Protocol of the Session on July 7, 2010

Danke! Das ist doch mal ein richtig netter Kollege! - Aber das war jetzt ein bisschen viel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon der Klimaschutz und die Endlichkeit der fossilen Energieträger erfordern den Umstieg auf ausschließlich erneuerbare Energien. Neben der Windund Sonnenenergie ist die energetische Nutzung von Biomasse daher ein unentbehrlicher Eckpfeiler für die Energiewende. Biomasse ist gerade in Schleswig-Holstein ein unverzichtbarer erneuerbarer Energieträger und steht in großer Menge und vielfältiger Art zur Verfügung. Im Vergleich zu Sonnen- und Windenergie besitzt Biomasse den Vorteil, dann zur Energieerzeugung eingesetzt werden zu können, wenn auch die Nachfrage nach Energie besteht. Nebenbei bleibt - anders als beim Import von fossilen Energieträgern - die Wirtschaftskraft in der Region und stärkt so Einkommen und Arbeitsplätze vor Ort.

(Heiner Rickers)

(Beifall der Abgeordneten Olaf Schulze [SPD] und Ranka Prante [DIE LINKE])

Die Nutzung von Biomasse ist vielfältig. Sie reicht von der traditionellen Nutzung von Holz für die Wärmeerzeugung über die Nutzung flüssiger Biomasse als Ölersatz bis hin zur energetischen Nutzung von Biogas. Hier sind durch weiter intensive Forschung - zum Beispiel für die zweite Generation von Biokraftstoffen aus der gesamten Pflanze noch viele Entwicklungen zu erwarten, damit die heutigen Probleme gelöst werden.

Allerdings muss sich die Biomassenutzung auch sozialen, ökologischen und ethischen Anforderungen stellen.

(Beifall der Abgeordneten Regina Poersch [SPD] und Olaf Schulze [SPD])

Wir beobachten in vielen Teilen unseres Landes mit großer Sorge den zunehmenden Anbau von Mais in großflächigen Monokulturen. Fehmarn ist nur ein Beispiel. Dies ist nicht nur ein Nachteil für die touristische Attraktivität und die Artenvielfalt, sondern auch eine Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln.

(Beifall bei der SPD)

Die Landwirte stecken hier in einer Zwickmühle. Sie können in den Pachten für den Anbau zum Beispiel von Weizen nicht mit dem Anbau von Mais für Biomasseanlagen konkurrieren. Viele wählen daher den Ausweg, auch auf Maisanbau umzusteigen, werden so vom Landwirt zum Energiewirt und vergrößern die Probleme für die Landwirtschaft insgesamt.

In unserem Wahlprogramm haben wir daher eine klare Position bezogen: Die Förderung nachwachsender Rohstoffe kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, eine Ausweitung der Anbauflächen - insbesondere von Mais - bringt aber erhebliche Probleme wie die Verdrängung von Grünland und eine Veränderung der Landschaft mit sich. Neue Biogasanlagen sollten nur noch in Ausnahmefällen wie zur Versorgung von Höfen und Dörfern mit zusätzlicher Wärme und zur Verwertung von Reststoffen errichtet werden.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE])

Wir wollen keinen Stopp bei der Biomasse-Entwicklung, aber die richtigen Leitplanken setzen, um ungewünschte Entwicklungen zu verhindern und die Erfolgsgeschichte aller erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein fortzusetzen. Hier sind

die Bio-Regionen besonders erfolgversprechend, da sie bürgerschaftliches Engagement mit Klimaschutz und Energiewende verbinden.

Der insgesamt etwas kleinteilig orientierte Antrag der Grünen macht teilweise gute Vorschläge, wie wir die Biomasse nachhaltiger nutzen können. Allerdings haben wir erhebliche Zweifel, ob zum Beispiel durch den Landesentwicklungsplan die gewünschte Steuerung gelingen kann. Der Antrag ist es aber wert, in all seinen Facetten im Ausschuss vertieft diskutiert und dann eventuell verbessert beschlossen zu werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Oliver Kumbartzky das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Fraktion der Grünen, Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass die Biomassenutzung und Bioenergienutzung ein wichtiger Baustein auf dem Weg sein kann, 100 % erneuerbare Energien zu erreichen. Dieses Ziel lässt sich jedoch nur mit einer auf Effizienz ausgerichteten energetischen Nutzung der Biomasse erreichen. Sie ersetzt fossile Energieträger. Daher mindert ihre Nutzung sowohl im Bereich der Strom- und Wärmeproduktion als auch im Bereich der Treibstoffproduktion den Ausstoß von klimaschädlichem CO2.

Schon im Energiekonzept der Landesregierung steht geschrieben:

„Die stoffliche und energetische Nutzung von Biomasse hat einen wesentlichen Anteil an der Erzeugung erneuerbarer Energie und trägt darüber hinaus auch zur Beschäftigung und Wertschöpfung im ländlichen Raum bei.“

Laut Statistik hatte im Jahr 2007 die Biomasse einen Anteil in Höhe von 30,7 % am Endenergieverbrauch der erneuerbaren Energien und einen Anteil von 47,2 % am Primärenergieaufkommen der erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein.

Auf der einen Seite müssen wir Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen. Gleichzeitig müssen Wege zu einer stärkeren Energieunabhängigkeit gerade in den ländlichen Regionen gefunden wer

(Sandra Redmann)

den. Zur Erreichung dieser Ziele wird die Nutzung von Biomasse immer wichtiger.

