Protocol of the Session on March 22, 2012

(Ursula Sassen)

weitergeführt hat. Wenn ich sehe, was seit dem Februar kurzatmig noch alles angefasst worden ist, dann kann ich das letztlich nur als Torschlusspanik beziehungsweise als Wahlkampfaktionismus abhaken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber das wird leider den großen Herausforderungen in der Pflege nicht gerecht. Ich glaube, die Menschen merken das auch.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Laut vorliegendem Bericht ist das Einzige, was die jetzige Landesregierung bis Februar wirklich neu geleistet hat, das Pflegeportal - in Zeiten der digitalen Welt sicherlich ein gutes Angebot, aber es kann und darf die persönliche Beratung gerade für ältere Menschen nicht ersetzen.

In diesem Zusammenhang sind die Pflegestützpunkte vor Ort natürlich mehr als hilfreich. Sie müssen wir flächendeckend einführen. Da fehlen uns ja auch noch ein paar Kreise.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Des Weiteren ist nach langer Zeit die Verordnung zum Selbstbestimmungsstärkungsgesetz auf den Weg gebracht worden. Aber mit dieser Verordnung wurde der Geist des Gesetzes, nämlich die Selbstbestimmung, geschwächt. Das Gleiche gilt auch für die Mitwirkung und Mitbestimmung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Herr Garg, Sie haben 30 neue landesgeförderte Plätze für die Altenpflegeausbildung geschaffen. Das war eine gute Tat, aber es war auch die einzige gute Tat in diesem sonst von sozialer Schieflage geprägten Haushalt. Es ist ein Tröpfchen auf dem heißen Stein.

(Beifall bei der SPD)

Nur zur Erinnerung: Die SPD hat vorher, also 2007/2008, 100 neue Plätze ermöglicht. Wir stehen hier natürlich weiter in der Pflicht. Wenn man vergleicht, was Sie als Oppositionspolitiker vorher alles gefordert haben und was Sie davon umgesetzt haben, dann ist die Schnittmenge genauso gering wie die augenblicklichen Umfragewerte der FDP.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vorher - ich habe mir die Mühe gemacht, das einmal herauszusuchen - 14 Anträge zum Thema Pflege, fünf Kleine und eine Große Anfrage gestellt. Sie haben vollmundig am Anfang der Legislaturperiode für den Pflegebereich große Taten versprochen. Sie hätten gleich vom ersten Tag an arbeiten können. Warum in aller Welt haben Sie das, was Sie vorher gefordert haben, nicht schon umgesetzt?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum haben Sie zum Beispiel nicht den von Ihnen seit 2007 so vehement geforderten Demenzplan umgesetzt? Diesen mussten wir jetzt wieder anstoßen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stattdessen fangen Sie jetzt kurz vor der Wahl an, Forderungen zu stellen, und zwar Forderungen, die sich alle mit unseren Anträgen der letzten Jahre decken. Es freut mich natürlich sehr, dass Sie dazugelernt haben - die Kollegen auch - und anscheinend für gute Argumente offen sind. Aber dass Sie aus Ihrer Rolle des Oppositionspolitikers eigentlich nie herausgekommen sind, zeigt folgendes Zitat von Ihnen, glaube ich, sehr deutlich. Im „Inselboten“ vom 13. Februar 2012 konnten wir von Ihrem Besuch auf Föhr lesen. Da sagten Sie:

„Eine Zumutung, dass wir in diesem Land nicht genügend Schulplätze für die Auszubildenden in der Altenpflege haben, sondern dass die Auszubildenden noch Geld in die Hand nehmen müssen.“

Das hätte glatt von mir kommen können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Aber nein, das ist die Aussage des zuständigen Gesundheitsministers bei seinem Besuch auf Föhr.

Aber damit nicht genug. Da sitze ich zusammen mit den anderen Kollegen vor einigen Wochen bei einer Podiumsdiskussion des Deutschen Pflegerats, der Minister hält das Grußwort und - man höre und staune - fordert kostenlose Ausbildungsplätze in der Altenpflege, fordert eine gemeinsame Ausbildung der Alten- und Krankenpflege, fordert weniger Dokumentation, fordert bessere Rahmenbedingungen und findet auf einmal Pflegekammer und Berufsordnung okay. Und die beiden Kolleginnen von den regierungstragenden Parteien finden das auf einmal auch. Hallo, habe ich da irgendetwas versäumt?

