Wenn kein Land den ersten Schritt macht, wird auch kein anderes Land folgen können. Erst dann, wenn ein Land diesen Schritt geht, kommt Bewegung in die Sache. Dazu sage ich dann ganz deutlich: Schleswig-Holstein steht finanziell so schlecht da, dass es sich den Luxus nicht mehr leisten kann, auf Gebühren zu verzichten. Deshalb steht es gerade unserem Land gut zu Gesicht, den ersten Schritt zu machen. Andere Länder werden mit Sicherheit
Inzwischen liegt auch ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor, der einen völlig anderen Ansatz verfolgt. Dabei geht es mehr um die Aufklärung darüber, was die Lebensmittelüberwachung überhaupt macht. Der finanzielle Aspekt spielt in diesem Antrag jedoch keine Rolle. Würde man diesen Änderungsantrag beschließen, dann würde unser Antrag ad absurdum geführt werden. Das wollen wir natürlich nicht. Deshalb bitte ich, beide Anträge zur weiteren Beratung dem Finanzausschuss zu überweisen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In seinem Antrag mit dem Titel „Kostendeckende Gebühren zur Lebensmittelüberwachung einführen“ fordert der SSW aufgrund einer Stellungnahme des Landesrechnungshofs das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume auf, die Lebensmittelüberwachung zu intensivieren und für diese Leistungen kostendeckende Gebühren zu erheben.
Dazu muss man wissen, dass die gesetzlichen Grundlagen der amtlichen Lebensmittelüberwachung EU-Verordnungen und das bundeseinheitliche Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sind. Das Landwirtschaftsministerium hat daraufhin im Jahr 2008 ein einheitliches risikoorientiertes Beurteilungssystem geschaffen, das bei der Durchführung der Kontrollen im Lebensmittelbereich den verantwortlichen Kreisveterinärämtern zur Verfügung steht. Danach können die Veterinärämter die Kontrollhäufigkeit der Betriebe risikoorientiert planen und durchführen.
Über die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung des Bundes werden fachliche Kriterien vorgegeben, anhand derer das Risiko eines Betriebs im Lebensmittelbereich bewertet wird. Eine Kontrollhäufigkeit ist darin nicht zwingend festgesetzt, sondern obliegt dieser Risikobewertung. Das ist auch gut so.
Das scheint uns auch aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen völlig ausreichend zu sein. Ein Lebensmittelskandal ist uns in den vergangenen Jah
Ein starres Kontrollsystem, wie vom SSW gefordert, würde zu wesentlich mehr Aufwand führen, der umgesetzt über die Kreisveterinärämter mit den heutigen Personalausstattungen nicht abgedeckt werden könnte. Dabei muss ich Ihnen Recht geben. Eine Aufstockung des Personals im Landesdienst scheint uns angesichts der gerade verabschiedeten Schuldenbremse momentan nicht der richtige Weg zu sein.
Herr Harms, es bliebe also nur ein Abfedern für den Landeshaushalt über Gebühren, die bisher nicht erhoben werden. Da erhebt sich die Frage, wer mit welchen Gebühren in der Lebensmittelerzeugung zusätzlich belastet werden soll, die landwirtschaftliche Urproduktion, die über die täglichen Standardkontrollen bei Milch- und Fleischerzeugung mit ihren Verarbeitungsbetrieben laufend überwacht wird und die dazu über Fachrecht und Qualitätsprogramme in allen Bereichen ständig entweder nach einem statistischen Standardverfahren oder nach Risikoanalyse unter Beobachtung der zuständigen öffentlichen Hand steht, die Lebensmittelverarbeitung, der Lebensmitteleinzelhandel, egal ob als Direktvermarkter auf dem Wochenmarkt oder als Großküche, als Großschlachterei oder Bäckereikonzern.
Schleswig-Holstein wäre das erste Bundesland, das grundsätzlich Gebühren im Bereich der Lebensmittelkontrolle erheben würde. Ist damit nicht auch eine Wettbewerbsverzerrung zu befürchten, die besonders expansionswillige Unternehmen in den vorgenannten Bereichen in andere Bundesländer treibt, in denen es Förderungen in unterschiedlichen Bereichen gibt, die wir aufgrund unserer Haushaltslage nicht leisten können? Mehr Gebühren und damit verbundene Bürokratie machen unseren Standort nicht attraktiver.
