Protocol of the Session on September 8, 2010

- Es geht um Refugio, und ich weiß, wie Sie aufgetreten sind. Übrigens hat mir derjenige, der den Verein führt, erzählt, wie Sie das berichtet haben. Was Sie hier sagen, ist so nicht richtig.

(Zurufe)

Ich wollte auf den Punkt eingehen, dass die hehren Worte, die Sie hier verwenden, und die Taten etwas Unterschiedliches sind. Sie reden hier über Energie und die Energiewende, und Sie tragen dazu bei, dass der Atommüll in Schleswig-Holstein mehr wird, indem Sie die Revolution, die da in Berlin von der Bundeskanzlerin verkündet worden ist, auch noch unterstützen.

Das Zweite. Herr Ministerpräsident, Sie haben hier sehr viel über Standhaftigkeit gesprochen, und Standhaftigkeit ist etwas Gutes. Ich halte sehr viel von Standhaftigkeit. Aber Standhaftigkeit setzt auch eine Haltung voraus. Ich habe vorhin das Erstaunen in den Gesichtern einiger Kollegen bei der Union gesehen, weil denen noch gar nicht aufgefallen ist, dass Sie in Ihrem Haushaltsbegleitgesetz beschlossen haben, die Eltern bei den Kosten der Schülerbeförderung zwingend mit 30 % zusätzlich zu belasten. Können Sie mir einmal Ihre Standhaftigkeit beschreiben, die Sie beim Thema Schülerbeförderungskosten an den Tag gelegt haben? Ich würde das nicht Standhaftigkeit nennen, sondern würde sagen: Ein Zickzackkurs ist eine gerade Linie im Verhältnis zu dem, was Sie da gemacht haben.

Herr Oppositionsführer, würden Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Carstensen zulassen?

Mit dem größten Vergnügen.

Kollege Stegner, können Sie sich vielleicht erinnern das ist leider noch ein bisschen länger her, da hatten wir noch einen anderen Innenminister -, dass es dieser Innenminister war, der einen heftigen Streit mit dem damaligen Wirtschaftsminister Dietrich Austermann hatte, als es darum ging, die regenerativen Energien, insbesondere die Windenergie, bei uns in Schleswig-Holstein weiter auszubauen, zum Beispiel von 1 % auf einen höheren

(Dr. Ralf Stegner)

Satz zu gehen und viele Restriktionen abzubauen?

- Herr Carstensen, das ist ein Märchen, das Sie oft erzählen, aber es ist nicht wahr.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich glaube, dass es das Publikum eher langweilt, wenn wir hier gemeinsam Vergangenheitsbewältigung betreiben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW - Zurufe)

Das ist nicht mein Ansatz, aber höflich, wie ich bin, muss ich die Frage beantworten, wenn Sie es mir gestatten. Ich wollte eigentlich über die Zukunft reden, aber Ihre Zwischenfragen sind typisch, Herr Carstensen, denn Sie haben hauptsächlich über die Vergangenheit geredet, das ist in der Tat wahr.

Ich will Ihre Frage gern beantworten. Wir haben gesagt, wir wollen den Ausbau der Windenergie, wir wollen das allerdings auf eine Art und Weise, dass wir nicht hunderte Prozesse im Land bekommen, die mit der Bevölkerung so ausgestaltet wird, dass das funktioniert.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Blockiert haben Sie! - Sandra Redmann [SPD]: Nein!)

Das war die Haltung, die der damalige Innenminister hatte. Versuchen Sie nicht, das wegzureden. Vom Windland Nummer 1 sind wir unter Ihrer Führung ein ganzes Stück zurückgefallen. Der Fortschritt ist unter sozialdemokratisch geführten und rot-grünen Regierungen hier erfolgt.

Ich war bei Ihrer Standhaftigkeit. Ich wünschte mir ein bisschen, dass Sie gerade bei so einem Thema wie Schülerbeförderungskosten Ihre Standhaftigkeit auch einmal einhalten würden. Herr Ministerpräsident, ich will es einmal sehr freundlich ausdrücken: Warum haben Sie jetzt in Ihrer Regierungszeit wieder so oft Ihre Meinung gewechselt? Bei der Polizei, bei den Kita-Gebühren, beim UK S-H oder bei den dänischen Schulen? Kabinett Carstensen 2 hat mit Kabinett Carstensen 1 offenkundig gar nichts mehr zu tun. Obwohl Sie viel über die Vergangenheit reden, ist das mit dem Erinnerungsvermögen offenbar doch nicht so weit her, denn sonst würden Sie nicht Standhaftigkeit für sich reklamieren.

Ich will ein Drittes sagen! Sie haben sich selbst ein bisschen dafür gelobt, dass Sie es aushalten, wenn Sie bei Veranstaltungen ausgebuht und ausgepfiffen werden.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Sie nicht! Sie schüren den Hass!)

- Immer zurückhalten, Herr Kollege! Wir machen das ja ganz freundlich miteinander.

Es geht ja nicht darum, dass die Menschen nur wegen der Inhalte dessen, was Sie tun, pfeifen, sondern sie erleben, dass Sie mit den Menschen gar nicht sprechen, dass Sie sie vorher gar nicht beteiligen, dass Sie das durchziehen, was Sie wollen, ob es richtig ist oder nicht, und das dann auch noch standhaft nennen, dass sie in Wirklichkeit den Inhalt und Stil dessen, was Sie tun, kritisieren. Haben Sie eigentlich ein Wort dazu gesagt, was Ihr Koalitionspartner in Lübeck gemacht hat? Habe ich irgendein Wort vom Regierungschef dieses Landes dazu gehört, wie mit den Menschen dort umgegangen worden ist, die instrumentalisiert worden sind, als seien sie Schachfiguren auf einem Schachbrett? Ein Wort des Ministerpräsidenten? - Keinen Ton dazu. Wo ist da eigentlich die Führung, frage ich Sie. Die ist nicht da. Das merkt jeder. Insofern ist es mit der Standhaftigkeit auch an der Stelle nicht so besonders weit her.

