Protocol of the Session on June 29, 2011

Die meisten Argumente sind ausgetauscht. Ich will in aller Ruhe und Zurückhaltung auf einen Punkt hinweisen. Ich finde es ein bisschen problematisch, den Präsidenten für alles in Haft zu nehmen.

(Heiterkeit - Beifall des Abgeordneten Detlef Buder [SPD])

Aber zu argumentieren, wesentliche Politiker - auch dieses Landes - hätten sich bereits in den Medien, im Rundfunk und in den Zeitungen geäußert, dann müsste man das im Parlament nicht mehr ansprechen, hat nichts mit politischer oder parlamentarischer Kultur zu tun.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, DIE LINKE und SSW)

Ich will nur noch einmal sagen: Es ist doch unbestreitbar, dass wir einen Beschluss in diesem Landtag haben. Das bestreitet kein Mensch.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: So ist es!)

Es ist aber auch unbestreitbar, dass es solche Beschlüsse in Berlin gab und die Gespenster trotzdem aus dem Keller geholt werden.

(Christopher Vogt [FDP]: Es gab keine Be- schlüsse in Berlin! Wo denn?)

- Es gibt keine neuen Beschlüsse in Berlin, nein, das ist richtig. Aber es wird das Gespenst der Steuersenkung wieder aus dem Keller geholt. In einer solchen Situation ist es sinnvoll und vernünftig, dass wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag klar und deutlich unsere Position in dieser Diskussion, die jetzt neu angeschoben worden ist, präzise und deutlich sagen. Mehr nicht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und des Abgeordneten Heinz- Werner Jezewski [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, das hat eine zeitliche Dringlichkeit aufgrund der aktuellen neuen Diskussion, und das hat eine faktische Dringlichkeit. Kann es zurzeit irgendetwas Dringlicheres geben, als dass wir uns gemeinsam dagegen wehren, dass der Landeshaushalt durch Steuersenkung ausgeplündert wird?

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])

(Lars Harms)

Nein, gibt es nicht. Deswegen brauchen wir diese Debatte. Es wäre schön, wenn Sie diese Debatte zuließen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich stelle zunächst mal fest: Mein Papier ist in aller Munde.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 17/1632 abstimmen. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, der Antrag wird in dieser Tagung nicht behandelt.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, es liegt ein weiterer Dringlichkeitsantrag von der Fraktion DIE LINKE vor.

Keine Bevormundung der Kreise bei der Schülerbeförderung

Dringlichkeitsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1644

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das Wort hat Herr Abgeordneter Ulrich Schippels für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie zeigen sich bei dieser Debatte ein bisschen einsichtiger. Ich möchte daran erinnern: Es geht um die Beteilung der Eltern an den Kosten der Schülerbeförderung. Hintergrund ist die entsprechende gesetzliche Änderung des Schulgesetzes im Haushaltsbegleitgesetz, - wie ich finde - ohne ausreichende Beteiligung und gesellschaftliche Debatte sozusagen im Parforceritt einfach durchgesetzt. Jetzt haben wir den Salat, denn das muss jetzt in den Kreisen umgesetzt werden - übrigens eine Regelung, die durch einen Änderungsantrag von CDU und FDP noch in letzter Sekunde verändert worden ist und sehr viel Spielraum gibt. Der Innenminister versucht jetzt, sein ursprüngliches Begehren in den Kreisen umzusetzen. Das führt zu sehr vielen Irritationen.

Wir kennen es alle, die Debatte läuft seit mehreren Wochen, seit mehreren Monaten. Das geht so weit, dass zum Beispiel in Stormarn diskutiert wird, eine Kostenbeteiligung für die Schülerbeförderung nur von den Eltern einzufordern, die über 200.000 € im Jahr verdienen.

Wir bleiben dabei, dass die Schülerbeförderung für die Eltern natürlich kostenfrei sein muss und dass das Land und die Kreise dafür zuständig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Aktuelle Stunde ist besonders der Beschluss relevant, der am 23. Juni 2011 im Kreis Dithmarschen gefasst worden ist, nach Antragsschluss, übrigens mit den Stimmen der Abgeordneten der CDU, und auch die FDP ist dort im Kreistag vertreten.

(Christopher Vogt [FDP]: Und wie!)

