinsam gelöst werden können - im Übrigen auch, wenn es schwierig wird, aber es gibt keine Alternative dazu.

Für uns steht fest - um es klar zu sagen -, dass die wissenschaftliche Arbeit nicht zulasten der Finanzierung des Asset-Modells gehen darf. Die Sorge, dass alle Bereiche im UKSH künftig wie eine Zitrone ausgepresst werden, um die jährlichen Kosten und Effizienzrenditen im Asset-Modell zu finanzieren, sind berechtigt. Darauf muss man ein Auge haben.

Genauso wenig darf es aber sein, dass eine ineffiziente Wissenschaftsebene sich einer betriebswirtschaftlichen Geschäftsführung verweigert. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Für uns ist klar: Gerade weil man dieses Asset-Modell so ambitioniert voranbringt, muss das UKSH künftig kaufmännisch professionell so organisiert sein, dass die betriebswirtschaftlichen Zielvorgaben und Effizienzgewinne auch tatsächlich erwirtschaftet werden können.

(Zuruf: Viel Spaß!)

- Ja, viel Spaß! Man sagt bei uns: Vor der Hacke ist es dunkel. Man weiß eben nicht, ob dieses Ziel tatsächlich zu erreichen ist. Sie haben verschiedene Gutachten auf den Weg gebracht. Die Baukosten des Asset-Modells sind als plausibel erkannt worden. Aber wenn man nicht in ein ElbphilharmonieDesaster hineinlaufen will - also steigende Baukosten und am Ende steht man vor dem Chaos -, muss ein konsequentes und engmaschiges Controlling organisiert werden. Gerade auch Flaschenhälse sind bei der Durchführung strukturoptimierender Maßnahmen zu vermeiden. Das heißt, alles muss professionell Hand in Hand gehen, um diese Rationalisierungsrenditen zu erwirtschaften. Es ist übrigens eine extrem ambitionierte Aufgabe für jedes Management, das hinzubekommen.

Prozessoptimierung, Prozessharmonisierung, konsequente, zielgerichtete Personalabbaustrategien sind zu realisieren. Wenn man sich das einmal zu Gemüte führt - daran will ich erinnern -, ist allein im Jahr 2018 in der Planungsrechnung ein Sprung

von 10,1 Millionen € auf 41,3 Millionen €. Das ist Hochleistungssport, einen Sprung in einem Jahr von 30 Millionen € zu erreichen - bei dem Markt, den wir alle kennen. Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Es soll eine punktgenaue Umsetzung unter Beachtung der vorhandenen Personalfluktuation geben. Das heißt, strategisches Personalmanagement ist eminent wichtig. Wer sich jetzt hier hinstellt und sagt, wir könnten das strategische Management vom kaufmännischen Management trennen, der verspielt unserer Auffassung nach die Chance, das ambitionierte Ziel zu erreichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle sagen: Ein kleiner Fehler, und das Personal zahlt die Zeche der Rationalisierungsrendite.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD, der LINKEN und SSW)

Es gibt keine Alternative. Deshalb ist das AssetModell für uns tatsächlich im Moment die einzig richtige Entscheidung. Der Wirtschaftlichkeitsdruck, der dieses Modell begleiten wird, muss uns allen Sorge bereiten. Wir müssen es beobachten, denn wenn da überdreht wird, ist es vorbei. Wir schlagen zum Finanzcontrolling zum Beispiel vor, Herr Minister: Machen Sie doch auch eine begleitende Zufriedenheitsbefragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit man punktgenau weiß, dass dies nicht auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vonstattengeht.

Ich möchte mich aber auch kritisch mit den Äußerungen von Frau Funke auseinandersetzen. Frau Funke, das, was Sie hier vollbracht haben, ist schon etwas eigenartig. Es waren Herr Kubicki und Vertreter der CDU, die immerhin die Universitätsmedizin in Lübeck schließen wollten. Ich möchte noch einmal daran erinnern! Man darf auch daran erinnern, dass wir hier vor dem Landeshaus ein Vuvuzela-Konzert hatten und die Demonstranten vor der Tür standen. Herr de Jager, da habe ich Sie bewundert. Da haben Sie zwei Stunden gestanden. Da hat man auch gespürt: Jost, jetzt geh du einmal voran. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie nicht damals schon gesagt haben, dass es anders kommt, als es die Haushaltsstrukturkommission geplant hat. Denn es ist klar: Wenn es so gekommen wäre, wären Sie heute nicht so selbstbewusst an das Rednerpult gegangen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

(Dr. Andreas Tietze)

Herr Günther, Sie haben gesagt, Sie begrüßen vieles. Es gibt das Primat der Politik. Wir haben die Aufgabe, solange wir die Verantwortung für diese Körperschaft des öffentlichen Rechts haben, auch die strategischen Vorgaben zu machen. Da kann man sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern es ist gerade die Aufgabe, sich dazu zu bekennen. Deshalb brauchen wir jetzt in dieser Frage auch politische Führung, politische Führung, damit das UKSH-Modell mit den dann vorgeschlagenen Verbesserungen des Wissenschaftsrats und der Universitäten gelingen kann.

