Protocol of the Session on December 16, 2010

Wir wollten, dass der Verstoß gegen diese Regelungen auch wirklich spürbare Sanktionen nach sich zieht. Das heißt, nicht nur eine kleine Ordnungswidrigkeitsstrafe, sondern für einen bestimmten Zeitraum sollten der Ausschluss von zukünftigen Vergaben und die fristlose Kündigung des Auftrages möglich sein.

All das wollten Sie von CDU und FDP nicht. Sie wollen keine fairen Löhne, keine sicheren Beschäftigungsverhältnisse, keinen fairen Wettbewerb für unsere Unternehmen und keine wirklichen Konsequenzen, wenn einmal wieder Dumpinglöhne bezahlt werden.

Wenn Sie dieses aber doch wollen, dann können Sie unserem Gesetzentwurf heute immer noch zustimmen.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat sich der Herr Kollege Callsen gemeldet. Ich erteile ihm hiermit das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte nimmt ja mittlerweile sehr merkwürdige Züge an.

(Beifall des Abgeordneten Oliver Kumbartz- ky [FDP])

Kollege Harms ist der tragische Held des SSW in Sachen Tariftreue, die SPD breitet in einer sozialpolitischen Debatte hier vorweihnachtlich Watte aus. Ich wundere mich schon ein bisschen. Ich habe

in der Diskussion wirklich nicht ohne Grund auf die juristischen Probleme hingewiesen.

Aber kommen wir zu etwas anderem. Der Wirtschaftsminister hat - das sollte man der Ehrlichkeit halber sagen - den Fraktionen im Landtag den Entwurf eines Mittelstandsförderungsgesetzes per Unterrichtung - ich glaube - im Oktober 2010 zugestellt. Parallel läuft vermutlich die Beteiligung der Verbände, also die interne Anhörung. Der Minister hat im Ausschuss zugesagt, dass dieses Gesetz mit den entsprechenden Tariftreueregelungen, die insofern kein Geheimnis sind, auch Ordnungswidrigkeitsregelungen enthält, auch Regelungen enthält, wie von Vergabeverfahren ausgeschlossen werden kann, im Januar 2011 dem Landtag zugeleitet werden wird. Es war der SSW, der, obwohl wir gesagt haben: Lasst uns das in einem Bündel, weil es um ein Paket von Maßnahmen geht, miteinander beraten, gesagt hat: Nein, wir wollen im Ausschuss abstimmen. Und das Ganze nur, um dieses sozialpolitische Signal zu setzen.

Herr Kollege, geben Sie einer Zwischenfrage des Kollegen Harms statt?

Es spricht der tragische Held. - Herr Kollege Callsen, ist Ihnen bekannt, dass, wenn das Tariftreuegesetz, das derzeit noch Bestand hat, am Jahresende ausläuft, dann sämtliche Anträge, die zu diesem Tariftreuegesetz von unserer Seite aus gestellt worden sind, natürlich obsolet sind und wir uns damit ab 1. Januar 2011 dann nicht mehr über unsere Anträge unterhalten hätten?

- Es bleiben doch selbständige Anträge im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens. Ich glaube, so kleinkariert geht keiner an diese wichtige sozialpolitische Debatte heran.

Aber ich will noch ein Wort zur SPD sagen, die sich im Ausschuss, wenn ich es richtig weiß, der Stimme enthalten hat, heute dem SSW-Entwurf zustimmen will, hier eine Pirouette dreht, auch nur der sozialpolitischen Effekthascherei wegen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Um mit guten Ar- gumenten überzeugen zu können!)

(Lars Harms)

Ich frage mich, Herr Kollege Stegner: Was passiert denn jetzt mit Ihrem Antrag? Kollegin Poersch hat es eben gesagt, Sie haben ja ein eigenes Gesetz im Verfahren. Ist das mit dem heutigen Votum zurückgezogen? Wollen Sie dem SSW-Gesetzentwurf zustimmen, um dann vier Wochen später noch einmal Ihren eigenen Gesetzentwurf durchzubringen? Das ist alles ein wenig merkwürdig. Deswegen appelliere ich wirklich, das sehr konkret als ein Bündel zu sehen.

Rechtlich - das ist mir noch einmal wichtig -, Kollege Harms, ändert sich gar nichts. Das Tariftreuegesetz läuft zwar Ende des Monats aus, übrigens nicht nur, weil es die Große Koalition so beschlossen hat, sondern weil es unter der Vorgängerregierung vorher auch schon zeitlich befristet war. Rechtlich wird es aber durch eine Entscheidung in der Großen Koalition seit April 2008 gar nicht mehr angewendet. Ich habe keine Schlagzeile in der Zeitung gesehen, dass es seit April 2008 massive Verwerfungen in diesem Bereich gegeben hätte.

