Zurück zu den Sparkassen! Es gibt jetzt zwei sehr unangenehme Tendenzen in der Sparkassenlandschaft. Die erste ist, dass der Wegfall der Garantien zu einer rasch wachsenden Entfremdung der Sparkassen von ihren kommunalen Trägern führt. Die Sparkassen müssen politische Beeinflussungen zurückweisen, wenn die einflussnehmende Stelle für ihre politischen Entscheidungen nicht mehr haftet. Dadurch wird aber leider die Privatisierungstendenz weiter gestärkt, denn so verlieren auch die Kommunen das Interesse an ihren Sparkassen und denken in der Folge über Privatisierungen nach. Das wird durch die finanzielle Notlage vieler Kommunen noch einmal befeuert, die sich durch Verkäufe vorübergehende Haushaltsentlastungen versprechen könnten. Ich sage Ihnen: Das sind nur vorübergehende Entlastungen.
Zweitens haben wir bereits in der Debatte über das Sparkassengesetz argumentiert, dass weitere europäische Eingriffe drohen. Das im Sparkassengesetz ausgewiesene Trägerkapital ist ein Einfallstor für eine über die europäische Ebene erzwungene Privatisierung von Sparkassen, da ein Verkaufsverbot nun gegen die Kapitalverkehrsfreiheit in der EU verstößt beziehungsweise verstoßen könnte, Herr Kubicki.
Drittens sehen wir das Problem der Eigenkapitalvorschriften nach Basel III, denn das Problem, das in den ersten beiden Tendenzen schon jetzt sichtbar geworden ist, ist das folgende: Das Geschäftsmodell der Sparkassen steht nun vor weiteren großen Herausforderungen. Basel III, das gerade in Europa, in Brüssel, diskutiert wird, bringt viele Probleme mit sich, denn Europa ist immer noch der Meinung, dass Basel III auch eins zu eins auf die Sparkassen
Das, was dort getan wird, ist für uns offensichtlich. Die öffentliche Finanzierung und damit die Sparkassen werden den Finanzmärkten zum Ausschlachten freigegeben, jenen Finanzmärkten, auf denen sich die Leute tummeln, die von den Bankenrettungen profitiert haben. Das sind jene Leute, deren Geschäftsmodell darauf beruht, dass der Staat ihre Risiken auf Kosten explodierender Staatsschulden vollständig übernimmt. Damit ist Europa drauf und dran, ein sehr gut funktionierendes kollektives Haftungssystem der Sparkassen durch ein System der organisierten Unverantwortlichkeit zu ersetzen. Das ist letztlich das Ergebnis Ihrer Politik, der wir uns entgegenstellen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise zu spürbaren Veränderungen in der Finanzmarktregulierung führen muss. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre lehren, dass wir hier genauer hinschauen müssen. Eine logische Folge daraus ist, dass Banken und Finanzgeschäfte künftig schärfer kontrolliert und beaufsichtigt werden müssen. Basel III soll dabei helfen, die Finanzwelt zu stabilisieren und die Banken krisenfester zu machen. Auch der SSW ist vor dem Hintergrund der vergangenen Krise der Auffassung, dass Maßnahmen mit einer solchen Zielsetzung absolut sinnvoll sind. Dabei ist es aber wichtig, dass unterschiedliche Strukturen auch unterschiedlich behandelt werden. Die Frage der Kollegin Heinold nach den Auswirkungen des Reformpakets Basel III auf die schleswig-holsteinischen Sparkassen ist daher voll und ganz berechtigt.
Die Empfehlungen zur Absicherung des Kreditausfallrisikos aus Basel II konnten die massiven Schwierigkeiten vieler Kreditinstitute offensichtlich nicht verhindern. Durch Basel III werden Banken nun angehalten, ihr sogenanntes Kernkapital zu erhöhen, um das Verhältnis zwischen ihrem Eigenkapital und den risikoorientierten Geschäften, also zum Beispiel den vergebenen Krediten, zu verbessern. Dieser höhere Anteil an Kernkapital soll die Verluste in Krisenzeiten abfangen können. Dane
Aus Sicht des SSW muss dabei aber sichergestellt werden, dass man bei all diesen Bemühungen nicht die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Kreditwirtschaft aus den Augen verliert. Wir halten eine differenzierte Regulierung für wichtig. Sie muss je nach Größe, nach Geschäftsmodell und vor allem je nach Risikopotenzial variieren. Es ist nun einmal ein Riesenunterschied, ob man es mit einer global agierenden Großbank oder mit einer kleinen Sparkasse von nebenan zu tun hat.
