Das Landesverfassungsgericht hat überdies festgestellt, dass keine einzelne Norm des bisher geltenden Wahlrechts mit der Verfassung nicht in Übereinstimmung steht, sondern dass allein das Zusammenspiel zu einem jedenfalls verfassungswidrigen Ergebnis führt.
Wir alle hier in diesem Hohen Haus sind bestrebt, dass die Neufassung des Wahlrechts nicht bereits den Keim eines erneuten Gangs nach Schleswig mit der Folge erneuter Verfassungswidrigkeit in sich
Um das Ergebnis meiner nachfolgenden Ausführungen vorwegzunehmen: Ich halte es für ausgeschlossen, das Risiko einer erneuten Wahlrechtsüberprüfung mit einer möglichen Verfassungswidrigkeit der jetzt zu schaffenden Normen zu minimieren, wenn in der Landesverfassung die Zahl 69 als Regelgröße des Landtags nicht zumindest relativiert, nach einem, wie ich meine, vernünftigen Vorschlag der Sozialdemokraten dieses Landes, sogar gänzlich gestrichen und die Regelgröße des Landtags im einfachen Wahlrecht festgeschrieben wird.
Da wir in Schleswig-Holstein wie in allen anderen Bundesländern und im Bund das Prinzip verfolgen, eine Persönlichkeitswahl mit Verhältnisausgleich zu verbinden, verbieten sich nach meiner Auffassung alle Vorschläge, die ein exorbitantes Auseinanderfallen von Direkt- und Listenmandaten zum Inhalt haben.
Abgesehen davon, dass ich es für wenig glücklich halten würde, Schleswig-Holstein zum Experimentierfeld einer solchen Regelung zu machen, wehrt sich auch innerlich bei mir einiges gegen einen solchen Vorschlag aus politischer Überzeugung, da mit einer vergleichsweise starken Ausweitung der Listenmandate gegenüber den Direktmandaten die Macht der Parteiapparate steigt und die unmittelbare Einflussmöglichkeit von Wählerinnen und Wählern auf die Zusammensetzung des Landtags sinkt.
Wie ich bereits bei anderer Gelegenheit erklärte, glaube ich nicht, dass ein Abweichen von mehr als 15 % in die eine oder andere Richtung von der Parität der Direkt- und Listenmandate verfassungsrechtlich tolerabel ist.
Nun komme ich zu Ihnen, Herr Dr. Habeck. Sie müssen vielleicht einmal darüber nachdenken, dass Juristerei etwas anderes ist als Schriftstellerei.
Auch bei nur zehn Direktmandaten kann theoretisch ein Landtag mit 100 Abgeordneten die Folge sein, wenn zehn Parteien kandidieren und in etwa die gleiche Stimmzahl erhalten, wobei eine Partei
alle Direktmandate erobert. Das können Sie ganz einfach nachrechnen. Es geht darum, dass das theoretisch möglich sein muss. Lesen Sie das Urteil, Herr Fürter. Ich denke, Sie sind auch Jurist und nicht nur Pressesprecher einer Behörde gewesen.
Nein, Herr Präsident. Ich möchte meine Ausführungen zu Ende führen, weil ich glaube, dass sie Bedeutung haben werden bei einem möglichen weiteren Gang nach Schleswig.
Bei einem, wie ich glaube, verfassungsrechtlich vorgeschriebenem Vollausgleich würde der Landtag die Normgröße von 69 Abgeordneten wiederum verfassungsrechtlich relevant verfehlen.
Vor dem Hintergrund einer Persönlichkeitswahl mit Verhältnisausgleich und damit einer Parität der Sitzverteilung durch Direkt- und Listenmandate und einem Vollausgleich von Überhangmandaten, weil nur so sich im gesamten System die größtmögliche Erfolgswertgleichheit herstellen lässt, haben CDU und FDP wie auch SPD ihr Modell einer Wahlrechtsreform vorgelegt.
