Protocol of the Session on February 22, 2012

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Moment! Sie müssen natürlich auch die praktische Arbeit sehen. Wenn wir eine Prioritätenliste zusammen mit Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein aufstellen würden, würden wir nie zu einer Zusammenarbeit kommen, weil jeder dort natürlich seine Interessen zuerst sieht.

- Herr Ministerpräsident, die Frage habe ich nicht verstanden. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass es so ist. Ich nehme nicht zur Kenntnis, dass es eine Stärke ist; für mich ist es eine Schwäche. Ich sage Ihnen voraus - das werden wir morgen bei der Debatte sehen, und das zieht sich ja im Grunde durch die ganze Legislaturperiode -, wenn man alles fördern will, überlässt man es bayerischen Verkehrsministern, zu entscheiden, was man fördern will und was nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle vor allem fest, dass in dem gemeinsamen Bericht, den ja wohl auch Ihre Fraktion getragen hat, den der Kommissionsvorsitzende, den Ihre Fraktion gestellt hat, vorgestellt hat, gesagt wurde: Wir brauchen eine Priorisierung der Infrastrukturprojekte. Das kriege ich logisch nur so zusammen, dass er die Ahrensburger Liste und das Verfahren darin selbst auch nicht als Stärke bezeichnet, sondern sich darüber hinausentwickelt und gesagt hat: Wenn wir den Norden komplett als Raum denken, dann müssen wir den nächsten Schritt gehen und die Verkehrsprojekte priorisieren. Sonst kriege ich

(Dr. Robert Habeck)

Ihre eigene Linie nicht zusammen. Meine ist konsequent.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Abschließend sage ich: Die Substanz ist entscheidend. Deswegen ein letzter Satz zu der Auseinandersetzung, ob wir einen Gemeinsamen Ausschuss oder eine Ältestenrattagung haben: Das kann man machen. Ich finde es Quatsch, das nicht zu tun. Warum sollte man diese Gespräche nicht suchen? Wir sollten aber nicht über die Form reden. Wir sollten über die Dinge, die in allen Fraktionen des Hauses Konsens sind, substanziell reden. Gemeinsamkeit im Haus haben wir bei der HUSUM Wind, auch wenn es Nickligkeiten zwischen den Fraktionen gibt, bei der Ablehnung von CCS in SchleswigHolstein und bei der Aufhebung des Kooperationsverbotes. Warum soll der Ältestenrat SchleswigHolsteins mit dem Ältestenrat Hamburgs nicht darüber und über die Form der Kooperation reden? Das ist doch das nächste, was passieren muss. Warum machen wir es also nicht? - Nur aus Nickligkeit heraus.

Ich teile nicht die Auffassung, dass sich der Ton ändern muss, damit man in der Substanz vorankommt. Man muss über die Substanz reden, oder mit anderen Worten: Wenn die Hamburger aufhören - ich meine Hamburg und nicht schwarz, rot, grün, blau oder gelb -, sich wie Pfeffersäcke zu benehmen, werde ich aufhören zu sagen, Sie benehmen sich wie Pfeffersäcke.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Christopher Vogt [FDP]: Das wird die Ham- burger schwer beeindrucken!)

Für einen weiteren Beitrag erteile ich Frau Abgeordneter Ingrid Brand-Hückstädt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Kollegen! Ich hätte bei Frau Strehlaus Beitrag eben auch eine Frage stellen können, aber ich war etwas sprachlos. Ich weise ganz deutlich zurück, dass wir uns nicht an der Arbeit beteiligt haben. Ich sage das hier für die FDPFraktion, die im Ausschuss wechselnd mit vier Leuten gesessen hat und das Ganze in der Tat kritisch begleitet hat. Nur weil man etwas kritisch sieht, was eine andere Fraktion in diesem Haus nicht kritisch sieht, sondern als Minderheitenrecht

durchgesetzt hat, nämlich eine Enquetekommission, heißt es nicht, dass wir nicht gearbeitet haben.