Wir müssen hier deutlich machen, dass das Chaos die schlechteste politische Linie ist. Deshalb sind wir sicher, dass es nur geht, wenn wir dieses Problem ernsthaft hier im Landtag auch unter der Berücksichtigung der Mitarbeit aller Fraktionen dieses Hauses weiter begleiten. Wir wollen das erfolgreiche Modell. Wenn uns das auf die Füße fällt, dann tut das weh. Dann möchte ich hier nicht die Diskussion im Haus erleben - Herr Weber hat das angesprochen -, wenn wir über zweistellige Millionendefizite und über Schuldenbremsen und so weiter diskutieren müssen und der eine dem anderen die Schuld in die Schuhe schiebt. Das funktioniert an dieser Stelle nicht.

Wir sind gemeinsam der Qualität unserer Universitätsmedizin verpflichtet. Wir sind gemeinsam der Standortqualität unseres schleswig-holsteinischen UKSH verpflichtet. Deshalb werden wir Grüne uns dieser Verantwortung stellen - in der Opposition, in der Regierung, wo immer wir Verantwortung tragen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich der Frau Abgeordneten Antje Jansen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht. Die Uni Kiel, die Uni Lübeck und das UKSH haben ein gemeinsames Konzept zur Neuordnung der Universitätsmedizin vorgelegt, und unser Minister ist begeistert. Wenn unser Minister von irgendetwas begeistert ist, handelt es sich für uns in der Regel um Privatisierung oder wenigstens um Profit für die Privatwirtschaft. Das ist die Politik des Ministers. Das haben inzwischen auch alle im Land gemerkt

nicht nur wegen des Plans, die Uni Lübeck zu schließen.

Was das Konzept angeht, können wir uns als Linke keineswegs dafür begeistern. Da ist die Rede von „wirtschaftlich defizitärer Krankenversorgung“, als ob die erste Priorität der Krankenversorgung der Profit wäre. Nein, die Krankenversorgung ist für die Menschen da.

(Beifall bei der LINKEN)

In erster Linie muss es doch darum gehen, dass sie patientengerecht ist.

Die Neuordnung verfolgt nach dem Konzept drei zentrale Ziele: erstens, die Spitzenposition der Universitätsmedizin Schleswig-Holsteins in der Forschung im bundesweiten Wettbewerb zu erhalten, zweitens, die universitäre Ausbildung durch das Medizinstudium langfristig in die Spitzengruppe deutscher Universitäten zu positionieren, und drittens, den Investitionsstau, der die Leistungsfähigkeit von Forschung, Lehre und Krankenversorgung bedroht, so schnell wie möglich zu beseitigen.

Die ersten beiden Ziele sollen das Prestige des Standortes stärken, und erst an dritter Stelle kommt die Krankenversorgung. DIE LINKE findet diese Prioritätensetzung gesellschaftlich unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme nun zu den Eckpunkten dieses hoch gelobten Konzepts. Da ist schon auf den ersten Blick ein Widerspruch zu erkennen: Es wird angestrebt, zwei eigenständig agierende Universitätsmedizinstandorte mit jeweils eigenen Kliniken und Vorständen zu schaffen. Schon im nächsten Punkt wird aber die Bedeutung einer standortübergreifenden Zusammenarbeit betont. Hierzu sollen beide Standorte in einer sogenannten Holding zusammengeführt werden. Wenn da mal das Kompetenzgerangel nicht schon vorprogrammiert ist! Das haben bereits einige Vorredner festgestellt.

Nächstes Problem: Die Landesfinanzierung von Forschung und Lehre in der Medizin wird den Universitäten Lübeck und Kiel direkt überantwortet. Sie teilen sich also die Mittel von derzeit 120 Millionen € auf. Es ist doch so, dass bei möglichen finanziellen Engpässen in Zukunft der Schwarze Peter von der Politik an die Unis gegeben wird. Es wird dann heißen, die Universitäten seien in der Verantwortung. Das Märchen von der Autonomie der Hochschulen wird dann wieder heruntergebetet. Wer sich die derzeitige Energiepreisentwicklung und die immens steigenden Materialkosten an

(Dr. Andreas Tietze)

sieht, wird schnell feststellen, dass bei Ausbleiben der Erhöhung des Budgets beide Standorte sehr schnell finanzielle Probleme bekommen werden. Wir haben also allen Grund zur Sorge bezüglich der nachhaltigen Finanzierung, insbesondere mit Blick auf die von Ihnen allen beschlossene Schuldenbremse.

