(Christopher Vogt [FDP]: Sie nicht! - Heinz- Werner Jezewski [DIE LINKE]: Das beru- higt mich ja! - Christopher Vogt [FDP]: Frau Jansen vielleicht, aber Sie nicht! - Heiterkeit bei der FDP)
Lieber Herr Kollege Jezewski, zunächst einmal teile ich die Schlussfolgerungen des Bildungsministers in seinem Papier, das ich - ich gebe das zu; die Sitzung des Koalitionsausschusses ist ja noch ein bisschen hin - wegen anderer Maßgaben noch nicht in seiner völligen Breite gelesen habe. Aber jedenfalls teile ich die Auffassung, dass wir ein bestimmtes Personalangebot zusätzlich brauchen werden, wenn wir zusätzliche Leistungen im System erbringen wollen. Diese Auffassung teile ich. Ich teile die Auffassung, dass Sie für eine Oberstufe an einer Gemeinschaftsschule, wenn Sie sie neu ein
richten wollen, zehn Planstellen brauchen. Ich teile die Auffassung, die er da geschildert hat, dass Sie, wenn Sie an den berufsbildenden Schulen etwas machen wollen, dafür auch mehr Personal brauchen. Welche Konsequenzen wir aus dieser Feststellung ziehen, darüber werden wir diskutieren. Das heißt übrigens nicht, dass er keine Oberstufen an Gemeinschaftsschulen will, sondern das heißt nur, wenn Sie eine einrichten wollen, brauchen Sie für jede Neueinrichtung zehn Planstellen. Sie müssen irgendwie erklären, wo Sie die herholen wollen. So einfach ist Latein.
Um einmal mit den Worten eines berühmten Chefredakteurs zu reden: Fakten, Fakten, Fakten ersparen vielfältige Spekulationen, die man dann zu Tatsachen umdeutet, um darauf aufzubauen, was wir bei der Opposition gerade erlebt haben. Fakten, Fakten, Fakten helfen uns und Ihnen weiter. Insofern, denke ich, werden wir das noch weiter diskutieren. Wir werden das in aller Ruhe und ohne Aufregung tun. Das Vorführen heute - ich sage es noch einmal - ist misslungen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg. Ich bin nicht böse. Ich habe mich gewundert, und wenn der Kollege Kubicki von Inszenierung spricht, ist das hier genauso: Wenn man mit einem Finger auf andere zeigt, zeigen drei Finger den anderen Weg. Ich denke, wir sollten Inszenierungen lassen. Ansonsten habe ich zu Hause auch ein schönes Buch - der Trend zum Zweitbuch ist ja da -, in dem man sich mit Narzissmus in der Politik nach 1945 beschäftigt. Das ist sehr lehrreich, ich denke, ganz viele könnten sich angesprochen fühlen.
Die Sache ist doch so, dass der Bildungsminister dieses Landes vor zwei Tagen der Presse ein Konzept gegeben hat. Wir haben das nicht angefordert,
weder wir vom SSW noch diejenigen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder der SPD. Keiner hat das angefordert. Dass man, wenn so ein Papier vorgelegt wird, sich darüber wundert und fragt, was will er eigentlich, was ist die Botschaft dieser Handlung, darüber kann man sich eigentlich nicht wirklich wundern. Vielleicht sollten wir das einmal festhalten.
Wenn aus der Presse erstens die Aufregung bei dem Koalitionspartner hervorgeht, kann ich das sehr gut verstehen. Menschlich gesehen verstehe ich das allemal, politisch gesehen natürlich auch. Auch die Aufregung der eigenen Koalition verstehe ich. Wenn das jemand von meiner Fraktion gewesen wäre, wäre ich auch sauer gewesen. Das ist ganz klar.
Jetzt liegt dieses Papier vor. Dann ist doch die Frage, wie man als Fraktion mit so einem Papier umgeht. Wir wären doch total unpolitisch, wenn wir nicht darauf reagiert hätten, wenn wir nicht gesagt hätten: Lieber Herr Minister, toll, dass endlich einmal eine Analyse vorliegt! Wir haben darauf gewartet!
Viele Diskussionen im Bildungsausschuss sind so gelaufen, dass herumgestochert worden ist und man keine richtige Antwort bekommen hat. Jetzt liegt eine gute Analyse vor. Mich hat vor allem diese Zahl fasziniert: 453. Das ist keine runde Zahl, sondern genau ausgerechnet. Das fand ich total faszinierend. Darum sagen wir: Gut, da muss was dran sein. Das finden wir gut. Wir wollen das unterstützen. Das machen wir, ohne dass wir jetzt alle Einzelheiten kennen. Wir unterstützen das, weil wenigstens die Bildungspolitiker unter uns wissen, wie die Diskussionen im Bildungsausschuss seit Langem gelaufen sind. Das finden wir also gut.
