Protocol of the Session on February 22, 2012

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

diese Drittmittel auch tatsächlich einzuwerben. Insofern ist es ein klarer Erfolg.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Habeck, das gehört dazu, wenn Sie ein Bild zeichnen wollen. Wenn Sie - was die neue Prognose anbelangt - ein Bild von einem angeblich überraschten Wissenschaftsminister zeichnen wollen,

dann sage ich Ihnen: Das ist eine Prognose, die bundesweit und für alle Länder besagt, dass es in einem Zeitraum, der 2012 beginnt und bis 2020 dauert, eine Steigerung gibt, die über das hinausgeht, was die Kultusministerkonferenz bisher prognostiziert hat.

Wenn Sie sich allerdings wirklich mit den Zahlen beschäftigt hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass der Großteil dieser Steigerung ab dem Jahr 2015 eintritt, wenn der jetzige Hochschulpakt gar nicht mehr gilt. Insofern ist dies eine Gestaltungsaufgabe für die Zeit nach 2015 und nicht bis 2015. Herr Habeck, wenn Sie sich noch eingehender mit diesen Fragen beschäftigt hätten, dann hätten Sie auch festgestellt - das ist auch eine Überraschung, die Sie vielleicht teilen - dass der Anstieg der Studierendenzahlen im Jahr 2012 in Schleswig-Holstein geringer ausgefallen ist, als es prognostiziert worden ist.

Daran können Sie merken, dass sich Studierende manchmal anders verhalten, als die KMK vorschlägt, weil die Ausbildungswünsche von Studierenden sich nicht danach richten, ob sie eine KMKPrognose einhalten oder nicht. Die Entscheidungen richten sich nach vielen Dingen, zum Beispiel auch nach weiteren Qualifikationen, die ein bestimmtes Verhalten mit sich bringen. Der Umstand, dass wir immer mehr Qualifikationen in Richtung des Abiturs bei den Berufsschulen haben, denn jedes zweite Abitur in Schleswig-Holstein wird an einer Berufsschule abgelegt, ist ein Erfolg einer Politik, die Bildungschancen eröffnet. Das ist ein politischer Erfolg. Insofern freue ich mich darüber, dass es diese Abweichungen nach oben gibt. Ich bin überhaupt nicht so überrascht, wie Sie hier darstellen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Habeck, das Bemerkenswerteste an Ihrer Rede war, dass Sie das auch für eine Landesregierung eigentlich schwierigste Thema gar nicht angesprochen haben. Das ist das Urteil über die W-2-Besoldung. Das ist in der Tat ein Punkt, über den wir nachdenken werden müssen. Ich sage, dass die Probleme, die daraus erwachsen, nicht einfach zu lösen sein werden. Sie betreffen sehr stark den Stellenkegel der Hochschulen. Es ist so, dass wir in dieser Frage im Rahmen einer bundesweiten Abstimmung zu Lösungen kommen müssen. Herr Habeck, ich habe allerdings bei keinem der Themen, die Sie angesprochen haben, gehört, welche Lösungsvorschläge von den Grünen dazu gemacht werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Minister Jost de Jager)

