Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Es beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/785, dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Bitte nehmen Sie im Hinblick auf die Tagesordnung folgende Verabredung der Parlamentarischen Geschäftsführer zur Kenntnis: Für die Punkte 21, 11, 28, 35 und 45 ist keine Aussprache vorgesehen.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung wieder und begrüße Sie herzlich. Zu den geschäftsleitenden Bemerkungen von heute Mittag möchte ich hinzufügen, dass der Tagesordnungspunkt 45 abgesetzt wird. Die Beratung dieses Punktes wird für die Oktober-Tagung vorgesehen und nicht in dieser Tagung ohne Aussprache behandelt, wie ich es vorhin sagte. Die Tagesordnungspunkte 11, 21, 28 und 35 werden zum Zeitpunkt ihrer ursprünglichen Einreihung ohne Aussprache aufgerufen.
Ich bekomme gerade die Information, dass Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ein Gespräch hatte und auf dem Weg hierher ist.
Frau Präsidentin! Ich bitte um Entschuldigung. Mir war etwas anderes mitgeteilt worden, deshalb hatte ich noch ein Gespräch, aber jetzt bin ich hier.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Europa wächst immer enger zusammen. Es gibt wohl kaum eine europäische Region, die dabei so weit vorangekommen ist wie die deutsch-dänische Grenzregion. Süddänemark und Schleswig-Holstein haben hier in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Deshalb sage ich auch mit einem gewissen Stolz: Wir sind heute mehr als gute Nachbarn. Dänemark ist zu unserem wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner geworden.
Unabhängig von Weltfinanz- und Weltwirtschaftskrise haben wir 2009 Waren im Wert von knapp 1,31 Milliarden € nach Dänemark exportiert. Dem standen Einfuhren im Wert von 2,45 Milliarden € gegenüber. Wir wollen diese Fortschritte in unserer Partnerschaft auf eine nachhaltige Grundlage stellen, Standortvorteile ausnutzen, mehr Wachstum und Beschäftigung durch gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit schaffen und Arbeitsplätze sichern.
Dazu hat sich diese Landesregierung verpflichtet, und das gilt auch für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark.
Unser Verhältnis ist vertrauensvoll, und es ist belastbar. Es verträgt Diskussionen in der Sache. Wenn wir jetzt in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Dänemark, die gestern oder heute Morgen getagt hat, über die Finanzausstattung der dänischen Schulen im Land sprechen, dann wollen wir auch hier zu einer hoffentlich einvernehmlichen Lösung kommen.
Die Landesregierung hat gern einen Bericht über die Zusammenarbeit mit unser Partnerregion Süddänemark vorgelegt. Es ist der vierte Bericht seit 2003. Das zeigt: Parlament und Regierung sind in der Sache gleichermaßen engagiert, die Zusammenarbeit mit Dänemark stetig zu verbessern.
Der aktuelle Bericht macht deutlich: Wir haben in den vergangenen Jahren eine weitere Stärkung der Zusammenarbeit erreicht, und vor allem die nationalen Minderheiten und Volksgruppen im deutschdänischen Grenzland haben erneut bewiesen, dass sie ein ganz wesentlicher Motor der Zusammenarbeit sind - insbesondere als kulturelle Botschafter, Brückenbauer und Impulsgeber für grenzüberschreitende Innovation.
Die Partnerschaft mit Dänemark tut vor allem unserem nördlichen Landesteil gut. Die wirtschaftliche Entwicklung wird von der guten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit befeuert und gewinnt weiter an Fahrt. Nehmen Sie als Beispiel die Dienstleistungen des deutsch-dänischen Regionalmanagements bei der IHK Flensburg. Die Nachfrage der Unternehmen ist so gut, dass seit 2007 bereits 44 Projekte initiiert oder begleitet werden konnten.
Die positive Bilanz lässt sich auch auf den Bereich Ernährungswirtschaft übertragen. Das von der WTSH gesteuerte Leuchtturmprojekt „Kompetenznetzwerk Ernährung“ hat inzwischen über 30 Unternehmen aus der Branche zusammengebracht. Damit in der Region neue Arbeitsplätze entstehen, setzen wir uns für einen durchlässigen gemeinsamen Arbeitsmarkt ein. Was mich besonders erfreut: Die Initiativen der Landesregierung für die gegenseitige Anerkennung von Berufsschulabschlüssen zeigen Wirkung.
Die Bildungsministerien in Berlin und in Kopenhagen wollen nach Abschluss letzter Prüfungen eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen, mit der die
Auch verkehrspolitisch können wir eine positive Bilanz ziehen. Wir haben die Idee der dänischen Regierung aufgegriffen, eine gemeinsame Verkehrskommission einzurichten. Die Bahnreisenden zwischen Schleswig-Holstein und Süddänemark werden die geplanten Fahrzeitverkürzungen sehr bald spüren können. Ab Dezember wird es durchgehende Intercityverbindungen zwischen Flensburg und Kopenhagen geben.
