Herr Kollege Matthiessen, die Futtermittel liegen Ihnen ja so am Herzen. Können Sie mir einen Antrag Ihrer Fraktion aus dieser Legislaturperiode, in den letzten eineinhalb Jahren zeigen, der an die Ministerin gerichtet war oder
- Sie sind doch ehemaliger Landwirtschaftsminister. Sie müssten doch wissen, dass für die Deklarationspflichten nicht Landeskompetenz besteht, sondern sie Bundesrecht sind.
Meine Damen und Herren, die Verharmlosungsrolle der CDU in der Agrarpolitik: Ich erinnere nur gestern an die Krankenhausdebatte, an die Krankenhaushygiene. Dazu habe ich hier in der 14. Legislaturperiode, das war 1996, schon gefordert, dass man antibiotische Futtermittelzusätze bitte unterlässt und verbietet. Da sind Medikamente den Futtermitteln beigemischt worden, die bei der Tuberkulosebekämpfung bei Menschen das Mittel der letzten Wahl waren. Es hat ein Jahrzehnt gedauert, das gegen die CDU endlich durchzusetzen und dafür zu sorgen, dass das Wirklichkeit in unserer Futtermittelpolitik wird.
Und dass die Ministerin in den Mittelpunkt ihres Berichts quasi die Aussage stellt, dass sich an der Industrialisierung der Agrarpolitik nichts ändern soll, damit bin ich nicht einverstanden, damit sind wir Grüne nicht einverstanden. Die BSE-Krise und die Politik von Renate Künast hat erst zu dem von Ihnen gelobten QS-System geführt. Da standen Sie wie der Ochs vorm Berg vor diesem Spruch der Grünen: Kühe sollen Gras fressen, Kälber sollen Milch trinken. Unverständnis auf Ihrer Seite, meine Damen und Herren.
Dieser Skandal um das Dioxin zeigt doch eins deutlich: Selbstverständlich brauchen wir eine neue Agrarpolitik, eine andere Agrarpolitik. Der Zusammenhang mit der Industrialisierung in der Landwirtschaft liegt doch auf der Hand, ist schon an der Oberfläche erkennbar und unübersehbar. Wir brauchen eine neue Agrarpolitik für Deutschland.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] und Antje Jansen [DIE LINKE])
Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Harry Carstensen das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie können sich vorstellen, dass es bei diesem Thema einem alten Agrarpolitiker schwerfällt, ruhig auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Ich will auch keine Schärfe in die Diskussion hineinbringen. Erstens: Dioxin gehört nicht ins Futtermittel. Zweitens gehört es auch auf keinen Fall in Nahrungsmittel.
Deshalb ist es außerordentlich schwierig, naturwissenschaftliche Argumente dort mit hineinzubringen. Man könnte über die verschiedenen Dioxine sprechen, man kann über die Grenzwerte sprechen, man kann über Vermischung sprechen.
Für mich ist zum Beispiel bisher noch eine ungelöste Frage, woher das Dioxin gekommen ist. Ich weiß es nicht. Wir wissen es nicht. Es gibt verschiedene Überlegungen. Es gab die Überlegung, es käme aus Pflanzenschutzmitteln, aus Soja, der aus Brasilien importiert ist. Da stellen sich dann auch wieder verschiedene Fragen, nämlich: Was ist das für ein Soja dort in Brasilien? Wie ist er angebaut worden?
Es gibt Überlegungen, dass es aus schon verarbeitetem Frittenfett stammt. Wenn ich das dabei sage, stellt sich notwendigerweise auch die Frage, sich einmal die Fritten anzugucken. Jeder, der einmal ein bisschen mit Chemie zu tun hatte - ich habe das ja einmal ein bisschen gemacht -, weiß, dass Dioxine nur bei einer hohen Temperatur und mit einer Beilieferung von Chlor entstehen können. In einer Biogasanlage können sie so also nicht entstehen, weil ich dort erstens nicht die erforderlich hohen Temperaturen und zweitens auch nicht das Chlor habe. Aus Frittenfett können sie eigentlich auch nicht so entstehen, wenn ich auch die erforderlichen Temperaturen habe, aber ich habe dort nicht das Chlor. Es ist also noch vieles ungeklärt.
dentlich dringend, diese Fragen nicht mit einer allgemein agrarpolitischen Frage zu vermischen, Frau Fritzen.
Wir kommen dann nämlich ganz automatisch zu dem Punkt, an dem zwei Dinge auch aus den letzten Krisen eine Rolle spielen. Erstens: Wir haben keine Probleme bei den von Ihnen angesprochenen riesengroßen Betrieben, die Sie als „Agrarfabriken“ bezeichnen. Die großen Eiererzeuger haben null Probleme in dieser Krise gehabt. Denn sie mischen selbst ihre Futtermittel, sie stehen so unter Augenmerk und Beobachtung, dass sie sich dort keinen Fehler erlauben können.
Es ist hoch interessant, sich einmal die Entwicklung bei McDonalds anzuschauen. Die Diskussion vor zehn Jahren, die negative Diskussion über McDonalds und viele andere, hat dazu geführt, dass sie sehr intensiv auf Qualität gesetzt haben, um sich wirklich keinem Anschein irgendeines Fehlverhaltens in der Diskussion auszusetzen. Das ist interessant.
