Protocol of the Session on January 27, 2012

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das zurückkommen, was Sie, Herr Andresen, hinsichtlich der Exzellenzinitiative gesagt haben. Es stimmt, die Exzellenzinitiative ist einer der wissenschaftlichen Schwerpunkte dieser Landesregierung, aber beileibe nicht der einzige. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Landesregierung besteht auch darin, weitere Forschungseinrichtungen nach SchleswigHolstein zu bekommen, weil es auch das Ergebnis rot-grüner Regierungspolitik in Schleswig-Holstein gewesen ist, dass wir in beklagenswerter Weise mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen unterausgestattet waren.

(Minister Jost de Jager)

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daran hat sich nichts geändert!)

- Oh doch! Wir sind auf dem Weg zu einem zweiten und dritten Fraunhofer Institut in Lübeck. Wir sind auf dem Weg zu einem weiteren Leibniz-Institut in Schleswig,

(Beifall des Abgeordneten Johannes Callsen [CDU])

was die Vor- und Frühgeschichte anbelangt. Weiter haben wir dafür gesorgt, dass die Forschungseinrichtungen, die wir haben, allesamt erweitert werden. 30 Millionen € für ISIT! Das ist doch kein Pappenstil. Wir haben dafür gesorgt, dass die wissenschaftlichen Leistungen unserer außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sei es das Institut für Weltwirtschaft, sei es GEOMAR, sei es Borstel, alle ganz hervorragend sind, alle erfolgreich sind. Insofern haben wir einen klaren Forschungsschwerpunkt, der übrigens vom Landesrechnungshof - der Herr Präsident ist ja hier - kritisiert wird. Wir machen das allerdings, weil wir wissen, dass eine große kritische Masse in der Forschung Voraussetzung dafür ist, dass es Wissenschaft gibt, und die Voraussetzung dafür ist, dass es auch Qualifikationsstellen und Nachwuchsstellen geben kann.

Gerade die Frage der Nachwuchsstellen ist eines der wesentlichen Kriterien der Exzellenzinitiative. Der Ministerpräsident, der im Moment nicht hier sein kann, und ich haben ja auch unsere Universitäten begleitet bei den Antragsverfahren der Exzellenzinitiative. Deshalb weiß ich aus eigenem Erleben, dass vor allem die Frage, welche Nachwuchsstellen es gibt, die Frage, wie der Nachwuchs gefördert wird, die Frage, wie es zu einer Nachwuchsqualifikation kommt, zu den wesentlichen Erfolgskriterien dieser Exzellenzinitiative gehört. Insofern sind viel Forschung und ein Erfolg der Exzellenzinitiative auch Voraussetzung dafür, dass es eine gute wissenschaftliche Qualifikation in SchleswigHolstein gibt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/2186 (neu) dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, DIE

LINKE und SSW. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Ich frage noch, ob es Enthaltungen gibt. - Gegenstimmen kann ich auch nicht sehen. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 36 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Aufmarsch der Faschistinnen und Faschisten in Lübeck verbieten

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2154

Dem politischen Extremismus ein klares Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie entgegensetzen

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW Drucksache 17/2216 (neu)

Mir ist mitgeteilt worden, dass sich die Fraktionen von CDU, FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW darauf verständigt haben, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren und dem Präsidium dann auch noch einzureichen und hier verteilen zu lassen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Mir ist ferner mitgeteilt worden, dass die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW den Antrag Drucksache 17/2214, also den Änderungsantrag, zurückzuziehen.

Es liegt uns aber noch der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/2154, vor. Ich gehe davon aus, dass wir in die Debatte einsteigen können, obwohl der gemeinsame Änderungsantrag noch nicht vorliegt. - Ich sehe, dass es dazu keinen Widerspruch gibt. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist auch nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Abgeordneter Ulrich Schippels.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen, und zwar nicht erst, seit bekannt geworden ist, was die Terrorzelle aus Zwickau jahrelang gemacht und in diesem Land getrieben hat.

(Minister Jost de Jager)

Heute ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal dem Landtagspräsidenten ganz doll danken für seine Worte, die er hier heute gesagt hat. Das war klasse.

(Vereinzelter Beifall)

Meine Damen und Herren, der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. Ich erinnere an den Polizistenmörder Kay Diesner, ich erinnere an die sogenannten deutschen Aktionsgruppen von Manfred Roeder in den 80er-Jahren, ich erinnere an das Kommando 88, an die Nationalsozialistische Kampfgruppe Großdeutschland, an die sogenannte Wehrsportgruppe Hengst, an Michael Kühn, an die Gruppe Otte und so weiter und so fort. Ich erinnere mich auch an die Vorfälle in Lübeck Mitte der 90er-Jahre.

Rechtsterrorismus ist keine neue Erscheinung, sie begleitet Deutschland letztlich seit den 50er-Jahren. Faschistinnen und Faschisten vertreten nicht nur eine menschenverachtende Ideologie, sie versuchen auch, diese in die Tat umzusetzen. Faschistinnen und Faschisten gehen über Leichen.

Die Erkenntnisse über die Zwickauer Terrorgruppe deuten daraufhin, dass es eine enge Verzahnung auch zu denen gibt, die alljährlich in Lübeck marschieren.

Ich habe gerade auch mit dem Innenminister darüber gesprochen. Gestern Abend - ich habe das heute Morgen gesehen - wurde mir eine FacebookSeite zugespielt, die offensichtlich aus Schleswig stammt, in der ein Nazi ein T-Shirt vertreibt. Vorn steht drauf „NSU Schleswig-Holstein“. Hinten steht drauf „Terrortour“ mit den Namen der Städte, aus denen die Opfer der letzten Anschläge stammen. Ich werde Strafantrag stellen. Ich habe gehört, es sei bereits Strafantrag gestellt worden. Das macht bestürzend deutlich, dass in dieser rechten Szene offensichtlich auch eine große Bereitschaft besteht, so etwas gutzuheißen.

