Protocol of the Session on December 18, 2009

den. Die daran Beteiligten und Betroffenen werden sich erinnern. Herr Callsen hat ja sogar die CDUMeinung zumindest in der Diskussion hier unverändert wiedergegeben. Alle anderen können die Diskussion nachlesen.

Lars Harms hat die Begründung gegeben. Wenn man ihr zugehört hat, und wenn man aus dem Landesteil Schleswig kommt, dann ist dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Jetzt könnte ich mich umdrehen und gehen und sagen, vielen Dank, oder ich könnte die Begründung noch einmal vortragen. Das will ich aber nicht. Ich will auf einige andere Aspekte eingehen.

Auch nach ganz vielen Jahren EU und nach ebenso vielen Jahren erfolgreicher und konstruktiver deutsch-dänischer Zusammenarbeit leidet der Landesteil Schleswig immer noch unter seiner Grenzlage. Man muss sich das vorstellen: Eine Region mitten in Europa, die unter ihrer Grenzlage leidet! Irgendetwas machen wir da verkehrt. Ich will da gar nicht mit Schuldvorwürfen aufwarten. Verantwortung für solche Entwicklungen ist nicht in Legislaturperioden zu messen. Das Leiden, Herr Kollege, bezieht sich auch nicht grundsätzlich auf das Leben in der Region. Natürlich haben wir auch ganz viele Vorteile. Aber die Grenzlage ist auch noch ein Punkt, unter dem die Region leidet; eindeutig.

Ich will - wie gesagt - gar keine Schuldvorwürfe verteilen. Ich will aber die derzeitige Landesregierung daran erinnern, dass es ihre Aufgabe sein muss, diese Missstände zu verbessern und abzuschaffen. Wenn wir uns die Infrastruktur und deren Weiterentwicklung im Norden anschauen, dann stoßen wir ganz schnell auf Gründe für die Besonderheiten dieses Landesteils.

Ich will einfach mal ein Beispiel bringen, nämlich die sogenannte Beton- oder Panzerstraße. Die beiden volkstümlichen Namen sagen schon, wofür diese Straße einst gebaut wurde und wie sie gebaut wurde: In Beton, damit die Panzer der Bundeswehr dort längs fahren konnten. Im Laufe der Jahrzehnte verfiel die Straße immer mehr, sodass Reisende, die von Ost nach West oder von West nach Ost wollten, zuletzt meistens auf bessere Straßen wenige Kilometer nördlich der Grenze auswichen. Die Tatsache, dass diese Ausweichstraßen in Dänemark lagen, hat dabei überhaupt niemanden interessiert. Ich will nicht falsch verstanden werden, die Straße ist für die Menschen in Nordfriesland und in Schleswig-Flensburg wichtig. Dass sie jetzt saniert werden soll, ist lange überfällig, auch wenn die Art

der Sanierung als ÖPP-Projekt natürlich völlig falsch ist.

Natürlich brauchen wir eine Infrastruktur wenige Kilometer nördlich der Grenze und gespiegelt wenige Kilometer südlich der Grenze gleich wieder. Oder lassen sich hier grenzüberschreitend gemeinsam Einspareffekte verwirklichen, indem der eine Nachbar dieses Projekt ein wenig kleiner gestaltet und der andere dafür jenes?

Ich denke, dieses Beispiel macht die Notwendigkeit deutlich, die Infrastrukturentwicklung grenzüberschreitend zu betrachten, und zwar nicht nur die Infrastruktur, die auch die Grenze überschreitet.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer aber jetzt, wie die Regierungsparteien in der letzten Wahlperiode, meint, man könne in den Diskussionen allein auf Entscheidungsträgerkompetenz setzen und brauche die Betroffenen nicht, hängt im Politikverständnis der 60er-Jahre fest.

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Wer sehen will, wie vor allem grenzüberschreitend Politik modern gestaltet wird, der soll nach Nordfriesland, nach Schleswig-Flensburg oder nach Flensburg fahren. Überall dort werden in Beiräten oder Regionen oder Regionalversammlungen mit den Betroffenen zusammen die Probleme vor Ort effektiv und meistens ohne großen Lärm gelöst, oder es wird an diesen Problemen gearbeitet.

Man muss sich einmal anschauen, was auf die Region zukommt. Die Kommune Sonderburg hat sich um den Titel der nächsten europäischen Kulturhauptstadt beworben. Die Sonderburger haben - das ist das Schöne daran - von Anfang an auf die Region gesetzt. Die binden nicht nur die Region Süddänemark ein, sondern die wollen auch die Regionen Flensburg, Schleswig-Flensburg und Nordfriesland mit einbinden. Wer glaubt, ein solches Projekt europäische Kulturhauptstadt sei ohne entscheidende Entwicklung der Infrastruktur zu verwirklichen, der träumt. Wir wollen diese moderne Art von Politik, an der Beteiligte aus allen Bereichen mitarbeiten, auch in der Infrastrukturentwicklung. Deswegen unterstützen wir den Antrag des SSW.