Die, die jetzt im Moment leiden, sind die mittelständischen landwirtschaftlichen Betriebe, die nicht selbst mischen, sondern sich ihr Futtermittel zuholen müssen. Deshalb ist es falsch, sich hinzusetzen und zu sagen, das sei eine Frage von großen industriellen Betrieben oder von kleinen industriellen Betrieben, und wir müssten mehr dorthin kommen.
Lieber Kollege Matthiessen, wir kennen Sie und Ihre Reden ja. Sie sind - so sagen Sie - immer noch einer, der ein bisschen verwandt mit den Betrieben ist. Sagen sie mir doch bitte einmal, ob die Ökobetriebe alle ihre Kälber nur mit Milch füttern oder ob dort nicht auch Austauscher mit eingesetzt werden können, die, wie auch immer, hergestellt werden.
Ich möchte noch einen dritten Punkt zum Abschluss nennen. Sorgen Sie bitte dafür, dass wir gerade in Schleswig-Holstein nicht zu einer Trennung zwischen einer nur guten Landwirtschaft auf den Ökobetrieben und einer nur schlechten Landwirtschaft im konventionellen Bereich kommen.
- Gemach. Wenn ich meine Betriebe, die ich kenne, sehe, dann sind das Landwirte, die dafür sorgen wollen und darauf stolz sind, dass sie mit ihrer Erfahrung, mit ihrem Wissen und ihrer Ausbildung zu der ich selbst auch einmal ein bisschen etwas
beigetragen habe - optimal produzieren können. Ich muss sagen, ich habe einen gewissen Stolz bei diesen Landwirten, die ich immer gern auch wieder vorzeige.
Zum Schluss nur ein Wort: Der letzte Dioxinskandal vor diesem war einer, der sich auf ökologische Betriebe bezogen hat. Auch da haben Sie nicht damit angefangen und gesagt, wir stellen jetzt eine Betriebsform infrage. Da ging es um importierten Mais aus der Ukraine. Und auch damals hat keiner gesagt: Siehste wohl, die Ökobetriebe müssen sich einmal an ihre eigene Nase fassen!
Wir sollten versuchen, die Probleme zu lösen. Aus der landwirtschaftlichen Züchtung weiß man, wenn man viele Zuchtziele auf einmal hat, geht das in die Hose.
Ja, ich bin beim Schluss. - Hier ist das auch so. Ich finde, wir sollten uns auf die wesentlichen Dinge konzentrieren und nicht alles andere in diese Debatte mit reinbringen.
Eine kurze Erläuterung, da sich hier Unmut aufseiten der SPD wegen der Überziehung der Redezeit breit gemacht hat: Ich verfahre auch bei dem Herrn Abgeordneten Carstensen genauso großzügig, wie ich bei der Frau Abgeordneten Fritzen und dem Herrn Abgeordneten Matthiessen verfahren bin. Ist das in Ordnung? - Danke.
Ich erteile jetzt der Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Frau Dr. Juliane Rumpf, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Politik in dieser Angelegenheit war darauf ausgerichtet, die Dinge fachlich aufzubereiten und sach
lich vorzugehen. Der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher stand bei uns im Fokus. Wir haben eine große Menge verdächtiger Futtermittel angenommen und dieses Problem mit unseren Analysen und unserem Vorgehen Stück für Stück eingegrenzt, dies transparent gemacht und Öffentlichleitsarbeit geleistet. Hier bin ich bei Herrn von Boetticher. Dies ist uns nicht immer gelungen. Wenn wir von Analyseergebnissen berichtet haben und berichtet haben, dass sich die problemtische Menge eingrenzt, ist oft das Gegenteil berichtet worden.
Wir wollen jetzt das Problem an der Wurzel packen. Wir verurteilen das, was hier passiert ist, aufs Schärfste. Wir wollen Eintragungspfade für problematische Stoffe eingrenzen. Da geht es in erster Linie um die Zulassungsfrage, da geht es um verpflichtende Eigenkontrolle. Herr Matthiessen, wir können uns auch darüber unterhalten, in welchem Umfang künftig die Ergebnisse dieser Eigenkontrollen den Behörden zu melden sind. Auch das wird im Augenblick diskutiert.
(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und ver- einzelt bei der CDU)
Ganz wesentlich ist die Analyse der Komponenten, die künftig in das Mischfuttermittel eingehen. Diese Maßnahmen halte ich insgeamt alle für wichtiger als die Positivliste. Wir haben sie gleichwohl beschlossen, aber die anderen Maßnahmen werden aus meiner Sicht stärker greifen.
Herr Hay, wir wollen die Maßnahmen in nationales Recht umsetzen - möglichst schnell. Auch das haben wir beschlossen. Gleichwohl sind viele Maßnahmen nur auf EU-Ebene sinnvoll, weil es einen internationalen Handel mit Futtermitteln gibt. Aber zunächst: Schnelle Umsetzung in nationales Recht, und hinterher wird sich der Bund bemühen, die Punkte auch auf EU-Ebene umzusetzen. Hierbei brauchen wir Ihre Unterstützung. Herr Voß, es reicht nicht, wenn Sie die 14 Punkte hier zur Kenntnis nehmen, sondern wir alle gemeinsam müssen das beschließen. Wir sind aufgefordert, dass wir uns im Bundesratsverfahren sinnvoll einbringen und keine Zeitverzögerung verursachen, dass wir dafür sorgen, dass die Dinge auch dort vorankommen.
Diese Unterstützung erbitte ich mir auch bei der Frage der Gebührenregelung. Sie wissen, dass wir das in die Diskussion eingebracht haben. Wir haben