(Birte Pauls)

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Alle diese Forderungen standen in unseren Anträgen, in den Anträgen von SPD und Grünen, wurden in den Anhörungen bestätigt, und allesamt sind sie von Ihnen abgelehnt worden, teilweise mit haarsträubenden Argumenten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben auch nach zweieinhalb Jahren anscheinend noch nicht begriffen, dass Sie als Minister hier zuständig sind. Sie haben sich das Thema Pflege auf die Fahnen geschrieben, doch die Fachwelt ist mittlerweile ein bisschen genervt von Ihren sich immer wiederholenden Grußworten und kurzfristigen Kampagnen. Und als Ihnen auch nach zwei Jahren selber nichts Sinnvolles mehr einfiel, beauftragten Sie ein Privatinstitut damit, Ihnen in die Feder zu diktieren, was Sie zu tun haben und was Sie lassen können. Damit lassen Sie sich auch noch in Großveranstaltungen feiern. Was hat dieser Spaß eigentlich gekostet?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Ursula Sassen [CDU]: Das ha- ben Sie auch mit gefordert, das stand in unse- rem Programm!)

- Eben, wir haben es auch mit gefordert. Es ist nur komisch, dass der Minister sich damit feiern lässt.

Dieser Pflegebericht ist sehr klar in seiner Aussage: keinerlei Verbesserungen für die Alltagssituation in der Pflege. Auf Bundesebene sieht es nicht besser aus. Das Schwarze-Peter-Spiel, das jetzt auch hier skizziert worden ist, hilft uns an dieser Stelle auch nicht weiter. Jetzt kurz vor der Wahl unabgestimmte Einzelaktionen zu starten, wird den großen Herausforderungen in der Pflege wirklich nicht gerecht.

Herr Minister, in einem Interview sind Sie vor Kurzem nach Ihrem größten Traum gefragt worden. Ihre Antwort darauf war: eine Reise von Alaska nach Feuerland. Herr Garg, das gönne ich Ihnen wirklich von Herzen. Gute Reise!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte auch ich dem Sozialministerium für den umfassenden Bericht danken. Ich möchte gern auf einige Aspekte, die Herr Dr. Garg hier vorhin dargestellt hat, noch einmal eingehen.

Angesichts des viel zitierten demografischen Wandels, des Hinweises auf eine älter werdende Gesellschaft, wird der Bedarf an pflegerischen Dienstleistungen steigen. Bereits heute macht sich in diesem Sektor der Fachkräftemangel bemerkbar, und er wird sich verschärfen, da uns ganz schlicht und einfach die Jugendlichen als Nachwuchs fehlen. Wie sich die medizinisch-pflegerische Gesundheitsversorgung weiterentwickeln muss, um dem zukünftigen Bedarf Rechnung zu tragen, ist daher eine der zentralen politischen Aufgaben.

Damit Handlungsfelder aber scharf und zielführend umrissen werden können, war es dringend notwendig, diese Zusammenfassung und Bewertung der bereits laufenden Aktivitäten des MSAG zu erhalten. Die von der Opposition gern heraufbeschworenen Schreckensszenarien dienen nicht gerade einer sachlichen Debatte, und sie werden durch den vorliegenden Bericht widerlegt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle das Engagement von Minister Dr. Garg hinsichtlich der Weiterentwicklung der Pflegeberufe und damit insbesondere die Zusammenführung der verschiedenen Pflegeausbildungen zu einer modularisierten Ausbildung inklusive Neuordnung der Ausbildungsfinanzierung auf Bundesebene.

Liebe Frau Pauls, Ihr Beitrag hat mich eben daran erinnert, dass für Sie die Welt aus Gut und Böse besteht, wobei die SPD immer nur aufseiten der Guten steht und alle anderen automatisch auf der anderen Seite. Akzeptieren Sie ganz schlicht und einfach, dass wir seitens der FDP eine andere Finanzierung der Ausbildungskosten favorisieren, als sie derzeit üblich ist.

Auch wir Liberale finden es nicht gut, dass Jugendliche oder deren Eltern eine Ausbildung im Pflegebereich selber bezahlen müssen - mit der Aussicht auf Wochenend- und Schichtdienste,

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Warum ha- ben Sie das nicht geändert?)

(Birte Pauls)

und das bei einem relativ geringen Einkommen. Meine Damen und Herren in der Opposition, wenn das so einfach wäre, wie Sie hier immer behaupten,

(Wolfgang Baasch [SPD]: Ach so!)

frage ich mich: Was haben Sie in den letzten 20 Jahren getan?

(Beifall bei der FDP)

Sie waren doch lange genug in der Verantwortung. Wir machen das seit zwei Jahren. Ich muss schlicht und einfach sagen -

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nur noch zwei Mo- nate!)

- Lieber Herr Dr. Stegner, Totgesagte leben bekanntlich länger. Wir sehen uns am 7. Mai 2012 wieder, hoffe ich, vielleicht aber auch nicht, allerdings mit anderen Vorzeichen.