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat sich zunächst der Abgeordnete Rasmus Andresen gemeldet.

(Heinz-Werner Jezewski)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Tietze hat eben schon gut ausgeführt, warum wir Grünen noch einige Bauchschmerzen mit den beiden vorliegenden Anträgen haben. Ich möchte aus regionaler Perspektive - ich komme ja aus Flensburg, bin dort aufgewachsen - noch ein paar Aspekte in die Debatte einbringen, weil ich auch glaube, lieber Lars Harms, dass dann, wenn der Antrag noch einmal an den Ausschuss geht, wirklich noch ein paar Aspekte mit hineinkommen können. Sie haben ja selbst gesagt, dass man das ruhig für PRO BAHN öffnen könnte. So steht das aber leider noch nicht im Antrag. Wenn wir so etwas durch die Ausschussarbeit noch hineinbekommen würden, dann, glaube ich, stünden auch wir Grünen dem ein bisschen positiver gegenüber.

Aber man muss sich schon mal die Debatte anschauen, man muss auch sehen, wie die Debatte in Dänemark geführt wird. Diese Debatte in Dänemark wird gerade auch durch die bürgerliche Regierung, die wir leider auch da haben, vor allem über Straßenbau und weniger über Schienenprojekte geführt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Die Schienenaspekte gibt es in der Debatte, aber sie werden von den Sozialdemokraten, von SF und anderen Oppositionsparteien eingebracht und eben nicht von der dänischen Regierung. Das aber sind die im Endeffekt handelnden Akteure.

In der Grenzregion gibt es noch eine ganz andere Sache. Das ist das Projekt Klimapakt. Da beteiligen sich Sønderborg auf der einen Seite, Flensburg auf der anderen Seite. Gerade aus diesen Gründen sollte man sich überlegen, ob man wieder nur einseitig auf Straßenbau setzt oder etwas für den Schienenausbau tun will, nicht nur im Personen-, sondern auch im Güterverkehr.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Wenn man sich - der letzte Punkt - einmal die Verbindungen in der Grenzregion anguckt, stellt man fest, dass sie gerade aus Zugfahrerperspektive ziemlich katastrophal sind. Man kommt nur alle zwei Stunden von Flensburg nach Padborg. Das ist zehn Minuten entfernt. Dann muss man in einen Zug umsteigen, der dann, nach einem weiteren Umsteigen, nach über vier Stunden in Kopenhagen und

in etwas kürzerer Zeit in Århus ist. Das ist katastrophal. Diese Zeit wird jetzt noch einmal verlängert. Die Bahnpreise sind teuer.

All diese Aspekte müssen in die Arbeit der Kommission einfließen. Deswegen ist eine Öffnung der Kommission wichtig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Nun erteile ich gern dem Herrn Abgeordneten Lars Harms zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal hat man das Gefühl, dass hier aus Schlüsselreizgründen oder so etwas immer wieder Jamaica gebildet werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es geht nicht darum, jetzt konkret festzuschreiben, womöglich welche Organisationen oder welche Personen vertreten sein sollen. Ich habe ein paar Vorschläge gemacht, um deutlich zu machen, dass es darum geht, nicht nur Straßenverkehrsprojekte, sondern auch Bahnprojekte zu machen. Dann ist PRO BAHN beispielsweise einer der Partner, die man unbedingt mitnehmen sollte. Es geht hier nicht um eine Autobahnlobbyismusgeschichte. Die B 5 will übrigens auch kein Mensch zur Autobahn ausbauen - außer vielleicht ein paar einzelnen Personen mit einem bestimmten Parteibuch, aber bestimmt nicht Leute, die in der Sozialdemokratie, beim SSW, bei den Grünen oder bei den Linken bei uns beheimatet sind. Die weit überwiegende Mehrheit möchte die B 5 ausbauen und möchte, dass dieses Projekt endlich vorangetrieben wird, dass da überhaupt einmal etwas passiert.

(Beifall bei SPD und SSW)

Über dieses Thema reden wir an der Westküste seit 30 Jahren. Das ist eigentlich nichts, was auszuhalten ist.

Wir sind jetzt in einer Diskussion, die europäisch geprägt ist. Da haben wir das Problem, dass Planungen jeweils an der Grenze aufhören. Die Dänen möchten ihre Schienenverkehrsverbindungen ausbauen und tun dies auch gern, wenn wir das im Süden auch machen. Das sollte man miteinander verbinden. Wir Deutschen haben Nachholbedarf bei

den Autobahnen. Den haben die Dänen nicht, weil deren Autobahnen inzwischen ausgebaut sind. Das muss miteinander kombiniert werden. Das ist das Anliegen unseres Antrags.