Herr Ministerpräsident, Sie haben vorhin gesagt, es sei leicht, Politik zulasten der zukünftigen Generationen zu machen. Das ist die Übersetzung für das, was der Bildungsminister jeden Tag tut. Er macht Politik zulasten der zukünftigen Generationen, indem er hier ein Bildungschaos anrichtet, was uns weit zurückwirft und die Chancen der zukünftigen Generationen verspielt. Das ist das, was Ihre eigene Regierung tut. - Schade, ich muss Ihnen wirklich sagen, Herr Minister Klug, wir hätten das gar nicht gedacht. Seit Jahrzehnten beschäftigen Sie sich mit dem Thema Bildung im Landtag, jetzt sind Sie Minister geworden, und das, was Sie tun, ist leider für die Schulen in diesem Land so furchtbar traurig und bringt uns kein Stück voran. Und der Ministerpräsident schweigt dazu. Das ist das, was man hier feststellen muss. Nein, mit der Vergangenheitsbewältigung kommen wir nicht weiter, sondern wir müssen uns mit der Zukunft befassen.

Sie haben vorhin gesagt, Sie könnten der Logik des Kollegen Habeck nicht folgen. Ich finde nicht, dass das gegen den Kollegen Habeck spricht, wenn ich ehrlich sein soll.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was Sie hier vorgetragen haben - bezogen auf die Haushaltsdaten; Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze, ich wollte jetzt nicht über den Heimatdialog zwischen Ihnen beiden reden -, dieser Punkt,

(Dr. Ralf Stegner)

wo Sie das Zahlenwerk der Landesregierung auseinander genommen haben, das hatte sehr wohl eine Logik. Wir hätten eigentlich alle erwartet, dass darauf eine Reaktion kommt und nicht nur Zwischenrufe. Aber nichts dergleichen ist erfolgt.

(Beifall bei der SPD)

Wo ist die Logik der Zahlen? Der Finanzminister, der hatte heute einen schwarzen Tag. Das kann vorkommen. Aber es kommen überhaupt keine Antworten zu diesem Thema. Das Zahlenwerk ist nicht logisch, es ist zusammengekleistert und rechnet sich nicht.

Dann haben wir den Kollegen von Boetticher. Der hat heute seine „I-have-a-dream-Rede“ gehalten.

(Heiterkeit)

Das ist ein hübscher Ansatz. In Ihrer Situation - Sie sind der Hoffnungsträger der Union; ich finde Sie ja auch sehr sympathisch; und ich finde es überhaupt klasse, dass Sie einen Hoffnungsträger haben - halten Sie so eine Rede. Das Problem ist nur, wenn ich Ihren Sitznachbar angucke, dann gilt das, was Friedrich Schiller in Wilhelm Tell geschrieben hat: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Das ist das, was dabei herauskommt, wenn Sie Ihre Reden halten und dann in der Wirklichkeit landen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Denn ihr Nachbar hat sich hier heute so richtig als Angstbeißer dargestellt, als jemand, der die 5-Prozent-Hürde im Auge hat und weiß, jeder Tag, den wir eher wählen, kann das passieren, was er immer den anderen prognostiziert, dass nämlich irgendwann wirklich ein Ende der Ära des „Herrn K.“ im Land Schleswig-Holstein kommen könnte.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht ist das auch deshalb so, weil auch ihre Kollegen, von denen hier ganz viele sitzen, merken, dass es auf Dauer mit diesem Ansatz - was Seriosität angeht - im Land Schleswig-Holstein nicht funktioniert. Insofern sollten Sie vielleicht diese Debatte heute noch einmal für sich analysieren, vielleicht kommen Sie dann zu etwas anderem.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn man sich heute aber die ganze Debatte angehört hat, ist etwas sehr deutlich geworden. Ich muss zugeben, obwohl ich ein optimistischer Mensch bin, hätte ich vor einem Jahr noch nicht gedacht,

dass das so schnell geht. Es ist deutlich geworden, wo die Zukunft und wo die Vergangenheit liegen. Das ist in diesem Haus heute so etwas von überdeutlich geworden. Sie müssen wissen, das Ende dieses Doppelhaushaltes, den Sie vielleicht noch mit einer Einstimmenmehrheit beschließen werden, werden Sie auf der Oppositionsbank erleben. Das verspreche ich Ihnen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen wir endlich ein- mal zu den Zahlen!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht erwartet, hier heute direkt nach dem Oppositionsführer zu sprechen. Aber wer ahnt auch schon, dass Herr Stegner jetzt alle Redebeiträge der SPD selber hält.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Mit der heutigen Lesung des Haushaltsgesetzes stehen wir erst am Anfang der parlamentarischen Beratungen zum Doppelhaushalt 2011/2012. Doch bevor diese Beratungen überhaupt begonnen haben, hat die Kollegin Heinold als finanzpolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einmal schnell zum Taschenrechner gegriffen, kurz nachgerechnet und anschließend ein vernichtendes Urteil über die Regierungsvorlage gefällt, welche sie dann auch umgehend der Presse in die Feder diktiert hat.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das hilft manchmal!)

- Manchmal, aber in diesem Fall mit Sicherheit nicht, wie Sie sehen werden.

Das Urteil der Kollegin Heinold lautet: Die Landesregierung verschweige den Ernst der Lage. Finanzminister Wiegard rechne sich reich, und dem Papier mangele es schlicht an Transparenz.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- So ist es nachzulesen in der Presseerklärung und in der anschließenden Berichterstattung in den