Das finde ich erstaunlich. Vom linken Teil des Hauses wird immer so getan, als würde man demnächst regieren. Gerade die Grünen sagen, sie wollten unbedingt regieren. Sagen Sie uns dann aber bitte auch, was Sie machen werden. Ich habe heute keinen einzigen konkreten Vorschlag dahin gehend gehört, wie Ihre Konzeption für die Hochschulen tatsächlich aussieht. Insofern sage ich Ihnen: Das war keine Aktuelle Stunde, sondern das war eine dünne Suppe, die Sie uns hier präsentiert haben. Wir sollten jetzt zu dem übergehen, was wirklich wichtig ist, nämlich zur Gesetzgebung. Dafür sind wir nämlich da.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Rasmus Andresen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, ich möchte gleich am Anfang mit zwei Sachen aufräumen, die hier von Ihnen und von Ihrem Pressesprecher, Wahlkampmanager oder was auch immer, von Daniel Günther, genannt wurden. Ein Punkt ist die Frage der Mehrausgaben. Wenn man die Haushaltszahlen vergleicht, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es für den nächsten Doppelhaushalt Mehrausgaben gab. Woran aber lag dies? Das lag zum einen an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Wenn überhaupt, dann haben die Hochschulen davon nur sehr indirekt etwas. Es lag weiter an Bundesprogrammen wie zum Beispiel dem Hochschulpakt, der hälftig gegenfinanziert wurde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat überhaupt nichts mit der Leistung Ihrer schwarz-gelben Koalition hier im Land zu tun.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Während der letzten Bildungsausschusssitzung haben Sie uns belehrt und uns erklärt, dass Regierungsarbeit Verwaltungshandeln sei. Als Verwaltungswissenschaftler kann ich Ihnen sagen: Natürlich ist die Basis für gutes Regieren eine gute Verwaltungsarbeit, aber Regierungsarbeit muss mehr sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Regierungsarbeit darf sich nicht darauf beschränken, bestimmte Sachen zu verwalten. Man muss probieren, und man muss sich inhaltlich überlegen, wohin es in dem Land in dieser Frage gehen soll. Wie soll es für die Hochschulen weitergehen?

Es gibt viele Baustellen. Sie fragten, warum die Grünen eine Aktuelle Stunde beantragen. Das liegt auf der Hand.

(Kirstin Funke [FDP]: In der Rede Ihres Kol- legen war darüber nichts zu hören!)

- Frau Funke, Sie haben es selbst gesagt. Zum einen liegt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus der letzten Woche vor.

(Zurufe von der FDP)

- Bei uns ist das so, dass man Redebeiträge aufteilt.

(Glocke des Präsidenten)

Es gibt einen Teil, den Herr Habeck hält, und es gibt einen Teil, den ich halte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gab zum einen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldungsstruktur. Darauf gehe ich gleich noch ein. Zum anderen gibt es die Frage nach dem Mehrbedarf an Studienplätzen. Man kann jetzt sagen, dass die Besoldung schon während der letzten sieben Jahre, in denen Herr de Jager in diesem Haus Verantwortung trug, ein Problem war. Das ist definitiv so. Man kann auch sagen, dass wir das Problem mit den Studienplätzen nicht erst seit gestern kennen. Auch das ist richtig. Unsere Hoffnung ist aber, dass Sie - bedingt durch die aktuellen Entwicklungen - zumindest jetzt aufwachen, wenn Sie es in der Vergangenheit schon nicht getan haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Ihr Motto lautet immer: reagieren statt agieren. Wir sehen dies in der Frage der Studienplätze. Sie haben es selbst gesagt: Es waren die Grünen, die schon wieder mit einem Antrag kamen und genervt haben. Immer waren wir es, die agiert haben. Es gab auch Kleine Anfragen und einige Initiativen von der Fraktion DIE LINKE zur Frage des wissenschaftlichen Nachwuchses. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage haben wir von Ihrem Haus erfahren, dass wir zum Beispiel bis zum Jahr 2025 über 1.000 neue Wissenschaftler brauchen, weil es in den nächsten Jahren eine Pensionierungswelle geben wird. Hinzu kommt die Frage der Besoldungs

(Minister Jost de Jager)

strukturen. Auf all diese Fragen brauchen wir Antworten, das ist ganz klar. In einem ersten Schritt finde ich es okay, dass man diese Fragen im Finanzausschuss aufrollt, aber auch dies zeigt es wieder: Sie beantragen das Ganze zur Behandlung im Finanzausschuss und eben nicht im Bildungsausschuss. Sie wollen eine Auseinandersetzung mit diesem Thema, weil es um einen Haushaltsposten geht, nicht weil dies inhaltlich eine wichtige Frage für das Land ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW sowie vereinzelt bei SPD und der LIN- KEN - Zuruf der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])

