Ich finde, es gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wenn man sich selbst in seinen Entscheidungen infrage stellt, ist man besser in der Lage, später vernünftige Entscheidungen treffen zu können. Wenn wir gucken, was von uns allen als das größte Problem angesehen wird, ist es die Personalausstattung. Da kann man sich schon einmal die Frage stellen, wer in den letzten 30 oder 40 Jahren Personal eingestellt hat. Da sind wir alle nicht die Päpste, um es einmal so zu sagen, sondern da sind wir alle diejenigen, die dieses zugelassen haben, die immer auch auf Kosten kommender Generationen Personal eingestellt haben. Ich finde, es gehört zur Reflexion dazu, dass man eigene Entscheidungen auch selbst einmal infrage stellt.
Trotzdem: Die Schuldenbremse steht, und das ist das eigentlich Wichtige. Alle Entscheidungen, egal welcher Regierungen und welcher Couleur, sind immer auch vor dem Hintergrund der Schuldenbremse zu sehen. Die Schuldenbremse führt dazu, dass wir uns alle, egal welcher Couleur, in unserer politischen Gestaltungsfreiheit selbst einschränken müssen. Das ist ein gemeinsamer Entschluss - bis auf die LINKEN -, den wir hier im Landtag getragen haben. Das war ein sehr, sehr schlauer und ein sehr, sehr kluger Beschluss, dies so zu machen.
Lieber Kollege Schippels, natürlich kann man politische Prioritäten setzen. Da unterscheiden wir uns auch alle. Die Umsetzung von Politik darf aber in Zukunft nicht nur auf Kosten der kommenden Generation geschehen. Das führt dazu, dass wir politische Prioritäten setzen können, aber das Konto nicht überziehen. Das ist etwas, das ganz, ganz klug ist. Frau Kollegin Heinold hat vorhin gesagt: Politische Beschlüsse müssen gegenfinanziert sein. Genau das ist richtig. Das heißt nicht, dass wir unsere soziale Kompetenz oder unsere soziale Gerechtigkeit irgendwo hier an der Tür abgeben,
aber es heißt, dass man sich einen Kopf macht, wie man die ganze Geschichte finanziert. Das ist auch gut so.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einen ergänzenden Hinweis. Herr Schippels war in seinem Beitrag der Meinung, wir sollten in jedem Jahr jeweils an die Grenze der zulässigen Neuverschuldung gehen, um damit weitere konsumtive Ausgaben zu finanzieren.
Wir werden am Jahresende vermutlich wieder einmal nur deshalb neue Schulden machen müssen, weil wir davon Zinsen für alte Schulden zahlen müssen - wieder einmal.
Ohne Zinsen für alte Schulden würden wir in diesem Jahr wahrscheinlich wieder einen Überschuss ausweisen.
- Jetzt stellen Sie wieder die Frage nach der Verantwortung. - Damit könnte man viele, viele schöne Dinge machen. Wir haben es in den vergangenen 20 Jahren erlebt, jedes Jahr an die Höchstgrenze dessen zu gehen, was zulässig ist, und zum selben Zweck zusätzlich auch noch die Veräußerung von Landesvermögen. Das hat uns nicht richtig vorangebracht. Deshalb sage ich: Je schneller wir davon wegkommen,
immer neue Schulden für Aufgaben zu machen, die wir eigentlich aus unserer eigenen Leistungsfähigkeit bezahlen müssten, desto besser ist es für unser Land. Wir müssten dann nicht Ausgaben für Zinsen tätigen, sondern für Bildung, für Forschung und für Infrastruktur. Das ist der richtige Weg, den wir gehen müssen.
Mein Vorstoß zu den gemeinsamen Bund-LänderAnleihen ist von allen guten wie schlechten Seiten inhaltlich umfassend beleuchtet worden. Vor der Abstimmung setze ich Sie darüber in Kenntnis, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mir einen Brief geschrieben hat, der mir diese Woche zuging, indem er - wie auch seine Vorgänger - gemeinsame Bund-Länder-Anleihen nach wie vor ablehnt. Er hat allerdings seine Begründung reduziert, nicht auf die vielfältigen Punkte, die ich den finanzpolitischen Sprechern schon einmal erläutert habe, sondern er hat sich lediglich darauf kapriziert, dass er davon ausginge, dass diese Anleihen dann für den Bund teurer würden.
Für uns ist dieses Argument überhaupt nicht nachvollziehbar, weil ein Land nach der deutschen Finanzverfassung nicht pleitegehen kann.
- Herr Kollege Schippels, das gilt für Europa in diesem Sinne eben nicht. Denn es gibt kein Einstands
gebot. Es gibt sogar derzeit noch ein absolutes Verbot, für die Schulden anderer Länder aufzukommen. Das gibt es in Deutschland nicht.
Deshalb ist für mich dieses Argument völlig unschlüssig. Es ist auch völlig unschlüssig, dass es den Bund Renommee kosten soll, wenn dieser Anleihen ausgibt und den Ländern dann entsprechende Anteile abtritt, und zu einer Verteuerung dieser Anlagen führt. Das können wir nicht nachvollziehen. Deshalb bleibe ich dabei und werde weiterhin mit dem Bundesfinanzminister und der Bundesregierung darüber verhandeln, dies zu erreichen.
Ich vermag nicht einzusehen, dass wir viele Ausgaben in den notwendigen Ausbau unserer Infrastruktur nicht tätigen können, während wir gleichzeitig auf Schulden Zinsen zahlen, die wir in dieser Höhe nicht verzinsen müssten, und höhere Zinsen zahlen, als es notwendig ist. Dies vermag ich nicht einzusehen. Dies muss im Verbund mit anderen Ländern erreicht werden.
Meine Damen und Herren, der Minister hat die Redezeit für die Landesregierung noch einmal um 3 Minuten überzogen. Diese stünden Ihnen nun auch zu. - Ich sehe, dass davon nicht Gebrauch gemacht werden soll. Ich schließe deshalb die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.
Frau Kollegin Herdejürgen, ich muss zunächst fragen, ob ich Sie richtig verstanden habe. Sie wollen im Ausschuss noch einmal debattieren. Gilt das nur für den Bericht, oder gilt das auch für den Antrag?
- Für den Finanzplan. - Gehe ich dann richtig in der Annahme, dass alle damit einverstanden sind, dass wir zum Finanzplan zunächst über Ausschussüberweisung abstimmen und dann über den Antrag in der Sache? - Gut. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/1741, zur abschließenden Beratung dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig beschlossen.
Es ist beantragt worden, über den Antrag Drucksache 17/1856 in der Sache abzustimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE angenommen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. - Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Dr. Robert Habeck von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schleswig-Holstein ist das Land der erneuerbaren Energien und die HUSUM Wind ist deren Aushängeschild. Sie ist Symbol der erneuerbaren Energien, und damit ist sie ein Symbol des Landes SchleswigHolstein. Deshalb muss die HUSUM Wind bleiben.
Wenn die Hamburger Messe und der VDMA eine eigene große Windmesse eine Woche vor der HUSUM Wind ankündigt, dann ist das die Aufkündigung wirtschaftlicher und politischer Kooperation zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein.
Der Antrag, der jetzt als Dringlichkeitsantrag eingegliedert und aufgerufen wurde, hieß ursprünglich „So nicht, Hamburg!“. Diese Überschrift mussten wir ändern. Im Ältestenrat haben wir einmal vereinbart - ich war selbst dabei -, keine attackierenden Überschriften zu wählen. Aber genau darum geht es: Hamburg kann nicht so agieren, weder in der Form noch in der Sache.
Der Weg zu einer verstärkten norddeutschen Kooperation ist mit markigen Aussagen von Politikern gepflastert. Sie erweisen sich angesichts eines solchen Vorgehens alle als wohlfeil. Stärkere Kooperation heißt, die Stärken des jeweils anderen zu respektieren und weiter auszubauen. Stärkere Kooperation heißt nicht, durch Alleingänge den eigenen Vorteil zu suchen. So nicht, Hamburg!
Wir Grünen treten offen dafür ein, die Diskussion über die Sinnhaftigkeit der bestehenden föderalen Ordnung offen zu führen, einschließlich Nordstaat, und mit der Perspektive 2019, wenn der Länderfinanzausgleich neu aufgestellt wird. Der Status quo der Bundesländer ist für uns nicht in Stein gemeißelt. Als bekennender Schleswig-Holsteiner, der in diesem Land groß geworden ist, sage ich ausdrücklich: Mehr als Schleswig-Holsteiner kann der Mensch sowieso nicht werden.
Obwohl ich das alles weiß, sage ich: Wir müssen offen über die Grenzen und über die föderalen Bedingungen, unter denen wir leben, nachdenken. Ich wohne da. Natürlich weiß ich, natürlich wissen wir um die Vorbehalte einer solchen Debatte gerade im nördlichen und im westlichen Landesteil. Deshalb ist der Kampf um die HUSUM Wind kein isolierter Fall. Das Vorgehen der Hamburger Messe und aller anderen Akteure sowie das Achselzucken des Bürgermeisters sind geeignet, die Diskussion über eine zukunftsfähige Aufstellung des Nordens insgesamt zu beenden.