Protocol of the Session on June 18, 2010

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Zum demografischen Wandel: Sie haben gesagt, 1.300 Stellen sollen im System bleiben. Das war noch im Herbst klar. Wir haben Mittwoch vom Ministerpräsidenten gehört, dass dieser Punkt komplett einkassiert wird. Jetzt sagen Sie im Juni 2010, zum nächsten Jahr sollen 10 Millionen € kommen. Bis zum Dezember sind es noch sechs Monate. Wer weiß, was Ihnen da noch einfällt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Ich möchte das hier noch einmal ganz kurz deutlich machen: Die Rahmenbedingungen haben sich im Prinzip überhaupt nicht verändert. Sie verweisen immer auf die neue Situation. Die Schuldenbremse, auf die Sie sich hier immer beziehen, existiert nicht erst seit der letzten Landtagstagung. Die Schuldenbremse existiert seit Mai 2009 auf Bundesebene.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki?

Nein, jetzt komme ich zu Herrn de Jager, weil Herr de Jager uns klargemacht hat, wie es dazu kam, dass die Ergebnisse des Bildungsgipfels jetzt nicht mehr eingehalten werden können. Wir haben das Thema länger im Bildungsausschuss erörtert. Dort war die Frage, warum die Zusagen, die am 16. Dezember noch gemacht worden sind, nämlich 13 Milliarden € für Bildung und Forschung auszugeben, nicht eingehalten wurden, obwohl sich keine Rahmenbedingungen verändert haben. Da hat der Ministerpräsident unterschrieben. Sie, Herr Miniser de Jager, haben zugegeben, dass die Schuldenbremse vorher schon bekannt war. Sie haben gesagt: Ja, das strukturelle Haushaltsdefizit war vorher schon bekannt. Herr de Jager hat im Ausschuss gesagt, das Problem, einzuhalten, was der Ministerpräsident am 16. Dezember zugesagt hat, lag darin, dass Herr Wiegard kurz vor Weihnachten einen Brief geschrieben hat, in dem es um die konkrete Umsetzung des Haushalts und um die Einhaltung der Schuldenbremse in der Praxis ging. Das ist schon ein hartes Stück: Am 16. Dezember zuzustimmen und kurz vor Weihnachten - nach einer Woche überrascht darüber zu sein, dass man plötzlich einen Haushalt aufstellen muss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Das zeigt, wie viel die Worte dieser Regierung wert sind. Dann wird vom Ministerpräsidenten gesagt, der Landesanteil sei so hoch, der Bundesanteil sei zu gering. Ich erinnere noch einmal an die Plenardebatte, die wir zu diesem Thema im letzten Dezember hatten. Der Ministerpräsident hat da ganz klar gesagt: Wolfgang Kubicki und ich, wir waren bei Angela Merkel; wir haben nicht nur Kekse gegessen, wir haben richtig etwas herausgehandelt. Dafür habe ich Sie auch noch gelobt, weil ich gesagt habe, ein Anteil der Länder von 40 % sei in Ordnung. Nachdem er erzählt hat, dass der Kofinanzierungsanteil auf Ihr Betreiben hin so stark gestiegen sei, hat er gesagt: Super, Leute, jetzt schaffen wir das. Ohne dass sich etwas verändert hat, denn dazu braucht man eigentlich nur die Multipli

kation, aber das brauche ich Ihnen ja nicht zu erzählen -

(Zurufe)

- Ich kann das vorrechnen. Es sind 13 Milliarden €. Wenn der Bund davon 40 % zu übernehmen bereit ist, bleiben für die Länder logischerweise 60 %. Das ist es im Großen und Ganzen. Nehmen Sie dann den Königsteiner Schlüssel. Damit kommen Sie auf die mindestens 100 Millionen €, von denen Sie in Ihren Papieren immer gesprochen haben und von denen Sie gesagt haben, sie stünden für den Landeshaushalt als Kompensation bereit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe)

- Herr Wiegard, Sie legen ja keine Rechnung vor, deshalb müssen wir selbst multiplizieren. Rückkehr zur Glaubwürdigkeit: Das kann nur gelten, wenn man eine schizophrene Persönlichkeit zugrunde legt. Das unterstelle ich Ihnen aber nicht. Deshalb bin ich der Meinung, dass Sie wider besseres Wissen hier bestimmte Versprechungen gemacht haben.

Ich gehe zum nächsten Punkt. Die 10 Millionen € im Dezember sind unsicher. Ich glaube, das gilt auch für die Kita-Standards.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die gestatte ich jetzt nicht mehr. Herr Minister Klug, Sie haben gestern im Bildungsausschuss noch einmal gesagt: Wir werden an den Standards festhalten. Ihre Entschlossenheit in diesem Punkt ließ etwas zu wünschen übrig. Sie haben sehr im Konjunktiv gesprochen. Ich glaube, die Eltern sind verraten und verkauft, wenn sie dem Minister für die gymnasiale Oberstufe vertrauen müssen, wenn es um die Standardabsicherung bei den Kitas geht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Klahn, Sie haben auch über das Thema Standardabsicherung gesprochen. Das ist im Paket mit drin. Ich glaube nicht, dass sich ein Mensch, für den die Menschwerdung in der gymnasialen Oberstufe beginnt, an dieser Stelle so massiv für die Kitas einsetzt.

