Protocol of the Session on December 18, 2009

Bundesund Landesverkehrsministerium haben auch im Jahr 2008 eine langjährige, allseits tolerierte Praxis angewandt, und zwar mit dem gemeinsamen Ziel, die für den Fernstraßenbau des Bundes vorgesehenen Investitionsmittel im Sinne des Haushaltsgesetzgebers möglichste ohne Rest zweckmäßig auszugeben. Das ist im Jahr 2008 gelungen und in einer Pressemitteilung des Bundesverkehrsministeriums übrigens auch festgestellt worden. Dabei das ist richtig - ist gegen die Bundeshaushaltsordnung verstoßen worden.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das dann doch!)

Das wird aber abgestellt.

Drittens. Die Folgerungen: Wir stellen sicher, dass die Realisierung der dringenden Verkehrsprojekte und der Haushaltsvollzug künftig jederzeit synchron laufen. Dazu dienen folgende Maßnahmen: Die Straßenbauverwaltung des Landes SchleswigHolstein vergibt nur noch Aufträge, nachdem deren finanzielle Deckung definitiv gesichert ist. Im monatlichen Abstand gleicht das Landesverkehrsministerium den Haushaltsvollzug mit dem Bundesverkehrsministerium ab.

Um gleichzeitig die Chance zu nutzen, in anderen Ländern nicht verbrauchte Mittel nach SchleswigHolstein zu holen, haben wir erstens den Bund aufgefordert, ein Verfahren zu entwickeln, das bautechnisch praktikabel und gleichzeitig haushaltsrechtlich korrekt ist, und zweitens haben wir die Möglichkeiten zur Vorfinanzierung von Auftragsspitzen verbessert, indem wir den Landes-Swing auf 20 Millionen € erhöht und für vier Monate eines jeden Jahres verfügbar gemacht haben.

Damit dürfte ich zufriedenstellend die Punkte aus dem Berichtsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantwortet haben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Zufriedenstel- lend?)

- Zufriedenheit ist Ihnen nicht eigen, das ist mir klar.

Ich fasse noch einmal zusammen: Das Landesverkehrsministerium bemüht sich erfolgreich, den notwendigen Fernstraßenbau in Schleswig-Holstein voranzutreiben. Dabei schoss man im Jahr 2008 über das Ziel hinaus, was in der Tat zu Störungen im Haushaltsvollzug führte. Ich habe Vorkehrungen getroffen, damit sich die Fehler nicht wiederho

len. Ich lade Sie übrigens alle sehr herzlich zur Eröffnung des Teilstücks der A 20 am kommenden Montag ein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Andreas Tietze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich weise gleichzeitig darauf hin, dass der Herr Minister seine Redezeit um zwei Minuten und 30 Sekunden überzogen hat. Diese Zeit steht jetzt jeder Fraktion zusätzlich zur Verfügung.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister de Jager, Sie haben gefragt, ob es zufriedenstellend war. Ich fand es enttäuschend. Kein Wort von Selbstkritik,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

kein Wort von dem, was im Bericht des Bundesrechnungshofs erwähnt wird. Sie haben das gekonnt heruntergespielt. Sie treten hier ja als Krisenmanager der Regierung auf. In diesem Fall, muss ich sagen, haben Sie leider versagt. Das, was Sie gesagt haben, was Sie hier vorgetragen haben, entspricht in keiner Weise den Fakten, die wir im Bericht des Bundesrechnungshofs lesen konnten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, wer diese zwei Seiten zu Gesicht bekommen hat, dem sind wirklich die Gesichtsfalten entglitten. Ich möchte das deutlich machen: Es steht darin, es geht um Betrugsvorwürfe im Straßenbau. Betrugsvorwürfe! Die hat nicht irgendjemand aufgestellt, sondern die Institution, die wir dafür vorgesehen haben, nämlich der Bundesrechnungshof, der ein Pendant ist, auch nachzuweisen, wenn - jetzt gehe ich davon aus, dass Sie das wissen - im Regierungshandeln schwerwiegende Verstöße auftreten. Genau darüber redet der Rechnungshof. Es geht um schwerwiegende Verstöße. Die Haushaltsvorschriften des Bundes und das Vergaberecht lassen keine Vergabe öffentlicher Aufträge zu, für die Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Das ist das kleine Einmaleins im Haushaltsrecht. Das sollten Sie eigentlich kennen, Herr Kubicki.

(Minister Jost de Jager)

Verantwortlich für diese Geschichte ist das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr und oberste Straßenbehörde. Es war doch der Kollege Austermann, der die Tricks und Schlichen des Haushaltsrechtes kannte und das Ministerium nach dem Motto übernommen hat: Jetzt wollen wir doch mal sehen, dass Schleswig-Holstein mal ein bisschen mehr Geld bekommt.

(Beifall bei der CDU)

Das ist Vorsatz; da können Sie sich nicht rausreden, meine Damen und Herren.

