Danke. Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In jeder Sonntagsrede hören wir, wie wichtig das Erlernen der deutschen Sprache ist, damit Integration gelingt. Da sind wir uns ausnahmslos alle einig. Ihnen liegt nun ein konkreter Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen vor, in dem wir die Landesregierung auffordern, sich dafür einzusetzen, die Einschränkungen der schwarz-gelben Bundesregierung bei den Sprach- und Integrationskursen zurückzunehmen.
Integrationskurse sind das Kernstück der Integrationspolitik des Bundes. Gleichzeitig gelingt es dem Bund nicht, hier und heute eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Im vergangenen Jahr standen 248 Millionen € für die Integrationskurse zur Verfügung. Diese Mittel reichten schon nicht
aus, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. In diesem Jahr stehen noch weniger Mittel zur Verfügung: 218 Millionen € und damit 30 Millionen € weniger als im vergangenen Jahr. Da ist doch schon absehbar, dass es zu weiteren Verschlechterungen kommen wird.
Dabei haben schon die Eingriffe des vergangenen Jahres gerade in einem migrantenärmeren Flächenland wie Schleswig-Holstein zur massiven Verschlechterung geführt. Die Reduzierung der Kinderbetreuung wird vor allen Dingen bei Migrantinnen zu Kursabbruch beziehungsweise Nicht-Beginn führen. Die Anhebung der Mindestteilnehmerzahl bei den Alphabetisierungskursen verlängert die Wartezeiten. Lernungewohnte Teilnehmende bekommen faktisch statt bisher 900 jetzt nur noch 600 Stunden.
Diese Einschränkungen führen dazu, dass wir wieder ausgrenzen und nicht integrieren, und das bei der Gruppe von Migranten, die maßgeblich die wichtigste Rolle in der Integration übernehmen könnten, nämlich bei den Frauen. Zwei Drittel der Kursteilnehmer waren bisher Frauen. Frauen werden gezielt benachteiligt bei diesen Einschränkungen; denn die Einschränkungen bei der Kinderbetreuung führen dazu, dass die Frauen nicht mehr an den Kursen teilnehmen können.
Frauen wirken in ihre Familien hinein, und bei den meisten Migrantengruppen sind sie auch für die Erziehung der Kinder zuständig. Warum das so ist und wie man das verbessern kann, das können wir ein anderes Mal gern diskutieren. Das würde jetzt nicht zur Problemlösung führen.
Wenn wir die Frauen integrieren, werden wir es auch bei den Kindern leichter haben, diese für die Kitas und für die Schulen fitzumachen. Durch den Erwerb der deutschen Sprache werden die Frauen selbstbewusster und bekommen einen ganz anderen Blick auf die vorhandenen Möglichkeiten in ihrem Umfeld. Sie engagieren sich eher bei Aktivitäten in ihren Stadteilen. Sie werden zu verlässlichen Partnern in der Gemeinde.
Gleiches gilt für die Alphabetisierungskurse. Einige Frauen haben entweder gar keine oder nur begrenzt eine Schule besucht. Daher ist es für diese Gruppe von Frauen besonders wichtig, dass sie zunächst einmal einen Alphabetisierungskurs besuchen, um darauf aufbauend einen Sprachkurs zu besuchen.
Durch die Streichung der Wiederholungsmöglichkeit für Personen unterhalb des Niveaus A 2 werden lernungewohnte Integrationskursteilnehmer
in ihrer sprachlichen Integration eingeschränkt. Wozu soll das gut sein? Es darf nicht sein, dass wir über die finanzielle Ausstattung der Kurse die Gruppe der Frauen gezielt benachteiligen. Außerdem müssen wir die Lehrkräfte ausreichend für ihre für unsere Gesellschaft so wichtige Arbeit entlohnen.
Immerhin ist seit Beginn des Jahres der Besuch eines Integrationskurses für Altzuwanderinnen und Altzuwanderer wieder ohne Wartezeiten möglich. Hier hat der Bund bereits auf die vielen Proteste reagiert. Wir dürfen und können nicht auf der einen Seite von Integrationsverweigerung und fehlender Sprachkenntnis sprechen und auf der anderen Seite den Zugang zu den Integrationskursen erschweren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt zwar schön ruhig im Plenarsaal, aber wir werden langsam etwas einsam. Ich finde, dieses Thema wäre es wert, dass wir eine bessere Präsenz herstellen.
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Kollege Geerdts! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Oktobersitzung des Landtages haben wir ausführlich Sie erinnern sich daran - über Integration diskutiert. Im Innen- und Rechtsausschuss beschäftigen wir uns mit dem Bericht der Landesregierung, den wir in jener Sitzung angefordert haben. Eines der Schwerpunktthemen hier sind Integrationskurse.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mein Vorschlag, Ihren Antrag ohne Aussprache in den Ausschuss zu überweisen, um ihn dort gemeinsam mit dem Bericht zu beraten, haben Sie leider nicht aufgegriffen. Deshalb kann ich Ihnen das nun Folgende auch nicht ersparen.
