Protocol of the Session on February 22, 2012

Das ist ein Bereich, auf den wir in Schleswig-Holstein nur bedingt Einfluss ausüben können. Ich würde mich freuen, wenn wir bundesweit zu einer einheitlichen Lösung kommen könnten, damit wir nicht im Hochschulbereich in einen föderalistischen Wettbewerb kommen, der dazu führt, dass Länder mit einem schwächeren Haushalt zwangsweise auch die mit schwächeren Universitäten werden.

Der dritte Bereich lässt sich überschreiben mit „mehr Bund“. Ohne „mehr Bund“ wird es nicht gehen. In der nächsten Legislaturperiode läuft der Hochschulpakt aus. Da läuft auch der Pakt für Forschung und Entwicklung aus, und es läuft die Exzellenzinitiative aus. Das heißt, wir stehen grundsätzlich vor der Frage, wie es dann mit der Kooperation von Bund und Ländern im Bildungsund Wissenschaftsbereich weitergeht. Aus meiner Sicht kann die Antwort nur lauten, dass wir mit dem Bund zu einer Regelung kommen müssen, nach der er sich auch an der Grundfinanzierung der Hochschulen beteiligt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht kurz am Rand: Wenn wir es schaffen, dass sich der Bund an einer auskömmlichen Grundfinanzierung beteiligt, und wenn wir es schaffen, dass unsere Hochschulen ausfinanziert sind, dann kann von mir aus der zuständige Bundesminister jährlich eine Ehrendoktorwürde einer Hochschule seiner Wahl bekommen.

(Heiterkeit)

Vierter Bereich: An dieser Stelle über die Drittmittel zu sprechen, passt nicht ganz. Vielleicht nur kurz dazu: Wir haben zu konstatieren, dass der Anteil der Drittmittel an der Hochschulfinanzierung in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist. Das wird von einigen Ecken im Haus empört abgelehnt. Das ist aber gar nicht dramatisch, zumindest dann, wenn man sich anschaut, woher diese Drittmittel kommen. Wenn die Deutsche Forschungsgemeinschaft jährlich 2,3 Milliarden € bewegt, dann ist das zunächst einmal positiv und nicht aus ideologischen

Gründen abzulehnen. Auch wenn sich die Wirtschaft aus berechtigten Interessen heraus an bestimmten Forschungsvorhaben beteiligt, ist das für mich zunächst einmal nicht schlimm. Wichtig ist nur, dass wir die Hochschulen nicht dahin bringen, dass sie sich ihre Grundfinanzierung über Drittmittel besorgen müssen, sondern da müssen wir zu unserer Verantwortung stehen und sagen: Die Grundfinanzierung sichern wir, was darüber hinausgeht, ist gut.

Was nicht geht, ist eine Landesregierung, die ein Hochschulkonzept nur auf Zwang vorlegt, ist eine Landesregierung, die sich überlegt, Hochschulen zu schließen, ist eine Landesregierung oder sind regierungstragende Fraktionen, die im Dialogforum mit den Hochschulen den Dialog mit den Hochschulen konsequent durch Nichtteilnahme verweigern. Was natürlich auch nicht geht, sind Studiengebühren da sind wir uns alle einig - und ist, Herr Minister, ein Wissenschaftsminister, der im Bildungsausschuss häufiger fehlt als er anwesend ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Kirstin Funke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Die Hochschulfinanzierung ist in diesem Hohen Haus in dieser Legislaturperiode ein Dauerbrenner, so auch in den Jahren zuvor. Deshalb fragt man sich natürlich, was genau jetzt gerade so aktuell ist, dass dieses Thema Gegenstand einer Aktuellen Stunde ist. Herr Dr. Habeck, ich habe in Ihrer Rede eine Begründung dafür vermisst, warum Sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie haben in Ihrer Rede keinen Bezug auf die Gründe genommen, weshalb Sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Vielleicht hätten Sie Ihren namentlich erwähnten Kollegen reden lassen sollen. Der hätte vielleicht ein paar Ideen skizzieren können, wie sich die Grünen eine zukünftige Hochschulfinanzierung vorstellen, wie Sie meinen, dass Sie hier das Land voranbringen könnten. Dazu haben Sie hier heute nichts beigetragen. Es waren nur Plattitüden, die Sie an diesem Punkt schon immer

(Martin Habersaat)

gebracht haben. Ich denke, das reicht einfach nicht aus.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Aktuell sind allein die in Ihrem Antrag eingereichten Punkte. Das sind die neuen statistischen Hochrechnungen über die Studierendenzahlen und auch das jüngste Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Besoldung von Professoren in Hessen.