(Beifall des Abgeordneten Heinz-Werner Je- zewski [DIE LINKE])

Entweder ich bin wahrnehmungsgestört oder Sie. Wir haben beide während der letzten Redaktionssitzungen stundenlang zusammengesessen. Es gibt noch einige andere Leute, die das bestätigen können. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass wir keine Texte dazu beigetragen haben. Sie haben denen sogar zugestimmt. Vielleicht sollten wir demnächst Protokolle führen.

(Beifall bei FDP, CDU, SSW und des Abge- ordneten Heinz-Werner Jezewski [DIE LIN- KE])

Wenn Sie mir zugehört hätten, und nicht - wie es ja leider bei solchen ideologischen Diskussionen häufig der Fall ist - nur Ihre eigenen Gedanken im Kopf hätten, hätten Sie festgestellt, dass ich in meinem Redebeitrag mehr von Kooperation gesprochen habe als irgendjemand anderes hier.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Markus Matthießen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf einige Aspekte der Diskussion eingehen. Das Thema Bildung wird immer sehr stark auf das Gastschulabkommen mit Hamburg reduziert. Das sage ich ganz bewusst, auch als regionaler Abgeordneter des südöstlichsten Landesteils. Es betrifft auch Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Wenn wir uns über das Thema Bildung unterhalten, dürfen wir es nicht nur auf Hamburg beschränken.

Es wurde kritisiert, dass der Fraktionsvorsitzende der größten Fraktion im Landtag eine Rede zu diesem Thema hält. Das zeigt doch, wie wichtig uns dieses Thema ist. Das zu kritisieren, finde ich schon sehr, sehr merkwürdig.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben heute vieles gehört: Notwendige strukturelle Veränderungen, mehr Service für Bürger, Bündelung der Kräfte. Was bedeutet das denn? Das hat unser Ministerpräsident Peter Harry Carstensen beim Neujahrsempfang der IHK in Lübeck sehr gut

(Dr. Robert Habeck)

dargestellt. Er hat sinngemäß gesagt, dass Kooperation und Zusammenarbeit auch Verzicht üben heißt. Wenn man sich über eine Kooperation einig ist und eine Einrichtung - welcher Art auch immer vor Ort geschlossen wird, kann es nicht sein, dass diejenigen, die hier ganz groß von Kooperation und Fusion reden, vor Ort die ersten sind, die demonstrieren. Das ist dann der Test, was nach den hier gefallenen Worten passiert.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dass die Gleichung „größer gleich billiger“ sehr, sehr schwer darzustellen ist, haben die Anhörungen ergeben. Es gab sehr differenzierte Meinungen. Der eine Anzuhörende hat gesagt, dass der Einspareffekt der Fusion Hamburgs mit Schleswig-Holstein 100 Millionen € betrage, der andere hat 800 Millionen € genannt - na ja, irgendwo dazwischen wird es schon sein. So können wir nicht arbeiten. Das muss schon konkret laufen. Deshalb ist schrittweise Ansatz mit der Institutionalisierung, den wir hier verfolgen, der richtige. Lassen Sie uns die Arbeit projektbezogen beginnen, und dann werden wir das auch machen.

Herr Habeck, abschließend gebe ich Ihnen den Tipp: Setzen Sie sich in der Pause mit Innenminister Schlie zusammen. Dann kann er Ihnen erklären, dass wir nicht fünfzehn, sondern fünf Planungsräume haben, und auch andere Sachen. Das wird sicherlich zum Erkenntnisgewinn beitragen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon bemerkenswert, dass nicht die Inhalte, sondern in erster Linie Strukturfragen in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Wirtschaftsminister hat noch ein Gutachten zur institutionalisierten Zusammenarbeit im norddeutschen Raum erstellen lassen, und auch im Ergebnis der Enquetekommission spielen Strukturfragen eine maßgebliche Rolle. Das ist bemerkenswert. Es zeigt, dass es natürlich sehr viel einfacher ist, sich über strukturelle Fragen auszutauschen als über inhaltliche Fragen. Das ist auch ein Ergebnis der Enquetekommission.