Die Reisen werden einfacher, es wird komfortabler und attraktiver. Eine große strategische Chance liegt zudem in der grenzüberschreitenden Gesundheitsforschung. Sie ist die Grundlage für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen im Bereich von Gesundheit und Gesundheitsvorsorge. Ein hervorragendes Beispiel ist das INTERREGIV-A-Programm, nämlich das Projekt Genetik des gesunden Alterns. Hier werden die Bedingungen für ein gesundes Altern erforscht, und zwar gemeinsam von dem Universitätsklinikum SchleswigHolstein und der Universität von Syddanmark in Odense. Die dort gewonnen Erkenntnisse fließen in die Gesundheitsvorsorge und auch in die Ernährungswirtschaft ein.
Es gibt noch weitere zukunftsweisende Beispiele aus diesem Bereich wie das gemeinsame INTERREG-Ostseeprojekt ICT for Health oder das Projekt Success. Mit Letztgenanntem wollen wir gemeinsam mit Dänemark auf unsere Stärken aufmerksam machen und nachhaltig ein professionelles Regionsmanagement sichern.
Meine Damen und Herren, all diese Erfolgsmeldungen zeigen: In der Zusammenarbeit mit Dänemark ist Bewegung. Aktuell stehen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Süddänemark in der Förderperiode bis 2013 durch INTERREGIV-A rund 44 Millionen € an Mitteln zur Verfügung. Damit der Schwung nicht nachlässt, wollen wir die Zusammenarbeit auch in der neuen EU-Förderperiode weiter mit INTERREG-Mitteln unterstützen. Dafür setzen wir uns auf nationaler und auf europäischer Ebene ein, und die Vorzeichen stehen gut.
Meine Damen und Herren, beide Seiten wissen: Die Stärken der Region liegen bei den erneuerbaren Energien, im Tourismus und in der Gesundheitswirtschaft. Daher arbeitet die Landesregierung daran, die Zusammenarbeit mit Dänemark in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Die Landesre
gierung wird alle Möglichkeiten der Makroregion Ostsee ausschöpfen, um die Zusammenarbeit mit Dänemark und im gesamten Ostseeraum voranzubringen. Der EU-Ostseestrategie entsprechend wollen wir die Wirtschaftskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der Region stärken und mehr Wachstum und Beschäftigung generieren. Um diese Ziele zu erreichen, sind auch die internationale und die transnationale Zusammenarbeit wichtig, was die INTEREG-IV-B-Ostsee- und -Nordseeprogramme mit ihren insgesamt fast 350 Millionen € an EUMitteln anbelangt. Zudem arbeiten wir an einer Strategie zur Kooperation mit Dänemark, um die erworbenen Kompetenzen in der Zusammenarbeit auch auf andere dänische Regionen auszuweiten. Dadurch werden wir auch die Kooperation auf der Fehmarnbelt-Achse intensivieren. Durch den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung sind wir dort ebenfalls gefordert, eine deutsch-dänische Wachstumsachse zu schaffen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Landesregierung wird in ihrem Engagement nicht nachlassen, denn wir wissen: Nur gemeinsam können wir unsere Stärken ausbauen. Ich glaube, das entspricht einer modernen Landespolitik. Moderne Landespolitik hört eben nicht an den Grenzen auf. Gerade bei uns, in unserem Land mit nur zwei Grenzen ist es notwendig, mit beiden Partnern über beide Grenzen hinweg intensiv zusammenzuarbeiten. Das ist für Hamburg notwendig, und das ist selbstverständlich und glücklicherweise auch mit Dänemark notwendig und möglich.
Die Redezeit der Regierung wurde um drei Minuten überschritten und steht so allen Fraktionen entsprchend zur Verfügung.
Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion des SSW hat die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In seiner Länge und Ausführlichkeit ist dieser Bericht bemerkenswert. Man merkt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung an, dass sie sich große Mühe gegeben haben. Dafür sage ich herzlich Dank.
Allerdings ist bedauerlich, dass genau die Punkte aus unserem Berichtsantrag nicht beantwortet werden, die zu Reflexionen über Zielsetzungen und Umsetzungsprozesse einladen. Hier ist zwar von der Pflege guter Beziehungen, von Absichtserklärungen sowie von einem Informations- und Erfahrungsaustausch die Rede, es bleibt aber unbeantwortet, wie die Landesregierung die Träger der Zusammenarbeit konkret berät und unterstützt oder wie die lange angekündigte Dänemark-Strategie im Detail aussieht. Ich gebe der Landesregierung recht: Der vorliegende Bericht macht deutlich, dass das Aktivitätsniveau der deutsch-dänischen Zusammenarbeit in den letzten Jahren intensiviert und gesteigert wurde.
