Nun werden wir im nächsten Tätigkeitsbericht mit dem neuen Bildungs- und Teilhabepaket ein weiteres Themenfeld finden. Meine Vorredner haben schon ausgeführt, dass es in der Umsetzung unsäglich ist. Wenn es in Nordfriesland so gut läuft, finde ich das gut, wie es dort gehandhabt wird. In anderen Kreisen läuft das ganz, ganz mühsam an. Viele Eltern wissen überhaupt nicht, wie sie das einreichen sollen oder nehmen es gar nicht in Anspruch.
Herausheben will ich noch einen Punkt. Inzwischen ist es peinlich, trotz des Landtagsbeschlusses vom September 2009 warten wir noch immer auf die Umsetzung einer landeseinheitlichen Sozialstaffelung für die Kita-Elternbeiträge und den Wegfall der 85-%-Regelung. Der Kollege von der SPD hat das ja auch schon bemängelt. Gelungen ist bisher nur, die Dringlichkeit des Problems noch dadurch zu erhöhen, dass die Landesregierung das beitragsfreie dritte Kita-Jahr kassiert und die Zahl der betroffenen Eltern erhöht hat.
Zusammengefasst gilt: Wer sich an die Bürgerbeauftragte und ihr Büro wendet, die oder der ist mit seinem Problem dort gut aufgehoben. Der Tätigkeitsbericht ist entsprechend Jahr für Jahr ein zuverlässiges Instrument zur Aufdeckung der sozialen Problemlagen. Was nützt die beste Messung, wenn sie nicht abgelesen wird? Was nützen Erfahrung und Augenmaß, wie sie sich in dem Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten widerspiegeln, wenn ihre Stellungnahmen unbeachtet bleiben, wie im Falle der Schülerbeförderung, wo die Landesregierung die Elternbeteiligung an den Kosten gegen Eltern und gegen Kreise durchzwingt?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten ist wie gewohnt sehr ausführlich und zeigt keine Entspannung der Lage. Das Arbeitspensum und die Schwerpunkte haben sich kaum verändert. Fast 3.600 Petitionen wurden von Frau Wille und ihrem Team im Jahre 2010 bearbeitet. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von 3 %. Mit Blick auf den gesamten Zeitraum seit der Einführung des Amtes wird deutlich, dass sich die Zahl der Menschen, die sich mit einem Problem an die Beauftragte wenden, leider unverändert auf höchstem Niveau bewegt.
Erfreulich ist, dass auch im letzten Jahr dem weit überwiegenden Teil der Petenten schnell und effektiv geholfen wurde. Aus Sicht des SSW steht fest, dass ohne diese wertvolle Beratungsarbeit noch viel mehr Bürgerinnen und Bürger an der Sozialgesetzgebung verzweifeln würden. Wir danken der Bürgerbeauftragten und ihrem Team daher ausdrücklich für die geleistete Arbeit.
Grundsätzlich erfüllt uns der unverändert hohe Beratungsbedarf, der durch den vorliegenden Bericht wieder einmal deutlich wird, mit Sorge. Dies gilt besonders für die hohe Zahl der Beschwerden rund um den Bereich Hartz IV. Damit wird leider wieder einmal bestätigt, dass die Probleme in den Bereichen Leistungsgewährung und Verwaltungshandeln weiter bestehen. Dass die zuständigen Behörden die rot-grüne Hartz-Reform auch nach Jahren nicht im Griff haben, halten wir für erschreckend. Hier wird deutlich, dass die Hartz-IV-Gesetzgebung eindeutig ungenügend ist und dringend grundlegend geändert werden muss. Die vergangenen kleinen Reformen der Reform haben an diesem Problem nichts geändert. Im Gegenteil, sie haben die bestehenden Missstände mitunter sogar verschärft.
Der Bericht zeigt unter anderem, dass es den Mitarbeitern in der Arbeitsverwaltung offensichtlich auch heute noch an Orientierung und an Sicherheit im Umgang mit dem viel zu komplexen Regelwerk fehlt. Eine hohe Personalfluktuation und ständig veränderte interne Regelungen tragen ihren Teil zu diesem Problem bei. Die Folgen sind, neben einer langen Bearbeitungsdauer, häufig unübersichtliche und unverständliche Bescheide, die für Unzufriedenheit bei den Betroffenen sorgen. Doch auch die Kritik der Bürgerbeauftragten am Stil der Bescheide halten wir für berechtigt. Dass durch die unverhältnismäßige Androhung von Sanktionen eine Kultur des Misstrauens geprägt wird, ist wenig überraschend. Wir hoffen, dass die Landesregierung diese Warnung zum Anlass nimmt, um hier wirklich einmal etwas zu verändern.
