Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir hörten, dass CDU und FDP dieses Denkmalschutz-Abbaugesetz als ersten Tagesordnungspunkt für Mittwoch, 10 Uhr, setzen
wollten, dachten wir schon, Sie hätten das Wort „Denk-mal“ als Imperativ verstanden und noch einmal nachgedacht. Aber leider ist das Gegenteil der Fall. Es ist bei Ihnen wie immer: Sie halten gerade das für eine besondere Leistung und brüsten sich für etwas, worüber man in der ganzen Republik den Kopf schüttelt. Das ist die Lage.
Ob beim Glücksspielgesetz, beim Sparkassengesetz, bei der Minderheitenpolitik oder jetzt beim Denkmalschutz-Abbaugesetz: Sie tun wirklich alles dafür, das Ansehen unseres schönen Landes zu schädigen,
Auch wenn Sie nach den Ausschussberatungen einige der gröbsten Unsinnigkeiten wieder zurücknehmen mussten, so bleibt das, was Sie vorlegen, ein Schutzgesetz für einzelwirtschaftliche Interessen gegen die Belange des Denkmalschutzes, eben ein Denkmalschutz-Abbaugesetz. Lobbyinteresse vor Landesinteresse, das ist das Credo Ihrer Politik.
Immer wieder konzentriert sich Ihr Handeln darauf, lästige Stolpersteine für einzelne Klientelgruppen aus dem Weg zu räumen.
Warum nur bleiben Sie beim sogenannten konstitutiven Verfahren, statt wie 14 andere Länder zum deklatorischen Verfahren überzugehen? - Wenn das keine Geisterfahrerlogik ist, dann weiß ich es nicht. Warum nur halten Sie an Ihrem § 6 fest, der in der Anhörung fast einhellig verrissen worden ist? - Einseitig die wirtschaftlichen Interessen vor den Denkmalschutz zu stellen, das ist kein Denkmalschutz mehr, der diesen Namen verdient.
Warum nur streichen Sie den bisherigen § 22 mit der Möglichkeit, die wirtschaftliche Nutzung von Grundstücken mit eingetragenen Kulturdenkmälern ganz oder teilweise auf die bisher ausgeübte Nutzung zu beschränken? - Das ist, wie es der Denkmalrat sagt, „für die Erhaltung der Kulturlandschaft eine mittlere Katastrophe“. Und das alles nur, um einem kleinen Teil der Grundbesitzer eine Weihnachtsfreude zu machen. Glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren von der FDP, dass Sie das über die 3 % bringt, wenn Sie solche Geschenke verteilen?
Diese Selbstherrlichkeit Ihrer permanenten Sonderwege zeigt sich auch in § 5 Absatz 2, wo Sie immer noch Ihren Ministervorbehalt haben. Immerhin: Das durch nichts begründbare Stichdatum 1950 ist weg. Stattdessen haben wir die 65 nun quasi als „Rentenalter“ für Denkmale plus Einvernehmensklausel. Was passiert aber, wenn Ministerium und Landesamt unterschiedlicher Auffassung sind? - Seine Majestät, Herr Minister Dr. Klug, war ja schon verstimmt, als der Chef der Denkmalschutzbehörde aus purer Unbotmäßigkeit und - horribile auditu - sogar öffentlich fachliche Einwände vorgetragen hat.
Was bleibt, ist Unklarheit. Lassen Sie mich die Kuriosität dieser Regelung an einem Beispiel - das ist ein gegriffenes Beispiel, ich gebe es zu - einmal darstellen. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe den Vorschlag, unseren geschätzten Herrn Ministerpräsidenten als Kulturdenkmal unter Schutz zu stellen. Heute noch könnte der Herr Minister dagegen sein Veto einlegen, quasi als Rache gegen die Abreibung der FDP im Koalitionsausschuss von vorgestern. Ab dem 12. März nächsten Jahres - da wird das Denkmal 65 - ginge das dann schon nicht mehr. Ein einziges Jahr oder vielleicht ein einziger Tag soll also wirklich über die Denkmalqualität entscheiden? - Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Das ist Kulturverständnis von vorgestern. Alles was neu ist, ist aus Ihrer Sicht kulturell nicht relevant.
