Protocol of the Session on October 8, 2010

Sofort. Frau Heinold kann dann vielleicht ihre Frage noch ein bisschen ergänzen. Den Satz will ich noch zu Ende führen.

Dass man unzureichenden Informationen aufsitzen kann und daraus auch falsche Schlüsse ziehen kann, Herr Kollege Habeck, das haben Sie ja anlässlich der Haushaltsdebatte, die wir beim letzten Mal geführt haben, eindrücklich erfahren. Die Information, die Sie verarbeitet haben, war definitiv falsch, und trotzdem hat bei uns niemand die Forderung erhoben, Sie müssten nun Ihr Amt aufgeben, weil Sie mit Ihrer Rede das Parlament unzureichend unterrichtet hätten.

Herr Abgeordneter, Sie gestatten eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Heinold?

Selbstverständlich. - Frau Heinold, Sie haben das Wort.

Herr Kubicki, Sie haben erwähnt, dass es Vorfälle, dass eine Regierung dem Parlament eine Falschinformation gibt, in jeder Legislaturperiode gegeben hat. Erinnern Sie sich daran, dass wir uns einmal, als es eine Falschaussage des ehemaligen Finanzministers Möller gegenüber dem Parlament gab, einig waren, auch mit den regierungstragenden Fraktionen, dies nicht hinzunehmen? Ich weiß nicht, ob wir damals gerügt oder missbilligt haben, auf jeden Fall haben wir das einvernehmlich gemacht. Erinnern Sie sich daran? Was ist der Unterschied, warum Sie jetzt nicht bereit sind, diese Missbilligung mitzutragen?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

- Frau Kollegin Heinold, ich erinnere mich sehr gut daran, weil ich daran mitgewirkt habe. Ich erinnere mich auch daran, dass das Parlament keine Missbilligung ausgesprochen hat, sondern die Erklärung des Kollegen Möller hingenommen hat, dass sich so etwas nicht wiederholen wird.

(Unruhe)

- Definitiv nicht! Es gibt keine formale Rüge des Parlamentes, Herr Kollege Stegner.

(Dr. Michael von Abercron)

Unabhängig davon verstehe ich das ja. Vielleicht sollten wir insgesamt mal darüber nachdenken, ob es Sinn macht, Herr Kollege Habeck - ich wende mich insbesondere an Sie -, dass regelmäßig die Debatten nach dem Motto geführt werden: Die Opposition vertritt die Interessen des gesamten Volkes, und die Regierungsfraktionen betreiben Klientelpolitik, haben unlautere Motive, dienen nur Einzelinteressen. Das führt uns auf Dauer nicht weiter, weil die Menschen das im Zweifel auch satt haben.

Ich sage ausdrücklich: Es ist suboptimal, dass ein Mitarbeiter einer Landesverwaltung in einem Beirat sitzt, der gleichzeitig darüber zu entscheiden hat oder mit zu befinden hat, dass Anträge beschieden oder genehmigt werden. Das halte ich persönlich auch für suboptimal.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Konsequenz?)

Aber daraus immer zu schließen, dass deswegen, weil man in einem Beirat sitzt, die Entscheidungen durch diese Tätigkeit oder dadurch, dass man dafür bezahlt wird, beeinflusst werden, würde mich zu der Frage bringen, ob die Entscheidung von Frau Heinold, im Finanzausschuss und im Parlament der HSH Nordbank im Jahre 2008 eine 1-Milliarde-€-Kapitalspritze zur Verfügung zu stellen, dadurch beeinflusst worden ist, dass sie im Beirat der HSH Nordbank gesessen hat. Ich warne vor solch schlichten Unterstellungen; denn sie können sich im Zweifel auch gegen einen selbst richten.

Übrigens habe ich auch im Beirat gesessen, bin auch bezahlt worden, aber wir haben nicht zugestimmt. Ich sage nur, daraus allein kann man noch nichts ableiten. Ich würde mir aber wünschen, dass in der Landesverwaltung, bei den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes eine solche Verquickung von amtlicher Tätigkeit und Beiratstätigkeit für Unternehmen unterbleibt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Robert Habeck für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Punkt der heutigen Debatte ist, dass eine Sachentscheidung politisch getroffen wurde. Eine

Sachentscheidung wurde durch politische Einflussnahme getroffen, und zwar durch einen Mitarbeiter, der in einem Interessenkonflikt zu einem Unternehmen steht. Das hat Herr Kubicki eben zumindest angedeutet. Der eigentliche Punkt ist, dass dann darüber die Öffentlichkeit falsch informiert wurde.