Sichere Lebensmittel in Erzeugung, Verarbeitung und Handel haben dabei für uns oberste Priorität. Wir sollten uns dabei nicht davon leiten lassen, mehr Einnahmen realisieren zu können, und vorschnell in eine Richtung entscheiden, sondern uns im federführenden Umwelt- und Agrarausschuss damit auseinandersetzen. Falsch ist nach unserer Auffassung ein Schnellschuss, wie er im SSW-Antrag formuliert ist. Bevor wir in Sachen Lebensmittelüberwachung Entscheidungen treffen, benötigen wir erst entsprechende Fakten. Dazu dient unser Antrag.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag des SSW greift eine aktuelle fachliche Diskussion aus den Bemerkungen 2010 des Landesrechnungshofs auf und leitet daraus eine vordergründig finanzpolitische Forderung für das Parlament ab. Im Kern geht es darum, wer - und in welcher Höhe - die Kosten für die im Rahmen der Lebensmittelüberwachung gezogenen Proben bezahlen muss: weiter überwiegend das Land oder die kontrollierten Betriebe, auch wenn die Probe keine Beanstandung ergab?
Ich möchte an dieser Stelle einen Vergleich anführen, der vielleicht nicht ganz treffend ist. Wenn man als Autofahrer eine Geschwindigkeitskontrolle passiert und nicht geblitzt wird, muss man dennoch bezahlen. Ich gebe aber zu, dass dieser Vergleich etwas sehr weit hergeholt ist.
Dem Bericht des Landesrechnungshofs ist ein weiterer Kritikpunkt zu entnehmen. Die amtlichen Kontrollen der Betriebe sind nach EU-Recht auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit durchzuführen. Hierbei gibt es Defizite bei vielen Veterinärämtern auf Kreisebene, die aus Sicht des Verbraucherschutzes nicht hingenommen werden dürfen. Auch bei festgestellten Verstößen gegen das Lebensmittelrecht wenden einige Veterinärämter offenbar die zur Verfügung stehenden Instrumente des Verwaltungszwangs nicht ausreichend an. An dieser Stelle muss offensichtlich von den Kreisen nachgebessert werden, auch wenn Landesrechnungshof und Landwirtschaftsministerium uneinig darüber sind, ob ausreichend und genügend qualifiziertes Personal dort zur Verfügung steht.
Der SSW schlägt nun als Lösung dieses Problems vor, künftig alle amtlichen Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung für die Betriebe vollständig gebührenpflichtig zu machen und so Kosten in Höhe von einigen Millionen Euro vom Land fernzuhalten.
Aus dem Bericht des Landeslabors 2008 geht hervor, dass zum Beispiel von den circa 6.000 von den Kreisen eingesandten Proben von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika und Fleischprodukten, die mikrobiologisch untersucht worden sind, 15 % nicht den Vorschriften entsprachen. Die Kosten für die beanstandeten Proben wurden von
den Betrieben bezahlt. Der Rest wird vom Land getragen und soll nach dem Willen des SSW künftig von den im Einklang mit dem Lebensmittelrecht produzierenden Betrieben getragen werden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dies wirklich der richtige Weg im Sinne des Verbraucherschutzes ist.
Schleswig-Holstein sollte nicht zu schnell einen Sonderweg in Deutschland einschlagen. Der Verbraucherschutz ist eine staatliche Aufgabe, zu der auch die Lebensmittelüberwachung gehört. Dabei stehen wir Verbesserungsvorschlägen offen gegenüber, um die Verbraucherinnen und Verbraucher angemessen und wirtschaftlich vertretbar zu schützen. Dies gilt vor allem für verbesserte Betriebskontrollen durch die Kreisbehörden. Ob auch die Kosten für nicht beanstandete Proben von den Betrieben getragen werden müssen, sollte aber intensiv mit allen Beteiligten im Ausschuss diskutiert werden.
Es gibt natürlich Lebensmittelbetriebe, die solche Kosten leichter tragen können als andere, je nachdem, wie groß sie sind, wie viel Umsatz sie machen und so weiter. Zumindest sollte man das bei der Sache berücksichtigen. Ich finde, die Idee einer Härtefallregelung wäre ein möglicher Ansatz. Aber - wie schon gesagt - darüber müsste man im Ausschuss noch einmal genauer reden.
Der SSW-Antrag geht im Grunde in die richtige Richtung, in Richtung der Stärkung des Verbraucherschutzes. Wir als SPD werden nach der Sommerpause das Thema Verbraucherschutz erneut einbringen. Ich denke, wir sollten hierzu noch einiges gemeinsam im Parlament diskutieren.