Es ist - da stimme ich allen Vorrednern zu - erfreulich, dass mehr junge Menschen ein Hochschulstudium ergreifen, dass sie nicht nur die Berechtigung dazu erhalten, sondern dieses auch ergreifen. Die steigenden Studierendenzahlen stellen natürlich auch die Politik vor neue Fragen und vor neue Herausforderungen. Sie haben leider nicht geliefert. Wenn die Studienanfängerzahlen höher sind als zuvor, müssen wir natürlich auch schauen, was das für Schleswig-Holstein bedeutet.

Zum einen haben wir - das ist nicht neu, das geben jetzt nur mit aktuellen Zahlen die Statistiken wieder - den doppelten Abiturjahrgang 2016, und zum anderen haben wir - das ist das Neue, deswegen brauchten wir auch die neuen Zahlen - die Aussetzung der Wehrpflicht. - Herr Habeck, nicht die Abschaffung, die Aussetzung; das ist ein Unterschied. Bezüglich der Aussetzung der Wehrpflicht wurde aber auch schon geliefert. Es wurde mit dem Bund darüber verhandelt, dass sich der Bund bei diesen Studienanfängerzahlen beteiligt durch Zahlung im Hochschulpakt II. Wir haben gestern durch die Pressemitteilung des Finanzministers gehört und lesen können, dass auch die weitere Finanzierung dieser neuen Studienanfängerplätze gesichert ist. Das haben wir der guten Finanzpolitik dieser Regierung und dieser Koalition zu verdanken.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Umso drängender wird die Frage im Lichte auch des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldung der Professoren in Hessen. Hier ist es zunächst einmal wichtig, eine saubere Analyse vorzunehmen, welche konkreten Auswirkungen dies auf Schleswig-Holstein hat. Deshalb haben wir als FDP-Fraktion auch sehr früh den Minister gebeten, dazu im Finanzausschuss einen Bericht zu geben und Stellung dazu zu nehmen. Denn erst wenn wir die konkreten Auswirkungen kennen, können wir auch konkret handeln. Heute darüber zu debattieren, was wäre, wenn, führt uns wirklich an diesem Punkt nicht weiter.

Aber das heutige Thema soll ja die künftige Hochschulfinanzierung sein. So haben wir in den letzten Wochen auch im Dialogforum Hochschule, wozu ich noch einmal konstatieren möchte, dass auch regierungstragende Fraktionen beteiligt sind und dort auch anwesend sind -

(Zuruf von der SPD: Nur Sie, Frau Funke!)

Der Landesrechnungshof hat sich in jüngster Zeit mit einem Sonderbericht zur Hochschulfinanzierung geäußert und Stellung bezogen. Zu diesem Bericht kann man stehen, wie man möchte, aber er hat für Schleswig-Holstein ein ganz wichtiges Thema aufgegriffen und zumindest den Finger in die Wunde gelegt und Möglichkeiten aufgezeigt, an welchen Stellschrauben justiert werden kann.

Ein zentrales Thema des Berichts ist die Einführung von Studiengebühren. Wichtig ist der Umgang mit dem Thema für die Gesamtdebatte, die wie vieles im Bildungsbereich mit großer Emotionalität behaftet ist, weil wir - und da sind wir alle hier im Parlament gefordert - sagen müssen, wie wir, wenn wir nicht dem Landesrechnungshof folgen wollen, dann mit diesem Thema der Hochschulfinanzierung umgehen.

Herr Habersaat, ich hätte mir eigentlich von Ihnen gewünscht, dass Sie heute ein wenig offensiver mit dem Thema hier umgehen, weil Sie, wie ich in Ihrem Landtagswahlprogramm, in Ihren Vorschlägen für die nächste Legislaturperiode lesen konnte, zwar für ein studiengebührenfreies Erststudium sind, aber der Umkehrschluss ja lautet, dass Sie für Studiengebühren für ein Zweitstudium sind. Dazu haben Sie heute leider nichts gesagt. Da hätte ich mir doch ein bisschen mehr gewünscht.

Es gibt klare politische Linien, die wir nicht überschreiten. Die Frage der Studiengebühren ist dafür ein Beispiel. Auch müssen wir alle hier im Hohen Haus Antworten geben, wie wir uns statt Studiengebühren die finanzielle Zukunft der schleswig-holsteinischen Hochschulen vorstellen. Ein „Weiter so“ kann es in diesem Bereich nicht geben. Da sind wir uns auch alle einig.