Wenn man sich dann die Begrifflichkeiten wie „Denkmalwert“ und „wesentliche Sichtachsen“ und andere Dinge anschaut, dann weiß man, dass nur die Verwaltungsgerichte mit dem, was Sie tun, viel Arbeit bekommen werden.
Von Mark Twain stammt der Rat, man solle den Gegner nicht schlechter machen, als er ohnehin ist. Sie haben - das will ich zugeben - in Ihrem Gesetz immerhin ein paar Verbesserungen vorgenommen. Trotzdem bleibt dieser Gesetzentwurf Murks, inhaltlich wie technisch.
Nun weiß ich ja, Sie hören nie auf die Opposition, aber ignorieren Sie doch wenigstens nicht das, was der Denkmalrat Ihnen sagt. Wir glauben, man könnte wirklich noch einmal eine Ausschussberatung und eine anschließende dritte Lesung vornehmen. Darin haben wir inzwischen Übung. Besser aber noch, Meine Damen und Herren von der Union, stimmen Sie doch für unseren Entwurf, der schon einmal gemeinsame Grundlage von SPD und CDU war. Es wäre doch kurz vor Weihnachten ein
Zeichen der Hoffnung, dass die menschliche Vernunft grenzenlos sein kann. Wäre es nicht wahrhaft friedensstiftend, wenn Sie solche Vernunft an den Tag legen würden?
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Wann ist denn Karneval in Marne? Da kommen wir gern hin!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Tag, an dem die langjährige kontroverse Diskussion um die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes ein Ende findet. Immer, wenn es um die Abwägung verschiedener Interessen geht, wie hier um den Erhalt von Kulturgütern, um die Interessen der Eigentümer und der Klimaziele, so ist der Weg für Diskussionen vorgezeichnet. Das erlebte die Große Koalition, und so war es nicht anders bei unserem Novellierungsvorhaben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen von CDU und FDP haben einen Weg gefunden, das Denkmalschutzgesetz aus den 50er-Jahren in die Moderne zu holen und einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen zu finden.
Die Novellierung entspricht den modernen Anforderungen eines Denkmalschutzgesetzes, zum einen mit der Aufnahme der Konvention der UNESCO. Zum anderen muss es den heutigen Belangen der Eigentümer, den Klimazielen und den Anforderungen der Menschen mit Behinderung entsprechen. Es ist ein modernes, bürgerfreundliches, transparentes und ausgewogenes Denkmalschutzgesetz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Novellierung ist aus verschiedenen Gründen notwendig geworden. Sie ist notwendig geworden, damit nach den UNESCO-Konventionen die bisherigen Weltkulturerbestätten den für sie nötigen Schutz behalten und damit die Bewerbung von neuen Stätten wie beispielsweise im kommenden Jahr von Haithabu und Danewerk Aussicht auf Erfolg haben werden. Dazu braucht es ein modernes Denkmalschutzgesetz.
Dies haben wir durch die Aufnahme der UNESCO-Richtlinien ins Gesetz umgesetzt sowie durch die erstmalige Einführung eines Straftatbestandes in das Gesetz, der das gezielte Suchen von Schätzen in Grabungsschutzgebieten unter Strafe stellt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beibehaltung des konstitutiven Verfahrens, das von Anfang an die Möglichkeit eröffnet, eine Unterschutzstellung im Dialog zwischen der Denkmalschutzbehörde und den Eigentümern zu ermöglichen, sodass nicht sofort der Weg zum Gericht erforderlich ist. Man darf nicht vergessen, dass das deklaratorische Verfahren kein Widerspruchsverfahren vorsieht, also keinen Dialog zwischen der Behörde und dem Eigentümer.
Im Falle der Beanstandung bleibt wirklich nur der Weg zum Gericht, der mit einem langwierigen Prozess verbunden ist. Das konstitutive Verfahren hat sich in Schleswig-Holstein bewährt. Für die Gartenund Parkanlagen soll es zukünftig gelten.
Des Weiteren bleiben auch die anerkannte Differenzierung zwischen einfachen und besonderen Kulturdenkmalen sowie die in § 7 Absatz 1 Nummer 1 beschriebenen Genehmigungstatbestände. In diesem Zusammenhang soll das Gesetz auch weiterhin nach der gängigen Rechtspraxis angewendet werden. Allerdings kommt es jetzt durch den neuen Absatz 2 zu einer gebundenen Rechtsfolge. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Denkmalwert nicht erheblich beeinträchtigt wird.
Die Einführung des Begriffs „Denkmalwert“ ist keine Erfindung dieser Koalition. Es gibt hierzu nicht nur eine eindeutige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig aus dem Jahr 2007, womit der Begriff eingeführt und definiert worden ist. Der Begriff des Denkmalwertes findet sich auch in Denkmalschutzgesetzen anderer Länder.
Da der Begriff „Denkmalwert“ seine Legaldefinition in § 1 des Gesetzes erhält, habe ich - ehrlich gesagt - die Behauptung nicht verstanden, wir würden damit einen neuen und unbestimmten Rechtsbegriff einführen, den die Gerichte erst einmal für sich definieren und einführen müssen. Der Begriff ist weder für die schleswig-holsteinischen Gerichte noch für ein Denkmalschutzgesetz neu.
Eine weitere Neuerung bezieht sich auf die transparente Prüfung der wirtschaftlichen Belange. Viele Eigentümer sind stolz auf ihr Kulturdenkmal und wollen es auch erhalten. Dies muss ihnen aber auch
finanziell möglich sein. Solch eine transparente Prüfung im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit erleichtert zukünftig - davon bin ich überzeugt - auch den Umgang von Eigentümern mit der Behörde und umgekehrt.
Eine weitere Neuerung stellt die Einführung eines zeitlich-dynamischen Zustimmungsvorbehalts von 65 Jahren der obersten Denkmalschutzbehörde dar. Da in den vergangenen Jahren vermehrt Gebäude der 50er-, 60er- und 70er-Jahre unter Schutz gestellt worden sind und dies oft auf den Widerstand der Betroffenen gestoßen ist, soll die Einführung eines Zustimmungsvorbehalts der obersten Denkmalschutzbehörde gewährleisten, dass eine größere Transparenz der Entscheidung sowie eine größere Akzeptanz bei den Eigentümern und anderen Beteiligten herbeigeführt werden.
Speziell bei den Nachkriegsbauten bedarf es aus unserer Sicht einer genauen Abwägung zwischen der Unterschutzstellung, dem Erhalt von Kulturgütern und den Anforderungen von Energieeffizienz, Arbeitsschutz, Brand- und Gesundheitsschutz von Bürgerinnen und Bürgern, die in den Gebäuden einund ausgehen beziehungsweise in diesen wohnen.
Da das Gesetz nicht bloß für die kommenden zehn Jahre Gültigkeit haben soll, haben wir uns für eine dynamische Zeitregelung entschlossen. Entgegen aller emotionalen Behauptungen und Unterstellungen im ganzen Verfahren ist dies ein modernes Gesetz, das den Erhalt der Kulturgüter unseres Landes gewährleistet sowie die Interessen von Eigentümern wahrt.
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Robert Habeck.
Guten Morgen, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Die Legislatur war noch nicht besonders alt, da hatte ich eine Podiumsdiskussion mit Herrn Kubicki über Denkmalschutz. Die Legislatur wird nicht mehr besonders alt, da haben wir die gleiche Diskussion noch einmal. In der Zwischenzeit hat sich wenig geändert. Herr Kubicki hat damals weniger über Denkmalschutz gesprochen als über seine Haltung zum Denkmalschutz. Heute behandeln
Tatsächlich handelt es sich um einen FDP-Gesetzentwurf, dem die CDU zustimmt. Wenn man Herrn Wengler genau zugehört hat, konnte man die Bruchlinien der Koalition an dieser Stelle genau sehen.
Wenn es nicht so tragisch wäre, dann könnte man in diesem Fall sagen: Aus der Koalition des Aufbruchs ist eine Koalition des Abbruchs geworden. Im Bereich des Denkmalschutzes ist dies aber wirklich traurig.