Protocol of the Session on September 8, 2010

ein Land, in dem die Aufklärungsquote noch besser geworden ist, in dem aber auch einiges für Integration getan wird, in dem es mehr Angebote für integrationswillige Ausländer gibt, mehr dafür getan wird, dass sie ebenfalls in erhöhtem Maß an den Bildungschancen teilnehmen. Ich sehe aber auch ein Land, in dem Menschen, die hier leben und die nicht im Respekt vor den Werten unseres Grundge

setzes agieren, die - im Gegenteil - dagegen Hetze betreiben und aufwiegeln, auch entsprechend sanktioniert werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sehe ein Land, in dem der Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein zu einem Markenzeichen wird, weil Krankenhäuser endlich auch modern nachhaltig finanziert werden und das Geld nicht mit kurzfristigen Darlehen auf Pump von der nächsten Generation ausleihen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sehe ein UK S-H, das einen namhaften Investor gefunden hat, der die Arbeitsplätze sichert, die Qualität durch immense Investitionen erhöht hat und durch eine intensive Beteiligung der Universitäten in Kiel und Lübeck Forschung und Lehre erhält und stärkt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sehe eine Kulturlandschaft, in der wir ein vernünftiges Kulturkonzept haben, das unsere großen Museen, unsere Schlösser zwischen Gottorf, Eutin und Glücksburg mit einem vernünftigen Konzept so gestaltet, dass es noch attraktiver für unsere dänischen Nachbarn wird.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hör mal zu!)

Denn wir haben eine große gemeinsame Vergangenheit mit Dänemark. Ich sehe ein Schleswig-Holstein Musik Festival, das die Erfolge der letzten Jahre fortsetzt und erfolgreich für dieses Land wirbt, und eine Theaterlandschaft, in der es durch mehr Synergien zwischen den Theatern gelungen ist, ein gutes hochqualitatives Spiel, auch im ländlichen Raum, zu gewährleisten.

Ich sehe - nicht zum Schluss - ein Land, in dem sich viele Menschen in sozialen Bereichen engagieren, in Familienbildungsstätten, in Frauenfachberatungen, auch in der Integration behinderter Menschen, in dem wir aber gleichermaßen Strukturen geschaffen haben, die auf der einen Seite, auf der Staatsseite, schlanker sind und auf der anderen Seite noch mehr Ehrenamt generieren.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Aufstellung von Gedenksteinen!)

Der wichtigste Punkt: Ich sehe in diesem Land Menschen, die sich engagieren, und zwar Menschen, die gesehen haben, dass der Staat, der 30 Jahre lang überstrapaziert worden ist, der auf Schulden, auf Pump gelebt hat, nicht mehr alles

(Dr. Christian von Boetticher)

leisten kann, und die mutig und entschlossen ein Stück weit in diese Lücke springen.

Ich sehe Bürgerstiftungen in diesem Land, von denen wir mehr brauchen, als wir heute haben, und ich sehe Menschen, die stolz auf ihre Heimat sind. Stolz darauf, Appener in Pinneberg zu sein, Pinneberger in Schleswig-Holstein, Schleswig-Holsteiner in Deutschland und Deutscher in einem zusammenwachsenden Europa. Menschen, die auf Werte achten, die auf Fleiß, Leistung, Achtung und Respekt setzen, die aber auch Toleranz, Humanität und Weltoffenheit üben, wodurch sich Schleswig-Holstein auszeichnet.

Wenn ich all das nehme, sehe ich ein Land, das dazu führt, dass, wenn man nach Amerika, China oder Japan fährt, vielleicht irgendwann Deutschland nicht mehr mit Bayern verbunden wird, sondern mit Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben alle am heutigen Tag unsere Vision. Vielleicht werden wir noch die eine oder andere hören. Die werden sich sicherlich in vielen Nuancen, vielleicht auch in breiten Dingen von meiner unterscheiden, es wäre auch merkwürdig, wenn es anders wäre, wir sind immer noch unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Szenarien.

