Anders als bei einer Habilitation, mit der meist eine akademische Laufbahn an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung angestrebt wird, ist die Motivation für eine Promotion breiter gefasst. Hierbei spielen vermehrt andere Arbeitsmöglichkeiten wie etwa im Dienstleistungs- oder im Industriesektor oder im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit eine zunehmend größer werdende Rolle. Hier ergeben sich Beschäftigungspotenziale jenseits der Hochschulen, die auch eine Dauerbeschäftigung oder zumindest eine Beschäftigung beinhalten können.
Dennoch wird sich durch die genannten Punkte zunächst wenig ändern, wenn das Hochschulsystem nicht ausgewogen durchfinanziert ist. Um die Existenz unserer Hochschulen längerfristig zu sichern und die Arbeitsbedingungen des Mittelbaus zu ändern, ist eine bessere Finanzierung der Hochschulen zwingend notwendig. Darin sind wir uns einig.
Dass wir Studiengebühren zur Finanzierung von Hochschulen kategorisch ablehnen, ist hinlänglich bekannt. Darüber hinaus ist eine stärkere Beteiligung des Bundes an der Hochschulfinanzierung notwendig. Das haben wir schon miteinander diskutiert. Darin sind wir uns im Übrigen einig.
Unser Bundesland ist allein nicht in der Lage, eine angemessene Ausstattung der Hochschulen zu sichern. Deshalb fordern wir die Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbots.
Ich finde es gut, dass dieser Antrag im Ausschuss weiterberaten werden soll. Ich finde es auch gut, wenn wir uns im Ausschuss darauf konzentrieren, was Schleswig-Holstein in eigener Zuständigkeit ändern könnte. Außerdem müssen wir verstärkt den Dialog mit den Hochschulen suchen mit dem Ziel, Entwicklungskonzepte für den wissenschaftlichen Nachwuchs voranzubringen. Darüber müssen wir uns berichten lassen. Natürlich müssen wir auch wie es der Kollege Andresen vorhin deutlich machte - auch mit denjenigen sprechen, die direkt betroffen sind.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Kai Dolgner von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal hilft persönliche Erfahrung und Betroffenheit, um die Dinge einschätzen zu können. Wenn Sie in das Handbuch des Landtags schauen, werden Sie feststellen, dass ich unter anderem Personalratsmitglied Wissenschaft an der Hochschule war.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, ich freue mich, dass mein Hinweis bezüglich der Anwesenheit von Professoren - dabei ging es um den akademischen Mittelbau, der auch eine Lehrverpflichtung hat - inzwischen bei Ihnen angekommen ist.
- Mit mehr Geld kann man immer alles lösen. Sie müssen nur sagen, woher das Geld kommen soll. Dies nehme ich als allgemeine Lösungskeule aber einmal aus.
- Das ist unfair, weil ich Ihnen einfach Ihr Spielzeug weggenommen habe. Wenn wir aber über die Realität reden, dann ist das fair, insbesondere fair gegenüber den Betroffenen. Dann können Sie nicht immer irgendwelche Versprechungen machen, von denen Sie genau wissen, dass Sie diese im Rahmen der Finanzverantwortung für Schleswig-Holstein nicht einhalten können.
Lieber Kollege Rasmussen, deshalb haben wir keinen Antrag gestellt, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz mit einem entsprechenden Wissenschaftstarifvertrag zu unterlegen. Tarifpartner ist nicht das Parlament des Landes Schleswig-Holstein. Wir brauchen eine Sparte im TV-L, und zwar in allen Ländern, damit man in allen Ländern die gleichen Bedingungen hat, die die besonderen An
forderungen an den Wissenschaftsberuf und wie man dort hinkommt entsprechend berücksichtigt. Das sollte auch HiWis mit und ohne Abschluss mit Abschluss nach dem Bologna-Prozess ist ein besonderes Problem - einbeziehen.
Zu dem Thema, wen man an einer Hochschule dauerhaft braucht. Das Problem ist: Es kann nicht jeder Professor werden. Es will auch nicht jeder Professor werden. Aber die, die Professorin oder Professor werden wollen, brauchen rechtzeitig eine Perspektive, dass sie das auch können, und zwar nicht erst mit 42, sondern mit 30. Dann muss die Garantie gegeben werden, dass, wenn sie die notwendigen Leistungen erbringen, es auch werden können.
Das heißt, wir brauchen einen Tenure Track. So nennt sich die ganze Geschichte. Wenn man schon internationale Systeme übernimmt, muss man das auch komplett machen. Jemand muss mit 30, wenn er die Leistung erbringt, die Sicherheit haben, von der Befristung in die Unbefristung durchzusteigen. Da sind wir noch nicht weit genug. Wer sich ein bisschen damit auskennt: Das geht dann über Assistant Professor und so weiter. Darüber soll im Ausschuss vernünftig gesprochen werden. Dann haben diejenigen eine Perspektive, die Professor werden wollen, und stehen nicht plötzlich mit 42, 43 Jahren auf der Straße. Das wäre ein Lösungsansatz.
Natürlich brauchen wir auch einen dauerhaften akademischen Mittelbau. Den gibt es übrigens auch. Hier steht jemand. Ich bin nicht Professor. Ich bin unbefristet an der Uni beschäftigt. Was für ein Wunder! Nach Ihrem Antrag kann es mich gar nicht geben.
Die Frage ist allerdings: Brauchen wir nicht mehr akademischen Mittelbau, der den erhöhten Lehrbedarf entsprechend abdecken kann, weil wir so viele Bachelor- und Master-Studiengänge haben? Die Frage ist: Wie kriegen wir das organisiert?
Ich komme zum letzten Satz. - Die erste Antwort aus der Großen Koalition war, die Lehrverpflichtung für den Mittelbau zu erhöhen. Das kann auf die Dauer nicht weitergehen. Sicherlich brauchen wir mehr dauerhafte Mittelbaustellen. Aber eine Garantie für jeden, der eine Promotion anfängt, eine Dauerstelle zu bekommen, können und sollten wir nicht abgeben. Das ist auch nicht sachgerecht.
Herr Kollege Dr. Dolgner, das war ein sehr langer letzter Satz. Damit im Protokoll nichts Falsches steht: Wir haben im Landtag keinen Kollegen Rasmussen. Wir haben einen Kollegen Rasmus Andresen. Deshalb gab es eben ein bisschen Bewegung.
(Beifall des Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abgeordneten Dr. Kai Dolgner [SPD]: Er wollte auch Lebhaftigkeit in der Debatte ha- ben!)
Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, begrüßen Sie bitte gemeinsam mit mir Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften der Käthe-Lassen-Gemeinschaftsschule aus Flensburg. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag und einen interessanten Vormittag!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde nachher noch auf das eingehen, Herr Abgeordneter Andresen, was Sie in Bezug auf die Exzellenzinitiative gefragt haben. Gleichwohl stelle ich voran, dass es für die Landesregierung ausgesprochen wichtig ist, ständig zu überprüfen und mit den Hochschulen zu besprechen, wie man die Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen verbessern kann.
Bevor ich gleich zu dem komme, was die Fraktion DIE LINKE vorgeschlagen hat, möchte ich als pauschale Einschätzung sagen, dass es bestimmte Bewegungen gegeben hat. Der TV-L - man hat sich bewusst dagegen entschieden, einen eigenen Tarifvertrag für die Wissenschaft zu machen - sieht Optionen vor, die gesondert für wissenschaftliche Arbeitsverträge genutzt werden können. Dort gibt es die Möglichkeit von Zuschlägen, die es sonst im Tarifvertrag der Länder nicht gibt. Insofern hat es dort ein Stück Bewegung gegeben.
Ich glaube auch, dass sich durch einige Änderungen in den vergangenen Jahren sowohl für die Qualität der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses wie auch für bestimmte Planbarkeiten schon etwas verändert hat. So ist es zum Beispiel
so, dass es durch die Einführung der Juniorprofessur vor einigen Jahren möglich geworden ist, dass diese sich weiter an einer Hochschule qualifizieren, an der sie promoviert haben. Insofern sind bestimmte Best-Practice-Beispiele aus anderen Ländern, gerade auch aus dem angloamerikanischen Raum, durchaus in das deutsche Hochschulwesen eingefügt worden.
Herr Dolgner, ich warne aber ein wenig davor, immer zu glauben, dass man irgendeine Situation in einem anderen Land eins zu eins übersetzen könnte auf das, was man sich wünscht. Der Tenure Track in den USA ist etwas anderes, als Sie hier dargestellt haben. Ich glaube, es gibt kein Land, in dem die wissenschaftlichen Karrieren wettbewerblicher ausgerichtet sind als in den USA. Gerade in den USA bedeutet der Tenure Track eben nicht, dass sie sozusagen im Alter von 30 Jahren die Gewissheit der ewigen Verbeamtung haben. Gerade in den USA müssen Sie sich nämlich von Qualifikationsstufe zu Qualifikationsstufe immer weiter bewerben, und zwar nicht nur allein über die wissenschaftliche Leistung, sondern vor allem auch über die Drittmittelfähigkeit. Insofern warne ich davor, mit bestimmten Begriffen Dinge in Deutschland zu fordern, die nicht sachgerecht sind und auch nicht dem Beispiel aus den anderen Staaten entsprechen.
Herr Minister, sind Sie bereit, mir zuzugestehen, dass ich mitnichten gesagt habe, dass ich eine beamtenähnliche Dauergarantie fordere, sondern eine Perspektive bei entsprechenden Leistungen gefordert habe analog denen in den USA? Perspektive bedeutet keine Garantie. Sind Sie bereit, zuzugestehen, dass das nichts damit zu tun hat, dass in den USA unbefristete Wissenschaftlerstellen gemacht werden, sondern die Fragestellung schlicht und ergreifend ist: Wann kriege ich eine Perspektive, dass ich das erreichen kann, wenn ich entsprechende Leistungen erbringe?
- Der Abgeordnete Habeck hat mir eben empfohlen, mit Ja zu antworten. Das mache ich konditioniert. Ich gestehe es Ihnen zu, verweise aber darauf, dass,
egal, ob Sie es beamtenrechtlich hinterlegen oder nicht, ich den Anspruch, dass jemand, der sich für eine bestimmte akademische Qualifikation interessiert, eine Einstellungsperspektive unabhängig davon, ob er seine Qualifikation erreicht oder nicht, bekommt, für problematisch halte.
- Ich komme jetzt zu dem, was ich weiter ausführen möchte. Ich möchte, dass sich die Rede der Landesregierung nicht allein in einem Dialog widerspiegelt. Wir wollen es mit der Dialogkultur nicht übertreiben.
Deshalb möchte ich auf das eingehen, was die Fraktion DIE LINKE beantragt hat, das auch ein bisschen in diese Richtung geht.
Wenn ich mir das ansehe, stelle ich fest: Es gibt insgesamt neun Forderungen, die erhoben werden, die alle verbunden werden mit den Stichworten: unbefristet, Dauerstellen, Gesamtlaufzeit, Unterbrechung vermeiden, Zeitverträge vermeiden und so weiter. Dann konzediere ich in der Tat, dass das bestimmte Herausforderungen für diejenigen sind, die sich für wissenschaftliche Nachwuchsstellen interessieren. Es ist aber das Wesen einer wissenschaftlichen Nachwuchsstelle, dass sie befristet ist. Ich warne auch davor, in einem frühen Stadium der Qualifikation Dauerstellen einzurichten. Eine Dauerstelle, die über 30, manchmal 40 Jahre vergeben wird, führt nämlich dazu, dass sich andere auf dieser Stelle nicht mehr qualifizieren können. Die schrittweise Qualifizierung ist nun einmal ein Kernelement einer wissenschaftlichen Ausbildung und Qualifizierung. Deshalb würden Sie der Wissenschaft sogar einen Bärendienst erweisen, wenn Sie alle Stellen in Dauerstellen umstellen würden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf das zurückkommen, was Sie, Herr Andresen, hinsichtlich der Exzellenzinitiative gesagt haben. Es stimmt, die Exzellenzinitiative ist einer der wissenschaftlichen Schwerpunkte dieser Landesregierung, aber beileibe nicht der einzige. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Landesregierung besteht auch darin, weitere Forschungseinrichtungen nach SchleswigHolstein zu bekommen, weil es auch das Ergebnis rot-grüner Regierungspolitik in Schleswig-Holstein gewesen ist, dass wir in beklagenswerter Weise mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen unterausgestattet waren.