Ich möchte, weil das die Grundlage für unseren Antrag ist, den Beschluss des Kreistags zitieren:

„Der Kreistag lehnt es unverändert ab, die dritte Satzungsänderung zur Änderung der Satzung des Kreises Dithmarschen über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 9. Oktober 2008 zu beschließen. Der Kreistag bleibt nach ausführlicher Abwägung aller Argumente dabei, dass die Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten im höchsten Maße ungerecht ist. Der Kreispräsident wird beauftragt, für den Rechtsstreit eine Anwaltskanzlei zu beauftragen.“

Es geht also darum, dass sich die Kreise jetzt tatsächlich in Rechtsstreitigkeiten mit dem Land begeben werden. Diesen bemerkenswerten Vorgang gilt es hier zu diskutieren und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen, weil die Elternbeteiligung an den Kosten der Schülerbeförderung auf keine Gegenliebe im Land stößt.

(Beifall bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 17/1644 abstimmen und weise auch hier auf das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen hin. Wer der Dringlichkeit zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Die Dringlichkeit ist mit der erforderlichen Mehrheit von deutlich über zwei Drittel bejaht. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag als

(Jürgen Weber)

Punkt 34 B in die Tagesordnung einzureihen. Die Parlamentarischen Geschäftsführungen mögen sich bitte über die Redezeiten verständigen und mir einen Vorschlag für den Zeitpunkt des Aufrufs machen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3, 8, 9, 10, 12, 25, 36 bis 39, 42, 43, 44, 46 bis 48 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 17, 22, 29, 31, 35, 45, 53 bis 57, 60 und 61.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 5, 21 und 41 - Gesetzentwurf zur Neuordnung des Glücksspiels, Antrag für ein schleswig-holsteinisches Spielhallengesetz und Verschärfung der Spielverordnung, Bericht zur Liberalisierung des Glücksspiels auf das Suchtverhalten -, 22 und 53 - Antrag „Umbruch von Grünland auf Moorstandorten wirksam unterbinden“ und Bericht zum Moorschutzprogramm für SchleswigHolstein -, 19 und 27, Anträge zur Messe WindEnergy in Husum -, 1 A, 23 und 30 - Regierungserklärung zum Energiepaket der Bundesregierung, Anträge zur Umsetzung einer dezentralen, erneuerbaren und bezahlbaren Energiewende und zur Bürgerbeteiligung im Bereich der erneuerbaren Energien -, 49, 50 und 58 - Berichte zu Auswirkungen der Aussetzung des Wehrdienstes und Zukunft der Freiwilligendienste und des Katastrophenschutzes, Wissenschafts- und Studienplatzstandort nachhaltig sichern, Bereitstellung von Studienanfängerkapazitäten durch die Aussetzung der Wehrpflicht -, 4, 7 und 33 - Gesetzentwürfe zur Förderung des Mittelstands und zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe sowie Antrag zur Bundesratsinitiative Mindestlohn zur Flankierung von Länder- und Tariftreueregelungen -, 18 und 24 - Anträge „Mehr Zeit für Pflege“ und „Förderung der beruflichen Weiterbildung im Bereich der Altenpflege finanziell sichern“. Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, die Aktuelle Stunde auf der Grundlage des Antrags der Fraktion der SPD „Auffassungen der Landesregierung über Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit und Gewaltenteilung“ abzuhalten. Die Fraktion DIE LINKE als Urheberin eines älteren Antrags auf eine Aktuelle Stunde hat sich dem angeschlossen und

wird in der Debatte als erste Fraktion das Wort erhalten. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen in der 18. Tagung. Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine verkürzte Mittagspause von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich als Gäste Schülerinnen und Schüler des Marion-DönhoffGymnasiums, Mölln, der Jungen Union aus Aukrug sowie den ehemaligen Abgeordneten Thomas Stritzl. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Bevor wir in die Debatte einsteigen, möchte ich darauf hinweisen, dass die Uhr wieder einmal ausgefallen ist. Wir versuchen, das hier vorn wie immer fair und gerecht zu regeln.

Aktuelle Stunde

Auffassungen der Landesregierung über Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit und Gewaltenteilung

Antrag der Fraktion der SPD

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe selten erlebt, dass das Thema einer Aktuellen Stunde schon im Vorfeld so breit diskutiert worden ist. Wir haben - man muss sich das noch einmal ins Gedächtnis rufen - auch schon im Innenund Rechtsausschuss über das Thema geredet. Das ist auch richtig so, und wir könnten an die Aktuelle Stunde noch eine normale Diskussion anhängen, weil das Thema sehr komplex ist. Ich nehme einfach einmal einen Teil heraus, der uns unter anderem dazu bewogen hat, den beinahe inhaltsgleichen Antrag zu stellen wie die SPD-Fraktion.

Es geht um Pfefferspray, es geht um Reizgas. Ich habe am letzten Wochenende eine Mail bekommen, aus der ich kurz einmal zitieren möchte, ohne mir

(Präsident Torsten Geerdts)

den Inhalt zu eigen zu machen, ohne das geprüft zu haben.