Ich hätte jetzt noch gern weiter skizziert, was man hier unserer Ansicht nach machen könnte. Die Aufhebung des Kooperationsverbots ist schon genannt worden.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Kirstin Funke)

Eine Finanzautonomie der Hochschulen wäre ein weiterer Punkt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Herrn Abgeordneten Björn Thoroe.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kultusministerkonferenz legte jüngst einen Bericht vor, in dem sie die Prognosen zu den Studierendenzahlen nach oben korrigiert hat. Dazu muss man zunächst einmal sagen, dass das eigentlich keine neue Erkenntnis ist. Die GEW hatte schon vorher Studien veröffentlicht, in denen genau diese Zahlen schon seit mindestens einem Jahr genannt worden sind. Das Ganze ist also wirklich keine Neuigkeit. Wenn sich die Regierung jetzt hinstellt und sagt: „Wir haben Gelder für den Hochschulpakt I und für den Hochschulpakt II bereitgestellt“, dann sind das auch Dinge, die schon lange in die Finanzierung eingepreist waren und überhaupt keine Neuigkeiten darstellen. Wir müssen jetzt zur Kenntnis nehmen, dass die Hochschulen insgesamt unterfinanziert sind.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Die Frage ist: Wie viel Geld berechnen wir durchschnittlich für einen Studienplatz, und wie viel kostet ein Studienplatz tatsächlich? - Sie werden nicht ernsthaft bestreiten wollen, dass die Hochschulen in Schleswig-Holstein unterfinanziert sind. Allein die Christian-Albrechts-Universität in Kiel hat ein strukturelles Defizit von 10 Millionen €.

Wenn Sie sich einmal die Mühe machen würden, sich die Berichte der Hochschulen anzusehen, dann müsste Ihnen allen doch schon vor der Veröffentlichung der neuen Prognose aufgefallen sein, dass es in der Lehre massive Defizite gibt.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man diese Defizite erklären kann. Erstens: Die Hochschulen können nicht mit Geld umgehen. Oder zweitens: Das Land gibt ihnen nicht genug Geld, sprich: die Hochschulen sind unterfinanziert. Fakten sprechen für Letzteres.

Den Sonderbericht des Landesrechnungshofs dürften wir alle noch in Erinnerung haben. Dort heißt es auf Seite 20:

„Der Landeszuschuss ist von 1991 bis 2009 zwar von 4.760 € auf 6.070 € je Studierendem gestiegen. Der Zuwachs liegt aber mit 27,5 % unterhalb der Inflationsrate von 40 %. Preisbereinigt wendet das Land 2009 je Studierenden weniger Mittel auf als 1991.“

Das ist auch nur ein Teil der Wahrheit. Die Kürzungen gingen an den Hochschulen schon Ende der 70er-Jahre mit dem sogenannten Öffnungsbeschluss los.

Wer sich die Zahlen ansieht, weiß, dass 1975 je 1 Million Studierende 1,26 % des Bruttoinlandsprodukts ausgegeben wurden. 2004 waren es gerade noch 0,42 % - ein Rückgang um zwei Drittel -, und das bei stetig steigenden Studierendenzahlen.

Nach einer Studie des Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler standen im Jahr 1999 970.000 ausfinanzierten Studienplätzen 1,9 Millionen Studierende gegenüber. Die Hochschulen mussten diese Finanzierungslücke selbst auffangen. Das taten sie zum Teil über die verstärkte Einwerbung von Drittmitteln, zum anderen Teil durch interne Umverteilung von Geldern. Das führte dann dazu, dass bestimmte Fachbereiche geschlossen werden mussten. In Kiel war das zum Beispiel die Sinologie. In Flensburg will die Landesregierung jetzt die Wirtschaftswissenschaften wegrationalisieren, um bis 2019 1,9 Millionen € einzusparen.

Das halten wir für den falschen Weg. Wir, DIE LINKE, haben schon im Entwurf des letzten Doppelhaushalts 25 Millionen € für neue Studienplätze beantragt, weil wir schon damals vorhergesehen haben, dass die Zahlen, die vorgelegt worden sind, nicht stimmen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Misswirtschaft betreiben Sie, denn das Einzige, was Ihnen einfällt, sind weitere Kürzungen, Hochschulschließungen, und die Konsequenzen müssen die Studierenden und der prekarisierte akademische Mittelbau ausbaden.

Ich möchte auch noch ein paar Worte zu den Grünen und zur SPD sagen. Denn ich frage mich schon: Wie wollen Sie denn eigentlich die geforderten Mehrinvestitionen finanzieren, wenn Sie gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten wollen? Entweder ist das alles Wahlkampfgerede, und Sie werden das tun, was Sie immer tun, wenn Sie regie

ren - nämlich nicht viel anderes als die CDU. Oder aber Sie wollen Gelder im Haushalt umverteilen. Dann sollten Sie allerdings vor den Wahlen sagen, woher Sie das Geld nehmen wollen. Wenn Sie es ernst meinten, müssten Sie an die Budgets für Soziales heran, und das macht DIE LINKE auf keinen Fall mit.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben ganz andere Vorschläge, die wir für wesentlich vernünftiger halten: Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Erbschaftsteuer, die den Namen verdient. Beides waren Steuern, die den Ländern zugute kamen. Mit deren Streichung entfielen Einnahmen, und das hat zur prekären Haushaltslage beigetragen.

Ich habe noch ein Zitat: