Protocol of the Session on November 17, 2011

Ich habe den Eindruck, dass diese Frage ein wenig in den Bereich einer politischen Kampfarena geraten ist, indem hier Defizite betont worden sind. Koalitions- und auch regierungsseitig wurde dieses Thema ein wenig als ein sorgenfreies Themengebiet vorgestellt. Ich finde, das soll nicht so sein.

(Beifall des Abgeordneten Heinz-Werner Je- zewski [DIE LINKE])

Wir wollen in aller Sachlichkeit arbeiten. Die Vorschläge von den Kollegen Beran, Voß und Jezewski finde ich überlegenswert. Wir sollten fragen, ob wir im Ausschuss noch einmal die Benachrichtigung überdenken müssen und so weiter. Ich glaube aber

(Anke Spoorendonk)

auch, dass die in Ihrem Bericht zugrunde gelegten Annahmen überprüft werden müssen, Herr Minister. Der Kollege Voß sagte es: Wir kennen die Wechselwirkung von Ereignissen oder das Zusammenkommen mehrerer nicht sehr wahrscheinlicher Ereignisse nicht. Dies müssen wir zugrunde legen. Wir werden es wahrscheinlich mit einem Stromausfall und einem Austritt von Radioaktivität, unter Umständen in Kombination mit einer Überflutung zu tun bekommen. Solche Dinge müssten wir zumindest einmal denken. Wir müssen gucken, ob wir Antworten darauf finden.

Ich darf daran erinnern: Ein atomarer Unfall mit einem Kernschmelzereignis wird als Super-GAU bezeichnet. Als GAU, als größten anzunehmenden Unfall, bezeichnet man Ereignisse, die wir noch beherrschen können. Ein Kernschmelzunfall darf eigentlich nicht passieren. Er ist mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von einem Mal in 20.000 Jahren prognostiziert worden. Wir haben aber beobachtet, dass er innerhalb von 25 Jahren bereits zweimal aufgetreten ist. Das ist eine Besonderheit.

(Zuruf)

- Ja, jetzt hätten wir also 40.000 Jahre Ruhe.

Herr Minister, mir fiel in dem Bericht auf, dass die Radien um die Atomkraftwerke offensichtlich nur Schleswig-Holsteiner erfassen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum letzten Satz. Ihre Zeit ist abgelaufen.

Ja. Ich wollte darauf hinweisen, dass die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern wie Hamburg und Niedersachsen einer Vertiefung bedarf. Insofern sehe ich der Ausschussberatung mit etlichen Vorschlägen entgegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich war die Redezeit gemeint.

(Heiterkeit)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt. Wer die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 17/ 1843, zur abschließenden Beratung an den Innen

und Rechtsausschuss überweisen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Bundesratsinitiative für ein Verbot von Wildtierhaltung in Zirkussen

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE Drucksache 17/1864 (neu) - 2. Fassung

Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1981

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Kollegin Antje Jansen von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat von Rilke beginnen:

„Rilke - Der Panther: Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.“

Meine Damen und Herren, Tierschützerinnen und Tierschützer kämpfen seit vielen Jahren dafür, dass sich die zitierte Realität, in der Wildtiere von uns Menschen gehalten werden, verändert.

(Beifall bei der LINKEN)

Rilke beschrieb in seinem Gedicht einen Zoo, aber das Leben vieler Wildtiere im Zirkus ist noch entscheidender eingeschränkt. Wir haben einen Antrag in den Landtag eingebracht, indem die Landesregierung dazu aufgefordert wird, sich einer Bundesratsinitiative aus Hamburg anzuschließen, die das Ziel hat, die Haltung von bestimmten Wildtieren im Zirkus zu verbieten. Wir freuen uns natürlich, dass unser Vorschlag auf fruchtbaren Boden gefallen ist und dass die Landesregierung unseren Vorschlag offensichtlich umsetzen wird.

(Unruhe)

(Detlef Matthiessen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit und Respekt für die Rednerin bitten und Sie bitten, Ihre Gespräche einzustellen.

(Beifall des Abgeordneten Heinz-Werner Je- zewski [DIE LINKE])

Allerdings wollen wir nicht nur das, denn die Bundesratsinitiative hat einen entscheidenden Makel: Raubkatzen werden in ihrem Schutzkatalog nicht berücksichtigt. DIE LINKE möchte auch Raubkatzen unter den Schutz eines Gesetzes stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Insbesondere Löwen haben ein hoch entwickeltes Sozialverhalten. Tiger und andere Raubkatzen haben einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Ich möchte, dass auch diese Arten nicht in Zirkussen leben müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte nicht missverstanden werden. Zirkusse und das Zirkusleben sind auch für mich eine faszinierende Kultur, gegen die ich überhaupt nichts einzuwenden habe. Die Haltung bestimmter Tiere im Zirkus kann allerdings nicht artgerecht sein. Schon das Leben in kleinen fahrbaren Käfigen und die ständigen Ortswechsel sind eine Tortur für Nashörner und Elefanten. Wenn wir an eine Zirkusvorstellung denken, dann sehen wir lachende Menschen und freudige Kinder. Oft ist das ein großartiger Spaß für die ganze Familie. Dass die Tiere dabei jedoch keinen Spaß empfinden, dürfte jedem klar sein. Sie sind in Käfige gesperrt, in Ketten gelegt und zu Bewegungslosigkeit und Langeweile verdammt. Sogenannte Elefantenhaken, Stöcke, Peitschen und Elektroschocker sind gängige Mittel, um die Tiere dazu zu bringen, zum Beispiel einen Kopfstand vorzuführen, durch einen Reifen zu springen oder auf einem Ball zu tanzen.

Diese Grausamkeiten sind kein Kulturgut. Es ist höchste Zeit, die Haltung bestimmter Arten im Zirkus zu verbieten. Länder wie Österreich, Dänemark, Schweden, England, Ungarn und Finnland haben bereits Verbote oder starke Einschränkungen erlassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Artikel 20 a unseres Grundgesetzes erlegt uns den Schutz von Tieren auf. Im Koalitionsvertrag von 2009 verspricht die FDP, sich für ein Haltungsver

bot von Wildtieren einzusetzen. Bisher ist sie aber untätig geblieben. Umso mehr freuen wir uns natürlich, dass es uns gelungen ist, die Koalition in Bewegung zu bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie sich jetzt auch noch für die Raubkatzen einsetzen und in Ihren Parteien dafür sorgen würden, dass diese Bundesratsinitiative nicht wie 2003 im Sande verläuft, dann hätten wir endlich etwas Gutes getan.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es wird Zeit, dass die Politik einschreitet und ein Verbot der Wildtierhaltung in Zirkussen erlässt. Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

- Nein, ich bin noch nicht am Ende. Eine Zirkusshow ist auch ohne Kunststücke von Tieren und ohne exotische Wildtiere eine Attraktion. Das haben wir schon oft in Vorführungen erlebt. Wildtiere müssen dazu nicht unbedingt tätig werden. Wahrscheinlich wird der Zirkus durch eine Absage an die Wildtierhaltung auch nicht weniger, sondern mehr Zuschauerinnen und Zuschauer gewinnen können. Ich gehe davon aus, dass Sie unserem Antrag zustimmen. CDU und FDP haben einen eigenen Antrag eingebracht. Dem werden wir auch zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Frau Kollegin Barbara Ostmeier das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Haltung von exotischen Wildtieren stellt besonders hohe Anforderungen an die Unterbringung, Ernährung und Sachkunde des Halters. Insbesondere für die zahlreichen kleinen und Kleinstzirkusse in Schleswig-Holstein ist das eine hohe Anforderung, die für bestimmte Tierarten, gerade vor dem Hintergrund des im Grundgesetz verankerten Tierschutzgedankens, häufig nicht zu erfüllen ist. So ist es nicht überraschend, dass diese Problematik immer wieder Gegenstand politischer Debatten und auch Bestandteil unseres Koalitionsvertrages mit der FDP geworden ist.

Gerade die Presseberichterstattung im Zusammenhang mit dem Gastspiel von Zirkus Krone in Ham

burg, im Nachgang veröffentlichte Meinungsumfragen und uns alle erreichte Stellungnahmen verdeutlichen aber auch, dass das Thema Wildtierverbot im Zirkus eines von großer emotionaler Bedeutung in der Öffentlichkeit ist - und dies nicht ohne Grund.