Fakt ist, dass auf Bundesebene an einer EEG-Novelle gearbeitet wird. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene steht:

„Wir wollen den Weg in das regenerative Zeitalter gehen und die Technologieführerschaft bei den erneuerbaren Energien ausbauen. Die Potenziale für Innovation, Wachstum und Beschäftigung beim Umbau unseres Energiesystems sind gewaltig.“

Weiter heißt es:

„Wir werden mit Wirkung zum 1.1.2012 eine EEG-Novelle auf den Weg bringen, die die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Technologie wahrt. Wir wollen bei der BiomasseVerstromung organische Reststoffe gegenüber nachwachsenden Rohstoffen stärker gewichten...“

Das wird von der FDP-Landtagsfraktion natürlich ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der FDP)

Mit der EEG-Novelle 2009 sind schon Weichen gestellt worden. Die Einspeisevergütung für Kleinanlagen wurde verbessert, und es wurden ein Güllebonus und ein Bonus für nachwachsende Rohstoffe eingeführt.

Begrüßen möchte ich an dieser Stelle die vor Kurzem beschlossene Novelle des Bundeswaldgesetzes. In dem neuen Gesetz wird die Produktion von Biomasse in Kurzumtriebsplantagen geregelt. Angesichts der deutlichen ökologischen und ökonomischen Vorteile der Produktion von Biomasse in Agroforstsystemen gegenüber dem Maisanbau ist diese Weichenstellung längst überfällig gewesen und wurde nun von Schwarz-Gelb endlich beschlossen.

Meine Damen und Herren, die FDP-Landtagsfraktion steht der energetischen Nutzung von Biomasse grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Anbauflächen für zusätzliche, energetisch zu nutzende Biomasse begrenzt ist. Deshalb verschärft sich die Nutzungskonkurrenz für Biomasse. Für uns ist die Nahrungsmittelproduktion weiterhin vorrangige Aufgabe der Landwirtschaft.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Vielen Dank, Herr Matthiessen. Das ist das erste Mal.

Nahrungsmittelkonkurrenzen müssen bei der Förderung beachtet werden. Zudem muss die Förderung von Biomasse für alle Betroffenen planbar sein. Im Hinblick auf die Flächenkonkurrenz von Nahrungsmitteln und Energiepflanzen ist stets ein ausgewogenes Verhältnis zu beachten.

Damit bin ich bei den Nachteilen der energetischen Nutzung von Biomasse. Es kommt verstärkt dazu, dass sich Bürger von einer Biogasanlage in der unmittelbaren Nachbarschaft belästigt und gestört fühlen. Zudem steigen die Preise für Ackerflächen deutlich. Der Grund hierfür ist die mögliche Nutzung der Flächen für die Energiegewinnung. Monokulturen, die ein Ergebnis der Rohstoffproduktion sind, wirken sich negativ auf die Tier- und Pflanzenwelt aus.

Die Energieerzeugung eröffnet Chancen für das zukünftige Einkommen des Landwirts. Eine Diversifizierung der Einkommensquellen ist, auch unter dem Gesichtspunkt der Veränderung zukünftiger EUSubventionszahlungen notwendig. Allerdings betrachten wir die Biogasanlagen nicht als eine Haupteinkommensquelle, sondern als eine Nebeneinkommensquelle der Landwirtschaft. Darüber hinaus ist zu beachten, dass etwa ein Fünftel der Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein direkt oder indirekt mit der Landwirtschaft verbunden ist.

Der Antrag der Grünen geht in die richtige Richtung, wenngleich mit der von mir erwähnten Novelle des EEG sicherlich auch die richtige Richtung eingeschlagen wird. Ich freue mich auf eine eingehende Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich der Frau Abgeordneten Ranka Prante das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann jetzt einige Sätze sagen, die aber alle schon einmal vorgelesen worden sind. Deshalb werde ich nur einige Aspekte aus meiner Rede herausgreifen; denn das meiste ist bereits gesagt worden. Ich muss wieder einmal eine große Einigkeit feststellen.

(Zuruf von der FDP: Das ist doch schön!)

- Ich freue mich auch.

(Oliver Kumbartzky)

Die Vorteile von Biomasse liegen auf der Hand. Die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen dient der Schonung von Rohstoffen und Ressourcen. Außerdem ermöglicht die Nutzung von Biomasse eine nahezu CO2-neutrale Energieerzeugung.

Die Nachteile sind jedoch auch nicht von der Hand zu weisen. Biomassenutzung begünstigt die Zerstörung von Ökosystemen, da es zu einer Zerstörung von Biodiversität kommen kann. Zudem gibt es eine Nutzungskonkurrenz, wenn Getreide plötzlich nicht mehr zur Herstellung von Lebensmitteln, sondern zur Treibstoffproduktion genutzt wird. Daher ist es notwendig, die Biomasse aus der zweiten Generation mit gesetzlicher Hilfe in den Vordergrund zu rücken; denn diese liefert eine höhere Energieausbeute und konkurriert weit weniger mit der Lebensmittelherstellung als ihre Vorgänger.

Daher begrüßen wir den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Antrag greift sämtliche Kritikpunkte auf, die wir im Hinblick auf die bisherigen Regelungen zur Biomasse angemerkt haben. Außerdem werden damit die Biomasse der zweiten Generation und deren Vorteile in den Vordergrund gerückt. Fakt ist, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Anpassung benötigt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir kennen viele Länder, in denen Monokulturen wie zum Beispiel Soja und Palmöl in riesigen Mengen angebaut werden. Brasilien ist ein gutes Beispiel dafür, wie man es falsch macht. Wenn große Regenwaldflächen abgeholzt werden, um für den Anbau von Pflanzen Platz zu machen, die für Treibstoffe oder Biomasse genutzt werden, dann ist das für die CO2-Bilanz der Biomasse nicht von Vorteil.

Auch hierzulande müssen Monokulturen verhindert werden. Dies betrifft in Schleswig-Holstein besonders den Mais- und Rapsanbau.