Die Frage ist doch: Herr de Jager, als Mensch nehme ich die Entschuldigung des Menschen Jost de Jager natürlich an. Aber für Sie als Minister ist sie nicht ausreichend, weil der Punkt noch nicht aufgeklärt ist. Warum haben Sie denn die Falschaussage gemacht? Wer hat Ihnen das aufgeschrieben, dass Sie die falsche Information im Parlament gegeben haben? Wer hat Ihnen aufgeschrieben, die Entscheidung wird erst fallen, als sie schon gefallen war? Sich da blind zu stellen, da die Augen zuzumachen und zu sagen, oh, das ist eine Betriebspanne, bei den Interessenkonflikten, die hier skizziert wurden und sich andeuten, das ist doch hanebüchen.

Herr Kubicki, da muss man doch an das Selbstbewusstsein des Parlamentes appellieren und somit auch an Ihres, dass das nicht durchgeht. Es geht um einen politischen Entschluss des Parlamentes, dass wir den Interessenkonflikt, der offensichtlich da ist und der den Minister aufs Glatteis geführt hat er ist doch ins Messer laufen gelassen worden -, nicht hinnehmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Das muss das Parlament doch eindeutig bescheiden. Das ist der politische Punkt. Deswegen sollten wir dem alle zustimmen.

Für die Landesregierung erteile ich jetzt dem Herrn Wirtschaftsminister Jost de Jager das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf eine Vorbemerkung machen und sagen, dass ich ein wenig gekränkt bin durch den Umstand, dass die Grünen vor einem Jahr noch meine Entlassung gefordert haben und diesmal nur meine Missbilligung. Ich habe die Sorge, dass offenbar mein Kampfwert soweit gesunken ist, dass die Grünen nachsichtig werden und meine Entlassung nicht mehr fordern wollen. Das als Vorbemerkung.

(Wolfgang Kubicki)

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollte ein Witz sein?)

Im Ernst, meine Damen und Herren, ich möchte in vier Punkten auf Sie eingehen.

Erstens. Der Vorgang Mittelplate ist auf allen Ebenen korrekt abgewickelt worden. Das Ministerium hat formal richtig gehandelt. Ich lege wert auf die Tatsache, dass das weder im Ausschuss noch heute in der Landtagsdebatte in Zweifel gezogen worden ist noch in Zweifel gezogen werden konnte.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zweitens, hinsichtlich der Einflussnahme und der angeblichen politischen Einflussnahme, die es gegeben haben soll: Es handelt sich bei der Entscheidung der Verlängerung einer Konzession - ich komme nachher noch darauf, es ist ja nicht die Ersterteilung - um eine gebundene Entscheidung. Das heißt, sie hätte nur dann nicht antragsgemäß erfolgen können, wenn es schwerwiegende Gründe dagegen gegeben hätte.

Hinsichtlich der politischen Eigenmächtigkeit des Abteilungsleiters, die angesprochen worden ist, verweise ich darauf, dass die politische Linie dieser Landesregierung hinsichtlich der Erdölförderung im Wattenmeer klar war. Im Energiekonzept der Landesregierung ist schwarz auf weiß hinterlegt worden, dass diese Landesregierung die Exploration von Erdölvorkommen im Wattenmeer, in der Mittelplate weiter unterstützt. Insofern gab es hier keine politischen Eigenmächtigkeiten. Der Abteilungsleiter wusste um die Linie dieser Landesregierung.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Umweltministerin nicht!)

Ich möchte im Zusammenhang mit dem Abteilungsleiter und seiner Mitgliedschaft im Beirat von RWE Innogy - das ist die Tochter für die erneuerbaren Energien von RWE - Folgendes darlegen: Er befindet sich dort übrigens in einer ausgesprochen guten Gesellschaft; denn ein weiteres Mitglied des Beirates von RWE Innogy ist zum Beispiel Stephan Kohler, der Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur. Ich glaube nicht, dass irgendjemand Herrn Kohler unterstellen will, dass er in irgendeiner Äußerung oder Entscheidung befangen ist, weil er im Beirat der RWE Innogy ist. Insofern weise ich das zurück.

(Beifall bei CDU und FDP)

Drittens. Ich komme zu der Landtagsdebatte am 21. Mai. Es ist richtig, ich habe damals gesagt: Es

ist übrigens vorgesehen, die Bewilligung bis zum 31. Dezember 2041 zu verlängern. Ich habe inzwischen auch mehrfach gesagt, dass ich damals nicht den Kenntnisstand der Verwaltung wiedergegeben habe. Aber die Absicht der Landesregierung, es bis 2041 zu verlängern, habe ich nicht verschleiert. Der entscheidende Punkt ist, Frau Fritzen - gucken Sie in das Protokoll, ich glaube, Sie haben damals auch gesprochen -: Ich habe es angekündigt, und es gab keine Reaktion. Es gab keine Zwischenfrage, es gab keine Zwischenrufe.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Fritzen, es gab auch keinen Dreiminutenbeitrag, und die sind in der Tat inflationär in diesem Landtag. Es hat keiner darauf reagiert.

Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie haben nicht realisiert, was ich gesagt habe, oder Sie fanden es gar nicht so schlimm.

Damit komme ich zu einem anderen Punkt. Ich habe diese Informationspanne bereits in der Antwort auf eine Kleine Anfrage eingeräumt, die ich am 28. Juni beantwortet habe. Ich habe gesagt: In der Tat, es war eine Panne. Es gab aber keine Reaktion. Es gab keine Pressemitteilung zu Ihrer Kleinen Anfrage, es gab keine Landtagsdebatte.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was machen wir denn heute hier? - Weitere Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Jedes hat seine Zeit, Herr Tietze, so ist es.

Denn vielleicht gehört ja zu der Chronologie dieser ganzen Geschichte auch der 20. August des Jahres 2010, an dem das Landesverfassungsgericht klargestellt hat: Diese Legislaturperiode ist kürzer, und wir befinden uns im Vorwahlkampf.

Sie, meine Damen und Herren, bauen hier einen Popanz auf, Sie sprechen von Skandal, wo überhaupt kein Skandal zu suchen und zu finden ist.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Damit diese Debatte noch Neuigkeitswert hat und damit Sie, Frau Fritzen, mir nicht vorwerfen können, ich würde meine Post und meine E-Mails nicht lesen, möchte ich Ihnen etwas ankündigen und mitteilen, was in diesem Zusammenhang interessant ist.

Ich habe in der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage vom 28. Juni geantwortet, dass zurzeit keine weiteren Anträge zur Förderung von fossilen Energien in der Außenwirtschaftszone vorliegen. Mit

(Minister Jost de Jager)

Schreiben vom 28. September 2010 hat das Landesbergbauamt mein Haus darüber unterrichtet, dass eine Firma aus London mit Namen PA Resources UK Limited die Erteilung einer Erlaubnis auf Aufsuchung von Kohlewasserstoffen - sprich Erdöl und Erdgas - für zunächst drei Jahre beantragt hat. Das Erlaubnisfeld liegt im äußersten „Entenschnabel“ der Außenwirtschaftszone, also nicht im Wattenmeer. Wir reden hier nicht über das Wattenmeer, sondern wir reden über die hohe See, etwa 240 km nordwestlich von der Mittelplate, weit außerhalb des Wattenmeeres.

Ich darf an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, wodurch sich die Verfahren bei einer Verlängerung und bei einer Neubeantragung unterscheiden. Dies ist eine Neubeantragung. In diesem Fall ist es so, dass in der Tat auch Bundesbehörden hinzugezogen werden, um zu sehen, ob es Interessenkonflikte gibt. Bei einer Verlängerung der Konzession ist eine Abstimmung mit dem Umweltministerium hier im Land vorgesehen und wird damit auch erfolgen. Wir haben es übrigens auch hier mit einer gebundenen Entscheidung zu tun, die nicht darüber entscheidet, wie und in welcher Form am Ende das Erdöl oder das Erdgas gefördert wird.