Frau Prante, ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass der Schleswiger Mädchentreff „Zimtzicke“ am 24. November 2010 eine Abschiedsparty feiern und schließen wird und dass es damit eine Arbeitslose mehr gibt, weil der dort zurzeit noch in Vollzeit angestellten Mitarbeiterin jetzt gekündigt wird, um Verträge fristgerecht einzuhalten? Um Arbeitsverträge und Mietverträge einzuhalten, ist dieser Mädchentreff jetzt schon gezwungen, dies alles in die Wege zu leiten. Ist Ihnen das bekannt?
Ich kann dazu nur sagen: Genau aus diesem Grund ist uns dieser Antrag so wichtig, und es ist uns wichtig, dass er von allen hier unterstützt wird; denn genau das ist der Punkt - ich habe es in meiner Rede schon angedeutet -: Diese Mädchentreffs bereiten jetzt alle ihre Schließung vor.
Sowohl die Streichung der Finanzmittel für die Mädchentreffs als auch Kürzungen, Streichungen und abenteuerliche Pläne von Zusammenschlüssen
bei den Frauenhäusern gehen doch total an der Realität vorbei und bewirken einzig und allein die Zerschlagung langjährig bewährter Strukturen, die Hilfsangebote für Mädchen und Frauen dieses Landes betreffen. Es geht hier also um mehr. Besonders die Frauen sind Opfer weiterer Kürzungen und Streichungspläne der Landesregierung, und zwar in allen Bereichen. Dies kann nur als Angriff auf die Weiblichkeit im Gesamten gesehen werden.
„Niemand ist den Frauen gegenüber aggressiver oder herablassender als ein Mann, der seiner Männlichkeit nicht ganz sicher ist.“
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Frauenberatungsstellen, Frauennotrufe, Frauenhäuser und Mädchentreffs bieten Frauen und Mädchen in verschiedenen Lebenssituationen unterschiedliche Angebote, damit sie ihr Leben in Würde leben können.
Mit den Kürzungen bei diesen Frauen- und Mädcheneinrichtungen wird deutlich, dass die Gleichstellungspolitik der Landesregierung von Beliebigkeit geprägt und völlig ohne Konzept ist. - Die Kollegin von der FDP sprach schon von sogenannten freiwilligen Leistungen. Da war ich doch etwas überrascht. - Mit der Besetzung der Ministerposten fing es an. Mit den Fraueneinrichtungen und den Mädchentreffs geht es weiter. Die Zuschüsse für die Mädchentreffs sollen komplett gestrichen werden, zwei Frauenhäuser sollen geschlossen, weitere sollen zusammengelegt werden, und andere Fraueneinrichtungen sollen ihre Angebote reduzieren. Die Landesregierung kommt mit einer weiteren Sonntagsrede zum Schutz und zur Förderung von Frauen und tut doch genau das Gegenteil.
Sie kürzt nämlich bei den Frauen, die auf Schutz und Unterstützung angewiesen sind, weil sie Stalking, Vergewaltigung und Missbrauch ausgesetzt sind, also insbesondere bei den Frauen, die von ihren Männern grün und blau geschlagen werden und Hilfe brauchen, um ein für uns normales Leben zu führen - ohne Schläge, Tritte und Verletzungen -, und bei den Frauen, die auf einem häufig männlich
dominierten Arbeitsmarkt keine Chance haben. Weiterhin kürzt die Landesregierung bei den Mädchen, die einen eigenen Raum brauchen, um Selbstbewusstsein zu erlangen, um ihr Leben als wertvolle, beachtete und geachtete Frau in unserer Gesellschaft gestalten zu können.
Aus Sicht des SSW gibt es gute Gründe, warum es in diesem Land Frauenberatungsstellen, Frauennotrufe, Frauenhäuser und auch Mädchentreffs gibt; denn viele Frauen gehören häufig noch zu den Schwächsten in dieser Gesellschaft. Die Landesregierung hat sich mit den Kürzungen bei den Frauen- und Mädcheneinrichtungen daher eine Zielgruppe ausgesucht, bei der sie möglicherweise mit nicht so viel Protest gerechnet hat. Denn Frauen, die Schutz vor ihrem Mann suchen oder Opfer von Missbrauch oder Vergewaltigung sind, gehen nicht häufig vor dem Landeshaus demonstrieren. Sowohl diese Frauen als auch die Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen, die zu einem großen Teil ehrenamtliche Arbeit leisten, haben nämlich wirklich andere Probleme, als der Landesregierung klarzumachen, warum es nicht nur finanziell, sondern vor allem unter einem menschlichen Gesichtspunkt notwendig ist, in den Schutz und die Förderung von Frauen zu investieren.
Die Kürzungen bei den Fraueneinrichtungen und den Mädchentreffs im Land zeugen nicht nur von einem egoistischen Zynismus einer männerdominierten Landesregierung. Sie zeugen auch von einem Realitätsverlust; denn Frauen sind auch weiterhin psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt.
Dabei sind es aus meiner persönlichen Erfahrung vor allem die individuellen Schicksale, die einen wachrütteln. Es ist die Bekannte, deren Mann sie beim Streit auf den Boden schlägt, deren Kniescheibe dabei gebrochen wird, sodass sie nicht mehr arbeiten gehen kann, und die doch bei ihrem Mann bleibt.
Trotz Wegweisungen sind es gerade die Frauenhäuser und Notrufe, die Unterstützung bei Problemen geben und einen Ausweg aus der Gewaltspirale bieten. Diese vielfältige Unterstützung aus Beratung, medizinischer Untersuchung und Unterstützung, Therapie und Notunterkünften ist aus Sicht des SSW in dieser Gesellschaft leider auch weiterhin erforderlich, da häufig eine jahrelange Unterdrückungssituation besteht und für viele Frauen ein Ausweg nicht erkennbar ist.