Wir alle kennen die Bedenken der Genossenschaftsbanken, der Sparkassen und des Handwerks im Land, die genau in diese Richtung gehen: Dadurch, dass nach derzeitigem Stand mehr oder weniger alle Banken über einen Kamm geschoren werden, drohen Fehlsteuerungen. Die geplanten höheren Kapitalanforderungen werden im Fall der weltgrößten und systemrelevanten Banken mit hoher Wahrscheinlichkeit für Sicherheit und zusätzliche Wachstumsimpulse in den großen Volkswirtschaften sorgen. Schaut man sich aber die Auswirkungen auf die Realwirtschaft an, so sieht es weit weniger rosig aus. Manche Wissenschaftlicher rechnen mit einer Reduzierung der Kreditvergabe um bis zu 20 %.
Damit ist durchaus zu befürchten, dass kleine und mittlere Unternehmen und private Kreditnehmer die Leittragenden dieser Reform sein werden. So ein Effekt wäre mehr als kontraproduktiv und soll mit Basel III mit Sicherheit nicht erzielt werden. Aus Sicht des SSW müssen sich die Regulierungsansätze infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise nach dem Verursacherprinzip richten und selbstverständlich dort ansetzen, wo das größte Risiko besteht. Dass dies nicht gerade in erster Linie von öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgeht, dürfte unstrittig sein. Fest steht: Wenn sich die Befürchtungen dieser Banken bewahrheiten, dann muss schleunigst ein Konzept zu ihrer Entlastung her, denn in erster Linie sind sie es, die den Mittelstand finanzieren und zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen.
Die Basel-III-Empfehlungen sollen bekanntlich bis zum Jahr 2012 in europäische Richtlinien gegossen werden und schrittweise in den Mitgliedstaaten in Kraft gesetzt werden. Noch gibt es also die Möglichkeit, einen eventuellen Handlungsbedarf zu identifizieren und Einfluss auf das Regelwerk der EU zu nehmen. Wir geben den Grünen recht, dass man dies hier diskutieren muss. Voraus
setzung dafür ist, dass die Betroffenen ausführlich angehört und die vorgebrachten Bedenken ernst genommen werden. Dabei wird nicht zuletzt auch darauf zu achten sein, dass die Situation der Förderinstitute genau beleuchtet wird, denn auch sie dürften durch Basel III in der heutigen Form erheblich beeinträchtigt werden.
Natürlich dürfen wir uns nichts vormachen und erwarten, dass wir hier als einzelnes Bundesland viel erreichen können. Trotzdem sollte von uns der Anstoß ausgehen, um die Basel-III-Regelungen zugunsten des Mittelstands und der privaten Kreditnehmer zu verändern. Hier ist aber insbesondere die Bundesregierung in einer besonderen Verpflichtung, auf EU-Ebene für eine entsprechende Öffnung der Regelungen zu sorgen.
Das ist möglich. Es gibt die Wahl: Kommt es von der EU, dann müssen wir nehmen, was von dort kommt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, etwas von dieser Stelle aus in die Regelungen einzubauen, das besagt: Wir öffnen die Regelungen für regionale - zum Beispiel auch nationalstaatliche - Lösungen in bestimmten Bereichen. Das würde uns in der Sondersituation mit den öffentlich-rechtlichen Sparkassen unheimlich helfen. Deshalb meinen wir, dass wir die Sparkassen nur unterstützen können, indem wir auf die Bundesregierung einwirken, auf Ebene der EU alles in ihrer Macht stehende zu tun, damit wir in der Lage sind, hier in der Bundesrepublik Deutschland für die Sparkassen besondere Regelungen zu erlassen. Dann haben wir möglicherweise die Chance, den Sparkassen weiterzuhelfen.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Thorsten Fürter für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Koch, wenn Sie seit über einem Jahr wussten, dass die Eigenkapitalanforderungen, die an die Sparkassen gestellt werden, zu einem Problem führen können, dann frage ich Sie: Warum haben Sie Ihren Einfluss, den Sie auf EU-Ebene haben, nicht geltend gemacht, um diese Belastung von den Sparkassen abzuwenden? - Das wäre Ihre Aufgabe gewesen.
Dann würde der Salat, den wir jetzt aufessen müssen, nicht so bitter schmecken. Ihre Antwort ist das Sparkassengesetz. Das ist der zweite Grund dafür, warum ich mich zu Wort gemeldet habe.
Sie tun jetzt so, als hätte das Sparkassengesetz, das Sie verabschiedet haben und über den grünenKlee loben, nichts, aber auch gar nichts mit einem Einstieg der HASPA zu tun. Sie müssen sich fragen, ob das so richtig ist.
Ich habe Akteneinsicht genommen. Ich will das nicht im Einzelnen ausplaudern, aber Sie können hier doch nicht ernsthaft behaupten, dass die HASPA im Regierungsverfahren nicht massiv Lobbyarbeit betrieben hat, um diesen Gesetzgebungsprozess anzuschieben. Sie können außerdem nicht in Abrede stellen, dass es ein Gesetzgebungsverfahren war, das zunächst auf Regierungsebene angeschoben wurde und in letzter Minute den Regierungsfraktionen aufs Auge gedrückt wurde, weil es der Regierung zu heiß war, für diesen Gesetzentwurf eigene Verantwortung zu übernehmen.
