Wenn wichtige Exportpartner eines Landes ihre Währungen abwerten und Zollschranken errichten können, dann brechen Gewinnerwartungen ein, dann sind in der Folge Arbeitsplätze gefährdet, und dann verringern sich auch die Steuereinnahmen und dass für den Konsum verfügbare Geld der Allgemeinheit. Das bekommen übrigens alle zu spüren vom Kellner bis zur Bauunternehmerin.
Europa ist die Idee, über gemeinsame Werte, über vertiefte und vertrauensvolle Zusammenarbeit und über Solidarität den Frieden, die Freiheit und den Wohlstand der Menschen zu mehren. Der Bau von neuen Grenzschranken widerspricht diesem Grundgedanken fundamental. Wer das gutheißt, zündelt an der europäischen Idee und damit an der Zukunft Europas.
Auch deswegen fordern wir die Landesregierung auf, sich intensiv gegen diese Grenzanlagen zu wehren und die bereits erteilte Genehmigung wieder zurückzunehmen beziehungsweise deren Missbrauch zu verhindern. Die Geschäftsgrundlage ist entfallen. Herr Ministerpräsident oder Herr Verkehrsminister, der Sie heute hier reden, es geht nicht um bessere Verkehrslenkung!
Die dänische Regierung erfüllt mit dieser Maßnahme eine Forderung der dortigen Rechtspopulisten und folgt in der Begründung den von jenen verbreiteten Vorurteilen, man wolle die Kriminalität eindämmen. Sie verschweigen uns wohlweislich, dass über 70 % der Einbrüche in Ferienhäuser auf das Konto dänischer Banden gehen und die jetzige Form der Kontrollen durchaus gut funktioniert. In Wirklichkeit gleicht diese Maßnahme doch eher einer Scheinaktivität und taugt besonders gut dazu, Ressentiments und Vorurteile zu schüren. Schon deswegen darf dieser Plan nicht kommen, und ich bin übrigens froh, dass sich die dänischen Sozialdemokraten dagegen gewandt haben, diese Kontrollen durchzuführen und zu verschärfen.
Bald sind in Dänemark auch Parlamentswahlen, und ich hoffe, dass sich Toleranz und Vernunft gegen dumpfe Stammtischpolitik durchsetzen werden.
Rechtspopulisten machen überall in Europa eine Politik auf dem Rücken der Schwachen unserer Gesellschaft. Sie setzen auf Ausgrenzung, sie setzen auf Abschottung und Intoleranz. Sie schüren die Ausländerfeindlichkeit nicht nur in Dänemark, und sie tragen in keiner Weise dazu bei, die Grenzen sicherer zu gestalten oder die grenzüberschreitende Kriminalität wirksam zu bekämpfen.
Die Mahnung an Sie von Union und FDP ist leider auch deswegen notwendig, weil wir ja wissen, wie Sie sich im Zweifelsfall verhalten. Es ist erst wenige Jahre her, dass Sie gemeinsam mit dem Rechtspopulisten Schill eine Regierung in Hamburg gebildet haben, jenem Herrn Schill, den man getrost als Ganoven bezeichnen darf.
Wir konnten in Hamburg sehen, zu welchen Abgründen es führt, wenn man Rechtspopulisten Gelegenheit gibt, an einer Regierung teilzunehmen.
Stellen wir uns dem offensiv entgegen! Rechtspopulisten darf man nicht hoffähig machen, man muss sie entschieden bekämpfen. Auch deswegen fordere ich Sie auf, unserem Antrag heute zuzustimmen.
Abschottung und neue Grenzen können nicht unser Weg in die Zukunft Europas sein. Wir sollten uns vielmehr der klugen Empfehlung des norwegischen Ministerpräsidenten Stoltenberg anschließen, mit Toleranz und Solidarität dem Hass zu begegnen und dabei aber auch wachsam zu sein. Der Attentäter von Oslo und Utøya war - wie Sie wissen - ein Spross der norwegischen Rechtspopulisten. Vor diesem Hintergrund ist es besonders bemerkenswert, was der norwegische Ministerpräsident gesagt hat und wie er sein Land in einer Situation, in der so viele auf Abgrenzung und Fremdenfeindlichkeit setzen, vertreten hat.
