Protocol of the Session on November 18, 2011

Die Möglichkeit für private Unternehmen, tätig zu werden, besteht zusätzlich nur dann, wenn die Kommunen keine eigene hochwertige Sammlung gewährleisten können. Die vorliegende Regelung gewährleistet darüber hinaus, dass die neue Regelung klar und EU-rechtskonform ist und beiden Seiten Rechtssicherheit garantiert, die Entsorgung für die Bürgerinnen und Bürger sicher und bezahlbar bleibt, hochwertige und kommunale Entsorgungsstrukturen erhalten bleiben, und es ausdrücklich kein Rosinenpicken durch gewerbliche Sammler gibt, Wettbewerb und Innovation dort entstehen können, wo Kommunen nicht tätig werden wollen oder können. Dies ist im Interesse der Bürger und ganz besonders im Interesse der Umwelt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ein weiterer Aspekt ist die zusätzliche Wiederverwertung von Müll. Mit der Novellierung haben wir etwas für die Umwelt erreicht. Das geht jetzt speziell an die Grünen: Wir wollen, dass manche Dinge gar nicht erst auf dem Müll landen. Wir wollen durch Wertstofftonnen erreichen, dass deutschlandweit - die Zahl stammt vom Umweltbundesamt - 600.000 t weniger verbrannt werden. Dies betrifft öffentlich-rechtliche und private Unternehmen. Diese 600.000 t können zusätzlich recycelt werden. Das wollen Sie nicht. Warum das so ist, vermag ich nicht zu sagen.

Alle Umweltverbände sind sich einig, dass uns dieses Gesetz im Bereich der Nachhaltigkeit und Umwelt nach vorne bringt. Die Grünen sind dagegen wieder einmal!

Meine Damen und Herren, ich kann die Schwarzmalerei in dem hier vorliegenden Antrag von SPD und Grünen beileibe nicht nachvollziehen. Ebenso sage ich im Namen der FDP-Fraktion ganz deutlich, dass wir dafür plädieren, dem Gesetzentwurf, wie er aktuell auf Bundesebene vorliegt, aus schleswig-holsteinischer Sicht zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Ein Vermittlungsverfahren ist aus unserer Sicht nicht notwendig. Wir empfehlen der Landesregierung, diesem Gesetz im Bundesrat zuzustimmen.

(Glocke des Präsidenten)

Daher werden wir Ihren Antrag heute in der Sache ablehnen.

(Beifall bei FDP und CDU)

(Carsten-Peter Brodersen)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Kollegin Marlies Fritzen.

Herzlichen Dank, Herr Präsident! Herr Kollege Brodersen, wir sind nicht dagegen, sondern wir sind dafür, es besser zu machen. Sie sprechen gerade die Wiederverwertung an. Wir haben immer gesagt, wir sind für die Wertstofftonne. Dafür, dass die nun ausgerechnet gelb sein muss, kann ich nichts. Die Sachen, die da reinkommen, sollen eigentlich wiederverwertet werden. Mal sehen, wie wir damit umgehen.

Wir brauchen - das sage ich auch - eine Novellierung des Abfallrechtes. Diese ist nicht nur formalrechtlich notwendig. Sie hätte im Übrigen schon Ende 2010 fertig sein müssen. So ganz leicht, wie Sie das hier darstellen, haben Sie sich damit offensichtlich nicht getan. Wir brauchen sie also nicht nur, um die EU-Abfallrahmenrichtlinie umzusetzen, sondern auch, um Aspekte des Klima- und Ressourcenschutzes stärker zu integrieren.

Kreislaufwirtschaft ist ein schönes Wort. Aber es beschreibt leider noch lange nicht die Realität, in der wir leben. Wir müssen weg von der Wegwerfund Einweggesellschaft, und wir brauchen ein intelligenteres Ressourcenmanagement. Dazu gehört Wiederverwertung, aber auch Abfallvermeidung.

Bislang hatte Deutschland in der Europäischen Union bei der Organisation der Abfallwirtschaft und Wiederverwertung von Abfällen eine Vorreiterrolle. Mit dem Entwurf, den die Bundesregierung zur Novellierung des Abfallrechtes vorgelegt hat, wird sie dieser Rolle nicht gerecht. Die notwendige Umsetzung dieser Richtlinie erfolgt auf allerniedrigstem Niveau, in vielen Bereichen bedeutet das neue Gesetz eine Anpassung nach unten, an den EU-Durchschnitt.

Garant für das weltweit anerkannte Niveau der Vollentsorgung und Wiederverwertung in Deutschland war bislang die kommunale Struktur der Entsorgung der häuslichen Abfälle, und zwar flächendeckend, aus einer Hand und getragen vom Solidaritätsprinzip. Abfallentsorgung ist - so steht es im Gesetz - Teil der kommunalen Daseinsversorgung, und nur als solcher gewährleistet er im ländlichen Raum wie in Ballungsgebieten eine flächendeckende Abfallentsorgung auf hohem Qualitäts

standard bei ausgeglichenen Gebührenstrukturen. Auch darum geht es.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung war nichts anderes als die Aufweichung genau dieser Prinzipien. Private Unternehmen sollten sich die wertvollsten Abfallfraktionen sichern können. Völlig zu Recht - völlig zu Recht! - wurde dies zwischen den Ländern kontrovers diskutiert und von den Kommunen als Träger der Daseinsvorsorge abgelehnt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Heinz-Werner Je- zewski [DIE LINKE] und Lars Harms [SSW])

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Ostmeier?

Bitte schön.

Ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was Sie eben sagten. Können Sie mir ganz konkret sagen, wo sich dieses Gesetz von dem Grundsatz der Daseinsvorsorge verabschiedet?

- Sie haben vorhin in Ihrem Redebeitrag selbst auf die Unzulänglichkeiten hingewiesen. Insofern gehe ich davon aus, dass Sie selber wissen, wo das steht. Das Prinzip, um das es geht und das lange umstritten war, war die Frage, ob sozusagen alle Fraktionen bei den kommunalen Entsorgern bleiben oder ob dieser Markt aufgemacht wird und in welcher Form er aufgemacht wird. Wir haben dann - anders, als Sie es selber sagen - mit dem jetzt vorliegenden Kompromiss kein Ende der Rosinenpickerei, sondern wir halten das weiter aufrecht. Tun Sie nicht so, als wüssten Sie das nicht. Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass die kommunalen Verbände in Schleswig-Holstein diesem vermeintlichen Kompromiss, der aus meiner Sicht ein fauler ist, nicht zustimmen. Das liegt an genau diesem Aspekt.

Frau Ostmeier, Sie haben von Herausforderung gesprochen. Vielleicht darf ich das auch einmal aufgreifen. Es ist so, dass wir es im Abfallbereich immer wieder mit Euphemismen zu tun haben. So sagen wir beispielsweise nicht Müllkippe sondern Entsorgungspark. An dieser Stelle zu sagen, das sei

eine Herausforderung für die Kommunen, ist so etwas, was die FDP Deregulierung nennen würde. Das heißt, das ist keine Herausforderung, sondern in Wirklichkeit ist das eine Sozialisierung der Risiken und eine Privatisierung der Gewinne. Das lehnen wir ab.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Es geht konkret darum - und das befürchten die Kommunen auch nach diesem Kompromiss -, dass überwiegend finanzstarke, überregional aufgestellte Unternehmen aus der Entsorgungsbranche - auch da wissen wir natürlich, wer das ist: Remondis & Co. - von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, ein „höherwertiges Angebot“ - so steht es da zu machen. Sie werden sich dann natürlich trotzdem die Rosinen herauspicken. Unternehmen haben eben keine Verpflichtung zur flächendeckenden Versorgung - das haben wir eben auch schon gehört. Unternehmen haben das Ziel, Gewinne zu machen. Das ist aus Sicht des Unternehmens auch vollkommen in Ordnung.

Das bestehende System der Abfallentsorgung ist aus grüner Sicht durchaus verbesserungswürdig. Ein viel zu großer Anteil verwertbarer Stoffe landet heute immer noch auf Deponien oder in der Verbrennung. Das System muss weiterentwickelt werden, aber es muss sich auch weiter am Gemeinwohlprinzip orientieren und nicht am Prinzip der Gewinnmaximierung. Aus diesem Grund sind wir der Überzeugung, dass die Zuständigkeit für die Abfallentsorgung zentral in öffentlich-rechtlicher Hand bleiben sollte. Es ist schon darauf hingewiesen worden: Die Kommunen wollen einen Vermittlungsausschuss. Ich kann die Landesregierung nur noch einmal auffordern: Stimmen Sie unserem Antrag zu und setzen Sie sich dafür ein, dass es diesen Vermittlungsausschuss geben wird, damit man im Sinne von Frau Ostmeier und mir noch Verbesserungen durchsetzt!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN, SSW und des Abgeordneten Dr. Kai Dolgner [SPD])

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kolleginnen Sellier und Fritzen haben das so gut

vorbereitet, dass ich mich auf einige Seitenaspekte des Themas beschränken kann.