Aber der Bundesrechnungshof spricht von einem Betrugsverhalten. Rechnungen der Bauwirtschaft wurden nicht beglichen. Die Gläubiger sind in der Regel mittelständische Betriebe, für die Sie, Herr Kubicki, ja so eintreten, für die Sie sogar extra einen Beauftragten abstellen wollen. Diese mittelständischen Betriebe werden durch diese Art von Politik in die Insolvenz getrieben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Wenn es ganz dumm kommt, wenn das Land die Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, ist Leidtragender nicht das Land, sondern Leidtragende sind die Betriebe, die sich bereits mit Material eingedeckt haben und die diese Maßnahmen durchführen wollen. Das ist ja wohl das Gegenteil von Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Land hat billigend in Kauf genommen, dass beteiligte Baufirmen sich gutgläubig auf die finanzielle Potenz der Landesregierung verlassen haben, und anschließend sind sie in die Pleite gegangen. Das ist nicht nur unanständig, ich finde das fast kriminell.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN - Zuruf des Abgeord- neten Günther Hildebrand [FDP] - Weitere Zurufe)

- Auch wenn Sie sich jetzt so künstlich aufregen, lesen Sie den Bericht des Bundesrechnungshofs. Da steht, dass eine Straßenbaubehörde bereits Ende Februar nur noch 110.000 € freie Bundesmittel hatte und dennoch einen Bauvertrag über 7,2 Millionen € abschloss. Das erklären Sie mir mal. Als die Behörde im August fällige Abschlagszahlungen erwartungsgemäß nicht bezahlte, kündigte das Bauunternehmen den Bauvertrag. Erst nach Zahlung der Rechnung im Oktober 2008 wurde sozusagen eine Schadenssumme von 2,2 Millionen € deutlich. Das ist doch Betrug, das ist kriminell, finde ich. Das ist

Betrug. Hier spielt man mit den wirtschaftlichen Kompetenzen, und das kann nicht angehen.

Die Regierung ist gewählt worden und hat die Verpflichtung, Schaden vom Land fernzuhalten. Doch das Ministerium hat genau das Gegenteil getan. Man muss sich ja mal fragen: Wie viel wusste eigentlich wer? Was wussten die Staatssekretäre? Was wussten die Minister? Was wusste der Ministerpräsident?

Wir fragen uns auch - dazu würden wir gern etwas hören, aber dazu hat Herr de Jager leider nichts gesagt -: Sind Beamte des Landes wissentlich dazu angestiftet worden, Recht zu brechen? Sind Beamte dazu angestiftet worden?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Der Bundesrechnungshof schreibt in seinem Bericht von vorsätzlichen Dienstpflichtverfehlungen. Ich frage mich: Beamten haben nach dem Beamtenrecht, § 36, die Remonstrationspflicht. Ist das aktenkundig? Hat ein Beamter Ihrer Landesverwaltung gesagt: Nein, da mache ich nicht mit? Das würden wir gern wissen. Dazu haben Sie nichts gesagt.

Aus Sicht des Bundesrechnungshofes „ist das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Haushaltsverzuges in der Straßenbauverwaltung des Landes … nachhaltig beeinträchtigt“. Jetzt empfiehlt der Bundesrechnungshof, im Zuge der Bundesaufsicht der Landesregierung einen Beauftragten zur Seite zu stellen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aber einen richti- gen Beauftragten!)

Das ist doch ein Armutszeugnis. Wird jetzt der Herr Ministerpräsident Carstensen zukünftig von Berlin aus beaufsichtigt? Vielleicht übernimmt das ja Frau Merkel direkt. Jedenfalls können Sie sich dann die weiten Wege zu den Adventssonntagen nach Berlin sparen, wenn sie gleich mitregiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, denken Sie an Ihre Redezeit!

Ich möchte auch noch einmal deutlich machen: Was sollen eigentlich die Bürgerinnen und Bürger denken, die bereits bei Kleinigkeiten und Rechtsverstößen mit Maßnahmen der Verwaltung zu rech

(Andreas Tietze)

nen haben? Mit welchem Maß wird hier eigentlich gemessen? Mit welchem Maß messen Sie hier eigentlich Recht?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anstatt Licht in das Dunkel dieser Sache zu bringen, Herr de Jager, haben Sie sehr kunstvoll versucht, die Sache herunterzuspielen. Ein echter Bericht, der den Landtag auch entsprechend ernst nimmt, hat nicht vorgelegen. Ich erwarte, dass Sie sich zu diesen Fragen noch einmal äußern. Jedenfalls haben wir dazu nichts gehört.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Jetzt kommt der an- dere Beauftragte! - Unruhe)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat der Abgeordnete Hans-Jörn Arp!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tietze, Sie haben eben Ungeheuerliches behauptet. Ich fordere Sie auf: Beweisen Sie, welches Unternehmen kein Geld bekommen hat oder welchem Unternehmen Schaden zugefügt wurde. Das wollen wir von Ihnen wissen.

(Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das wollen wir von Ihnen wissen!)