Also noch einmal: Wir sind nicht gegen Tariftreue, das ist mir ganz wichtig. Es geht auch nicht um Beschneidung oder Verkürzung von Arbeitnehmerrechten oder um Dumpinglöhne. Es geht uns um eine EU-konforme Regelung, die wir vorlegen werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat nun Frau Kollegin Regina Poersch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Callsen, auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie jetzt langweile, muss ich wiederholen, was ich eben gesagt habe. Heute, 14 Tage vor Silvester, vor dem Ende des im Moment nicht anzuwendenden Tariftreuegesetzes, das wir miteinander in der Großen Koalition geschlossen haben, ist alles besser als kein Tariftreuegesetz.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Deshalb haben wir im Wirtschaftsausschuss betont, dass wir unseren Gesetzentwurf für richtig halten, zugegebenermaßen auch für den besseren. Aber darum geht es auch im politischen Diskurs. Wir halten ihn für den besseren, aber wir halten alles für besser als keine Lösung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir waren im Oktober schon weiter. Uns lagen im Oktober drei Entwürfe vor: Bitte schön, die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Lasst uns darüber diskutieren. - Es ist eben nicht passiert. Ich kann die Kritik des Kollegen Harms durchaus verstehen, dass Dinge nicht gewollt seien. Wenn man wirklich etwas will und wenn das Herz an Tariftreue hängt, dann schafft man das auch.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf: Jawohl!)

Ich nehme es einmal als Kompliment, dass Sie mir in der Vorweihnachtszeit eine Pirouette zutrauen. Das ist es mitnichten. Die Sozialdemokratie ist in Sachen Tariftreue immer glasklar und geradeaus gewesen. Das sind wir auch heute. Deswegen Ablehnung der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Landesregierung erteile ich nunmehr dem Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil es in der Tat nichts gibt, was zu dem Thema Tariftreuegesetz noch nicht gesagt worden ist, kann ich mich kurz fassen. Ich habe im Wirtschaftsausschuss und auch kürzlich im Plenum erläutert, dass die Landesregierung das Thema Tariftreue in das neue Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz integrieren möchte, weil das die richtige Umgebung für eine solche Regelung ist.

Ich habe Ihnen auch gesagt, dass wir die Absicht haben, im Januar einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen. Die erste Lesung des Gesetzentwurfs im Kabinett war am 21. September 2010. Daraufhin hat es eine Verwaltungsanhörung gegeben, die zwingend vorgeschrieben ist. Das ist kein Spiel auf Zeit, sondern ein zwingend vorgeschriebener Vorgang. Wir haben das Thema am 11. Januar 2011 erneut im Kabinett zur Beratung anstehen und werden danach den Gesetzentwurf unverzüglich, das heißt im Januar, dem Landtag zuleiten.

(Johannes Callsen)

Frau Poersch, insofern sind Sie mir nicht auf den Leim gegangen, sondern haben sich zu Recht darauf verlassen, dass ich angekündigt habe, dass wir den Gesetzentwurf dem Landtag im Januar zuleiten. Das werden wir tun.

(Beifall bei CDU und FDP)

Aus diesem Grund werde ich mich heute an der Sachdebatte nicht beteiligen. Es ist nicht erforderlich. Ich will nur darauf hinweisen, dass das, was gesagt worden ist, richtig ist. Weil das gegenwärtige Tariftreuegesetz nicht in der Anwendung ist, kann das formale Auslaufen seiner Gültigkeit am 31. Dezember 2010 denklogisch nicht zu einer Verschlechterung der Situation führen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das heißt, zumindest für das Thema Tariftreue ist der Silvestertag virtuell. Aus diesem Grund gibt es keine Möglichkeit, hier hektisch

(Christopher Vogt [FDP]: Abstrakt!)

- abstrakt etwas zu machen. Aus dem Grund können wir uns auch auf eine Debatte in der Sitzung im Januar beziehungsweise Februar 2011 freuen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und schließe daher die Beratung. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf Drucksache 17/39 abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. Wer ist dagegen? - Enthaltungen kann es keine geben. - Damit ist dieser Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt.

Meine Damen und Herren, die parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt und mir mitgeteilt, dass der Tagesordnungspunkt 10 in der Januar-Tagung aufgerufen werden soll. Das kündige ich Ihnen hiermit an.

Angesichts der Zeit rufe ich jetzt noch den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Regionalökonomische Bedeutung der Universität Lübeck für den Wirtschaftsstandort Lübeck und für Schleswig-Holstein

Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/718

Antwort der Landesregierung Drucksache 17/952

Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich nun erneut dem Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal weise ich darauf hin, dass die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem Frühjahr datiert. Damals war es als ein Kampfinstrument gedacht, weil zu dem Zeitpunkt noch in Rede stand, die Medizinerausbildung in Lübeck einzustellen. Der Verlauf des Jahres und eine Entwicklung die wir der Bundesregierung zu verdanken haben, haben dazu geführt, dass Medizin auch weiterhin an der Universität Lübeck studiert werden kann. Insofern ist die Grundannahme dieser Großen Anfrage obsolet, deshalb braucht man auch nicht nach hinten gerichtet zu diskutieren, nach dem Motto: „Wir sind nicht nur die Dagegen-Partei, sondern wir sind damals schon die Dagegen-Partei gewesen“, sondern eher nach vorn.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)