Ich glaube nämlich, wir sprechen hier hauptsächlich über eine ansteckende Krankheit, die vor allem schwarz-gelbe Regierungen befällt. Sie heißt: Beratungsresistenz.

Bereits im Mai dieses Jahres hat der Bundesrat nämlich mit überwältigender Mehrheit einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - ich habe dafür auch lange üben müssen, Herr Brodersen - zurückgewiesen. Er hat dies übrigens mit guten Argumenten getan. Im August legte daraufhin die Bundesregierung den Gesetzentwurf nahezu unverändert - eher noch verschlechtert - erneut vor. Und so etwas nennt man Beratungsresistenz.

Wir reden hier auch über ein Verfassungsproblem. Vielleicht kennt jemand innerhalb der Bundesregierung Teile des Grundgesetzes. Den Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz kennt dort offensichtlich niemand. Da heißt es nämlich:

„Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“

Wenn Sie mir einen kleinen Exkurs für das Protokoll erlauben, dann möchte ich gern dem hier gerade abwesenden Innenminister empfehlen, den Artikel noch ein bisschen weiter zu lesen. Dort findet sich auch der Halbsatz:

„Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung...“

Im Kern geht es darum, dass die Bundesregierung den Kommunen die Möglichkeit geben will, die Entsorgung minderwertigen Mülls, zu der sie verpflichtet sind, durch die Entsorgung werthaltigen Mülls zu subventionieren, um so die Gebühren für die Müllentsorgung niedrig zu halten. In diesem Punkt, Frau Kollegin Ostmeier, treffen wir uns. Wenn diejenigen, die in Zukunft den werthaltigen Müll zugeschustert bekommen, dann auch den wertlosen Müll entsorgen müssen, zu den gleichen Gebühren, zu denen das bisher die Kommunen getan haben, dann könnten wir uns treffen.

Den werthaltigen Müll aber sollen private Entsorgungsunternehmen - ganz gleich, ob mittelständisch oder mittlerweile fast nur noch als Konzern organisiert - zugeschustert bekommen. Die Zeche dafür zahlen nicht etwa die Kommunen, sondern die Einwohnerinnen und Einwohner, die für die

(Marlies Fritzen)

Entsorgung des restlichen, des wertlosen Mülls höhere Gebühren zahlen müssen. Ich habe lange über die Motivation, die Entsorgung von lukrativem Müll den Kommunen wegzunehmen und den Privaten zu überlassen, nachgedacht. Ich bin auf keine richtige Lösung gekommen. Aber vielleicht habe ich wieder mithilfe der modernen Medien zumindest einen Hinweis gefunden. Wenn man nämlich in die Internetsuchmaschine Google die Stichworte „Korruption“ und „Müllentsorgung“ eingibt, dann erhält man innerhalb von 0,25 Sekunden 3.990.000 Suchergebnisse. Ich habe mir gedacht, das muss man vergleichen, und habe deshalb die Suchkombination „Anstand“ und „Politik“ eingegeben. Da findet Google leider nur 637.000 Ergebnisse, etwa ein Sechstel.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und was sagt uns das jetzt?)

- Das könnte ein Hinweis darauf sein, woran das liegt.

Was tun, ist jetzt also die Frage. DIE LINKE glaubt, der gemeinsame Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE spricht für sich. Stünden nicht unsere Fraktionen darunter, würde ihnen wohl jedes Gemeinderatsmitglied auch die von CDU und FDP - im Land unterzeichnen können und wollen.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Mein Appell geht an Sie, Herr Ministerpräsident: Machen Sie Ihr Kreuz gerade, gehen Sie zur nächsten Bundesratssitzung und zeigen Sie, dass Ihnen die Interessen der Menschen in Schleswig-Holstein wichtig sind und nicht das, was die Regierungskoalition hier jetzt gleich abstimmen wird. Lassen Sie sich nicht wieder Ihre Stimme in der Ländervertretung für eine Handvoll Linsen abkaufen, die Sie dann ohnehin nicht bekommen würden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort für die SSW-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ziel einer modernen Abfallwirtschaft ist die Abfallvermeidung, die Wiederverwertung und das Recyceln von Abfall. Dieses Ziel hat sich auch die Bundesregierung mit ihrem Entwurf für