Protocol of the Session on February 23, 2012

(Unruhe)

- Tut mir leid, ich muss das einmal so deutlich sagen, wenn man die Frage stellt, wer was verändert hat oder nicht.

(Zuruf: Es ist auch Wahlkampf!)

- Herzlichen Glückwunsch!

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich den Gedanken zu Ende formulieren; es ist wirklich wich

(Werner Kalinka)

tig. Werbung gehört zu dem Geschäft, es muss aber angemessen und mit Augenmaß geschehen. Ich finde es besonders betrüblich, dass sich ein Stadion in Lübeck PokerStars nennt. Das ist ein falsches Signal für die jugendlichen Fußballer und die junge Generation. Deswegen weise ich bewusst darauf hin, dass die Frage der Angemessenheit eine Rolle spielt. Es ist ein falsches Signal, wenn junge Fußballer, die junge Generation mit solchen Stadionnamen groß werden. So sollte sich der Sport nicht entwickeln dürfen.

(Vereinzelter Beifall - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Ihr Gesetz, das dazu führt! - Christopher Vogt [FDP]: Es gibt doch auch das easyCre- dit Stadion in Nürnberg!)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dolgner, ich will Ihnen noch ein bisschen Genugtuung verschaffen, mich mit Ihnen beschäftigen und versuchen, etwas zu erklären, was Sie bisher einfach nicht verstehen wollten.

(Zurufe)

Wir haben vorhin zum Glück mit vielen Fraktionen eine übereinstimmende Bewertung für die morgige Debatte über ACTA vornehmen können, und zwar vor dem Hintergrund einer sehr genauen Analyse. Bestimmte Vorschriften, die wir richtig und gut finden, kann man nicht eins zu eins auf das Internet übertragen. So sehr wir das auch wollen - morgen geht es um das Thema geistiges Eigentum -, stellen wir fest, dass ich die Regeln verändern muss, wenn ich sie auf das Internet anwenden will. Nichts anderes gilt für den Glücksspielstaatsvertrag oder die Suchtbekämpfung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn ich Sucht im Internet bekämpfen will, kann ich die Regeln nicht eins zu eins übertragen, sondern muss akzeptieren, dass ich mit deutschem Gesetz, mit deutschen Rechtsregeln ein weltweit tätiges Internet weder einschränken noch regulieren kann.

Weil das so ist, ist Nichtstun, Weggucken, was der Staatsvertrag gemacht hat, der unter Federführung

von Ralf Stegner im Innenministerium verabschiedet worden ist, die größte Beförderung von Geldwäsche, die wir in diesem Bereich in Europa überhaupt gehabt haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Mit großer Freude.

Lieber Herr Kollege Dr. von Boetticher, ich glaube, in der Frage, was man im Internet möglich machen kann, unterscheiden wir uns grundsätzlich nicht. Das Problem gab es auch schon vorher, dass man Handel kaum verbieten kann, auch in der Offline-Welt. Wir können uns einmal über Cannabis unterhalten.

Nun zu meiner Frage: Wenn Sie glauben, dass deutsches Recht grundsätzlich nicht geeignet sei, das zu regulieren, wieso kommen Sie dann zu der Annahme, dass schleswigholsteinisches Recht geeignet sei, das zu regulieren?

- Weil wir damit einen deutschen Markt ein Stück weit regulieren können, wenn auch nicht voll umfassend. Denn die Unternehmen suchen sich einen realen Sitz, und die Unternehmen versuchen, in einen Markt zu kommen. Das Interessante ist ja: die Seriösen versuchen es legal. Darum sind die seriösen Unternehmen durchaus an einem legalen Rechtsrahmen interessiert. Das ist ja das, was Sie nicht verstehen wollen, weil Sie immer so tun, als ob die alle illegal seien und auch unbedingt bleiben wollten. Das wollen sie nicht. In den meisten Ländern sind sie legal. Sie wollen auch bei uns legal sein. Darum beantragen sie jetzt Lizenzen. Darum ist der Rechtsrahmen, den wir bieten, genau das richtige Instrument.

(Beifall bei CDU und FDP)

Selbst wenn Sie mit dem Rechtsrahmen nicht einverstanden sind, müssen Sie doch feststellen, dass das, was an Geldwäsche bisher lief, weil wir nichts reguliert haben, weil wir keinen Rechtsrahmen gesetzt haben, weil wir nur weggesehen haben, um ein Vielfaches höher ist als das, was wir im Nachhinein schaffen. Sie können ja sagen, dass wir damit vielleicht nicht alles erreichen, aber Sie müssen

(Werner Kalinka)

doch feststellen, dass jeder Rechtsrahmen besser ist als reines Weggucken und Nichtregulieren, was wir durch den alten Glücksspielstaatsvertrag bisher hatten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Monika Heinold?

Selbstverständlich.

Herr von Boetticher, was spricht aus Ihrer fachlichen Sicht dagegen, das Glücksspielgesetz weitere zwei oder drei Monate auszusetzen, um auf die rechtliche Bewertung des Staatsvertrags durch die EU-Kommission zu warten?