Ob der vom SSW aufgenommene Vorschlag des Landesrechnungshofs diesmal brauchbar ist, möchten wir uns gern - wie schon gesagt - im zuständigen Ausschuss genauer ansehen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, ob groß oder klein, ob alt oder jung, sind Verbraucherinnen und Verbraucher. Aus diesem Grund ist ein guter Verbraucherschutz wichtig und unter ande
rem auch durch amtliche Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung zu gewährleisten. Um jedoch über eventuell erforderliche Veränderungen in diesem Bereich zu reden, fehlt uns eine detaillierte Darstellung der Ist-Situation. Mit unserem Änderungsantrag bitten wir die Ministerin, den Ausschuss entsprechend zu unterrichten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen vom SSW, Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass wir auch erst dann feststellen können, ob die EU-Vorgaben in Schleswig-Holstein erfüllt werden oder nicht. Die Behauptung in dem Antrag, dass sie nicht erfüllt sind, müsste dann im Einzelnen noch belegt werden.
„dass eine ordnungsgemäße Lebensmittelüberwachung nur durch eine umfassende Gebührenregelung zu gewährleisten ist“.
Der SSW bezieht sich hier sicherlich auf den Bericht des Landesrechnungshofs aus diesem Jahr. Doch zusätzliche Gebühren füllen vielleicht die Kasse, aber sie regeln weder die Häufigkeit der Kontrollen, noch führen sie zu effizienteren Strukturen.
Und wenn Sie vom SSW hier schon den Landesrechnungshof ins Feld führen, dann müssen Sie auch die weiteren Verbesserungsvorschläge des Landesrechnungshofs berücksichtigen.
Der Landesrechnungshof schlägt nämlich ebenfalls vor, ob nicht durch Umstrukturierung, Kooperationen der Kommunen und Kreise sowie einer durchdachten angepassten Aufgabenverteilung Leistungssteigerungen in der Lebensmittelüberwachung erreicht werden können.
Des Weiteren muss die Zusammenarbeit zwischen den Veterinärämtern und dem Landeslabor optimiert werden, um einen reibungslosen Ablauf bei den Kontrollen zu gewährleisten. Dazu soll uns im Einzelnen die Ministerin auch einmal berichten.
Dies hat meine Fraktion im Dezember 2005 übrigens hier schon einmal mit einem Antrag zur Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelüberwachung gefordert.
aufhin überprüfen, ob nicht durch eine weitere Schwerpunktbildung die Arbeit der Labore effektiver und wirtschaftlicher gestaltet werden kann.
Aus diesen Gründen lassen Sie uns doch zunächst den Bericht der Ministerin abwarten, bevor wir uns dem komplexen Thema der kostendeckenden Gebühren zur Lebensmittelüberwachung widmen. Haushaltskonsolidierung ja, jedoch müssen wir auch alle Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung überprüfen, um nicht auf der anderen Seite ungeprüft und leichtfertig das Geld wieder für mehr Personal und Bürokratie auszugeben.
Lebensmittelkontrollen müssen den Vorschriften entsprechend durchgeführt werden. Aus diesem Grund erachten wir einen Bericht über die Jahre 2007, 2008 und 2009 für zwingend notwendig, um den Handlungsbedarf genau einschätzen zu können und die vielleicht vorhandenen Schwachstellen des derzeitigen Systems zu erkennen.
Zu einem guten Verbraucherschutz gehört nicht nur die Kontrolle in angemessenen Prüfungsintervallen, sondern auch ein schnelles Verwaltungshandeln und ein umfassender Informationsaustausch zwischen den einzelnen Behörden. Deshalb möchten wir auch wissen, wie die Behörden miteinander vernetzt sind, und bei wie vielen Kontrollen Verstöße festgestellt worden sind sowie wie diese gemeldet und abgestellt werden. Denn wir wollen nicht, dass ein unter Umständen ineffektives Kontrollsystem weiter ausgebaut wird. Eine alleinige Erhöhung von Gebühren würde das bestehende System jedenfalls nur aufblähen und ineffizienter machen.
Eines können wir für die FDP-Fraktion in jedem Fall abschließend feststellen: Gebühren für Regelkontrollen und für nicht beanstandete Proben werden wir nicht unterstützen. Das wäre für uns vergleichbar mit einer routinemäßigen Polizeikontrolle, in der nichts zu beanstanden ist, aber nach der Kontrolle trotzdem eine Verwaltungsgebühr fällig wird. Und das kann auch eigentlich nicht der SSW wollen.