Protocol of the Session on November 19, 2010

- Erzählen Sie mir doch nichts! Woanders wird eine Stelle in drei Jahren gestrichen, und jetzt wird eine neu eingerichtet. Sie wissen doch genau, dass Sie in drei Jahren dafür nicht mehr verantwortlich sind.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist doch Un- sinn!)

- Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Herr Dr. Klug in drei Jahren noch im Bildungsministerium ist! Das können Sie einem erzählen, der sich die Hose mit der Kneifzange zumacht.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich bedauere den Justizminister. Es gab Warnungen vor der Einstellung des jetzt ausgewählten Ge

(Monika Heinold)

neralstaatsanwalts. Es stand sogar in den „Lübecker Nachrichten“ und den „Kieler Nachrichten“ - es war auch im „Schleswig-Holstein-Magazin“ zu hören -, dass das Auswahlverfahren durchgeführt wurde, um eine spezielle Person einzustellen, und genau diese Person stellte sich ganz zufälligerweise als die geeignetste heraus. Herr Schmalfuß, es tut mir leid! Ich glaube nicht, dass das Ihr Wunsch war. Aber ich sehe auch, dass es in Koalitionen auch dann, wenn man als Parteiloser Minister wird - gewisse Zwänge gibt. Das ganze Verfahren hat nämlich nicht nur diejenigen beschädigt, die nicht eingestellt worden sind, sondern es hat auch den Kandidaten beschädigt. Insoweit gebe ich Ihnen ausnahmsweise recht: Ich halte den Kandidaten für sehr qualifiziert; ob er der Beste war, kann ich gar nicht beurteilen. Dass er beschädigt wurde, nur weil er ein bestimmtes Parteibuch hat, ist nicht seine, sondern Ihre Schuld, weil Sie dieses Verfahren so durchgeführt haben.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Abschließend möchte ich sagen: Wenn tatsächlich alle so an Bürokratieabbau und am Sparen interessiert sind - ich habe mich von Letzterem ausgenommen -, dann hätte ich eine Idee für einen Sparvorschlag, dem sogar die Linke zustimmen könnte. Es gibt bei uns etwas, was es bisher auf deutschem Boden, wie ich glaube, nur in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gab.

(Zurufe von CDU und FDP: Ah ja!)

Schleswig-Holstein hat die schöne Tradition der stellvertretenden Staatssekretäre aufrechterhalten. Ich frage mich, ob wir uns als Land in unserer finanziellen Lage den Luxus nicht nur von vielen Staatssekretären und vielen Ministern, die mehr oder weniger qualifiziert sind, sondern auch den von stellvertretenden Staatssekretären leisten müssen.

Damit möchte ich schließen. Vielen Dank! Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat sich -

(Die Abgeordnete Anke Spoorendonk [SSW] begibt sich zum Rednerpult)

- Entschuldigung! Das ist das dritte Mal, dass ich heute den SSW übersehen habe. Ich entschuldige mich dafür.

Frau Kollegin Anke Spoorendonk hat selbstverständlich zunächst das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist klar, dass sich das Personalkarussell in der Landesverwaltung nach einer Wahl dreht. Dass allerdings der Koalition, die sich als große Haushaltskonsolidiererin feiert, ein Jahr nach der Wahl einfällt, dass die bestehenden Personalstrukturen nicht mehr ausreichen, macht stutzig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird der Eindruck erweckt, dass wir es hier mit etwas ganz anderem zu tun habenen. Sowohl im Bildungs- als auch im Justizministerium sollen zwei neue Abteilungsleiterstellen geschaffen werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das stimmt ja nicht!)

- Wir haben das vorhin alle gehört.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kollege Kubicki, ich nehme das zur Kenntnis.

Diese Posten sind im Entwurf -

(Wortwechsel zwischen dem Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Darf ich meinen Gedankengang zu Ende führen?

Diese Posten sind im Entwurf des Doppelhaushalts und in der Nachschiebeliste zu finden - nur leider bleibt unklar, warum diese Leitungsstellen überhaupt geschaffen werden müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das Wort hat Frau Kollegin Anke Spoorendonk.

Mit anderen Worten: Auch die Umschichtung von Aufgaben - das behaupte ich ganz einfach - hätte

(Heinz-Werner Jezewski)

anders aufgefangen werden können und auch anders aufgefangen werden müssen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gerüchteküche gibt dazu einige Antworten, auf die ich hier nicht näher eingehen werde. Man kann sich dennoch des Eindrucks nicht erwehren, dass zumindest im Bildungsministerium ein generelles Misstrauen gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehegt wird.

Insgesamt kommen wir nicht drum herum, dass die Neuschaffung der Abteilungsleiterstelle im Bildungsministerium ein gewisses ,,Geschmäckle" hat,

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und das, obwohl gerade die FDP, zum Beispiel bei der Besetzung von Richterstellen, immer wieder die großen Parteien dafür kritisiert hat, dass politischer Proporz eine Rolle spiele. Dass sich die FDP konkret bei der Findung eines neuen Generalstaatsanwalts dem gleichen Vorwurf ausgesetzt sehen muss, ist schon peinlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Fakt ist, dass dieser Findungsprozess erst einmal ruht, weil im Auswahlverfahren geschlampt wurde. Die fehlende Begründung für die Auswahl des Kandidaten könnte einfach schlechte Arbeit des Ministeriums sein; es kann aber auch sein, dass nichts belegt werden kann, weil das Parteibuch Kriterium genug war. Neben der schlampigen Arbeit des Ministeriums wäre dies ein weiteres Armutszeugnis. Daher sage ich nochmals klar und deutlich: Wir erwarten bei der Besetzung solcher Ämter, dass das Prinzip vom Abstand um eine Armeslänge eingehalten wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erschwerend kommt aus unserer Sicht hinzu, dass es im Justizministerium weitere organisatorische Entscheidungen gibt, die Fragen aufwerfen. Das gilt zum Beispiel für die Schaffung einer eigenen IT-Abteilung, zumal das Land mit Dataport einen wichtigen Dienstleister für den IT-Bereich aufgebaut hat und diesen auch finanziert. Auch die Schließung der Justizvollzugsanstalten in Flensburg und Itzehoe führt zu Kritik, nicht nur aus sachlichen Gründen, sondern auch, weil mit den Betroffenen überhaupt nicht kommuniziert wird. Es finden keine Gespräche statt.

(Beifall bei SSW und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat mit den Einsparvorschlägen der Haushaltsstrukturkommission die Messlatte wirklich hoch gehängt. Dazu gehört auch die Maßgabe, dass in den kommenden Jahren bis zu 5.000 Stellen im Landesdienst eingespart werden sollen. Die Konzeptlosigkeit bei diesem Vorhaben haben wir oft genug kritisiert. Jetzt sehen wir, dass man die genannten Messlatte anscheinend so hoch gehängt hat, dass man bequem unten durchlaufen kann.

Was bleibt, ist die unbeantwortete Frage, was mit den im Raum stehenden Personalentscheidungen erreicht werden soll. Die fehlende Transparenz ist ganz einfach nicht hinnehmbar, weil das zu einer Filzdiskussion einlädt, die letztlich der Politik als Ganzes schadet. Wer vergisst, dass gute Arbeit von Ministern mehr als alles andere von loyaler Zuarbeit - ich füge hinzu: ein Markenzeichen des Berufsbeamtentums - und der fachlichen Kompetenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abhängt, ist arm dran. Darum sage ich: Arme Landesregierung!

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Nun hat zu einem Dreiminutenbeitrag der Herr Abgeordnete Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition tut ihre Arbeit und kritisiert die Landesregierung.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie demontiert die Landesregierung!)

Die Landesregierung, die bis vor Kurzem noch Opposition war, fand solche Angriffe, wenn sie sie selbst vorgetragen hat, immer völlig in Ordnung. Greift man sie aber heute an, findet sie das überhaupt nicht komisch, dann ist das Majestätsbeleidigung, und sie fragt immer nur: Was habt ihr eigentlich früher gemacht, als ihr regiert habt? Dabei übersieht sie, dass die Union zumindest teilweise Dinge, die sie noch vor einem Jahr als Regierung vertreten hat, gerade ins Gegenteil verkehrt.

Ich will schon sagen: Wir befinden uns nach der Einführung der Schuldenbremse, nach Ihrer famosen Haushaltsstrukturkommission, in einer Situation, in der Sie unglaublich vielen Leuten, die draußen demonstrieren, erzählen, wie wichtig es sei, dass man den Gürtel enger schnallt, und dass Wohlfahrt auch erdrücken könne. Schaut man aber, was

(Anke Spoorendonk)