Protocol of the Session on December 15, 2010

g) Mehreinnahmen für Kinderbetreuung und Schuldenabbau nutzen

Antrag der Fraktion des SSW Drucksache 17/1076

h) Ermäßigte Umsatzsteuersätze - Gleichbehandlung umsetzen

Antrag der Fraktion des SPD Drucksache 17/1094

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1132

i) Resolution zur Neuordnung der Verwaltung

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1095

j) Sozialvertrag III schließen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1096

k) Sozialvertrag IV schließen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1097

l) Bund-Länder-Kooperation im Bildungsbereich

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1098

Ich erteile dem Berichterstatter des Finanzausschusses, Herrn Abgeordneten Peter Sönnichsen, das Wort.

(Präsident Torsten Geerdts)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat am 8. September 2010 in erster Lesung über die Entwürfe der Landesregierung eines Haushaltsgesetzes und eines Haushaltsbegleitgesetzes zum Haushaltsplan 2011/2012 debattiert, die heute zur zweiten Lesung anstehen. Das ist der erste Haushalt des Landes nach Einführung der Schuldenbremse, die der Landtag im Mai mit den Stimmen aller Fraktionen - mit Ausnahme der LINKEN - beschlossen hat.

Lassen Sie mich die wesentliche Vorgabe der Schuldenbremse noch einmal nennen: Gemäß Artikel 59 a Abs. 1 unserer Verfassung ist das strukturelle Haushaltsdefizit des Landes in gleichmäßigen Schritten von jeweils 10 % des Ausgangswerts im Jahr 2010 bis zum Jahr 2019 vollständig abzubauen. Das bedeutet jedes Jahr eine Absenkung um 125 Millionen €. Nur unter dieser Voraussetzung kann Schleswig-Holstein eine jährliche Konsolidierungshilfe von 80 Millionen € vom Bund erhalten.

Diese Ausgangslage stellte die Kolleginnen und Kollegen - für viele waren es die ersten Haushaltsberatungen - vor große Herausforderungen. Die letzten Wochen - das darf ich noch einmal in Erinnerung rufen - waren begleitet von zahlreichen Protesten; Ausschüsse und Fraktionen setzten sich in unzähligen Sitzungen, Gesprächen und Schriftwechseln intensiv mit dem Doppelhaushalt auseinander. Dieser Doppelhaushalt verlangt von allen Betroffenen und Beteiligten Opfer, von denjenigen, die an einzelne Haushaltspositionen Erwartungen haben oder auf sie angewiesen sind, ebenso wie von denjenigen, die über diesen Haushalt zu beschließen haben. Alleiniger Maßstab der Entscheidungen war und ist die bittere Einsicht in das Notwendige.

Der Finanzausschuss führte wie in den Vorjahren vor den Herbstferien gemeinsam mit den jeweiligen Fachausschüssen an vier Tagen die Einzelplanberatung durch und konzentrierte sich in der Beratung auf politische Schwerpunkte. Die von den Fraktionen rechtzeitig eingereichten Fragen zum Haushalt wurden von den Ministerien vor Beginn der jeweiligen Einzelplanberatung schriftlich beantwortet. Ich möchte an dieser Stelle im Namen des Finanzausschusses der Landesregierung und insbesondere dem Finanzministerium für die zeitnahe und zuverlässige Zuarbeit danken.

(Beifall bei CDU und FDP)

Bedanken möchte ich mich bei dieser Gelegenheit auch bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen im

Finanzausschuss, sowie beim Landesrechnungshof für die konstruktive Zusammenarbeit.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wir in dieser Tagung auch die vom Finanzausschuss erarbeiteten Voten zu den Bemerkungen des Landesrechnungshofs 2010 beschließen werden, in denen es zur Haushaltslage des Landes heißt:

„Der Finanzausschuss stimmt mit dem Landesrechnungshof darin überein, dass die Haushaltslage des Landes katastrophal ist. Eine nachhaltige Sanierung der Landesfinanzen ist dringend erforderlich. Der Finanzausschuss erwartet, dass die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse endlich zu einem Abbau des strukturellen Defizits führt. Wichtig ist, dass das Land deutlich Aufgaben, Personal und Ausgaben abbaut. Das Land muss sich künftig auf seine Kernaufgaben konzentrieren.“

Das ist der Regierung ins Stammbuch geschrieben, das ist damit aber auch uns Parlamentariern ins Stammbuch geschrieben. Wir alle sind gemeinsam gefordert, den uns von der Verfassung vorgegeben Auftrag zu erfüllen und unser politisches Handeln immer an der gebotenen Konsolidierung der Landesfinanzen auszurichten.

Nach der Steuerschätzung im November brachte die Landesregierung ihre Änderungsvorschläge zum Haushalt, die sogenannte Nachschiebeliste, ein. Zur Sitzung am 2. Dezember legten die Fraktionen - bis auf DIE LINKE - ihre Änderungsanträge vor.

Bei der Schlussabstimmung im Finanzausschuss haben die Fraktionen auf Einzelabstimmungen verzichtet; die Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen wurden abgelehnt. Deshalb finden Sie diese hier im Plenum in teilweise leicht modifizierter Form erneut wieder. Einige interfraktionelle Änderungsanträge wurden ebenso wie die Anträge von CDU und FDP sowie die Änderungsvorschläge derLandesregierung mehrheitlich angenommen.

Mit der Annahme der vom Finanzausschuss empfohlenen Änderungen verringert sich die Nettokreditaufnahme im Haushaltsjahr 2011 auf rund 1,273 Milliarden €, im Haushaltsjahr 2012 auf 940 Millionen €. Auf dem eingangs genannten hier im Mai beschlossenen Weg zur Schuldenbremse mit dem Ziel „keine neuen Schulden ab 2020“ sind das die ersten Schritte in die richtige Richtung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Finanzausschuss hat sich noch gestern mit weiteren Änderungen befasst. Diese konnten nicht mehr vollständig in die Beschlussempfehlung aufgenommen werden; daher liegt Ihnen heute ein weiterer Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor. Außerdem hat sich in der Kürze der Zeit ein redaktioneller Fehler in die Beschlussempfehlung eingeschlichen, den ich Sie zu korrigieren bitte: Artikel 30 des Haushaltsbegleitgesetzes - da geht es um das Inkrafttreten - Absatz 5 muss richtig lauten: „(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 tritt Artikel 10 Nummer 3 am 1. August 2011 in Kraft.“ - Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass die Änderung Nummer 3 betrifft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen der Mehrheit des Finanzausschusses bitte ich Sie, das Haushaltsgesetz, das Haushaltsbegleitgesetz und den Plan des Landeshaushalts für die Jahre 2011 und 2012 in der Fassung der Ihnen mit Drucksache 17/1042 vorliegenden Beschlussempfehlung und der soeben genannten Ergänzungen anzunehmen. Den Beratungen wünsche ich bei allen politisch unterschiedlichen Auffassungen einen angemessenen und an der fast einvernehmlichen Zielsetzung der Schuldenbremse sachorientierten Verlauf.

(Beifall bei CDU und FDP sowie der Abge- ordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Ich danke dem Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich begrüße auf der Zuschauertribüne die Landesvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau von Kalben und Frau Löhr, sowie die Vorsitzende des Landesjugendrings, Alexandra Ehlers. Seien Sie uns herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Landtagsfraktion hat der Herr Fraktionsvorsitzende Dr. Christian von Boetticher das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein historischer Tag für Schleswig-Holstein. 40 Jahre hemmungsloser Gang in immer höhere Verschuldung wird heute mit zwei großen Schritten für die Jahre 2011 und 2012 beendet. Ich erinnere mich sehr gut an mein erstes Jahr als Stu

dent in Kiel 1992. Ich traf meinen Großonkel, Hans-Hellmuth Qualen, der von 1963 bis 1973 Finanzminister in diesem Land war. Wir gingen den Karolinenweg herunter, und er zeigte auf die damals neu gebauten Gebäude und sagte: „Seit 1973, seit der ersten Erdölkrise, leben wir in diesem Land immer stärker auf Pump: All das, was wir uns hier leisten, leisten wir uns auf Pump. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden ich und auch du“ - er zeigte auf mich - „nicht mehr anders leben. Wenn man diese Spirale beenden will, braucht man andere Politiker mit anderem Denken, und man muss auch die Menschen ein Stück ändern, die mit immer höheren Ansprüchen an den Staat herantreten.“

Genau diesen Weg gehen wir heute, eine Rückbesinnung auf bürgerliche Tugenden wie Disziplin, Geradlinigkeit, Sparsamkeit,

(Zuruf: Enthaltsamkeit! - Heiterkeit)

eine Rückbesinnung auf christliche Werte wie Nächstenliebe, Toleranz und Weltoffenheit.

(Beifall bei CDU und FDP)

Den Gegenentwurf können wir derzeit sehr gut in Nordrhein-Westfalen sehen. Da wird zur selbigen Zeit ein Haushalt verabschiedet, der die höchste Neuverschuldung des Landes beinhaltet, hemmungslose Ausgaben, den weiteren Gang in immer höhere Neuverschuldung, wo Geld verprasst wird und die teuren Wahlversprechen von gestern entweder teuer bezahlt werden müssen oder sich in Luft auflösen. Das ist Politik von früher. Die Menschen in diesem Land werden die Wahl haben. Wir werden ihnen deutlich vor Augen führen, wie die Alternative aussieht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Unsere Politik für die nächsten Jahre besteht in einem Dreisprung. Diejenigen, die Leichtathletik gemacht haben, wissen, wie das funktioniert: Drei Sprünge, die ersten beiden mit dem selben Fuß abgesprungen, der letzte mit dem anderen, und alle drei müssen vernünftig aufeinander abgestimmt sein, denn am Ende zählt die Gesamtweite, und die wird nur erreicht, wenn es ein vernünftiges Verhältnis gibt und keiner der Sprünge zu kurz und keiner der Sprünge zu weit ist.

Drei Sprünge: Investitionen in Bildung, Investitionen in Infrastruktur und gleichzeitig die Reduzierung von Ausgaben in diesem Land. Darum wird es in Zukunft gehen.

Wir investieren daher sehr klug in Bildung. Wir machen keine großen Versprechungen, wie das an

(Peter Sönnichsen)

dere machen, die wieder so tun, als hätten sie ein Füllhorn, sondern wir investieren da, wo es notwendig und im Augenblick sinnvoll ist.

60 Millionen € für Investitionskosten für die Betreuung der unter Dreijährigen. Das ist deshalb keine einfache Leistung gewesen, weil ursprünglich 14 Millionen € für 2012, 30 Millionen € für 2013 und 2 Millionen € für 2014 eingeplant gewesen waren. Jeder der rechnen kann, weiß, dass das im Jahr 2013 bei dann steigenden Zinsen sehr schwierig gewesen wäre. Man kann sich ausrechnen, was das bedeutet hätte. Das wäre ohne eine weitere Neuverschuldung mit dann immer höheren Zinsen kaum gegangen.

Da man in diesem Haushaltsjahr - auch das kommt selten vor - klug gewirtschaftet hat - ich sage ganz bewusst, das liegt auch an den niedrigen Zinsen, die wir im Moment haben -, haben wir die 50 Millionen € an Besserstellung genutzt. Wir wissen, dass das natürlich auch wieder eine Neuverschuldung ist. Das ist ja nichts, was wir haben, sondern auch dafür gehen wir wieder in die Verschuldung. Aber es jetzt zu machen, wo die Zinsen niedrig sind, weil wir das Geld günstiger am Kapitalmarkt bekommen, und gleichzeitig heute schon die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die für die Betreuung der unter Dreijährigen besonders wichtig und sinnvoll sind, ist richtig. Wir versetzen damit die Kommunen in die Lage, diesen großen Auftrag zu erfüllen. Das war ein ganz wichtiger Schritt, der wird diesem Land guttun.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir nehmen den Deckel von den Geldern der Kommunen für Kindertagesstätten. Das sind 10 Millionen €. Jetzt kann man wieder darüber streiten, ob das nicht hätte mehr sein können. Ich sage ganz bewusst: Wir gehen nach oben, aber wir gehen maßvoll nach oben und so, dass es in das gesamte Finanzkonzept passt, damit der Schritt nicht so groß ist, dass andere nicht mehr folgen können.