Protocol of the Session on May 27, 2011

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Heiterkeit und Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal geht es nicht anders, wie auch ich selbst schon erfahren durfte.

(Zurufe)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist zum einen Ausschussüberweisung und zum anderen Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich komme zunächst zum Antrag auf Ausschussüberweisung. Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 17/1459, 17/1482 (neu) und 17/1558 als selbstständige Anträge sowie den Änderungsantrag Drucksache 17/1563 federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit sind die Anträge einstimmig an die Ausschüsse überwiesen worden. Ich beende diesen Tagesordnungspunkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche die Sitzung. Mit Blick auf die Uhr empfehle ich, dass wir uns hier um 14:15 Uhr wieder zusammenfinden und den für 14 Uhr gesetzten Tagesordnungspunkt 27 zu den Hebammen dann aufrufen. Da sich kein Widerspruch erhebt, verfahren wir so.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:15 Uhr.

(Unterbrechung: 13:24 bis 14:15 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen unsere Sitzung fort. Zunächst eine geschäftsleitende Bemerkung: Aus der Vormittagsdebatte ist der Tagesordnungspunkt 24 - Keine Bundesratszustimmung zum CCS-Gesetzentwurf - offen. Diesen werden wir in die Tagesordnungsabwicklung einreihen. Ich werde ihn nach dem gesetzten Tagesordnungspunkt 27 - Versorgung durch Hebammen und Geburtshelfer sicherstellen - aufrufen.

Bevor wir aber zu diesem Tagesordnungspunkt kommen, teile ich Ihnen mit, dass die Fraktionen

(Detlef Matthiessen)

von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW einen Dringlichkeitsantrag vorgelegt haben.

Missbilligung der Äußerung des Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP)

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW Drucksache 17/1565

Ich frage: Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden der SPD und Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Landtag wird zu den verschiedensten Tagesordnungspunkten lebhaft und leidenschaftlich debattiert, es werden Meinungen zwischen Mehrheit und Minderheit ausgetauscht, und gelegentlich kommt es vor, dass jemand über die Stränge schlägt, zur Ordnung gerufen wird oder sich entschuldigt. Das ist alles normaler, lebhafter Parlamentarismus, den niemand kritisiert oder verändern will, sondern das ist das Übliche.

(Unruhe)

Herr Abgeordneter, einen kleinen Augenblick bitte. - Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

Wir als Oppositionsfraktionen haben in diesem Landtag den vorliegenden Dringlichkeitsantrag nicht eingebracht, um über die Richtigkeit von Meinungen oder Auffassungen zu debattieren und darüber abstimmen zu lassen. Das entzieht sich logischerweise der Mehrheitsbildung. Ich will vier Punkte zur Begründung der Dringlichkeit nennen.

Erstens. Wir haben heute Vormittag über den Glücksspielstaatsvertrag debattiert. Es war der Wunsch - wenn ich das richtig weiß - aus fast allen Fraktionen und der Landesregierung, dass es über diesen Glücksspielstaatsvertrag möglichst eine Einigung mit anderen Ländern geben solle, dass man dies versucht. Wenn in Verhandlungen zu diesem Glücksspielstaatsvertrag mit anderen Ländern, deren Landesregierungen hier in der Form beleidigt

werden, dass sie - hier im Parlament öffentlich - in den Staatskanzleien als Extremisten und Taliban bezeichnet werden, ist das dem Verhandlungsziel nicht dienlich, sondern im Gegenteil hochgradig schädlich für die Interessenvertretung des Landes Schleswig-Holstein.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Zweitens. Wir gehören verschiedenen Fraktionen an, die sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten, aber alle Abgeordneten dieses Hauses sind demokratisch gewählt und gehören demokratischen Parteien an. Wenn in der Vormittagsdebatte ein Mitglied dieses Hauses, das nicht meiner Fraktion angehört, vom Fraktionsvorsitzenden einer regierungstragenden Fraktion als Extremist bezeichnet wird, ist das zu Recht mit einem Ordnungsruf bedacht worden. Aber da dem keine Entschuldigung folgte, muss ich sagen, dass es für dieses Haus unerträglich ist, wenn Mitglieder dieses Hauses als Extremisten bezeichnet werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Drittens. Der Herr Landtagspräsident, der Kollege Geerdts, hat in den letzten Wochen mehrmals an verschiedenster Stelle dazu aufgerufen, dass wir uns im Umgang miteinander und in der Darstellung dieses Parlaments nach außen bei aller Lebhaftigkeit der Debatte darum bemühen, das Ansehen in der Öffentlichkeit zu mehren. Sie haben mehrere Interviews dazu gegeben, Sie haben Artikel dazu geschrieben, Sie haben die Fraktionen aufgefordert.

Herr Abgeordneter, beachten Sie bitte Ihre Redezeit. Es sind nur bis zu drei Minuten für die Begründung möglich.

Ich beeile mich, Entschuldigung.