Mit der Einführung der Hartz-IV-Gesetze war nicht zuletzt das Ziel verbunden, die Arbeitsuchenden nicht nur zu „fordern“, sondern endlich auch stärker zu „fördern“. Es ist einfach enttäuschend, dass sich hier auch nach Jahren so wenig getan hat. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es eine persönliche
und individuelle Beratung durch gut geschulte und motivierte Mitarbeiter. Sie müssen die Möglichkeiten haben, sich umfassend fortzubilden, um die anspruchsvolle Vermittlungsarbeit erfolgreich auszuführen. Selbstverständlich ist diese Aufgabe mühsamer und anstrengender als die bloße Verwaltung der Arbeitsuchenden. Doch dieser Ansatz ist zentral, wenn es darum geht, den Hilfesuchenden echte berufliche Chancen zu eröffnen. Leider bestätigen Frau Wille und ihr Team den Eindruck, dass die individuelle Betreuung und Förderung noch viel zu kurz kommt. Auch heute fühlen sich viele Ratsuchende alleingelassen und hilflos.
Natürlich muss nicht zuletzt der Bund die vielen Unzulänglichkeiten und Probleme rund um das Hartz-IV-System zum Anlass nehmen, um diese Gesetze endlich einer grundlegenden Revision zu unterziehen. Der Weg, hier und da kleine Nachbesserungen vorzunehmen, bringt uns ganz offensichtlich nicht weiter. Dies belegt auch der diesjährige Bericht eindeutig. Neben den Problemen im Bereich des SGB II zeigt er aber auch andere soziale Bereiche, in denen offensichtlich Nachbesserungsbedarf besteht. Hierzu zählt zum Beispiel die überfällige landeseinheitliche Sozialstaffel für Kindertageseinrichtungen. Aus unserer Sicht tut die Landesregierung gut daran, die Hinweise aus diesem Bericht ernst zu nehmen und den genannten Problemen entschlossen zu begegnen.
Es ist beantragt worden, den Bericht Drucksache 17/1380 dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Bevor wir zu der Sammeldrucksache kommen, rufe ich daraus vorgezogen zur gesonderten Abstimmung Tagesordnungspunkt 24 zur Abstimmung ohne Aussprache auf:
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Ich komme jetzt zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, über Nr. 1 des Antrags Drucksache 17/ 1656 (neu) - 2. Fassung - in der Sache abzustimmen, da hier ein Bericht zur 21. Tagung des Landtags erbeten wird. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/1656 (neu) - 2. Fassung - Nr. 1 mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.
Weiter schlage ich vor, die Nummern 2 und 3 des Antrags an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Ausschussüberweisung des Antrags Drucksache 17/1656 (neu) - 2. Fassung Nummern 2 und 3 mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen worden.
Wir kommen nun noch zu den Tagesordnungspunkten ohne Aussprache, für die eine Gesamtabstimmung vorgesehen ist.
Sammeldrucksache über die Vorlagen gemäß § 63 Abs. 1a der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Wir werden jetzt über die Punkte der Tagesordnung beschließen, für die eine Gesamtabstimmung vorgesehen ist, mit Ausnahme des Tagesordnungspunkts 24, Förderung von Frauen und Mädchen im Sport, über den wir bereits abgestimmt haben. Voraussetzung ist, dass keine Abgeordnete und kein Abgeordneter widerspricht. - Ich sehe, dies ist offenbar nicht der Fall.
Die Tagesordnungspunkte mit den entsprechenden Voten der Ausschüsse und der Fraktionen entnehmen Sie bitte der Ihnen vorliegenden Sammeldrucksache.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer mit der Übernahme der Empfehlungen entsprechend der Sammeldrucksache 17/1724 einschließlich der eben bekanntgegebenen Änderung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit hat der Landtag die Empfehlungen einstimmig bestätigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Ende unserer Tagung. Beginn der nächsten, der 20. Tagung des Landtags ist am 14. September 2011, 10 Uhr.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende bei hoffentlich spätsommerlichem Wetter und schließe unsere Tagung.
Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst