Um eine Ausweitung von prekären Beschäftigungen und einen größer werdenden Niedriglohnsektor zu verhindern, ist es unumgänglich, auch den gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort umzusetzen.
Eine sittenwidrige Bezahlung von Arbeitnehmern, die nach Deutschland entsandt werden, dürfen wir auf keinen Fall zulassen. Wenn der polnische Arbeitgeberpräsident von Löhnen für polnische Leiharbeiter zwischen 2 und 5 € die Stunde ausgeht, beziehungsweise wenn die polnische Arbeitgeberkammer in Deutschland zu Seminaren mit der Fragestellung einlädt, wie in den polnischen Tarifverträgen ein Mindestlohn von 2,80 € vereinbart werden kann, und sich damit direkt an die Zeitarbeitsbranche wendet, dann gilt es, nicht nur aufmerksam zu sein, sondern diesem Ausbeutungsvorhaben einen konsequenten Riegel vorzuschieben.
Es sind neben den Gewerkschaften auch die Betriebe beziehungsweise die Handwerkskammern, die vor dieser Entwicklung warnen. Recht haben sie. Wir sind dankbar dafür, dass uns die Flensburger Handwerkskammer zum Beispiel sehr deutlich auf solche Positionen aufmerksam gemacht hat.
Das bedeutet, dass wir neben dem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn auch Regelungen dafür brauchen, wie die Einhaltung von Mindestlöhnen und Arbeitsbedingungen wirksam kontrolliert werden können. Das heißt auch, die Kontrollen der Schwarzarbeit zu verstärken. Wir brauchen eine Generalunternehmerhaftung. Wir brauchen eine Regelung, wie sie auch im Baugewerbe gilt: Wenn ein Unternehmen nicht den vereinbarten Mindestlohn und die Sozialversicherungsbeiträge zahlt, dann muss auch der Auftraggeber des Unternehmens haften.
Ein weiterer entscheidender Punkt wird sein, nicht nur den gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchzusetzen, sondern auch die Mitbestimmung zu stärken. Im Bereich der Mitbestimmung brauchen wir Änderungen. Bei der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern muss der Betriebsrat beteiligt werden. Besonders Entlohnung und Arbeitsbedingungen müssen in Abstimmung mit den Betriebsräten festgelegt werden. Das heißt auch, dass die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechte im Betrieb erhalten. Wer Rechte hat, der muss auch darüber informiert werden. So ist es richtig, wenn der DGB Beratungsstellen für EU-Arbeitnehmer einfordert. Wie notwendig diese Beratungen sind, zeigen die vielen Einzelfälle, aber auch die aktuelle Zahl der heute schon ent
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Vertrauen in Europa ist nur möglich, wenn wir auch für die soziale Sicherheit der Menschheit garantieren. Es gilt, Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen zu verhindern. Europäische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen in dem Wettbewerb, wer zu den niedrigsten Löhnen und den schlechtesten Bedingungen arbeitet, nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Wir wollen das soziale Europa. Das heißt, dass wir eine Entsenderichtlinie brauchen, die Mindeststandards festlegt und damit für eine arbeitsrechtliche Gleichstellung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im jeweiligen Land der Europäischen Union sorgt. Und wir fordern eine soziale Fortschrittsklausel, die in den Verträgen der EU verbindlich feststellt, dass die Europäische Union nicht nur dem wirtschaftlichen, sondern auch dem sozialen Fortschritt verpflichtet ist. Soziale Grundrechte müssen im Konfliktfall Vorrang vor den wirtschaftlichen Grundfreiheiten haben.
Dies wird nicht nur den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nützen, sondern auch der Wirtschaft. So schaffen wir sowohl wirtschaftlichen Erfolg als auch einen sozialen Frieden in Europa.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, der sehr differenziert Positionen und Forderungen für unser eigenes Bundesland, für die Bundesebene und für die Entwicklung in der EU aufzeigt und damit, glaube ich, sehr weitgehende Gedanken aufwirft, die notwendig sind, um die Sicherheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die zu uns kommen, zu gewährleisten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich festhalten, dass wir einen Großteil dieser heutigen Debatte bereits am Mittwoch geführt haben. Mein Fraktionskollege Werner Kalinka hat die Position der CDU zur Leiharbeit sehr abgewogen und hervorragend verdeutlicht.
Daher möchte ich mich, lieber Kollege Baasch, bei dieser Rede und bei diesem Punkt jetzt auf die allgemeinen Auswirkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit konzentrieren.
