Diese haben immer gesagt: Jeder Ausfall der Kühlung durch Überschwemmung, Stromausfall, Sabotage, Unfälle, Anschläge und technische Defekte führt notwendigerweise rasch in eine Situation, in der die Kernenergie unbeherrschbar wird.
Das führt dazu, dass noch mehr Radioaktivität in die Atmosphäre freigesetzt wird, dass die Menschen qualvoll an Krebs verenden.
Zweitens. Sie haben gesagt, Fukushima sei eine Zäsur in der Geschichte der technisierten Welt. In Harrisburg 1979 hat es Knopf auf Spitz gestanden, und erst nach fünf Tagen bekam man die Kühlung wieder unter Kontrolle. Trotzdem ist viel Radioaktivität ausgetreten.
In Tschernobyl 1986, vor bald 25 Jahren, hat man Tausende von Liquidatoren geopfert, um die Sache zu beruhigen. Trotzdem ist eine radioaktive Strahlenwolke um die halbe Welt gezogen.
In Fukushima sind jetzt vier Kraftwerke außer Kontrolle. Es ist Tag 12. Wo bitte sehen Sie die Zäsur? Wir sehen eine unendlich leidvolle Kette von Unglücken in politisch gewollten atomaren Meilern.
Wir sehen, dass sich Verhängnis auf Verhängnis türmt, und wir fürchten uns vor nichts mehr, als dass die Japaner es tatsächlich nicht mehr schaffen.
Drittens. Sie sagten, Es dürfe kein Reaktor ans Netz, dessen Sicherheit nicht zweifelsfrei belegt sei. Das sehen wir genauso wie Sie, Herr Carstensen. Dass es keinen Reaktor gibt, dessen Sicherheit man zweifelsfrei belegen kann, ist bewiesen, also abschalten!
Herr Ministerpräsident, Sie wollen scheinbar den Falschinformationen der Industrie aufsitzen. Insofern gibt es auch keine technischen Schwachstellen, die man beseitigen könnte. Es handelt sich bei der Freisetzung von Radioaktivität um nichts anderes als ein Verbrechen an der Bevölkerung in Deutschland.
Viertens. Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, Sie würden Vattenfall und E.ON in die Verantwortung nehmen und unmissverständlich darauf drängen, dass sie auf ein Wiederanfahren von Krümmel und Brunsbüttel verzichten. Das ist doch nicht der richtige Weg! Denn weder Vattenfall noch E.ON können uns, die LINKE, von der Sicherheit Krümmels und Brunsbüttels überzeugen, auch nicht davon, wie schnell Sie Brokdorf abschalten dürfen. Übrigens haben Sie und Ihre Atomkonsorten nicht auch gesagt, man könne nicht abschalten - ich führe das von Herrn Habeck noch einmal aus -, weil sonst vermeintlich die Lichter ausgingen? Und jetzt sind acht Meiler vom Netz - und Ihnen geht immer noch kein Licht auf?
Fünftens. Sie haben gesagt, der Deutsche Bundestag habe im vergangenen Jahr Gesetzesänderungen beschlossen, mit denen die Sicherheit unserer Kernkraftwerke weiter erhöht worden sei. Es würde mich freuen, wenn Sie uns das erläutern würden. Oder meinen Sie, dass die AKW allein dadurch sicher werden, dass sie länger laufen?
Sechstens. Herr Ministerpräsident, Sie wollen unsere Position als Energie-Exportland weiter ausbauen. Sie sagen, Schleswig-Holstein produziere derzeit doppelt so viel Strom wie es verbrauche. Herr Ministerpräsident, sehen Sie, da fangen die Probleme an. Davon hat die Bevölkerung leider nichts, sondern nur das Management der Energiekonzerne.