Eines aber werden wir alle merken, wenn Sie dieses Land in den nächsten zehn Jahren gestalten wollen. Ein Sportler würde sagen, das ist wie die Vorbereitung auf einen 10.000-m-Lauf. Da gibt es unterschiedliche Konzepte. Der eine trainiert mehr die Ausdauer, der andere arbeitet an seiner Taktik, wie er mit dem Schlussspurt einiges gutmacht, der Dritte setzt auf eine starke psychologische Komponente, unterschiedliche Wege, die nach oben führen. Egal, was der Läufer, der sich vorbereitet, auch macht, er wird feststellen, dass dann, wenn er seine Aufgaben gemacht hat, er loslaufen will und ihm jemand eine 50-kg-Kugel an das Bein bindet, er nichts von dem, was er will, erreichen wird. Genauso ist es mit der Verschuldung in diesem Land.

Herr Stegner hat heute eine ganze Menge gesagt, was die Sozialdemokraten alles nicht machen wollen. Er hat mit keinem einzigen Wort gesagt, wie er dieses Land mit dieser Verschuldung für das Jahr 2020 positiv und unter der neuen verfassungsrechtlichen Vorgabe der entsprechenden Haushaltsentwicklung entwickeln will. Das wird die Frage sein, die, wenn wir sie nicht beantworten, dazu führt, dass keine unserer Visionen, keine grüne, keine rote, keine vom SSW, keine von der Linken und keine liberale und auch keine christdemokratische Vi

sion, wahr wird. Wer sich um die Antwort drückt, wie er jährlich die 125 Millionen € beibringt, wer nur fadenscheinige Ausreden bietet, wie wir sie eben gehört haben, der leistet den wesentlichen Bestandteil für seine eigene Vision nicht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir sind gewillt, für die Erfüllung dieser Vision einiges in Kauf zu nehmen. Sie haben die Demonstration draußen angesprochen. - Ich gestatte gern die Zwischenfrage zum Abschluss, bevor ich fertig bin. Ich würde jetzt gerne mit meinen Ausführungen fortfahren.

Wir sehen die Demonstration, aber wir sehen auch, was in repräsentativen Umfragen zu unserem Sparpaket herauskommt. 80 % der CDU-Wählerinnen und CDU-Wähler fordern uns auf, hart zu bleiben und nicht vom Sparkurs abzuweichen. 75 % der FDP-Wähler fordern uns auf, hart zu bleiben. 52 % der Grünen-Wähler fordern uns auf, hart zu bleiben bei diesem Konsolidierungskurs. 49 % der SPD-Wähler - im Gegensatz zu nur 45 %, die unser Sparpaket ablehnen - fordern uns auf, genau auf diesem Weg weiterzumachen. Und selbst nach den Einsparungen auch im Grenzland sind es immer noch 32 %, also ein Drittel aller SSW-Wähler, die das, was wir machen, richtig finden.

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten viel ertragen müssen. Ich weiß, dass es schwer wird. Aber wenn es einfach wäre, dann hätten Sie es auch selber machen können, Herr Stegner. Sie haben es aber nicht gemacht. Sie haben diese Arbeit aus Ihrer Regierungszeit verdrängt und uns überlassen, damit wir es jetzt anpacken. Wir werden das tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Damit die Öffentlichkeit weiß, mit wem sie sich einlässt, vielleicht noch ein Vergleich. Der eine oder andere hat gelesen, dass mein Lieblingsbuch „Der Herr der Ringe“ ist. Dort gibt es eine schöne Szene. Da sitzt der alte König Theoden auf seinem Thron, veraltet, erblindet, nicht mehr bereit, sich den Aufgaben zu stellen, die ihn bedrohen, die auf sein Land zukommen. Er sitzt da. Neben ihm steht sein „treuer“ Berater Grima Schlangenzunge und sagt ihm immer: „Beruhige dich. Das ist nicht so schlimm. Wir kriegen das alles hin.“ Zu denen, die mit Unkenrufen kommen, sagt er: „Regt den König mit Unkenrufen nicht auf. Macht ihn nicht nervös. Er leidet doch schon so schwer. Bloß keine Veränderung! Es muss alles so bleiben, wie es ist. Liebe Bevölkerung, anstrengen müssen wir uns nicht, das

(Dr. Christian von Boetticher)

nimmt schon alles seinen Weg.“ In dieser Szene ist Folgendes so schön: Gandalf, der Zauberer - man muss kein Zauberer sein, um am Ende Klarheit zu bekommen -, meine Lieblingsfigur, erreicht, dass der König die Augen aufmacht und ein Stück weit das sieht, was Realität ist, sein Alter, seine Gebrechlichkeit, seine Blindheit abschüttelt und sich den Aufgaben, die sein Land bedrohen, stellt.

