Protocol of the Session on December 16, 2010

Herr Kollege, kommen sie bitte zum Schluss.

Ja. - Daher ist es redlich, es so zu machen, wie wir es vorgeschlagen haben. Ich glaube, wir werden in der Anhörung zu diesem Ergebnis kommen.

Noch ein letzter Satz - wie gesagt, man kann nicht auf alles eingehen, was Sie gesagt haben -: Wenn Sie argumentieren, dass die Zeit der Volksparteien vorbei sei - vielleicht haben Sie recht, Herr Kollege Habeck; das sage ich mit aller Ernsthaftigkeit gerade in Ihre Richtung -, dann ist es intellektuell unseriös und unredlich, gleichzeitig in Ihrer Rede Rechnungsmodelle aufzubauen, die davon ausgehen, dass die Volksparteien weiterbestehen. Da müssten Sie sich einmal entscheiden, was Sie wollen.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

(Peter Eichstädt)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Frau Abgeordneter Anke Erdmann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es passt sehr gut, dass ich nach Herrn Eichstädt rede. Herr Eichstädt, Sie haben gerade gesagt, Sie könnten nicht verstehen, dass das Parlament unbedingt kleiner werden soll. Ich habe gestern noch einmal gesurft, wie Diätenstrukturreform und Parlamentsreform zusammenhingen. Da bin ich als einen der ersten Google-Treffer auf Ihrer Homepage und Ihrem Argumentationspapier von 2003 gelandet. Dort heißt es - ich zitiere mit Verlaub -:

„In den Gesamtzusammenhang gehört auch die von SPD und CDU eingeleitete Parlamentsreform… SPD und CDU reduzieren die verfassungsgemäße Landtagsgröße von 75 auf 69 Mitglieder!... Durch die höhere Dotierung erhöhen sich die Kosten für die Abgeordneten-Entschädigung bis 2005 um jährlich 1,22 Millionen €… „Am Ende dieser Strukturreform mit ihren Veränderungen und nach der Übergangsphase bis 2005 pendeln sich die Gesamtkosten für die Abgeordneten in Schleswig-Holstein… ein - die Arbeit hat sich gelohnt!“

Es gab also damals von den beiden großen Parteien eine Kombination der beiden Punkte. In dem Argumentationspapier wird auf 69 Abgeordnete abgestellt. Ich glaube, das ist ein Versprechen, das damals von diesem Haus gegeben wurde, ein Versprechen, das fortwirkt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Eichstädt?

- Ja, gern.

Frau Kollegin, haben Sie bei Ihrer Internet-Google-Recherche auch zur Kenntnis genommen, dass nach diesem Wahlgesetz im Jahr 2005 gewählt worden ist und es eine Punktlandung mit 69 Abgeordneten gegeben hat?

- Ja, Herr Eichstädt, das habe ich wahrgenommen, das ist durchaus klar. Die Frage ist doch: Warum soll das Argument, das damals gegolten hat, jetzt nicht mehr gelten?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich habe mich gerade sehr aufgeregt. Wahrscheinlich ist es für die Debatte nicht förderlich, wenn wir mit Schaum vor dem Mund reden.

(Vereinzelter Beifall)

Das sage ich an meine eigene Adresse und auch an alle hier im Haus.

Es ist heikel. Anke Spoorendonk hat es auf den Punkt gebracht: Das Wahlrecht gehört dem Volk und nicht den Parteien. Unsere Argumente werden gut abgeklopft werden müssen. Wenn Abgeordnete dieses Hauses zur Rede von Herrn Habeck sagen, der wolle nur die Diktatur wiederhaben, aus den SPD-Reihen -

(Zurufe: Wer hat das gesagt?)

- Das ist gerade gesagt worden. Das ist unter der Gürtellinie.

(Weitere Zurufe)

- Es war Herr Beran. Ich habe mit Herrn Beran auch in anderem Rahmen schon zu diesem Punkt gesprochen.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

- Doch, darüber haben wir gesprochen.

(Zurufe von der SPD)

- Herr Beran, wir hatten diese Debatte am Kaffeetisch in anderem Zusammenhang. Sie haben das in diesem Zusammenhang wiederholt. Nur deshalb bringe ich es ins Parlament.

Ich möchte auf einen anderen Punkt eingehen. Herr Stegner hat zu Recht gesagt, es geht auch um die Frage der Politikverdrossenheit.

(Zurufe von der SPD)

Deswegen müssen wir sehr vorsichtig sein, wie wir diese heikle politische Frage diskutieren. Heide Simonis hat 2005, als es um die Frage ging, ob es eine Große Koalition gibt, die sie abgelehnt hat, gefragt: Was wird dann aus mir? Das war politisch nicht angebracht, aber menschlich sehr verständlich. Ich kann alle hier im Hause verstehen - ich nehme mich selbst dabei nicht aus -, dass die Frage „Was wird dann aus mir?“, in der Debatte mögli

cherweise mitschwingt. Herr Bernstein, ich nehme die Grünen da überhaupt nicht aus.

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Das mache ich.

Wir sind in diesem Haus alle nur zu Gast. Dieses Haus gehört uns nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Das müssen wir im Hinterkopf behalten. Die Frage „Was wird aus mir?“, darf keine Rolle spielen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Silke Hinrichsen vom SSW das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kalinka!

(Zurufe)

Ich möchte gegen Ihre Legendenbildung reden. Wissen Sie, warum wir heute über das Wahlrecht diskutieren? - Weil es das Urteil des Landesverfassungsgerichts gibt. Das ist Hintergrund der ganzen Geschichte.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Richtig ist, dass die Grünen mit Drucksache 17/10 einen Gesetzentwurf eingebracht haben; der ist jetzt zurückgezogen worden. Die Grünen haben sich schon vorher mit dem Wahlrecht beschäftigt.

Nun hat sich der Landtag aber mit dem Urteil vom 30. August dieses Jahres zu beschäftigen. Ich weise darauf hin, dass es eine Legendenbildung wäre zu sagen: Aufgrund des Koalitionsvertrags oder anderer Überlegungen Ihrerseits würden wir das Wahlrecht heute diskutieren. Das ist falsch. Hintergrund ist wirklich das Urteil.

Ich möchte auch der weiteren Legendenbildung hinsichtlich der Wahlkreise entgegenwirken. Die

Hälfte von 69 ist nicht 35. Es tut mir leid, dass kriege ich einfach nicht hin.

(Vereinzelter Beifall bei SSW und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

35 mal 2 ist 70. Aber ich sage Ihnen, genau das ist doch die Blasphemie, wie man damit umgeht: Sie sagen, Sie wollten gern das Urteil einhalten, aber nur ein bisschen, deshalb nähmen Sie die Hälfte der Wahlkreise, das sei 35. Ich kann diese Zahl von 69 Abgeordneten ausgehend nicht errechnen. Mir ist klar, dass es keine halben Menschen gibt. Ich weise aber darauf hin: Wenn man das Urteil ein bisschen mehr ernst genommen hätte, wäre man vielleicht auf 34 Wahlkreise gekommen. Aber nein, immer schön alles aufrunden.

(Zurufe von CDU und SPD)

Herr Callsen, Sie haben das Urteil so wunderbar zitiert. Leider haben Sie es anscheinend nicht vollständig gelesen, denn sonst wäre Ihnen aufgefallen, dass tatsächlich etwas zur Größe der Wahlkreise und der zulässigen Abweichung gesagt wurde.

(Zurufe)