- Rechtssicherheit und Glaubwürdigkeit. Ich sage Ihnen das vor dem Hintergrund, dass wir heute noch gar nicht genau wissen, was von der EUKommission zurückkommt. Aus der EU-Kommission kommen nämlich häufig Schreiben mit einer rechtlichen Bewertung, die hinterher rechtlich umstritten sind. Nicht immer sagt die Kommission ganz klar: Das ist rechtlich zulässig, oder das ist rechtlich nicht zulässig. In dem Moment, wo wir ein Schreiben bekommen, das rechtlich nicht ganz klar ist, beginnt die rechtliche Auseinandersetzung um das Schreiben. Dann unterhalten wir uns hier bis zum Sankt Nimmerleinstag über die Frage, was rechtlich zulässig ist. Wir wissen aber eines: Unser Entwurf ist notifiziert und daher rechtlich zulässig. Darum gibt es überhaupt keinen Grund, dass wir abwarten sollten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Kollege Dolgner, wenn die Kommission notifiziert, muss sie die Übereinstimmung mit allen europäischen Rechtsvorschriften summarisch prüfen. Dazu gehören auch die Richtlinien, die sich mit Geldwäscheschutz in Europa beschäftigen. Es muss abgeprüft werden, ob das, was wir hier vorlegen, den europäischen Regeln im Geldwäschebereich entspricht. Insofern richten Sie Ihre ganzen Unkenrufe und Kritik bitte an die Kommission. Aber auch das ist dort abgeprüft worden.

Ein allerletzter Punkt: Liebe Frau Kollegin Heinold, es klang alles schön und richtig. Was Sie aber zum Thema Vertrauenstatbestände und Geltung eines

Gesetzes über die Wahlperiode hinaus gesagt haben, bedeutet, dass jedes leistungsbezogene Gesetz, das Ansprüche über die Wahlperiode hinaus schafft, nur dann zurückgedreht werden kann, wenn man Vertrauensschutz bricht und sich damit notfalls schadensersatzpflichtig machen würde. Das gibt es ja in mehreren Gesetzen. All solche Gesetze dürfte man Ihrer Meinung nach nicht beschließen oder nur mit einem Verfallsdatum auf das Ende der Wahlperiode. Das kann aber weder vom Grundgesetz noch von unserer Landesverfassung in irgendeiner Art und Weise gewollt sein. Dann dürfte man einen Großteil der Gesetze, die leistungsbezogen sind, nicht über die Wahlperiode hinaus beschließen. Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit gemacht, das machen auch wir. Das ist insofern überhaupt nicht unanständig.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Klaus Schlie.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich vorweg eine Bemerkung machen. Frau Abgeordnete Heinold, ich muss auch aus der Sicht der für die Landesverfassung zuständigen Minister sagen, es ist wirklich unerträglich, in welcher Art und Weise Sie dieses Hohe Haus diffamieren.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Ich will noch einmal aus dem Urteil des Landesverfassungsgerichts, Seite 80, zitieren:

„Während dieses Zeitraums“

- gemeint ist der Zeitraum, den das Landesverfassungsgericht definiert hat

„bleiben die Abgeordneten im Amt, und der Landtag behält seine volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit, denn bis zur Neuregelung und Durchführung der gebotenen Neuwahl verbleibt es bei dem festgestellten Wahlergebnis.“

Ich würde Sie wirklich sehr herzlich bitten, dieses zur Kenntnis zu nehmen. Wenn Sie anderer Auffassung im Hinblick darauf sind, was die Legitimität dieses Landtages angeht, würde ich Ihnen empfehlen: Legen Sie Ihr Mandat nieder und kassieren Sie nicht jeden Monat die hohen Diäten! Es ist wirklich unerträglich.

(Dr. Christian von Boetticher)

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, in der Landtagssitzung im November letzten Jahres habe ich die Gründe dargelegt, warum die Landesregierung den von der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzentwurf zur Aufhebung des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Glücksspielgesetzes ablehnt. Weder aus den zwischenzeitlich stattgefundenen Ausschussberatungen noch aus der Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dezember 2011 haben sich Argumente ergeben

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- ich habe Verständnis für die Unruhe der Abgeordneten Heinold, Herr Präsident -, die Anlass geben, von der damaligen Haltung abzurücken. Gegen den von den Ministerpräsidenten der anderen 15 Bundesländer am 15. Dezember 2011 unterzeichneten Glücksspielstaatsvertrag bestehen nach wie vor erhebliche europarechtliche Bedenken. Die dort vorgesehene Begrenzung auf 20 Sportwettenkonzessionen ist willkürlich und nicht nachvollziehbar zu begründen. Für das Segment der Online-Casinospiele, das immerhin auf 40 % des Glücksspielmarktes geschätzt wird, bietet der Glücksspielstaatsvertrag weiterhin keine Regulierung an, die den notwendigen Jugend- und Spielerschutz gewährleistet und nicht zuletzt auch eine Abgabenerhebung zugunsten der Länder ermöglicht.

Die 15 Länder scheinen selbst nicht von der Europarechtskonformität ihres Entwurfs überzeugt zu sein, denn in einer Protokollerklärung zum MPKBeschluss haben sie die Absicht bekundet, den Staatsvertrag erst dann den Landtagen zur Ratifikation zuzuleiten, wenn eine positive abschließende Stellungnahme der Kommission im Notifizierungsverfahren vorliegt. Dabei klingt es wie das Pfeifen im Wald, wenn in der Protokollerklärung formuliert wird, die Kommission habe eine positive Stellungnahme angekündigt. Bisher - der Abgeordnete Kalinka hat das dargestellt - liegt diese Stellungnahme nicht vor.

Ich sehe daher keinen, aber auch gar keinen Grund dafür, das Glücksspielgesetz, dessen Vereinbarkeit mit dem Europarecht die Kommission bereits bestätigt hat, aufzuheben. Unser Gesetz ist die europarechtskonforme Schablone für alle anderen Länder.