Ich kann nur sagen: Wir werden jetzt und wir werden auch im Wahlkampf deutlich machen, dass dieses Land, diese Bevölkerung nie mehr auf Grima Schlangenzunge hört.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, der Herr Kollege Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der bemerkenswert grottenschlechten Vergangenheitsbewältigung durch den ehemaligen Ministerpräsidentenkandidaten der SPD, Dr. Stegner, und den Visionen des Fraktionsvorsitzendenkollegen der CDU, was er alles so sieht im Jahr 2020, und im Rückgriff auf den „Herrn der Ringe“ mit einem bemerkenswerten Zauberer betrachte ich jetzt den Haushalt 2011 und 2012.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Heute bringt die Koalition aus CDU und FDP ihren ersten Haushaltsentwurf ein. Bevor ich hierauf eingehe, erlauben Sie mir einige wenige Worte zur Entscheidung des Landesverfassungsgerichts vom 30. August 2010.

Egal, wie man es bewertet: Dieses Urteil wird in die Geschichte des Landes eingehen, auch wenn ich nicht der Auffassung bin, dass es ein Ruhmesblatt der Rechtsprechung ist. Zwar haben die Kläger nicht das erreicht, was sie eigentlich wollten: den Vollausgleich der Mandate und damit eine andere Zusammensetzung des Landtages. Aber immerhin wurde dem Landtag aufgegeben, was die Koalitionsfraktionen ohnehin bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten: ein Wahlrecht zu schaffen,

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Im Herbst!)

das die in der Verfassung vorgegebene Anzahl von 69 Abgeordneten in aller Regel nicht überschreitet.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bei der Uni Lübeck nicht für Sie!)

- Ach, Herr Kollege Habeck, das Schöne ist: Ich habe gehört, dass wir eigentlich gar nicht mehr wählen müssen, sondern das Parlament nach Meinungsumfragen besetzen sollen. Unter diesem Aspekt war das die Abschiedsrede des Kollegen Dr. Stegner. Denn es gibt in Schleswig-Holstein keinen unsympathischeren Spitzenpolitiker als den Kollegen Stegner.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

- Sie sind noch nicht so gut bekannt.

(Heiterkeit bei FDP und CDU)

Wir werden in Ruhe und Gelassenheit abwarten, wie die Sozialdemokraten sich entscheiden. Ich kann von dieser Stelle nur meine wirklich herzliche Bitte an die SPD richten: Stellen Sie Herrn Stegner bitte wieder auf! Geben Sie ihm eine zweite Chance! Er hat eine zweite Chance verdient.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Landtag ist aufgegeben worden, bis spätestens 30. September 2012 Neuwahlen durchzuführen. Hierzu hat das Landesverfassungsgericht ausgeführt - ich zitiere -:

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist die falsche Rede!)

„Die mandatsrelevanten Wahlfehler können zusammen genommen jedoch weder zu einer abweichenden endgültigen Feststellung des Ergebnisses gemäß § 47 Abs. 3 LWahlG noch zur Ungültigerklärung der Wahl zum 17. Landtag mit der gesetzlichen Folge einer Wiederholungswahl im Sinne des § 46 LWahlG führen. Stattdessen ist die Legislaturperiode zeitlich zu beschränken und der Gesetzgeber zu verpflichten, zur Vorbereitung vorgezogener Neuwahlen unverzüglich ein verfassungskonformes Landeswahlrecht zu verabschieden. Allerdings sind die Fehler so schwerwiegend, dass die Legislaturperiode auf den 30. September 2012 zu beschränken ist.“

Das Verfassungsgericht hat weiter festgestellt - ich zitiere erneut, das ist das letzte Zitat -:

„Für die Durchführung einer Wahl auf Grundlage eines geänderten Gesetzes bedarf es eines deutlich längeren Zeitraums, damit