Ihr Antrag ist mir beileibe überhaupt nicht neu; denn er ist völlig identisch mit einem Antrag Ihrer Kollegen aus Nordrhein-Westfalen. Leider haben Sie versäumt, weiter zu recherchieren; sonst hätten Sie bemerkt, dass Sie nicht ganz auf der Höhe der
Zeit sind. Sie haben das schon etwas abgeschwächt erwähnt, Frau Midyatli; denn laut Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2010 sind die zeitlichen Beschränkungen zur Aufnahme eines Kurses zur Gänze aufgehoben. Auch die vorübergehende Personalumorganisation im Integrationsbereich des Bundesamtes ist bereits rückgängig gemacht worden. Sie war nur kurzfristig vorgenommen worden, um mit den sprunghaft gestiegenen Asylbewerberzahlen, mit denen wir uns nächstens auch auseinandersetzen zu haben, fertig zu werden.
Nun zu Ihrer Forderung nach ergänzenden Integrationsmaßnahmen. Auch hier fordern Sie etwas, was es bereits in vielfältigen Formen gibt. So hat zum Beispiel die Bundesfamilienministerin für die Jahr 2011 bis 2014 zusätzlich 400 Millionen € für frühkindliche Sprachbildung bereitgestellt. Damit wurde eine Sprachoffensive für Kindertagesstätten gestartet. Dieses Programm wird am Ende 4.000 Kitas unterstützen, in denen ein hoher Integrationsbedarf besteht.
Ganz zu schweigen von den Unterstützungs- und Förderprogrammen auf Landesebene. Allein in vorschulische Sprachförderung investiert das Land Schleswig-Holstein jährlich 6 Millionen €. Darüber hinaus gibt es viele weitere Integrationsmaßnahmen auch für andere Ziel- und Altersgruppen.
Im Übrigen darf hier auch nicht die Vielzahl der Maßnahmen ausgeblendet werden, die zwar nicht primär für Zuwanderer gedacht sind, die jedoch auch Menschen mit Migrationshintergrund zugutekommen. Ich verweise hier auf den schleswig-holsteinischen Integrationsbericht aus der letzten Legislaturperiode.
Nun zur Finanzierung. Noch nie seit Beginn der Integrationskurse wurden so viele Mittel bereitgestellt wie 2009 und 2010. Im vergangenen Jahr wurden noch einmal 44 Millionen € zusätzlich draufgepackt, sodass die Summe dann 218 Millionen € betrug. Die 30 Millionen €, die Sie ansprachen, Frau Midyatli, waren eine zusätzliche, darüber hinausgehende einmalige Unterstützung für zwei Jahre, jeweils 15 Millionen €. Auch für 2011 stehen 218 Millionen € zur Verfügung, die 2012 und 2013 nochmals um je 6 Millionen € aus dem Bildungsfonds aufgestockt werden. Das heißt, es sind dann ab 2012 224 Millionen €. Zum Vergleich: Im von Rot-Grün aufgestellten Bundeshaushalt von 2005 waren es 102 Millionen €. Von einer Mittelkürzung kann hier nun wirklich nicht die Rede sein.
Selbstverständlich wäre es schön, könnte man noch mehr Geld investieren. Das gilt im Übrigen auch für viele, viele andere Haushaltsstellen. Aber es gibt leider das, was man sich wünscht, und es gibt das, was möglich ist. Mit dieser Unterscheidung, verehrte Kolleginnen und Kollegen vor allem der SPD, kommen Sie absolut nicht klar. Das konnten wir bereits während den Haushaltsberatungen verfolgen, und Ihre nordrhein-westfälischen Kollegen haben ja damit offensichtlich auch ihre Probleme.
Für uns ist die erfolgreiche Integration ist eine Dauer- und Querschnittsaufgabe. Sie ist nicht allein mit dem Ruf nach immer mehr Geld zu lösen, was wir im Übrigen auch nicht haben. Für uns heißt das: Wir müssen mit dem Geld auskommen, das zur Verfügung steht. Wir müssen nach intelligenten und vor allem nützlichen Lösungen suchen. Das werden wir im Ausschuss tun. Der Bericht der Landesregierung wird dabei sicherlich hilfreich sein. Auch der bis Ende des Jahres vorliegende Aktionsplan Integration der Landesregierung wird sicherlich neue Impulse geben.