Ich frage mich auch, was für ein Bild des Parlamentarismus dies eigentlich ist, das Sie hier an den Tag gelegt haben, indem Sie sich für dieses Schauspiel zur Verfügung gestellt haben.
- Ich habe Akteneinsicht genommen. Das können Sie auch einmal machen. Ich glaube, Herr Kollege Rother hat auch Akteneinsicht genommen. Ich bin gespannt, was Sie dann für Behauptungen aufstellen.
Es ist eine gelbe Linie, die sich durch die Rechtspolitik der Regierung zieht - sei es beim Flüchtlingsbeauftragten, sei es beim Glücksspielgesetz, sei es beim Sparkassengesetz -, die zeigt, dass diese Regierung immer wieder daran krankt, dass immer dann, wenn sie in der Rechtspolitik von der FDP angeschoben wird, Gesetze dabei herauskommen, die Murks sind. Das ist eine gelbe Linie, die diese
Regierung relativ schnell hinter sich lassen sollte, damit wir wieder zu einer vernünftigen Rechtspolitik in Schleswig-Holstein kommen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schippels, auf Ihren Redebeitrag einzugehen, lohnt sich eigentlich gar nicht, weil Ihre Behauptung, dass Herr Steinbrück im Jahr 2001 als Finanzminister in Brüssel die Gewährträgerhaftung geopfert habe, schon deshalb falsch ist, weil er 2001 gar kein Finanzminister war. Zur Sache selbst haben Sie so viel Unsinn erzählt, dass es sich nicht lohnt, darauf einzugehen.
Herr Kollege Dr. Stegner, jemand, der wie Sie im Untersuchungsausschuss unter Achtung der Wahrheitspflicht zu Protokoll gibt, dass er keine Ahnung von dieser Materie habe, sollte hier etwas leiser auftreten, als Sie es getan haben.
Herr Fürter, bei aller Liebe, die FDP denunzieren zu wollen: Dass Sie nicht den Unterschied zwischen marktbeherrschender Stellung und Gesetz begreifen, tut mir wirklich leid. Die marktbeherrschende Stellung der HASPA hat nämlich überhaupt nichts mit dem Sparkassengesetz zu tun. Wir haben in Deutschland relativ häufig - deshalb haben wir das Kartellrecht - Untersagungsverfügungen des Kartellamts bei Verkäufen und bei Zusammenschlüssen. Deshalb kommen Sie doch nicht auf die Idee, dass deshalb die gesetzliche Grundlage falsch sei.
Das hat einfach damit etwas zu tun, dass eine marktbeherrschende Stellung entsteht. Ich habe versucht, Frau Kollegin Heinold darauf hinzuweisen, dass eine marktbeherrschende Stellung, wenn die HASPA sich beispielsweise an der NOSPA beteiligen würde, schon deshalb nicht gegeben ist, weil es keine überlappenden gebietsmäßigen Geschäftsfelder gibt.
Frau Heinold, wenn Sie sagen, wir sollten nicht immer auf das hören, was der Sparkassen- und Giroverband sagt, frage ich mich, was Sie vor einem
Jahr gemacht haben. Da haben Sie uns angegriffen, weil der damalige Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes verkannt hat, was kommen wird. Die Sparkassen haben immer geglaubt, mit der öffentlichen Hand im Rücken könnten sie sich durchsetzen. Darauf haben Sie sich bezogen und behauptet, wir würden etwas falsch machen und gegen die Interessen der Sparkassen handeln. Sie müssen aber doch zur Kenntnis nehmen, dass die Sparkassen heute jedenfalls sagen, dass das ihrer Interessenlage entspricht, was wir geschaffen haben.
Vielleicht sollte man einmal darauf hinweisen, dass Basel III da ist und dass Basel III mit der Europäischen Union überhaupt nichts zu tun hat. Der Baseler Ausschuss hat mit der Europäischen Union überhaupt nichts zu tun. Es geht nur um die Frage der Vereinbarungen, die im Baseler Ausschuss zwischen Europa und den USA getroffen werden.
Herr Fürter, inwiefern Sie einen maßgeblichen Einfluss auf Herrn Obama haben, ist mir bisher nicht klar geworden. Die Vereinbarungen des Baseler Ausschusses müssen in nationales Recht umgesetzt werden.
- Herr Stegner, seien Sie doch einfach einmal ruhig, und machen Sie sich doch einmal sachkundig! Wenn dies in Ihrer Fraktion nicht möglich ist, stellen wir Ihnen gern Sachverstand aus anderen Fraktionen zur Verfügung.