Herr Kollege Kubicki, der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer von der FDP, hat Folgendes gesagt - ich zitiere:
„Es gibt nicht den geringsten Grund, bereits jetzt Teile eines neuen […] Grenzkontrollsystems zu bauen, über dessen Vereinbarkeit mit dem Vertrag von Schengen sowohl bei der Europäischen Kommission als auch bei der Bundesregierung erhebliche Zweifel bestehen.“
- Frau Funke, schön dass Sie klatschen. - Er findet es unverständlich, wenn bereits Fakten auf dem Boden geschaffen werden sollen. Eine Sprecherin der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström reagierte ebenfalls besorgt: Die seit Monaten vorhandenen Bedenken zu den dänischen Grenzkontrollen seien nicht ausgeräumt.
Nur die Landesregierung hält alles wieder einmal für nicht so schlimm, schließlich sei der Bau ja schon lange vereinbart gewesen. Ich kann nur sagen: nicht in dieser Form, nicht für diesen Zweck und nicht in dieser Zeit.
Da in Schleswig-Holstein nun jeder weiß, dass es müßig wäre, noch irgendwelche politischen Erwartungen an Sie, Herr Ministerpräsident, zu richten, wende ich mich an den Verkehrsminister. Herr de Jager, ich wünsche mir heute von Ihnen ein deutliches Wort. Setzen Sie ein Zeichen für Neuorientierung! Nutzen Sie die Chance zu sagen, dass Sie das eben nicht verharmlosen, sondern dass Sie an der Seite derer stehen, die ein anderes Europa wollen, nämlich ein Europa der Toleranz, der offenen Grenzen, nicht der Abschottung und der Vorurteile! Sorgen Sie mit dafür - nicht nur in Ihrer Rede, sondern auch mit dem Wirken Ihrer neu aufgestellten Fraktion -, dass wir hier gemeinsam für ein Europa der Toleranz und der Zukunft miteinander streiten!
Ich erteile dem Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Johannes Callsen, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in den Sommerferien in Dänemark und Schweden Urlaub gemacht. Ich habe es gern gemacht. Ich ha
be die Landschaft genossen. Ich habe mit den Menschen vor Ort viele Gespräche geführt. Kontrolliert wurden wir an keiner Grenze, ich bin sicher, der weit überwiegende Teil der Dänemarkurlauber ebenso wie die Pendler zwischen Deutschland und Dänemark auch nicht.
Als jemand, der in der deutsch-dänischen Region groß geworden ist und jahrelang auch ehrenamtlich kommunalpolitisch aktiv war, weiß ich um die besondere Bedeutung der deutsch-dänischen Zusammenarbeit. Herr Kollege Dr. Stegner, deswegen will ich mich auch bemühen, damit sachlich umzugehen.
Dänemark ist in wirtschaftlicher, aber auch in kultureller Hinsicht, ein wichtiger Partner SchleswigHolsteins. Das wird auch so bleiben. Wir sind im Europa der Regionen eine gemeinsame Wirtschaftsregion. Wir haben viele grenzüberschreitende Wirtschaftsverflechtungen und einen Arbeitsmarkt, bei dem die Grenze zum Glück keine Rolle mehr spielt. Die dänische Art zu leben und miteinander umzugehen, entspricht im Kern unserer Mentalität und Denkungsart. Dies ist ein absolut solides und unerschütterliches Fundament, auf dem unsere Gemeinsamkeiten ausgebaut und weiter gefestigt werden können.