Seit 2003 hat sich die Belegung der Frauenhäuser nicht wesentlich verändert, weder in der Anzahl der Frauen noch in ihrer Verweildauer. 100 % Auslastung zu fordern, so wie dies der Landesrechnungshof tut, spricht daher weder für wirtschaftliches noch für menschliches Denken. Dies ist einfach nur Ausdruck der Nichtkenntnis mancher Menschen, die die Augen vor den Problemen in dieser Gesellschaft verschließen und die Politik aus ihrer Verantwortung nehmen.
Ich weise darauf hin, dass wir im Landtag vor nicht langer Zeit über die Workplace Policy gesprochen haben. Hierbei wird von den Unternehmen, auch von der öffentlichen Verwaltung, verlangt, darauf hinzuweisen, dass es Unterstützung gibt. Ich finde, dass müssen wir hier auch.
Wir tragen Verantwortung dafür, dass die Schwächsten in dieser Gesellschaft Schutz und Unterstützung erhalten, wenn sie nicht mehr weiterwissen.
Ein Leben ohne Gewalt ist nach unserer Ansicht eben kein Privileg, sondern ein Menschenrecht für alle, vor allem auch für Frauen und Kinder.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun muss ich mich doch einmal zu meinem ersten Dreiminutenbeitrag hier im Landtag aufschwingen.
Ich finde, das Thema ist sehr wichtig, und ich möchte speziell zu den Frauenhäusern noch etwas sagen.
Frau Tenor-Alschausky, ich finde es schade, dass Sie das mit der Gleichstellung und der Gleichstellungsbeauftragten vermischen. Das Thema gebietet ein wenig mehr Ernst. Es geht um Frauen, die am Ende eines langen Weges, auf dem ihnen Gewalt angetan wurde, ganz schnell Hilfe brauchen, um Schutz und das zu finden, was sie benötigen. Das ist mit „Gleichstellung“ und ähnlichen Begriffen
Die Wortbeiträge, die wir bisher gehört haben, machen aber deutlich, dass es hier noch die eine oder andere Frage zu klären gibt. Es gibt immer noch unterschiedliche Zahlen, die hier von den Betroffenen auf der einen Seite und vom Ministerium auf der anderen Seite angeführt werden. Gleichzeitig wird immer wieder gesagt, dass in den Frauenhäusern überdurchschnittlich viele Frauen aus anderen Bundesländern aufgenommen werden. Das ist gerade typisch für das System der Frauenhäuser.
Das ist sozusagen systemimmanent. Ich glaube, das wird niemand von der Hand weisen können. Die Frauen versuchen, möglichst weit von ihrem häuslichen Bereich wegzukommen. An den Rändern der Bundesländer ist der Wechsel von einem zum anderen Bundesland natürlich deutlicher. Deshalb geht es, bevor wir bestehende Strukturen zerstören, auch darum, die Frage zu klären, wie wir hier zu einem Ausgleich der Bundesländer untereinander kommen können. Das ist bisher nicht angesprochen worden.
Vielleicht habe ich das auch so deutlich einfach noch nicht gehört. Ich möchte es noch einmal unterstreichen, dass wir uns hier anstrengen müssen, diese Frage zu klären, die schon länger im Raum steht.
Für mich ist es besonders wichtig, dass wir hier bestehende und gewachsene Strukturen bei den Frauenhäusern nicht endgültig zerstören, bevor wir uns nicht bemüht haben, diese Frage zu klären und in Angriff zu nehmen. Ich weiß, in meiner Fraktion sind dort Initiativen ergriffen worden. Ich bitte deshalb darum, dass wir zuerst diese Frage noch klären, um dann eine Entscheidung auf der Basis fundierter Kriterien treffen zu können.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielleicht etwas schwierig als einziger Mann in so einer Debatte. Ich muss nachher noch einmal über das Zitat von Simone de Beauvoir nachdenken.
Frau Kollegin Prante, man kann durchaus und auch strittig darüber diskutieren, ob und inwieweit geschlechtsspezifische Jugendarbeit nötig ist. Ich komme zu dem Ergebnis, dass in den Mädchentreffs gute Jugendarbeit geleistet wird, mit viel Engagement und Herzblut und ohne verbissene Männerfeindlichkeit. Man kann leider nicht darüber diskutieren, dass die Finanzierung von Jugendtreffs, ob für Jungen, Mädchen oder beide zusammen, eine klare und eindeutige Aufgabe der örtlichen Jugendhilfe ist. Der Katalog an Tätigkeiten, den Sie, Frau Kollegin Prante, vorgelesen haben, stellt die klassische und gute Jugendarbeit dar.
Niemand verbietet dem Land, Modellprojekte zu entwickeln, Anschubfinanzierungen zu geben, eventuell auch längerfristig zu fördern. Aber wenn unser Land kein Geld mehr hat, ist es auch logisch, dass man sich von Aufgaben trennt, für die andere originär zuständig sind.
Man könnte auch sagen: Frühere Landesregierungen hätten vielleicht schon damit beginnen sollen, diese Treffs langfristig und langsam in kommunale Trägerschaft zu überführen.
Es wird nun schwierig, den Einrichtungen ausreichend Zeit zu geben, sich neue Finanzierungsmodelle zu erarbeiten, zumal es sich bei den Standorten ja nicht gerade um die strukturstärksten Kreise in Schleswig-Holstein handelt. Ob es Möglichkeiten gibt, werden wir im Sozialausschuss in den Haushaltsberatungen sehen. Ich bin gespannt, welche Einsparvorschläge die Opposition zugunsten der Mädchentreffs dort vorlegen wird.