Nächster Punkt: Die gemeinsame Exzellenzakademie. Dieses ganze elitäre Getue hat mehr mit Prestige zu tun als mit tatsächlicher Wissenschaftsförderung.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier wird ein Wettbewerb geheuchelt, der überhaupt nicht stattfindet. 70 % der Gelder gehen an eine Gruppe von 20 Hochschulen. Keine unserer Hochschulen gehört dazu. Und allein 60 % der Gelder gehen nach Bayern und Baden-Württemberg. Die paar Cluster, die wir bekommen haben, können darüber nicht hinwegtäuschen. Unsere Hochschulen sind unterfinanziert. Und der Bund legt ein Programm von 2,7 Milliarden € auf, die wettbewerblich verteilt werden. Das Ergebnis ist, dass unsere Hochschulen schlechter dastehen, als wenn die Gelder bedarfsbezogen auf die Hochschulen verteilt würden. Dann allerdings würde herauskommen, dass 2,7 Milliarden € ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Wie kann ein Landesminister eigentlich für ein Programm eintreten, das sein eigenes Bundesland über den Tisch zieht? Das müssen Sie den Menschen in unserem Land einmal erklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Das größte Problem allerdings sehen wir in dem angestrebten ÖPP bei der baulichen Sanierung. DIE LINKE teilt die Beurteilung der Landesrechnungshöfe, dass ÖPP auf keinen Fall gemacht werden darf, wenn man das nicht auch regulär finanzieren kann. Privatinvestoren sind keine karitativen Vereinigungen. Sie investieren nur dann, wenn Gewinne zu holen sind. Die bauliche Sanierung wird uns noch teuer zu stehen kommen. Wir wollen, dass die baulichen Sanierungen aus den Landesgeldern finanziert werden, also von öffentlicher Hand. Dafür stehen wir ein. Das ist meiner Meinung nach die bessere Lösung.

(Beifall bei der LINKEN)

Das andere ist ein Irrweg. Wir werden danach hier diskutieren, wer letztlich die Defizite bezahlen muss. Ich denke, so wird es kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es muss gesagt werden, dass das Konzept Hintertüren für eine Privatisierung offenlässt. Unsere Forderung bleibt: Im Mittelpunkt muss der Erhalt des UKSH als medizinischer Maximalversorger in öffentlicher Hand bleiben. Das ist bei diesem Konzept keineswegs gesichert.

Zusammen mit den versteckten Kürzungen ist das alles in allem ein Machwerk und wird deshalb von der LINKEN abgelehnt.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion des SSW hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zukunft der Hochschulmedizin in unserem Land gehört zu Recht zu den Dauerbrennern im Landtag. Die erste Antwort der Landesregierung im Jahre 2010 war, den Studiengang Medizin in Lübeck schließen zu wollen. Der Wissenschaftsminister meinte damals noch, es sei besser, Stücke aus der Hochschultorte herauszuschneiden, als die Sahne von der ganzen Torte abzukratzen. Mit dieser Strategie ist die Landesregierung bekanntlich auf die Nase gefallen.

Was bleibt, ist die Frage, wie es mit der Hochschulmedizin weitergehen soll. Daher war es trotz aller politischen Auseinandersetzungen sinnvoll, den Wissenschaftsrat um ein Gutachten zu bitten. Auf der Grundlage dieses Gutachtens haben sich nunmehr die CAU und die Uni Lübeck auf ein Konzept verständigt, das - sehr verkürzt - darauf abzielt, medizinische Forschung und Lehre in Kiel und Lübeck zu sichern. Beide Campi sollen eigene Vorstände erhalten und mit dem Land Zielvereinbarungen abschließen.

Der letzte, nicht unerhebliche Punkt in diesem Dreieck ist das UKSH. Die Vereinbarung der Universitäten sieht vor, dass die Verbindung künftig über eine Holding geregelt werden soll. Für den SSW zeichnet sich ab, dass mit dem vorgeschlagenen Konzept ein gangbarer Weg aufgezeigt wird. Soll heißen: Wir stehen diesem Weg erst einmal offen gegenüber, wohl wissend, dass auch hier der Teufel wirklich im Detail steckt. Es könnte ganz klar zu Problemen zwischen Forschung und Lehre auf der einen und Krankenversorgung auf der anderen Seite kommen.

(Beifall bei SSW und der LINKEN)

(Antje Jansen)