- Frau Loedige, es geht nicht nur um Haushaltstitel. Es geht darum, ob unsere Hochschulen wieder wettbewerbsfähig werden. Es geht darum, ob wir vielen jungen Menschen eine Zukunftsperspektive geben oder nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Herr Minister, am 5. Oktober haben Sie im Rahmen einer Debatte, die von unserer Fraktion beantragt wurde, gesagt: Kein Studierender wird in Schleswig-Holstein auf der Strecke bleiben. Es ist richtig, auch hier haben wir wieder den Antrag gestellt. Sie haben schon damals zu der Frage, ob die Kontingente ausreichen, was wir damals schon bezweifelt haben, gesagt: Wenn diese Studienplätze überhaupt alle abgerufen werden, dann sind wir als Land gut vorbereitet.

(Zurufe)

- Ich ertrage Ihre Reden. Jetzt müssen Sie auch meine Rede ertragen.

Das zeigt: Sie haben damals gedacht, dass das, was Sie beschlossen haben, ausreicht. Jetzt wurden Sie belehrt. Es reicht nicht. Wir brauchen 6.000 zusätzliche Studienplätze. Auch in dieser Frage habe ich von Ihnen keine Antwort gehört.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es gibt Ideen. In der Frage der Abbrecherquote oder der Schwundquote, wie sie auch genannt wird, könnte man zum Beispiel endlich einmal initiativ werden, aber auch hierzu haben Sie neulich nach der Kritik des Landesrechnungshofs erklärt, dass Ihnen dieses Problem eigentlich egal sei und dass Sie das Gefühl hätten, dass es keinen Unterschied mache, ob man sich mit diesem Thema auseinandersetze oder nicht. Es ist natürlich so: Wenn

man die Schwundquote senkt, dann hat man mehr Studienplätze. Das ist ein ganz konkreter Ansatz. Hier müssen Sie nicht auf Frau Schavan warten, hier können Sie eigenständig etwas machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Frau Spoorenndonk hat die EU-Mittel angesprochen. Egal ob wir über EFRE-Mittel oder über Mittel aus dem Europäischen Strukturfonds reden - all das sind Ansätze, bei denen man sich gerade dann, wenn wir über die Universität Flensburg reden, überlegen könnten, ob man nicht nur für die Universität Flensburg, sondern für den gesamten Hochschulstandort Flensburg mehr machen könnte. Dies gilt insbesondere, wenn man eine Europaperspektive hineinnehmen möchte. Dies könnte für das Land nicht nur finanziell interessant sein, sondern auch inhaltlich.

Abschließend bleibt mir noch zu sagen, dass ich mich sehr darüber gewundert habe, dass für die Region, in der der Hochschulcampus Flensburg ist und aus der Herr Habeck, Frau Spoorendonk und ich kommen, von Ihnen in der letzten Woche ein Förderbescheid von 1,8 Millionen € für eine Würstchenfabrik ergangen ist. Gleichzeitig streichen Sie 1,7 Millionen € für die Universität Flensburg. Vielleicht sollte man manchmal darüber nachdenken, ob Hochschulen nicht wichtiger sind als Würstchen. Dafür streiten wir jedenfalls.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW sowie vereinzelt der SPD und der LIN- KEN)

Es liegen weitere Wortmeldungen vor. Zunächst erteile ich Herrn Abgeordneten Daniel Günther das Wort. Danach hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als vorhin Kollege Habeck gesprochen hatte, hoffte man, dass danach der Fachsprecher Andresen sozusagen den fachlichen Part dazu leistet. Aus meiner Sicht war das aber eine genauso dünne Suppe wie das, was Herr Kollege Habeck gemacht. Es ist nur ein bisschen hastiger und vielleicht lebhafter vorgetragen worden. Aber dadurch ist es nicht besser geworden.

(Beifall bei CDU und FDP)