Sie hat auch recht, wenn im Bericht behauptet wird, dass das INTERREG-IV-A-Programm vorrangig das Ziel hat, einen direkten Nutzen für die gemeinsame wirtschaftliche und regionale Entwicklung der Grenzregion zu schaffen. Dass den Akteuren trotzdem oft die Lust vergeht, sich an INTERREG-Projekten zu beteiligen, ist leider die andere Seite dieser Medaille. Nicht nur das Antragswesen ist umständlich und bürokratisch, das Zuwendungsverfahren ist es auch. Dazu hatte der SSW Anfang des Jahres einen Bericht im Europaausschuss erbeten. Mir wurde gesagt, dass dieser auch zu einigen Verbesserungen bei den Abläufen geführt hat, aber anders herum ist genau dies eine Barriere in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die die Landesregierung von sich aus unter ständiger Beobachtung haben sollte.
Es sollte auch klar und deutlich gesagt werden, dass es die EU ist, die den Hauptteil der deutsch-dänischen Zusammenarbeit finanziert. Es sind die Akteure vor Ort, die die Kofinanzierung leisten. Sie arbeiten erfolgreich in den Bereichen Tourismus, Umwelt, Justiz, Arbeitsmarkt und Bildung zusammen, und sie stecken auch sehr viel unbezahlte Arbeitskraft in diese Zusammenarbeit.
Die Landesregierung ist vor diesem Hintergrund häufig nur die Tante, die Klavier spielt, und nicht der Onkel, der die Geschenke mitbringt. Das Scheitern des Projekts Collegium Mare Balticum lässt in diesem Zusammenhang grüßen.
Aufgrund der Kürze meiner Redezeit ist es unmöglich, auf Einzelheiten des Berichts einzugehen. Dazu wird es bei der Ausschussberatung hoffentlich noch Gelegenheit geben. Dort werden wir sicherlich auch - genauer, als im Bericht dargelegt - er
fahren, wie weit man ist, wenn es darum geht, Gesundheitsleistungen grenzüberschreitend anzubieten. Denn auch in diesem Bereich gilt letztlich die Devise, dass Zusammenarbeit keine Einbahnstraße sein darf.
Ein weiteres Beispiel ist die Tatsache, wie die Landesregierung gedenkt, in der nunmehr beschlossenen deutsch-dänischen Verkehrskommission zu agieren. Zu sagen, jede Seite möge ihre Infrastrukturprojekte auflisten, ist wenig ambitioniert und dient auch nicht einer verstärkten Zusammenarbeit, wenn man erst einmal gar nichts koordinieren will, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Fast wie Hohn klingt es, wenn die Landesregierung den konstruktiven Austausch und die positiven Ergebnisse der Kompetenzanalyse zum Mehrwert der Minderheiten in der Grenzregion hervorhebt. Denn hier scheint die eine Hand nun wirklich nicht zu wissen, was die andere tut. Wirklich abenteuerlich ist, wenn zum Thema „Förderung der dänischen Sprachkenntnisse“ aus dem Bericht der Landesregierung hervorgeht, wie wichtig die Rolle der Dänischen Zentralbibliothek in diesem Zusammenhang ist, die Landesregierung im gestern debattierten Haushaltsentwurf für 2011/2012 gleichwohl aber vorschlägt, den Landeszuschuss für die Dansk Centralbibliotek von gut 90.000 auf 60.000 € zu reduzieren. Anders ausgedrückt: Man findet es anscheinend völlig in Ordnung, dass man „für 'n Appel und 'n Ei“ alles haben kann: eine Minderheitenpolitik für schöne Sonntagsreden und ein Sprachangebot zum Nulltarif für Menschen, die ohne einen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt keine Chance auf einen Arbeitsplatz hätten. Für beides zahlt die dänische Seite. Partnerschaft und Wertschätzung, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen anders aus.
Wenn man sich vor Augen führt, dass die Landesregierung - so ist es mir zumindest berichtet worden - diesen Bericht, bevor er überhaupt im Landtag debattiert wurde, bereits dem Sachverständigenausschuss des Europarats überreicht hat, der anlässlich der Fortschreibung des Staatenberichts zur Sprachencharta kürzlich in Kiel tagte, dann bekommt man den Eindruck, dass es der Landesregierung mehr um den Symbolgehalt geht als um Inhalte. Denn die oft angekündigte neue DänemarkStrategie liegt immer noch nicht vor - auch wenn die Landesregierung schon einmal die Richtung an