Protocol of the Session on March 21, 2012

Längeres gemeinsames Lernen würde gerade im ländlichen Raum ein wesentlich breiteres Bildungsangebot ermöglichen. Bei zurückgehenden Schülerinnen- und Schülerzahlen kann eine Schule für alle garantieren, dass wohnortnahes Lernen für alle Schülerinnen und Schüler endlich zur Realität wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu müssen kleine Grundschulen nicht geschlossen werden, denn sie bleiben als Schulteile erhalten. So gilt auch künftig das Prinzip „kleine Beine – kleine Wege“.

Meine Damen und Herren, die Gliederung des Schulsystems ist nicht in der Lage, die Bildungsprobleme der Gesellschaft dauerhaft zu lösen. Sie ist nicht in der Lage, die Ungerechtigkeiten auszugleichen, sie ist nicht in der Lage, den individuellen Besonderheiten des ländlichen Raums gerecht zu werden, und sie ist erst recht nicht in der Lage, die Anforderungen der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung zu erfüllen.

Schulen sind für uns nicht nur Orte des Lernens, sondern auch soziale und kulturelle Einrichtungen und Orte der Identifikation mit einem Gemeinwesen. Standortschließungen bedrohen diese Orte der Kommunikation und Identifikation. Deshalb setzt sich DIE LINKE für wohnortnahe Schulen ein, vor allem auch im ländlichen Raum.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Einzügigkeit von Schulen sollte in Schleswig-Holstein grundsätzlich mitgedacht werden und möglich sein.

Wir fordern die Einrichtung von Oberstufenzentren. Denn angesichts der negativen demografischen Entwicklung ermöglichen sie, eine Vielfalt

(Ulrich Schippels)

an Abschlüssen auch im ländlichen Raum wohnortnah bereitzustellen.

Die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen, verbunden mit der Regionalisierung der Schulnetzplanung durch die Landkreise und kreisfreien Städte, sehen wir als Voraussetzung für den Erhalt eines flächendeckenden Schulnetzes an.

Das Beste kommt noch - Herr Wiegard, hören Sie zu -: Sie sparen damit auch noch Geld. Aus diesem Grund hat sich auch der Landesrechnungshof für die Gemeinschaftsschule ausgesprochen.

Noch einmal: DIE LINKE fordert: kurze Wege für kurze Beine. Wir fordern eine kostenfreie Schülerinnen- und Schülerbeförderung, eine Schule für alle und den Erhalt kleiner Schulstandorte zur Sicherung des Bildungsangebots im ländlichen Raum. Wir hoffen, wir werden das nach dem 6. Mai auch in den Griff bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Martin Habersaat von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wahrhaftigkeit ist ein hohes Gut. Das ist wahrscheinlich der Grund, weswegen manchmal sparsam damit umgegangen wird.

Die SPD hat in ihrem Wahlprogramm und in den gestern vorgestellten Konkretisierungen sehr wohl die Belange der Beruflichen Schulen und der Beruflichen Gymnasien berücksichtigt. Unter anderem steht da der Satz:

„Es können nicht alle Gemeinschaftsschulen eine Oberstufe erhalten, weil …“

Dann geht es genau um die Beruflichen Schulen.

(Heike Franzen [CDU]: Das steht aber nicht in Ihrem Wahlprogramm!)

Zweiter Punkt: In keinem Land in der Bundesrepublik Deutschland, das Stufenlehrer ausbildet, wurden die Gymnasien abgeschafft, und in keinem Land wurde diese Abschaffung damit auch nur intendiert.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Natürlich haben Sie in unserem Wahlprogramm den Satz entdeckt, dass unser langfristiges Ziel eine

Schule für alle ist. Das leugnen wir aber auch gar nicht.

(Heike Franzen [CDU]: Was heißt denn das?)

Ich freue mich, dass wir darüber ins Gespräch kommen. Wenn es nach mir geht, können wir in 20 Jahren auch an alle Schulen das Schild „Gymnasium“ hängen, und ich bin damit sehr zufrieden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Wie blauäugig muss man sein!)

Drittens. Wir haben es heute von Dr. Klug gehört: Es gibt Schulen, die die Mindestgrößenverordnung nicht erfüllen und zu klein sind. Was sagen Sie den Schulen? - Herr Dr. Klug, Sie haben mit der Zahl 25 einen Punkt gemacht. Herzlichen Glückwunsch, die Zahl 25 steht für die Anzahl der Schulen, die laut CDU angeblich um ihre Existenz bangen müssen, wenn böse Sozialdemokraten wieder bildungspolitische Verantwortung tragen. Man darf sich nicht zu sehr darauf einlassen.

Die interessanten Fragen wären: Was sagt die FDP, was sagt die CDU diesen Schulen? - Wie gehen Sie damit um? - Wie gehen Sie damit um, dass Sie in diesem Land 3.600 Lehrerstellen streichen wollen und gleichzeitig die Mindestgrößenverordnung aufrecht erhalten? - Das kann eigentlich nur zur Schließung von Schulen führen. Was sagen Sie den Schulen?