Wir vergessen, dass zu einer Umsetzung eines Konzepts auch die Akzeptanz gehört. Diese Akzeptanz sehe ich bei den anderen norddeutschen Bundeslän

dern nicht. Da dürfen wir uns nichts vormachen. Wir tun so, als hätten wir wirklich Großartiges geleistet. Die anderen haben das höchstens abgenickt, aber Akzeptanz sehe ich nicht. Da müssen wir uns wirklich nichts vormachen.

Wenn wir sagen, wir müssen jetzt eine gemeinsame Landsplanung mit Hamburg erstellen, frage ich mich natürlich auch, wie das mit der Kommunalisierung, die ja jetzt beschlossen werden soll, gehen soll. Wenn gesagt wird, wir wollen eine gemeinsame Lehrerbildung frage ich: Ist das denn im Interesse Schleswig-Holsteins? Ich habe gehört, dass es im Berufschullehrerbereich problematisch ist, weil Hamburg uns die Berufschullehrer abwirbt. Ist das im Interesse Schleswig-Holsteins?

Ich sehe schon, dass die Menschen, die in der Metropolregion Hamburg leben, besondere Interessen haben. Das akzeptieren wir auch - Stichwort Gastschulabkommen. Das zeigt, dass Menschen heute sagen: Ja, wir leben in der Metropolregion und nicht unbedingt in Schleswig-Holstein oder Hamburg. Darum war es auch unser Ansatz zu sagen: Für die Metropolregion Hamburg im engeren Sinne müssen auch Lösungen herbeigeführt werden, wie wir den Alltag der Menschen erleichtern können. Wir werden das heute noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren.

Wenn gesagt wird, es gehört zu den Erkenntnisgewinnen der Enquetekommission, dass es bei der Novellierung des Länderfinanzausgleichs diese Hürde nicht mehr geben darf, sage ich: Okay, das ist ja schon sinnvoll, aber wir alle wissen doch, dass es beim Bund-Länder-Finanzausgleich um sehr viel mehr geht. Da bin ich völlig bei dem Finanzminister, der sagt, es kann nicht angehen, dass wir, weil wir zu viele Steuerfahnder einstellen, letztlich nicht die Summe erhalten, die uns zusteht. Solche schrägen Probleme im Bund-Länder-Finanzausgleich müssen doch auch angegangen und beseitigt werden. Wir können das doch nicht alles auf mögliche Fusionen hin verengen.

(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Ich habe beim Grünkohlessen der Unternehmensverbände den niedersächsischen Ministerpräsidenten McAllister über norddeutsche Kooperation sprechen gehört. Er sagte sehr viel über Straßenbauprojekte.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

(Markus Matthießen)

Ich hörte Olaf Scholz in Lübeck. Dort ging es um die Energiewende und um den Netzausbau. Dies zeigt, dass die Interessenlage sehr unterschiedlich ist. Darum ist es wichtig, dass man sich miteinander verständigt.

Eine letzte Bemerkung darüber. Wir vom SSW fragen, wenn man diese Verständigung, die Sinn macht, will: Warum fängt man nicht von unten an? Warum sagt man nicht: Wir wählen eine Struktur, die wir kennen? Hier bin ich wieder bei dem Modell der Ostseeparlamentarierkonferenz. Man kann sagen, dass dies nicht ambitioniert genug sei. Der Vorteil dieses Modells ist aber, dass die Parlamente von unten her eingebunden werden, dass man sich verständigt und dass man sagt, man verabschiedet Resolutionen und Beschlüsse, mit denen man weiterarbeiten will. Das heißt, dieser Prozess wächst von unten, und mit ihm wächst die Verständigung von unten. Diese muss erst einmal herbeigeführt werden. Sie ist nicht da, das habe ich vorhin hoffentlich deutlich gemacht.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Dann gibt es noch das Problem der Metropolregion Hamburg. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, mit denen wir es zu tun haben.

(Beifall beim SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Enquetekommission Drucksache 17/ 2230 an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an alle weiteren Landtagsausschüssen zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes - Stärkung der Freien Schulen

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/510

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 17/2176