Wir alle hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag wissen, dass wir uns gerade jetzt in einer entscheidenden Phase befinden. Die Festigung und Vertiefung unserer Beziehungen erfährt - nicht zuletzt durch unsere offene und weitsichtige Landespolitik - übrigens von allen maßgeblichen Akteuren gelobt - derzeit einen Qualitätssprung im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Miteinander, wie es ihn zwischen Regionen zweier Länder in Europa selten gegeben hat.
Zwischen den bisher getrennten Metropolregionen Kopenhagen-Malmö und Hamburg mit der Elbregion erfolgt im wahrsten Sinne des Wortes ein Brückenschlag. Die Scharnierfunktion dieses neuen Kräftefeldes übernimmt Schleswig-Holstein. Ich bin sicher, dass dies erhebliche positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land haben wird.
All das ist aber nur möglich, weil wir zuallererst Grenzen im Denken überschritten haben, um dann ganz konkret auch die Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zu be
seitigen. An diesem Europa müssen wir permanent arbeiten. Das ist unsere Aufgabe. Deshalb passt die gegenwärtige Diskussion um die Einführung von permanenten Zoll-, Steuer- und Drogenkontrollen - wie auch immer begründet - nicht zum Bild eines grenzfreien Europas.
Aus diesem Grund können wir den eingeschlagenen Weg unserer dänischen Nachbarn so nicht für gut halten. Deswegen war es richtig, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag in einer gemeinsamen Resolution in der Mai-Tagung klar positioniert hat. Wir haben gemeinsam - und das betone ich - festgestellt, dass offene Grenzen und die Vielfalt der europäischen Regionen und Kulturen Stärke und Kern der europäischen Integration sind.
Wir haben gemeinsam den Entschluss der dänischen Regierung, permanente Grenzkontrollen des Zolls an den Grenzübergängen und den Seehäfen einzurichten, bedauert. Wir haben ebenso gemeinsam an die dänische Regierung appelliert, die Wiedereinführung ständiger Grenzkontrollen zu überdenken.
Ich rate uns aber auch, diese Diskussion nicht zu hoch zu hängen. Viele Fachleute berichten mir - das nehme ich auch aus eigener Anschauung mit -, dass die deutsch-dänische Zusammenarbeit nach wie vor sehr gut funktioniert. Wir sollten sie deshalb nicht kaputtreden oder eine Krise herbeireden, wo keine ist.
Das gute Verhältnis zu unseren Freunden und Partnern, unserem Nachbarland Dänemark, darf dadurch nicht beeinträchtigt werden. Es ist ganz klar, ob und inwieweit das Schengener Abkommen oder das Europarecht verletzt werden, werden die europäischen Institutionen schnell und eindeutig klären müssen. Daher wäre es gut, wenn Dänemark alle Pläne zur Vorbereitung ständiger Kontrollen ruhen ließe.
Das gute Verhältnis zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark eignet sich aber auch in keiner Weise für Wahlkampfattacken aus der Opposition. Deswegen sage ich hier in aller Deutlichkeit: Einen wie auch immer - gearteten Zusammenhang zwischen den dänischen Rechtspopulisten und der Landesregierung zu konstruieren ist infam.
Diese Landesregierung, diese Koalition von CDU und FDP haben sich bisher stets für ein friedliches, offenes und tolerantes Miteinander in Europa eingesetzt. Sie setzten sich heute dafür ein, und sie werden sich auch in der Zukunft dafür einsetzen. Die europäische Zusammenarbeit ist ein viel zu hohes Gut, als dass wir sie hier und heute im Wahlkampfgetöse der Opposition untergehen lassen. Versuchen Sie deshalb nicht, der Landesregierung eine Nähe zum Rechtspopulismus durch die Aufstellung einer Verkehrssicherungsanlage zu unterstellen! Diese Unterstellung ist der Würde des Hauses abträglich, und ich weise sie in aller Form zurück.
Herr Kollege Dr. Habeck, ich würde mich freuen, wenn sich auch die Grünen als Mitantragsteller in dieser Frage und in dieser Weise gleich klar positionieren würden.