Unser vorliegender Änderungsantrag dient der Bekräftigung unserer Haltung. Ihren Antrag brauchen wir dazu nicht; denn, wie gesagt, wir behandeln dieses Thema bereits im Innen- und Rechtsausschuss. Deshalb beantragen wir, Herr Präsident, Einzelabstimmung in der Sache.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Integration ist ein wichtiges Thema, auch Integrationskurse als Detail davon. Wir sind uns einig, dass dieses Thema auch im Landtag behandelt werden soll. Es ist sehr bedauerlich, dass all diejenigen, die es eigentlich angeht, überhaupt nicht zuhören. Ich möchte nämlich gern Frau Midyatli sagen, dass wir
Gleichwohl hätte ich es für wesentlich sinnvoller gehalten, dieses Thema bereits am Mittwoch gemeinsam mit dem Thema Integrationsplan und Aktionsplan und wie wir damit umgehen - davon ist das ein Teil - intensiv zu erörtern. Es hätte uns gut angestanden, vielleicht an einem Freitagnachmittag noch andere wichtige Themen zu diskutieren und am Mittwoch dieses Thema intensiv zu besprechen.
Wir sind uns doch alle einig: Deutsche Sprachkenntnisse werden vom Beauftragten für Integrationsfragen, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und von allen Parteien als wichtige, ja die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration angesehen. Das haben wir vor einigen Monaten schon einmal besprochen.
Dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit März 2010 die Rahmenbedingungen für Integrationskurse verschlechtert hat, ist bedauerlich. Dies ist umso bedauerlicher, als der Haushaltsansatz für die Durchführung von Integrationskursen im Jahr 2010 aufgestockt worden ist und noch nie so hoch war wie bisher. Dabei will ich mich auf Frau Damerow beziehen, die das vorhin sehr ausführlich dargelegt hat.
Seit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetz ist das jedenfalls der höchste Betrag, der je für Integrationskurse zur Verfügung gestellt wurde. Ich wehre mich deswegen ein bisschen dagegen, mit Ihren Formulierungen konform zu gehen, dass dies massive Einschnitte seien.
Damit das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit diesem Betrag auskommen konnte, musste es zusätzliche weitere Maßnahmen einleiten. Diese Maßnahmen haben - und das ist mir wichtig zu betonen - jedoch weder in das Recht auf Teilnahme an einem Integrationskurs noch in die bewährten Strukturen eingegriffen.
Dass auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gelegentlich Umstrukturierungen vornimmt oder ähnliche Maßnahmen zur Begrenzung des Aufgabenvolumens ergreift, ist verständlich, aber auch bedauerlich. Wir wissen, dass der Minister für Justiz, Gleichstellung und Integration das ebenso sieht. Wir unterstützen ihn mit dem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP in seinen Anstrengungen, die Rücknahme verschiedener Restriktionen zu erreichen. Eines ist auch klar: Wir
Die Einzelheiten, um die es geht, nämlich die Reduzierung von Kinderbetreuungsangeboten, die Anhebung der Mindestteilnehmerzahl von zehn auf zwölf, die Streichung der Wiederholungsmöglichkeit und die Anhebung der Mindestwochenstundenzahl von fünf auf 15 bedeuten wohl tatsächlich für einige mehr Stolpersteine vor dem erfolgreichen Abschluss von Integrationskursen.
Dennoch sind dies keine massiven Einschränkungen, sondern das sind Zugeständnisse, die wir - wie viele andere auch - machen müssen und leider auch von anderen, nämlich den Leuten, die bei uns um Integration bitten, die wir ihnen auch gern zuteil werden lassen, verlangen müssen.
Natürlich fordern wir auch deshalb, dass im Rahmen der bestehenden finanziellen Möglichkeiten alles getan wird, damit wir schnellstmöglich wieder auf den Stand kommen können, dass diese Restriktionen möglicherweise abgebaut werden.
Zudem erscheint es uns sinnvoll und hilfreich - das steht im Antrag, den wir konkreter gestaltet haben als SPD und die Grünen -, die Betroffenen ausdrücklich vor ihrer Teilnahme an einem Integrationskurs auf mögliche Folgen eines Abbruchs hinzuweisen und nicht erst dann, wenn es zu spät ist. Die Erfahrung zeigt, dass frühzeitige Aufklärung über mögliche negative Konsequenzen auch motivierend sein kann, wobei an dieser Stelle deutlich zu sagen ist - bevor Sie mir das jetzt gleich wieder um die Ohren hauen -, dass auch wir wissen, dass nach Schätzungen des BAMF lediglich circa 8 % der zur Teilnahme Verpflichteten einen Kursbesuch endgültig abbrechen, die Gründe für einen Abbruch sehr vielschichtig sind und eine echte Verweigerung eher selten ist.
Umso wichtiger ist es, den Erfolg der Integrationskurse für die Zukunft zu sichern. Wenn es im Bund schwierig ist, müssen wir uns auch selbst helfen. Controlling und Auswertung der landesfinanzierten Migrationssozialberatung anhand der Quoten zur Sprachkursteilnahme und Spracherfolg sind ein Ansatz. Vorschulische Sprachförderung im Rahmen von „Sprint“ und 54 Deutsch-als-ZweitspracheZentren sind bundesweit anerkannte schleswig-holsteinische Konzepte.