Aber wir sehen auch - anders als Sie, Frau Franzen -, dass es jetzt teilweise schon echte Härten gibt, insbesondere im ländlichen Raum. Natürlich passt es für viele Eltern überhaupt nicht zusammen, kleine Grundschulen zu schließen und dann eine verpflichtende Elternbeteiligung bei den Fahrtkosten einzuführen.
Wir wollen es künftig den Kreisen überlassen zu entscheiden, ob sie eine Elternbeteiligung vorsehen wollen oder nicht.
Lieber Herr Schippels, interessant ist die Antwort der Linken in Brandenburg. Das Land wird dort wie bisher künftig keine Zuschüsse an die Kreise zahlen. Das war bisher eigentlich ganz pfiffig geregelt, indem das Land gesagt hat, wir zahlen für eine
Sozialstaffel, die ihr anwendet. Aber DIE LINKE hat gesagt, das brauchen wir nicht mehr, denn das sei jetzt durch das Bildung- und Teilhabepaket geregelt. Es gebe jetzt also einen anderen Träger, der das übernehme. Wir sollten in Schleswig-Holstein gucken, inwieweit dort diese Möglichkeiten schon ausgeschöpft sind.
Unser Vorschlag ist nicht so weitgehend wie Ihrer: Wir wollen nicht versprechen, was wir nicht halten können. Zustimmen können wir Ihrem Antrag leider nicht.
Ich bin jetzt eigentlich am Ende meiner Rede angelangt, aber ich glaube, Herr Abgeordneter Stegner hat noch eine Frage.
Frau Kollegin Erdmann, Ihr Vergleich zwischen der Linkspartei und der FDP hat mich so begeistert, dass ich Sie gern fragen möchte: Könnte man die Ansätze vielleicht in der Weise zusammenführen, dass man alle Kinder zu Hause betreut und dafür Geld gibt, dann fielen überhaupt keine Schülerbeförderungskosten mehr an?
- Ja. Nachdem Herr Kubicki geredet hat, habe ich mich schon gefragt, ob man nicht auch im Schulbereich eine Art Homeschooling-Pauschale einführen sollte. Das würde möglicherweise für die FDP einige Probleme lösen.
Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass der Landkreistag als Vertreter der Kreise, als ihr Spitzenverband, erklärt hat, das Land möge bitte eine
- Das ist mir bekannt. Ist Ihnen bekannt, Frau Kollegin, dass es aber Kreise gab, in denen es große Proteste gegeben hat bis hin zu Streitigkeiten, die vor Gerichten geklärt werden mussten?
Das ist für mich eine eindeutige Sache. Das ist nicht unstrittig. Sie sind doch sonst auch immer für Eigenverantwortlichkeit. An der Stelle könnte man anfangen, Frau Loedige.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der LINKEN für eine kostenfreie Schülerbeförderung ist sicherlich wünschenswert. Wir teilen die Einstellung, dass das Tragen der Kosten für die Schülerbeförderung eine Gemeinschaftsaufgabe ist und dass die Schulbildung der Kinder nicht vom Einkommen der Eltern abhängig sein darf. Trotzdem stimmt der SSW gegen den Gesetzentwurf der LINKEN. Aus unserer Sicht kommt der Entwurf aus der Schublade „Wünschdir-was“ und ist von daher nicht seriös. Hinzu kommt, dass der Gesetzentwurf nicht die Probleme aufgreift, die die jetzige Regelung deutlich gemacht hat. Die Frau Kollegin Erdmann sprach dies vorhin an. Stichworte sind: Schülerbeförderung an den Schulen der dänischen Minderheit und an den Schulen in freier Trägerschaft sowie das Problem der kreisfreien Städte.
Alle diese Probleme werden nicht angesprochen. Von daher ist der Gesetzentwurf unvollständig. Er ist auch inhaltlich gesehen und mit Blick auf das Aufkommen unrealistisch. Außerdem sagen wir, dass die Kosten für die Schülerbeförderung nicht allein vom Land getragen werden sollten. Vielmehr ist es Aufgabe des Landes und der Kreise und Kommunen gemeinsam, für die Schülerbeförderung aufzukommen.
Aus Sicht des SSW muss die derzeitige Regelung der Kosten der Schülerbeförderung geändert werden, das ist klar. Die zwingende Elternbeteiligung benachteiligt den ländlichen Raum, obwohl nach
der Schließung von kleinen Schulen eigentlich gesagt wurde, dass die Kinder kostenfrei zur nächsten Schule kommen können.
Auch werden Eltern mit niedrigen Einkommen und Familien mit vielen Kindern benachteiligt. Die Regelung des Landes geht also zulasten der Schwachen in unserer Gesellschaft. Ich stehe dazu, und den Antrag der Grünen dazu haben wir unterstützt: Ein erster Schritt muss sein, dass dieser Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung wieder rückgängig gemacht wird,
(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der LINKEN sowie des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
denn Tatsache ist, dass die Kreise in eigener Zuständigkeit entscheiden wollen. Gleichwohl darf nicht vergessen werden, worauf auch die Bürgerbeauftragte des Landes für soziale Angelegenheiten, Frau Wille-Handels, mehrfach hingewiesen hat, und zwar die sozialen Probleme der jetzigen Regelung betreffend. Familien mit niedrigen Einkommen dürfen nicht in die Situation kommen, aus finanziellen Gründen auf die angemessene Ausbildung ihrer Kinder verzichten zu müssen, weil sie die Beförderung zur nächsten Schule nicht zahlen können.
Der SSW setzt sich grundsätzlich dafür ein, dass der Schulbesuch kostenfrei sein muss. Bildung darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängig sein. Wir haben schon genügend Probleme mit der Umsetzung von Chancengleichheit an unseren Schulen, da müssen wir nicht noch mehr Hürden aufbauen und dadurch den Zugang für alle weiter erschweren. Aus bildungs- und sozialpolitischer Sicht ist es daher völlig inakzeptabel, durch die Elternbeteiligung ein Schulgeld durch die Hintertür einzuführen.
Die Landesregierung steht nach ihrem Haushaltsbeschluss zur Schülerbeförderung vor einem Scherbenhaufen. Zwar haben mittlerweile die Kreise und Kommunen eine Satzung erlassen, in der die zwingende Elternbeteiligung festgeschrieben ist, doch der Weg zu dieser Beteiligung war mehr als holprig. Die Kreise und Kommunen haben sich in Teilen sehr schwer damit getan, den Beschluss des Landes umzusetzen. Das ist Ihnen allen bekannt. Anstelle einer konsistenten Lösung kocht jetzt jeder sein eigenes Süppchen. Ich denke, das ist nicht zielführend. Auch das gehört dazu: Viele hoffen darauf, dass bald eine neue Landesregierung gewählt wird, die die zwingende Elternbeteiligung wieder
zurücknimmt. Ich zitiere den Landrat des Kreises Stormarn, Herrn Klaus Plöger, aus der Presse vom 17. April 2011:
„Im Stormarner Kreistag sind viele der Meinung, dass das Kieler Gesetz eigentlich Schrott ist, weil es den Schwarzen Peter den Kreisen zuschiebt.“
Letztlich kann es nicht sein, dass die Haushaltskonsolidierung des Landes auf den Rücken der Kommunen und der Eltern ausgetragen wird. Wir haben in der Aktuellen Stunde sehr viel über die Kosten von Kinderbetreuung und über die Kosten der Träger für die Kinderbetreuung gehört. Fest steht, was die Kommunen immer wieder sagen, nämlich, dass die Standortgemeinden und die Eltern die Hauptlasten zu tragen haben. Dieses Bild darf sich nicht weiter verfestigen. Es geht darum, eine gerechte und zukunftsweisende Lösung hinzubekommen. Wir alle wissen, dass wir nicht von heute auf morgen zu einer 100 %-igen Lösung kommen werden. Das muss aber das Ziel sein. Wir wollen, dass die Gerechtigkeitslücke durch eine kommende Regelung zugeschüttet wird.
Für die Landesregierung hat nun der Minister für Bildung und Kultur, Herr Dr. Ekkehard Klug, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wo der Haken dieses Gesetzentwurfs ist, verrät bereits der Titel. Es geht um eine kostenfreie Schüler- und Schülerinnenbeförderung, und das ist schon vom Begriff her eine Unmöglichkeit. Schülerbeförderung ist wie vieles in der Welt mit Kosten verbunden. Die LINKEN meinen eine Schülerbeförderung ohne eine Beteiligung der Eltern an den Kosten, denn die Kosten bleiben bestehen. Sie sollen nach ihren Vorstellungen vom Land übernommen werden.
das Grundproblem dieses Gesetzentwurfs hin. Indem Sie eine umfassende kostenfreie Schülerbeförderung in Aussicht stellen, verbreiten Sie Nebel. In Wirklichkeit ist die Sache für die Bürgerinnen und Bürger alles andere als kostenfrei. Mehrkosten beim Land bedeuten nach dem gegenwärtigen Stand mehr Schulden oder mehr Kürzungen an anderer Stelle. Gerade die Schülerinnen und Schüler von heute haben jedoch ein großes Interesse daran, dass wir die finanzielle Wende jetzt schaffen und aus der Schuldenpolitik aussteigen. Der Preis für einen kurzfristigen Applaus ist ein langfristiger Katzenjammer. Man braucht sich nur einmal die Regelungen in Nachbarländern in der Europäischen Union anzuschauen. Dann sieht man, was es heißt, wenn man nicht rechtzeitig gegensteuert und das Ausufern der Staatsschulden verhindert.
Mit dem Gesetzentwurf der LINKEN betreibt die Fraktion, die den Antrag gestellt hat, nicht den Ausstieg aus der Schuldenpolitik, sondern die Vertiefung der Schuldenpolitik. Das Land soll die Zuständigkeit für die Schülerbeförderung im Schulgesetz an sich ziehen. Das ist nicht nur ein Eingriff in die Rechte der kommunalen Selbstverwaltung, sondern es verschiebt auch in anderer Hinsicht die Gewichte. Bisher steht die Schülerbeförderung nur deshalb im Landesgesetz, um so den Schulbesuch grundsätzlich sicherzustellen. Wenn wir uns in den vergangenen Jahren daran beteiligt haben, dann handelte es sich um freiwillige Leistungen des Landes. Um den Haushalt wieder ins Lot zu bekommen, mussten wir diese freiwilligen Leistungen reduzieren. Das ist der Hintergrund für die jetzige Kostenbeteiligung der Eltern an der Schülerbeförderung, denn das Land kann nicht als spendabler Onkel auftreten, der sich anschließend bei den Verwandten wieder Geld leiht.