Die Europäische Union ist aus unserer Sicht und nach unserer Überzeugung ein Glücksfall für unseren Kontinent, der über Jahrhunderte unter Kriegen und Unterdrückung litt. Zunächst war sie auf das westliche Europa beschränkt und hat dort die wirtschaftliche und politische Integration enorm beschleunigt. Nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs dehnt sich die EU weiter in Richtung Osten aus. Das sorgt für Stabilität und Frieden und ist etwas, worüber wir uns alle freuen sollten.
Ich finde, die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ein wichtiges Element dieser Erweiterung. Wir können den osteuropäischen Ländern doch nicht den Weg zur Freiheit zeigen und dann die Grenzen dicht machen. Daher fallen am 1. Mai die letzten Beschränkungen, und die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit wird hergestellt. Ich denke, dass der 1. Mai 2011 ein guter Tag in der Geschichte Europas ist. Dies sollten aus Sie, lieber Herr Kollege Fischer, der Sie ja überzeugter Europäer sind, anerkennen. Ich wundere mich, dass an der einen oder anderen Stelle in Ihrem Antrag Ängste geschürt werden, die, glaube ich, auch von Gewerkschaftsräten nicht zu lösen sind.
- Es steht „Gewerkschaftsräte“ in Ihrem Antrag. Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, verkennen auch wir nicht, dass die Beschränkungen nicht grundlos eingeführt werden. Dahinter steckt natürlich die Angst, dass ausländische Arbeitnehmer das Lohnniveau senken und hiesige Arbeitnehmer verdrängen, eine Angst, die nicht unberechtigt ist, aber mit der man auch nicht spielen sollte. Doch das Argument ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen.
So liegen auch mir - Kollege Baasch hat das erwähnt - Einladungen zu Seminaren - nicht an mich persönlich, aber an Unternehmen - vor, in denen genau erklärt wird, wie man eine Gesellschaft im Ausland gründet und wie man mit dieser Gesellschaft möglichst schnell die Arbeitnehmerentsendung nach Deutschland oder auch die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung organisiert.
Doch die SPD nutzt diese Gelegenheit, um mal wieder ihre umfangreiche sozialpolitische Programmatik, sozusagen ihren gesamten sozialpolitischen Warenhauskatalog, auf den Markt zu werfen. So einfach geht es dann auch nicht. Über gesetzliche Mindestlöhne - gesetzliche Mindestlöhne - haben wir oft genug debattiert. Unsere Haltung dazu hat sich nicht geändert. Der Staat ist nicht der bessere Lohnfestsetzer. Dabei bleibt es.
Wir wollen Branchenlösungen. Wir wollen, dass sich die Tarifpartner - denn die sind dafür zuständig - einigen. Das ist auch der Weg, den wir beim Arbeitnehmerentsendegesetz gehen müssen. Die Tarifpartner sollen entscheiden, ob sie eine Aufnahme beantragen und Branchenmindestlöhne festlegen. Wer gestern Abend beim Empfang des Handwerks war, wird sicherlich gehört haben, dass dies auch die Position unseres Handwerks in Schleswig-Holstein ist. Das ist auch die Grundlage, auf der Tariftreueerklärungen eingefordert werden können. Auch dieses Thema haben wir hier schon oft diskutiert, sodass es eigentlich nicht notwendig ist, weiter darauf einzugehen. Aber weil Sie es in Ihrem Antrag aufgeführt haben, noch ein Satz dazu: Auch die Tarifpartner im SPNV, also im Schienenpersonennahverkehr, können diesen Weg einschlagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Leiharbeitsbranche ist in diesem Zusammenhang insofern eine Ausnahme, weil der Mindestlohn in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz aufgenommen wird. Allerdings werden die dafür notwendigen Instrumente des Arbeitnehmerentsendegesetz übernommen.
Erlauben Sie mir einen kleinen Hinweis, weil wir am Mittwoch häufiger den Eindruck hatten, dass Zeit- und Leiharbeit per se schlecht seien. Das Beispiel von VW, jetzt über 2.000 Leiharbeiter, Zeitarbeiter in die Stammbelegschaft zu übernehmen, zeigt auch, welche positiven Wirkungen Zeitarbeit dafür haben kann, Menschen in einen festen Arbeitsplatz zu bekommen.
Abschließend möchte ich noch auf ein grundlegendes Problem hinweisen. Die Sorge um Verdrängungseffekte betrifft in erster Linie die unteren Lohn- und Einkommensgruppen. Das wirksamste Mittel, um diesem vorzubeugen, ist nach unserer
Überzeugung Bildung. Wir wollen unsere Arbeitnehmer gut ausbilden und konsequent weiterqualifizieren. Dann erhöhen wir nicht nur ihre Arbeitsmarktchancen beträchtlich, sondern bekämpfen auch den drohenden Fachkräftemangel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Personenfreizügigkeit ist neben der Warenverkehrsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit sowie der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union, die die Säulen unseres Binnenmarktes bilden. Sie sind das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Auch ich glaube, wie der Kollege Callsen, dass insofern der 1. Mai dieses Jahres ein historischer Tag wird. Wir sollten die damit verbundenen Chancen herausstellen. Die Grundfreiheiten der Europäischen Union haben ja nicht nur eine wirtschaftliche Bedeutung. Sie ermöglichen jedem EUBürger die Freiheit zur persönlichen Entwicklung.
Deutschland hat die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die damit zusammenhängt, für die neuen EU-Bürger aus Osteuropa in den vergangenen Jahren wiederholt eingeschränkt. Ab dem 1. Mai 2011 wird dies bei acht osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten nicht mehr möglich sein. Deutschland ist neben Österreich das einzige EU-Land, das die Übergangsfristen voll ausgeschöpft hat. Das hat ohne Frage Gründe gehabt. Aber wir sind der Meinung, dass es gut ist, dass auch das jetzt sein Ende hat und es nicht mehr wiederholt werden kann und dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für diese acht Länder ab dem 1. Mai gelten wird.
Dass damit auch immer Ängste verbunden sind, Herr Buder, ist nachvollziehbar. Dem sollte man auch angemessen begegnen. Dazu möchte ich auf einige Punkte des SPD-Antrags eingehen. Ganz abgesehen davon, dass ich nicht ganz verstanden habe, warum wir auch die Begründung des Antrags mitbeschließen sollen - aber das ist mehr eine technische Frage -, möchte ich auf zwei Punkte eingehen. Sie haben ein ganzes Sammelsurium an Forderungen gestellt, mal mehr, mal weniger konkret. Ich
Das Thema Tariftreue beraten wir gerade an anderer Stelle in diesem Hause, und bei Ihrer Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn - wir haben ja schon oft darüber diskutiert - wissen Sie, dass wir das deutlich skeptischer sehen als Sie. Es ist halt die Frage, ob man möchte, dass ständig der Bundestag darüber beraten soll, welche Höhe der Mindestlohn hat, ob das die richtige Regelung ist. Es ist auch die Frage, ob es sinnvoll ist, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn zu haben, der die gleiche Höhe in München wie zum Beispiel in Ostfriesland oder in Zwickau oder in Neubrandenburg hat. Mit der Frage muss man sich ernsthaft beschäftigen.
- Natürlich gibt es Untergrenzen, aber, Herr Kollege, man muss natürlich auch sehen, ob das dort die gleichen Auswirkungen hat, wenn wir in den unterschiedlichen Regionen ein völlig unterschiedliches Lohnniveau haben. Aus diesem Grunde sehe ich es genauso wie der Kollege Callsen: Wir können uns ernsthaft darüber unterhalten, wenn man das nach Branchen und Regionen differenziert betrachtet, wenn man schaut, ob man das wissenschaftlich in einer Kommission beraten möchte. In anderen europäischen Ländern, beispielsweise auch in Großbritannien, hat man das mit einer wissenschaftlichen Kommission gemacht. Darüber kann man sich ernsthaft unterhalten. Ich bin der Meinung, es macht keinen Sinn, dass der Bundestag, dass der Gesetzgeber das einfach in der Höhe festlegt, wie das einige Parteien fordern. Sie sagen 10 €, andere sagen 8,50 €, andere sagen 7,50 €. Die Frage ist halt, welche Auswirkungen das am Ende hat. Ich glaube, das sollte man etwas differenzierter angehen. Deshalb lehnen wir diesen gesetzliche Mindestlohn, wie Sie ihn fordern, ab.
- Herr Baasch, die machen das nicht so, wie Sie es fordern. Das müssen Sie sich mal ein bisschen differenzierter angucken. In Großbritannien beispielsweise wird das nicht so gemacht, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern. Sie sollten sich das mal genauer angucken. Die gehen anders daran, die gehen etwas differenzierter daran.