Wir werden im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens durch Anhörungen klären, welcher der Vorschläge, die heute auf dem Tisch liegen, die größtmögliche Chance hat, vor dem Landesverfassungsgericht bei einer erneuten Anrufung zu bestehen. Eines muss klar sein: Eine erneute erfolgreiche Wahlanfechtung würde dieses Bundesland und jedenfalls die im Parlament handelnden Akteure der absoluten Lächerlichkeit preisgeben.
Von der Frage der Wahlrechtsänderung losgelöst ist die zweite wichtige Frage, wann der Landtag neu zu wählen ist und wie der Weg beschritten werden muss, diesen Neuwahltermin auch zu erreichen. Entgegen allen anderslautenden Erklärungen hat das Landesverfassungsgericht gerade nicht festgestellt, dass der Landtag unverzüglich neu zu wählen ist, sondern es hat Fristen bestimmt, innerhalb derer ein Wahlrecht zu schaffen ist und innerhalb derer auf der Grundlage eines neu geschaffenen Wahlrechts der Landtag zu wählen ist. Wir dürfen sicher davon ausgehen, dass sich die Verfassungsrichter bei der Fristsetzung etwas gedacht haben, die nicht
Das Landesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Wahlperiode am 30. September 2012 endet. Wer das Urteil liest, wird an folgender Passage nicht vorbeikommen. Dies ist die Randnummer 173 zur Entscheidung zugunsten der LINKEN. Dort heißt es:
„Die mandatsrelevanten Wahlfehler können zusammengenommen jedoch weder zu einer abweichenden endgültigen Feststellung des Ergebnisses gemäß § 47 Abs. 3 LWahlG noch zur Ungültigerklärung der Wahl zum 17. Landtag mit der gesetzlichen Folge einer Wiederholungswahl im Sinne des § 46 LWahlG führen. Stattdessen ist die Legislaturperiode zeitlich zu beschränken und der Gesetzgeber zu verpflichten, zur Vorbereitung vorgezogener Neuwahlen unverzüglich ein verfassungskonformes Landeswahlrecht zu verabschieden. Allerdings sind die Fehler so schwerwiegend, dass die Legislaturperiode auf den 30. September 2012 zu beschränken ist.“
„Als gegenüber der eigentlich gebotenen Ungültigkeitserklärung mit anschließender Wiederholungswahl geringerer Eingriff in den Bestand des Landtages ist die Legislaturperiode deshalb auf den 30. September 2012 mit der Auflage zu beschränken, unverzüglich ein verfassungskonformes Landeswahlgesetz zu verabschieden. Diese Frist ist notwenig, aber auch ausreichend, um den Landtag in die Lage zu versetzen, das Landeswahlgesetz zu ändern und die für die Vorbereitung einer Neuwahl erforderlichen Maßnahmen zu treffen.“
Bedauerlicherweise hat es das Landesverfassungsgericht versäumt, diese in der Urteilsbegründung enthaltene Feststellung auch in den Tenor aufzunehmen; denn dann hätten wir überhaupt keine Diskussionen mehr über die Frage, wann wir zu einem Wahltermin kommen.
Wenn man aber davon ausgeht, dass die Wahlperiode am 30. September 2012 endet, dann dürfte der Neuwahltermin von Verfassung wegen in dem Zeitraum zwischen dem 1. August 2012 und dem 30. September 2012 liegen. Wer dies verändern will
- an dieser Stelle hat Herr Kollege Stegner recht -, muss wiederum mit verfassungsändernder Mehrheit in die Landesverfassung einen Passus aufnehmen, wonach die Wahlperiode der 17. Legislaturperiode zu einem anderen Termin endet als zum 30. September 2012.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass ich es für müßig halte, der Frage nachzugehen, ob das Landesverfassungsgericht überhaupt die Kompetenz hat, seinerseits die Wahlperiode zu verkürzen. Man kann darüber trefflich streiten. Das Landesverfassungsgericht ist jedoch das letzte dazu berufene Organ.
Die Bestimmung eines Wahltermins durch den einfachen Gesetzgeber im Wahlrecht wäre per se verfassungswidrig, da die Bestimmung des Termins von Verfassung wegen der Regierung obliegt. Der Landtag hat nur die Möglichkeit, durch Selbstauflösung eine Neuwahl innerhalb von 70 Tagen zu erzwingen. Der zweite, verfassungsrechtlich vorgegebene Weg ist die Auflösung des Landtags durch den Ministerpräsidenten nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung und der Ansetzung einer Neuwahl ebenfalls binnen 70 Tagen.
Ich warne alle Beteiligten dringend davor, auch nur gedanklich diesen Weg gehen zu wollen, da ich nicht glaube, dass das Landesverfassungsgericht eine Chancenreduzierung bei der Wahlteilnahme derjenigen Parteien und Wählergruppierungen und auch einzelner Bewerber gutheißen würde, die gegenwärtig nicht im Landtag vertreten sind.
Neben der Erfolgswertgleichheit der Stimmabgabe ist die Chancengleichheit bei der Teilnahme zur Wahl ebenfalls ein von Verfassung wegen besonders schützenswertes Gut. Lesen Sie doch einmal die Entscheidung des Hamburger Verfassungsgerichts zur Neuwahlanordnung aufgrund einer missratenen Aufstellung von Kandidaten bei der Union. Darin werden Sie genau das wiederfinden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden uns also in intensiven Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss mit den verschiedenen Facetten der verfassungsrechtlichen Vorgaben beschäftigen müssen. Wiederum an einige Vertreter der Sozialdemokratie und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gerichtet sage ich aber: Nicht alles, was man politisch will, kann und darf auch gemacht werden.
Mit der Leugnung dieser Tatsache sind bereits CDU und SPD bei der vergangenen Reform des Wahlrechts gescheitert. Es ist ein herausragendes Merkmal eines Rechtsstaates, dass der rechtlichen Umsetzung eines politischen Willens, ohne dass ich ihn bewerten will, Grenzen gesetzt sind. Wer aus politischer Opportunität diese Grenzen überschreiten will, verschafft sich im öffentlichen Diskurs möglicherweise einen kurzfristigen Stimmungsvorteil. Er verliert aber nicht nur dauerhafte Reputation, sondern wird spätestens bei einer erneuten Anrufung des Verfassungsgerichts auf den harten Boden der verfassungsrechtlichen Wirklichkeit zurückfallen.
Wir meinen, der von CDU und FDP gemeinsam getragene Entwurf wird allen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Dabei befinden wir uns in weitgehender Übereinstimmung mit den Vorstellungen der Sozialdemokraten.
Die Vorschläge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom SSW sowie von der LINKEN erfüllen diese Voraussetzungen nicht oder nicht in Gänze. Ich bin mir aber sicher, dass wir nach einer Anhörung und einer intensiven parlamentarischen Befassung bis zur zweiten Lesung ein Wahlrecht normieren werden, das nicht nur von einer breiten Mehrheit des Landtags getragen werden kann, sondern auch das Risiko einer erneuten verfassungsgerichtlichen Befassung mit einer damit verbundenen Verwerfung so gering wie möglich hält.
(Beifall bei FDP und CDU sowie vereinzelt bei der SPD - Zuruf von der SPD: Es sollte Ihnen zu denken geben, dass Stegner applau- diert!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten alle ein bisschen herunterkommen, vor allem die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Herr Habeck, Sie gehen ja ab wie Schmidts Katze. Gemach, gemach, sage ich an dieser Stelle einmal.
es für mich am wichtigsten ist, dass wir so schnell wie möglich neu wählen, da wir gestern eine verhängnisvolle Entscheidung getroffen haben, die ich so schnell wie möglich rückgängig machen möchte. Dies betrifft das Blindengeld. Ich halte das für einen Skandal.