Die Verbindungen nach Schleswig-Holstein sind auch darüber hinaus meiner Meinung nach deutlich. Herr Innenminister, ich hoffe, Sie wissen sogar noch mehr darüber und wissen hoffentlich genau, wie es ist. Ich möchte an das sogenannte Fest der Völker in Jena erinnern, bei dem auch Peter Borchert gesprochen hat. Ich möchte daran erinnern, dass die Rechtsterroristin Zschäpe offensichtlich beim Verfahren gegen die Rockergruppe „Bandidos“ anwesend war. Viele Rechtsextreme aus Schleswig-Holstein haben sich auch den „Bandidos“ angeschlossen. Ein Zufall? - Ich möchte erin

nern an die Konzerte des Netzwerkes „Blood and Honour“, auch in Schleswig-Holstein, an „Combat 18“, Pinneberg, und an Clemens Otto. Ich erinnere an die jüngsten Naziaktivitäten in Ratzeburg mit den Morddrohungen und an die Ereignisse in der Silvesternacht. All dies, meine Damen und Herren, sollte uns heute vor Augen führen, dass von den Faschistinnen und Faschisten eine konkrete Gefahr ausgeht.

Inzwischen gibt es eine Annäherung bei der Bewertung der Gefahr von rechts zwischen dem Innenminister und der LINKEN. Dazu kann ich nur sagen, ich freue mich darüber, dass der Innenminister endlich - wie ich das formulieren würde; er würde das natürlich anders sagen - auch die Gefahr von rechts ähnlich bewertet, wie wir es tun.

An dieser Stelle möchte ich aber auch an die Debatte zu unserer Großen Anfrage erinnern, die wir vor wenigen Monaten gestellt hatten, und zwar noch vor dem Aufdecken der Terrorzelle.

Herr Gerrit Koch, Sie haben damals gesagt - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -:

„ … weiterhin geht von den Rechtsextremisten für die freiheitliche demokratische Grundordnung keine ernstzunehmende Gefahr aus.“

Was für eine fatale Einschätzung! Ich möchte alle bitten, die damals am 6. Oktober 2011 hier gesprochen haben, sich Ihre damaligen Reden noch einmal durchzulesen.

Meine Damen und Herren, Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen. Ich gehe sogar so weit zu sagen: Es ist ein fatales Zeichen, dass der Bundesverfassungsschutz offensichtlich mit Akribie die Repräsentanten der LINKEN beobachtet, wie zum Beispiel Gregor Gysi, und das rechte Terrornetzwerk nur durch einen Zufall, durch einen missglückten Banküberfall auffliegt. Deshalb brauchen wir auch aus der Mitte des Landtags heraus ein deutliches Zeichen gegen rechts. Und insoweit sind wir uns ja auch alle einig, auch wenn es unterschiedliche Nuancierungen gibt. Das Wichtigste ist jedoch, dass es dieses deutliche Zeichen gibt.

Die Lübeckerinnen und Lübecker, die sich dem Naziaufmarsch seit Jahren mutig entgegenstellen, brauchen Hilfe und Unterstützung, sie brauchen Rückenwind, Rückenwind von der Politik.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Zeichen wollen wir ihnen geben.

(Ulrich Schippels)

Jetzt haben wir ein kleines Geschäftsordnungsproblem, weil wir uns nämlich - das hatten wir auch angekündigt - den Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW zu eigen machen wollen. Da Sie offensichtlich Ihren Antrag zurückgezogen haben, müssen wir nun klären, ob das überhaupt noch möglich ist. Das können wir vielleicht bis zum Ende der Debatte noch klären. Ansonsten möchte ich fordern beziehungsweise erklären, dass wir den Antrag, der von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW vorgelegt worden ist, in voller Gänze übernehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Werner Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen und wir wünschen nicht, dass Neonazis in Lübeck oder in Neumünster demonstrieren, weder am 31. März noch am 1. Mai.

(Beifall bei der CDU)

Das Recht auf Versammlung ist ein hohes Gut. Aber es ist unerträglich, dass Neonazis versuchen, nationalistische Verbrechen zu relativieren oder Bürger oder Gewerkschaften anzugreifen.

Für ein Verbot ist die örtliche Behörde zuständig. Ich glaube, wir haben die gute Situation, dass im Miteinander alle relevanten Informationen gegeben werden und Unterstützung zuteil wird, und das seit geraumer Zeit, um zu dem von uns allen gewünschten Ergebnis zu kommen. Eines ist aber auch klar: Anweisen kann der Innenminister nicht.

Die Frage des Verbots stellt sich erst in konkreter zeitlicher Nähe zum Demonstrationstag und -geschehen. Dabei wird auch die Frage eine Rolle spielen, ob Gewalt droht. Ich fürchte, man wird davon ausgehen müssen, dass diese Frage im Raum steht. Im Jahr 2011 waren es 250 Neonazis, die dort waren, es können auch mehr zusammen kommen. Das weiß zur Stunde niemand.

Ich füge in aller Ernsthaftigkeit eine weitere Bemerkung hinzu: Es ist wichtig, dass wir darüber auch öffentlich diskutieren und sprechen. Es ist aber auch ganz wichtig, dass relevante Informationen, die nicht in der Öffentlichkeit sein müssen, mit dem Ziel gerichtsfester Hinweise auch tatsächlich beigesteuert werden können. Ich glaube, dass