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir haben gestern ein Konzept vorgestellt, in dem von neuen Kooperationsmöglichkeiten die Rede ist. Wir laden Sie ein, darüber konstruktiv mit zu diskutieren. Wir haben Lösungen für den ländlichen Raum entwickelt. Wir laden Sie ein, eigene Lösungen vorzustellen, die wir dann unseren Lösungen gegenüberstellen. Wir laden die Regionalschulen ein, sich weiterzuentwickeln und als Gemeinschaftsschulen eine Perspektive zu bekommen, die sie momentan offenkundig nicht haben. Es gibt Regionalschulen, die dieses Problem haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt bei der LINKEN)

13,5 % aller Grundschülerinnen und Grundschüler sind im Zeitraum 2010/2011 auf Regionalschulen gewechselt. Der Anteil von 13,5 % ist ein schlechterer Wert, als die Hauptschulen in diesem Land ihn jemals hatten. Das müssen wir doch zur Kenntnis nehmen und darüber reden. Die Gemein

(Ulrich Schippels)

schaftsschulen kommen übrigens auf 44,6 % der Übergänge von Klasse vier. Damit sind sie die beliebteste und am meisten gewählte Schulform in Schleswig-Holstein. Deswegen müssen wir uns natürlich auch darüber unterhalten, wie wir die Gemeinschaftsschulen stärken. Wir haben gesagt, dass die Differenzierungsstunden zurückgegeben werden müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wie können Sie immer wieder das Wort Schulfrieden in den Mund nehmen und verheimlichen, dass Sie gerade den Gemeinschaftsschulen und den Regionalschulen in die pädagogischen Konzepte gegrätscht sind und diesen Schulen die Differenzierungsstunden gestrichen haben?

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Wenn wir die Zahl der Abiturienten im Land erhöhen müssen, dann müssen wir natürlich auch die Zahl der Oberstufen vergrößern. Das ist doch völlig klar. Wir kommen auf eine Anzahl von circa 20 neuen Oberstufen, die wir brauchen. Wir warten gespannt auf die Zahl, die die CDU einmal auf den Tisch legen wird. Wir warten gespannt auf den Tag, an dem der Minister ernsthafte Papiere vorlegt. Mit ernsthaft meine ich solche Papiere, zu denen er auch steht und die er nicht nur zu Parteitagen vorlegt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn nun eine Fraktion in diesem Haus eine Angstkampagne startet und die Schließung von Schulen an die Wand malt, dann zeigt dies eigentlich nur, wie groß die Verzweiflung inzwischen ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich muss Ihnen sagen: Aus pädagogischer Sicht halte ich es für unverantwortlich, Schülerinnen und Schüler in einen Raum zu führen, in dem an der Wand eine Karte hängt, auf der zu schließende Schulstandorte offenkundig falsch angegeben sind. Ich finde es unverantwortlich, den Schülern mit der Aussage Angst einzujagen, eure Schule wird geschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nageln Sie noch ein totes Tier daneben, dann sieht das noch erschreckender aus. Dann erschaffen Sie vielleicht Tränen. Das kann doch nicht Ihre Art von Politik sein.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zu guter Letzt sage ich noch meinen Glückwunsch an die FDP. Sie haben Wert darauf gelegt, dass wir heute auch über die Vorstellungen der Opposition sprechen. Das ist in jedem Fall eine richtige Ansatzweise gewesen, denn diese Vorstellungen sind sicherlich auch die Vorstellungen, die in diesem Land ab Mai eine Rolle spielen werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile der Frau Kollegin Anke Spoorendonk das Wort. Danach hat Frau Abgeordnete Erdmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mich zu Wort gemeldet, weil der Bildungsminister mittlerweile in jeder Bildungsdiskussion diese besagte Studie aus Neuseeland anbringt. Sie besagt, wie wichtig Lehrkräfte für das Gelingen des Unterrichts sind. Ich finde, das ist richtig. Wir wissen es aus eigener Erfahrung, und viele von uns haben es gehört, dass gute Lehrkräfte bei ihren Schülerinnen und Schülern mehr erreichen als schlechte. Das ist eine Binsenweisheit, die ich eigentlich so stehen lassen könnte.

Ich will den Gedankengang aber ein bisschen weiter ausführen. Es ist natürlich richtig, dass mit gut und schlecht auch die fachliche Qualifikation der Lehrkräfte und die Persönlichkeit der Lehrkräfte gemeint sind. Wir wissen, dass Schülerinnen und Schüler eher Lehrkräfte mögen, von denen sie als ganze Person wahrgenommen werden, die sich engagieren und die Lust haben, den Schülern etwas beizubringen. Auch das ist eine Binsenweisheit, auch das ist banal.

Ich habe die Studie nicht gelesen, aber der Bildungsminister erklärt sie uns regelmäßig. Diese Studie greift aber etwas auf, was eigentlich banal ist. Darum ist es notwendig, zu sagen: Natürlich brauchen wir Strukturen. Strukturen können kontraproduktiv sein. Strukturen können das ausbremsen, was gute Lehrkräfte erreichen und was eine gute Schule ausmacht. Dazu nenne ich drei Beispiele.

Es ist nicht egal, welche Strukturen wir haben. Das wissen wir, und das wussten wir schon vorher, weil wir in diesem Land eine ganz lange Geschichte des gegliederten Schulsystems haben. Natürlich kann man der SPD sagen: Ihr habt seit 20 Jahren die Möglichkeit gehabt, etwas zu verändern. Das habe