Siebtens. Ich komme nun zu Ihrer Roadmap, die in unseren Augen keine ist. Sie haben gar keinen Ausstiegsplan, weil Sie weitermachen wollen wie bisher. Was Sie jetzt vorschlagen, wollten Sie ja sowieso schon lange. Sie wollten die demokratischen Verfahren abschaffen, damit Sie der Industrie bei ihren Projekten schneller zu Diensten sein können. Das veredeln Sie nun zu einem „Maßnahmenvorranggesetz“. Sie wollen eine Sprinterprämie für Netzbetreiber. - Was heißt das? Für uns heißt das, Sie wollen die Netze weiter privatisieren und die Renditen der Unternehmen staatlich garantieren. Nicht mit uns!
Es ist unglaublich, dass Sie uns so etwas vorschlagen. Wenn Sie es politisch ernst meinen würden, würden Sie selbst energisch an den Aufbau von Netzen gehen und die Gesundheit der Menschen in diesem Land nicht von den Renditevorstellungen einiger weniger abhängig machen. Es ist tatsächlich eine Frage des politischen Willens, jetzt auszusteigen. Ja, das wird teuer. Aber es geht doch um die Frage, ob es uns gelingt, diejenigen zahlen zu lassen, die das Geld wirklich in den Taschen haben. Das müssen wir fordern.
Herr Ministerpräsident, nach der japanischen Atomkatastrophe sagten Sie, Sie wollten schnellstmöglichst auf die Kernenergie verzichten. Da sind wir mit Ihnen einig. Wir sagen auch: Wir haben dort alles verloren, und niemand hat gewonnen.
Lieber Herr Carstensen, lieber Herr Schmalfuß, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie von den Menschen in Schleswig-Holstein gewählt worden sind und gegenüber den Menschen eine Verantwortung haben. Nehmen Sie die Verantwortung endlich wahr, schützen Sie die Menschen, und legen Sie die drei Meiler in Schleswig-Holstein unwiderruflich still!
Liebe Abgeordnete der Grünen und der SPD, auch Sie hatten in den letzten 20 Jahren mehr als genug Chancen, Atomkraft in Deutschland zu verbieten. Aber nein, was macht Rot-Grün? Sie lassen sich auf einen nichtssagenden Atomkonsens ein, der keinen Atomausstieg darstellt, denn schon nach diesem Konsens brauchten die Atomkraftbetreiber sicherheitsrelevante Nachrüstungen für die alten AKW nicht zu leisten. Okay, man kann sagen, verantwortlich ist die Bundesebene, aber zu einem ehrlichen Atomausstieg gehört ein ausgebautes Stromnetz
worüber wir hier schon die ganze Zeit philosophiert haben -, was aber schon vor Jahren an einem Runden Tisch mit Energieerzeugern und Landesregierung - damals Rot-Grün - besprochen wurde, um den Ausbau von erneuerbaren Energien schnellstmöglich zu fördern. Aber auch das wurde komischerweise verzögert.
In Schleswig-Holstein stehen bereits jetzt umweltfreundliche Windenergieanlagen still - und das nicht erst seit Schwarz-Gelb. Der angeblich billigere Atomstrom bringt den Energiekonzernen mehr Profit. Atomstrom ist aber alles andere als billig. Seit 1950 wurde er mit über 200 Milliarden € Steuergeldern von den Steuerzahlern subventioniert. Das sind 4 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten für die Endlagerung des Atommülls und die Risiken eines atomaren GAU wie in Tschernobyl und nun in Japan sind dabei nicht mit eingerechnet.
Die AKW sind immer noch unterversichert. Ein Schaden bei einem Super-GAU wird auf circa 5 Billionen € geschätzt. Die Verbraucher - und um die geht es uns, der LINKEN - selber profitieren vom subventionierten Atomstrom aber gar nicht. Gewinne streicht ausschließlich die Atomwirtschaft ein, Gewinne, die zulasten der Bevölkerung gehen, Gewinne, die auf Kosten der Sicherheit und Ge-sundheit der Bevölkerung gemacht werden.
Die Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und nun von Japan, sie erinnern daran, dass auch bei uns ein tödlicher Super-GAU jederzeit möglich ist, denn die Atomkraft ist und bleibt unbeherrschbar.
„Nach den Vorfällen in Japan könne niemand mehr davon ausgehen, dass die Risiken der Atomkraft vollständig beherrscht werden können, auch nicht in einem hochtechnologisierten Land.“
Wir, die Fraktion DIE LINKE, sehen das genau so, und wir werden Sie bei der sofortigen Stilllegung der AKW unterstützen.
Denn Sie müssen sich noch einmal vor Augen halten: Die Atomkraftwerke wurden nachweislich für eine Betriebszeit zwischen 30 und 40 Jahren gebaut. Die drei Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein sind bereits alle um die 30 Jahre alt. Ihre Zeit ist in unseren Augen mehr als um. Das Unfallrisiko steigt mit dem Alter der Reaktoren, keiner ist ge
gen Flugzeugabstürze geschützt. Trotzdem hat die Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland nun doch erheblich verlängert. Weltweit gibt es immer noch keine Lösung für den Millionen Jahre strahlenden Atommüll. Die Atommülllager Asse II und Morsleben haben gezeigt, dass Atommüll nicht einmal für Jahrzehnte sicher gelagert werden kann. Die Atomtechnologie ist darüber hinaus auch die Grundlage für die Entwicklung von Atomwaffen.
Egal wie man es dreht und wendet: Der Einsatz von Atomkraft ist unverantwortlich und von dem Menschen nicht beherrschbar - und zwar überall, in Japan, in Deutschland, überall.
Jetzt müssen die Konsequenzen gezogen werden. Atomenergie ist keine Brückentechnologie ins erneuerbare Zeitalter, sondern kann in den Abgrund einer nuklearen Katastrophe führen. Wir wollen das nicht.
Dabei gibt uns unübersehbar die Natur die Richtung vor: Wasser, Sonne, Wind, Biomasse und Erdwärme können unumstritten unendlich viel Energie liefern. Im Gegensatz zu Kernenergie und fossilen Energien ist das Vorkommen der erneuerbaren Energien unbegrenzt, und sie hinterlassen keinen Müll. Doch trotzdem blockieren Atom- und Kohlemeiler diesen zukunftsträchtigen und daher so wichtigen Ausbau. Der Anteil der erneuerbaren Energien beträgt laut Klimaschutzbericht in Schleswig-Holstein immer noch nur 10 %. Dabei hat sich schon durch die jetzige nur eingeschränkte Nutzung der erneuerbaren Energien der CO2-Ausstoß gegenüber den letzten Jahren um 20 % verringert.
Dieses zeigt: Wir brauchen eine ganz andere Energiepolitik als die bisherige. Die technischen Voraussetzungen dafür sind längst gegeben. Durch die Kombination aus Energiesparen und Versorgung mit regenerativer Energie können Atomstrom und Strom aus fossilen Energieträgern ersetzt werden.
Die Entscheidung für eine Energiewende ist also keine Frage der technischen Realisierung, sie ist eine Frage des politischen Willens, also des Willens von uns allen.
Abgesehen von dem Umweltverträglichkeitsfaktor mindern die erneuerbaren Energien durch Dezentralisierung die Abhängigkeit von importierten Brenn
stoffen, langen Transportwegen sowie die Dominanz großer Energiekonzerne. Sie eröffnen zudem völlig neue Perspektiven in nahezu allen Bereichen des Arbeitsmarktsektors. Als Folge entstehen nicht nur stabile, zukunftsfähige Arbeitsplätze, sondern wirtschaftliches Wachstum - und dieses auch in Krisenzeiten.
Damit ist auch völlig klar, dass die Energieversorgung ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge werden muss und eine Orientierung am Allgemeinwohl erfolgen sollte. Wir unterstützen auch die Forderung nach einem Anschluss an die abstrakte Normenkontrollklage der fünf Bundesländer Berlin, Bremen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Wir begrüßen auch den Antrag der Grünen - die jetzt leider nicht mehr sehr zahlreich zu diesem Thema hier im Plenarsaal vertreten sind; das finde ich schade - in der neuen Fassung