Herr Kollege Harms, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Tietze?

Ja, mache ich. Klar.

(Anita Klahn [FDP]: Er kriegt kein Mikro! - Zuruf von der CDU: Das ist immer derselbe Knopf!)

Jetzt funktioniert es. - Verehrter Herr Kollege Harms, ist Ihnen bekannt, dass auf dänischer Seite derzeit drei Varianten der Autobahn Esbjerg diskutiert werden und schon ein erheblicher Druck besteht zu wissen, ob wir auf deutscher Seite die B 5 zur Autobahn ausbauen? Wenn nämlich diese Variante nicht infrage kommt, gibt es andere Varianten. Dadurch entsteht ein erheblicher Druck gerade auf dänischer Seite in Richtung Westküstenausbau, Westküstenautobahn.

- Lieber Kollege Tietze, mir ist bekannt, dass man in Dänemark gern die Ost-West-Verbindung ausbauen will und dass sie Autobahnstandard haben soll. Die dänische Seite ist sich aber im Klaren darüber, dass es auf deutscher Seite an der Westküste keine Autoahnausbauten geben wird, sondern maximal daran zu denken ist, dass die B 5 dreispurig ausgebaut wird. Das begrüßt man auf dänischer Seite sehr und hofft, dass wir endlich einmal damit anfangen. Es ist immer noch Inhalt unseres Antrags, dass man damit einmal beginnt. In Dänemark weiß man aber auch, dass eine Autobahn bei uns nicht kommen wird.

Ich möchte gern mit meiner kleinen Rede weitermachen, obwohl meine Zeit schon fast abgelaufen ist und ich noch gar nichts gesagt habe.

Die Staatssekretärsrunde aus Kopenhagen und aus Berlin, bei der Schleswig-Holstein am Katzentisch sitzt, ist gebildet worden, weil man gesagt hat, man müsse jetzt Fehmarnbelt umsetzen. Das ist auch okay. Das kann man machen. Da stehen wir in der Grenzregion aber nicht im Fokus. Uns geht es um die Regionsbeteiligung. Die Region Syddanmark ist draußen vor, weil sie nicht dafür zuständig ist. Die Region ist nicht mehr für Verkehr zustän

dig; sie ist für Krankenhäuser zuständig. Es gibt einen regionalen Zusammenschluss Udviklingsråd Sønderjylland, wo Wirtschaft, Gewerkschaften und ähnliche gesellschaftliche Gruppen involviert sind, die mitmachen wollen und auch Initiator des Ganzen sind. Auf unserer Seite sind es Gewerkschaften, Wirtschaft, IHK und andere relevante Gruppen, die daran teilnehmen möchten und die möchten, dass Projekte umgesetzt werden. Das ist unser großes Problem.

Wir haben mit grenzüberschreitenden Kommissionen durchaus gute Erfahrungen gemacht. Es gab einmal Herrn Franz Thönnes und Herrn Kim Andersen von dänischer Seite, die sich um den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt gekümmert haben. Probleme, die über Jahrzehnte nicht gelöst werden konnten, haben diese beiden Personen unter Einbezug der gesellschaftlichen Gruppen, die involviert waren, innerhalb eines Jahres zum großen Teil geregelt. Das ist das große Vorbild für eine solche Infrastrukturkommission.

(Beifall bei SSW und SPD)

Deshalb ist man auf diese Idee gekommen. Deshalb glauben wir als SSW, dass es dringend notwendig ist, dieses Modell zu kopieren und für wirtschaftsrelevante grenzüberschreitende Verkehrsverbindungen zu nutzen.

Wir sind mit dem Antrag von CDU und FDP überhaupt nicht zufrieden. Darin ist wirklich nichts für die Zukunft zu sehen. Wir bitten deshalb, über beide Anträge alternativ abzustimmen. Wir bitten darum, dies heute zu tun. Die Diskussion im Ausschuss haben wir schon in der letzten Wahlperiode geführt. Es macht keinen Sinn, noch einmal darüber zu reden. Wir sollten heute in alternativer Abstimmung darüber abstimmen.

(Beifall beim SSW)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke für die Gelegenheit, für die Landesregierung etwas zu der Debatte sagen und Sie darüber informieren zu können, wie weit Schleswig-Holstein und Dänemark in der Zusammenarbeit, auch was Verkehrsprojekte anbelangt, schon sind, und die

(Lars Harms)

Gelegenheit zu haben, in meinem Beitrag etwas über die verkehrlichen Bedarfe und die Handlungsbedarfe zu sagen.