Wenn eine Person hier im Hause wiederholt solche Äußerungen von sich gibt, permanent zur Ordnung gerufen werden muss und sich praktisch dauerhaft zu entschuldigen hat und im Übrigen nicht auf eine Ältestenratssitzung in vier Wochen warten kann, ist das damit nicht vereinbar.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Als letzten Punkt möchte ich sagen, dass wir es auch damit zu tun haben, dass immer häufiger, im

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

mer schneller und immer deutlicher von einer Person hier im Hause die Regeln gebrochen werden. Wir sind der Meinung, dass das Parlament dies in dieser Form jedenfalls nicht hinnehmen sollte und dass es dringlich ist, darüber zu debattieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Christian von Boetticher das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, welche Wortwahl ein Parlamentarier trifft, obliegt zunächst ihm selbst. Die Frage, ob das ordnungsgemäß ist oder nicht, obliegt einzig und allein dem Präsidenten oder der Präsidentin, der oder die die Sitzung leitet. Aus gutem Grund sind weitere Dinge - ob der Ordnungsruf zu Recht erteilt ist, ob eine Entschuldigung hätte erfolgen müssen Sache des Ältestenrats. In 60 Jahren der Parlamentsgeschichte der Bundesrepublik sowohl in den Landesparlamenten als auch im Bundestag ist so verfahren worden. Ich sage Ihnen: aus gutem Grund! Wenn dieses Parlament anfängt, sich selbst, die Abgeordneten hier, maßregeln zu wollen mit mehrheitlich beschlossenen Missbilligungsanträgen, führt das dazu, dass immer dann, wenn uns etwas nicht gefällt, wenn wir uns besonders betroffen fühlen, wenn wir uns in der Ehre gekränkt fühlen und zwar subjektiv -, wir einen Antrag stellen und den mit Mehrheit als Missbilligung verabschieden. Ist das der Umgang, den wir wollen? - Ich kann es mir beim besten Willen so nicht vorstellen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das ist der Grund, warum in der Parlamentsgeschichte solche Missbilligungsanträge auch nie unterschrieben beziehungsweise nie befürwortet worden sind, denn sonst könnten wir die uns selbst gegebenen Spielregeln, dass wir einen Parlamentspräsidenten oder eine Parlamentspräsidentin wählen, der oder die die Ordnung hält und wenn es zur Frage der Ordnung des Parlamentes weiteren Beratungsbedarf gibt, dieser im Ältestenrat befriedigt wird, ad acta legen. Wir würden uns ständig selbst maßregelen. Das ist nicht der Parlamentarismus, den wir hier gepflegt haben. Wir sollten heute nicht mit einer anderen Entscheidung beginnen, unabhängig davon, welchen Beurteilungsmaßstab wir an verschiedene Wortlaute hier im Parlament anlegen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Beitrag erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Habeck von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr von Boetticher, das mag im Grundsätzlichen gelten, allerdings ist der Grundsatz überschritten worden, wenn ein Kollege von uns als Extremist bezeichnet wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Bei allem, was wir sonst an Spielregeln und an Toleranz durchgehen lassen: Mit dem Wort Extremist an einen Kollegen von uns, ist der Bogen eindeutig überspannt. Der Kollege Stegner hat dies ausgeführt. Das Parlament sollte in Solidarität zusammenstehen und sagen: Solche Äußerungen haben hier nichts zu suchen. Im Übrigen hat der Kollege Kubicki die Möglichkeit, das klarzustellen und sich zu entschuldigen. Wenn er das nicht will, dann entnehme ich daraus, dass er dies mit vollem Bewusstsein aufrecht erhält. Das kann das Parlament an dieser Stelle nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ein zweiter Punkt: Aus der bemerkenswerten Rede des Herrn Ministerpräsidenten und dem - ich würden sagen - Rüffel, den er dem Abgeordneten Kubicki gegeben hat, wird deutlich, dass sich die Ministerpräsidenten vor die Mitarbeiter ihrer Staatskanzlei stellen. Das gilt wohl auch für alle anderen beleidigten Ministerpräsidenten, die sich vor ihre Beamten, die sich nicht wehren können, stellen würden. Da die Verhandlungen über den Glücksspielstaatsvertrag dadurch schwer belastet sind, müssen wir als schleswig-holsteinisches Parlament klarmachen, dass wir uns dies nicht zu eigen machen.

(Christopher Vogt [FDP]: Ihr Bundesvorsit- zender!)

Aus der Äußerung von Herrn Carstensen entnehme ich, dass es eine dringliche Missbilligung des Parlamentes geben muss, um die Sache klarzustellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW - Dr. Christian (Dr. Ralf Stegner)

Völlig unparlamentarisch! - Weitere Zurufe)

Ich bitte um Aufmerksamkeit. Ich erteile jetzt dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Stegner, ich finde es sehr bemerkenswert, wie Sie das Prinzip von Meinungsfreiheit und parlamentarischer Debatte definieren. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehrfachen Entscheidungen festgestellt, dass die Meinungsfreiheit eine der tragenden Grundsäulen des rechtsstaatlichen Gemeinwesens ist und dass zur Meinungsfreiheit gehört, scharf und pointiert in der Sache zu argumentieren; auch polemisch in der Sache zu argumentieren, weil nur so Konturen sichtbar wären und der Bürger sich eine Meinung bilden kann.

Deshalb sind wir gegen die Dringlichkeit. Wir sind dafür, dass wir über diesen Antrag tatsächlich in der nächsten Sitzung in voller Breite debattieren, denn er enthält einige Unzulänglichkeiten. Ich habe keine Mitarbeiter von Staatskanzleien als Extremisten bezeichnet, sondern - und das habe ich mehrfach erläutert - ich habe in einer konkreten Sachfrage gesagt: Die Einnahme einer solchen Position, dass man das Monopol mit der Begründung aufrechterhalten kann, ist für mich extremistisch. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, der Kollege Schippels hat angemessen darauf reagiert. Er hat mich in vielerlei Hinsicht als extrem bezeichnet. Herr Kollege Habeck, der Bundesvorsitzende der Grünen hat die FDP insgesamt als extremistische Partei klassifiziert.

(Christopher Vogt [FDP]: Unglaublich!)