Jetzt ist die Frage: Warum kommt dieser Bildungsminister gerade jetzt mit diesem Papier? - Sherlock Holmes hätte vielleicht eine Antwort geben können. Wir haben auch eine Antwort gefunden. Man kann natürlich sagen: Ist das jetzt Ausdruck dafür, dass dem Minister alles egal ist? Jetzt lange ich noch einmal ordentlich zu und gebe meinen Freunden in der FDP oder in der CDU noch einmal etwas, worüber sie sich auch ärgern können. Oder hat der Minister über sieben Ecken gedacht und hat gesagt, jetzt lege ich ein Papier vor, dann kann man sehen, dass ich noch etwas tue, dass ich handlungsfähig bin und mir Gedanken mache? Wir wollen dem Minister gern weiterhelfen. Wir finden es gut, wenn er sich Gedanken macht.
Darum sagen wir: Das muss weitergehen. Wir brauchen ein transparentes Verfahren. In diesem Parlament ist das transparente Verfahren nun einmal ein Nachtragshaushalt, damit wir sehen können, woher die Mittel kommen sollen, damit wir auch miteinander diskutieren können, wo eventuell etwas gestrichen werden soll. Also, der Nachtragshaushalt ist notwendig. Er soll nicht kommen, ist uns gesagt worden.
Da fühle ich mich doch wieder an die alte Geschichte mit der Haushaltsstrukturkommission erinnert. Auch das war ja ein Zwitter. Das war nicht Regierungshandeln, das war nicht Fraktionshandeln, das war beides, von allem etwas und dann doch nichts Wirkliches. Wir haben jetzt gerade zu wissen gekriegt: Na ja, eigentlich sollte das Ganze im Koalitionsausschuss diskutiert werden. Gut, hätte man ja machen können. Dann hätte man das aber auch nicht zu veröffentlichen brauchen. Das ist eine Politikeinstellung, lieber Kollege Kubicki, mit der ich große Probleme habe.
Man tut nämlich so, als sei das, was hier läuft, ein Privatladen, als könnte man das so fraktionsintern machen, als gäbe es die Regierung und die sie tragenden Fraktionen, und dann gäbe es noch die anderen, und die kriegen dann mal ein bisschen hingeschmissen, und dann läuft nichts mehr. Das ärgert mich nun wirklich.
Jetzt bin ich wieder bei der Bildungspolitik; da will ich mich nicht weiter aufregen. Das kann man immer schön im Bildungsausschuss machen. Der Kollege Höppner hat natürlich auch recht, wenn er sagt: Hier wird ein Popanz aufgebaut. Hier geht man von einer Statistik aus, die viel älter ist als das jetzige Schulgesetz. Ich kann für uns nur feststellen: Das, was wir in Gesprächen mit Elternvertretern, mit Schülern, mit Kommunalpolitikern erleben, ist diese große Unruhe. Die Verunsicherung ist da, und auch die Irritation darüber, dass die Landesregierung nicht gewillt war, mit dem Schulgesetz weiterzuarbeiten, das nicht einmal zwei Jahre alt war, das nicht einmal evaluiert worden war und das eigentlich sehr gute Möglichkeiten enthält für eine Weiterentwicklung des Schulsystems in diesem Land. Das hat man nicht gewollt. Dass man das nicht gewollt hat, ist ideologisch bestimmt gewesen. Jedes Mal, wenn es im zuständigen Ausschuss darum gegangen ist, wie denn diese Punkte umge
setzt werden sollen, hat es gehakt. Wir haben lange diskutiert über komische Verordnungen, über Sachen, die nicht geregelt worden sind. Man hat einen Beschluss gefasst, aber man hat keine drei Gedanken darüber verloren, wie denn die Umsetzung dieser Beschlüsse sein soll. Das ist doch die Sachlage. Da sollten Sie sich nicht hier hinstellen und so tun, als hätten Sie jetzt die große bildungspolitische Vision für Schleswig-Holstein erfunden.
Vielen Dank. - Für die Fraktion der CDU erteile ich nunmehr der Frau Kollegin Heike Franzen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich nicht noch einmal zu Wort melden. Aber ich glaube, ein paar Dinge müssen hier noch richtiggestellt werden.
Herr Habeck - jetzt ist er gerade hinausgegangen -, von den Grünen ist ein mündlicher Bericht beantragt worden. Der mündliche Bericht ist gegeben worden. Mit den Antworten kann man zufrieden sein oder auch nicht.
- Mit den Antworten, die vom Herrn Minister durchaus gegeben worden sind. Er hat deutlich gemacht, welche Möglichkeiten er sieht, um die Schulen weiterzuentwickeln. Darüber werden wir auch im Koalitionsausschuss reden müssen. Es sind viele Sachen dabei, zu denen man sagen muss, darüber muss man reden. Dann muss man auch gucken, ob das möglich ist oder nicht. Das ist eine Frage, die er auch beantwortet hat; gar keine Frage.
Das andere ist allerdings die Frage, was an den Koalitionsausschuss versandt worden ist. Dazu muss ich sagen: Das ist parteiinterne Post, die gehört nicht hier ins Parlament. Das kann man nicht wirklich erwarten. Aber man kann erwarten, dass das, was beantragt worden ist, geschieht. Das ist der mündliche Bericht, und der ist hier gegeben worden.
Inzwischen ist es natürlich so - und das muss man auch zur Kenntnis nehmen -, dass dieser Brief auch an dpa gegangen ist. Insofern ist er aus meiner Sicht öffentlich, und damit steht auch einer Verum
Das Zweite, was ich gern noch ansprechen möchte, ist: Herr Höppner, Sie haben das Thema Schulsozialarbeit angesprochen und haben bekrittelt, dass es kein Konzept gibt. Ich will gern mal sagen, dass ich das für absolut richtig halte, dass es kein Konzept gibt. Schulsozialarbeit muss sich an den Gegebenheiten der Schulen vor Ort orientieren.
Wir haben an den unterschiedlichen Schulstandorten die unterschiedlichsten Möglichkeiten. Da muss man gucken: Was habe ich für Schülerinnen und Schüler? Was habe ich dort für Probleme? Wie muss ich Schulsozialarbeit an diesen Orten organisieren? Da gibt es unterschiedlichste Rahmenbedingungen. Deswegen ist es auch richtig, dass das Ganze nicht reglementiert wird.
Ich will deutlich machen, warum das so richtig ist. Wir haben in der Großen Koalition gemeinsam gesagt, wir wollen mehr gebundene Ganztagsschulen. Und wir haben gesagt, wir geben das Ganze in ein gefasstes Konzept an die Schulen. Das Konzept war so starr, dass die Schulen das nicht umgesetzt haben. Hätten wir denen an der Stelle mehr Luft gelassen, dann glaube ich, dass wir heute wesentlich mehr gebundene Ganztagsschulen hier in Schleswig-Holstein hätten. Deswegen ist es richtig, nicht immer alles vorzugeben, sondern Gestaltungsfreiheit mit auf den Weg zu geben. Vertrauen wir doch unseren Kommunen und unseren Schulen vor Ort, wenn es darum geht, Schulsozialarbeit zu organisieren!
Ich habe eine Frage zur Schulsozialarbeit. Ich kann Ihnen sogar recht geben, wenn Sie sagen, das muss vor Ort angepasst werden. Aber ist Ihnen bekannt, dass es vielerorts nicht klappt, weil nur befristete Stellen ausgeschrieben werden
können und weil viele Kommunen dann sagen, jetzt warten wir erst einmal ab, was mit den Bundesmitteln geschieht?
Frau Spoorendonk, wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es zwei verschiedene Formen der Finanzierung von Schulsozialarbeit gibt. Die Finanzierung des Landes ist unabhängig von der Finanzierung des Bundes. Das Land hat Geld in die Hand genommen für die Schulsozialarbeit an den Grundschulen. Das hat überhaupt nichts mit der Schulsozialarbeit zu tun, die von der Bundesregierung finanziert worden ist. Da gebe ich Ihnen aber in der Tat recht, und da teile ich die Kritik, und ich will an der Stelle sogar noch einen draufsetzen. Ich kritisiere auch, dass viele Kommunen ihre freiwilligen Aufgaben, die sie bisher aus eigenen Mitteln finanziert haben, eingestellt haben, anstatt die zusätzlichen Mittel zu nutzen, um zusätzliche Schulsozialarbeit auf den Weg zu bringen. Das müssen wir, glaube ich, an der Stelle auseinanderhalten. Ich habe mich auf das bezogen, was die Landesregierung in ihren Haushalt eingestellt hat. Das ist ein Vergabeverfahren. Ich glaube, wir werden in der nächsten Landtagstagung auch einen entsprechenden Bericht dazu bekommen, dann werden wir auch sehen, wie die Lage an den Schulen tatsächlich ist.
Ein Zweites: Lieber Kollege Höppner, Sie haben hier das Abschaffen des Sitzensbleibens gelobt und das als Erfolg angeführt. Ich will einmal deutlich sagen: Das hat nie stattgefunden. Das Abschaffen des Sitzenbleibens hat sich nie durch die Schulen gezogen, weil sie rechtzeitig die Notbremse gezogen haben. Man muss doch einmal deutlich sagen, was Sie angedacht haben: Sie sagen, die Kinder sind elf oder zwölf Jahre in den Schulen gewesen, um dann abzugehen. Das, was mit dem Abschaffen des Sitzensbleibens tatsächlich eingetreten wäre, ist: Sie wären zehn Jahre in den Schulen gewesen, da endet nämlich definitiv die Schulbesuchspflicht. Ich glaube, wir wären den Anforderungen dieser jungen Menschen nicht gerecht geworden, wenn wir komplett auf das Sitzenbleiben verzichtet hätten. Es gibt jetzt die Möglichkeit, auf Antrag der Eltern -