Herr von Boetticher, Sie haben viel über Benchmarks gesprochen. Ich kann nachvollziehen, wenn

(Anke Erdmann)

Sie sagen, beitragsfreie Kita-Jahre gebe es nicht in allen Ländern. Das stimmt. Es ist auch klar, dass es sehr willkürlich ist, welche -

(Zurufe von der FDP)

- Sie haben mein Argument noch nicht gehört. Ich sage, Sie haben ein Benchmark-Argument eingebracht. Sie können sich nicht nur anschauen, wo die beitragsfreien Kita-Jahre sind und wo nicht, sondern man muss sich auch anschauen, wie groß der Landesanteil und wie groß der Elternanteil in den verschiedenen Bundesländern ist. Da sieht es in Schleswig-Holstein einfach bitter aus. Das ist das Problem mit Benchmarks. Man muss das Richtige treffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn wir Ihr Gesetz so beschließen, wie Sie es machen wollen, dann sind wir in einem Punkt wieder Spitze, und das ist der Punkt der Elternbeteiligung. Die Eltern in Schleswig-Holstein zahlen dazu, und das ist ein Problem.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Frau Kollegin Antje Jansen das Wort.

(Zurufe)

Herr Kubicki, hören Sie zu! - Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Die Landesregierung und die Fraktionen der CDU und der FDP haben ihr Programm zur Haushaltskonsolidierung aufgelegt. Das haben wir in diesen Landtagstagen erlebt. Natürlich musste da eine Überschrift drauf: „Handlungsfähigkeit erhalten Zukunftschancen ermöglichen“. Auf die sind Sie wirklich stolz, aber nach unserer Meinung müssen Sie sich für dieses Programm schämen.

(Beifall bei der LINKEN)

Womit fangen Sie in der Umsetzung an? - Es genügt Ihnen nicht, uns einen Gesetzentwurf vorzulegen, den Sie durch das Parlament peitschen wollen. Für die Formalien wird eben ein wenig eingeflickt. Da werden von der FDP ruckzuck ein paar Stellungnahmen aus dem Hut gezaubert. Frau Herdan

von der CDU - leider geht sie gerade -, Sie haben in Ihrem Redebeitrag Argumentationen auf den Tisch gelegt, die erklären, warum das beitragsfreie KitaJahr nicht bei den Eltern angekommen ist. Haben Sie uns Abgeordneten Belege aus den Kreisen, aus den Gemeinden und aus den kreisfreien Städten vorgelegt, die zeigen, wie die Belegung in den Kindertagesstätten letztlich gewesen ist, als das beitragsfreie Jahr eingeführt wurde? - Nein. Sie haben -

(Zurufe)

- Das Papier, das Sie uns vorgelegt haben, ist ein Papier auf der Grundlage, dass jetzt 9 Millionen € weniger aufgewandt wurden, also nur 26 Millionen € und nicht 35 Millionen €. Im Hauruckverfahren legen Sie uns heute Morgen dieses Papier vor. Das belegt noch lange nichts. Erst gab es einen Geburtenrückgang. Man kann Kinder auch hier in Schleswig-Holstein nicht einfach herzaubern, um Zahlen zu belegen. Auf der anderen Seite ist Ihr Sparzwang, den Sie sich hier auferlegt haben, ein ich sage einmal - gefühlter Beleg dafür, um dieses beitragsfreie Kindergartenjahr abzuschaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kubicki, es ist bei den Eltern und bei allen Vereinen und Verbänden angekommen, wenn Sie sagen, das seien diejenigen, die nicht dafür waren. Ich sage Ihnen: Vor anderthalb Wochen war hier eine große Demonstration. Dort haben alle Vereine, Verbände und Träger gezeigt: Sie kämpfen dafür, dass das beitragsfreie Kindergartenjahr erhalten bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich muss Ihnen sagen: Sie haben sich mit Tricksereien für Ihren Gesetzentwurf vor einer ordentlichen Anhörung, vor Stellungnahmen und vor ernsthaften Debatten schützen wollen. Sie haben heute Morgen, natürlich mit Beschluss, im Hauruckverfahren eine Anhörung stattfinden lassen. Die ist für uns als Abgeordnete oder auch als Fraktion nicht ehrlich. Wir konnten den Vereinen und Verbänden nicht unsere ernsthaften Fragen stellen. Wir konnten nicht erfahren, wie sie das sehen. Nur weil Sie sparen wollen, und zwar an der falschen Stelle, haben Sie gesagt, das müsse jetzt abgeschafft werden.

Frau Herdan, wenn Sie sagen, wir hatten einen ausgeglichenen Haushalt, dann frage ich Sie: Was haben Sie in der ganzen Zeit mit dem Geld gemacht, dass wir so hoch verschuldet sind? - Haben Sie es den Reichen in die Tasche gesteckt, oder was?

(Anke Erdmann)

Das ist eine Aussage, die nicht richtig ist. Vielleicht müssen Sie ja mit diesen Tricksereien arbeiten, denn Sie beginnen Ihre Version von Haushaltskonsolidierung ausgerechnet damit, dass Sie uns hier einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem Sie den schleswig-holsteinischen Kindern die Zukunft kürzen. Chancengleichheit wird in Schleswig-Holstein damit zur Farce.

Das ist etwas, was sich die Bürgerinnen und Bürger hier im Land nicht so einfach gefallen lassen, meine Damen und Herren, das haben Sie ja auch erlebt.

(Beifall bei der LINKEN)

Eltern, Träger und Gewerkschaften haben sich in einem Aktionsbündnis zusammengetan, wie man es sich breiter gar nicht vorstellen kann. Eltern, Arbeitnehmer und Arbeitgeber sagen gemeinsam: „Kürzt den Kindern nicht die Zukunft. Uns reicht's!“

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kubicki, wenn Sie meinen, Kinder würden hier für politische Zwecke vorgeführt, dann sage ich Ihnen: Wir haben Bildungsleitlinien in den Kindertagesstätten, die uns Erzieherinnen und Erzieher verpflichten, politische Mitwirkung in den Kindertagesstätten anzubieten. Sie müssen auch lernen, sich für ihre Interessen einzusetzen. Das können wir unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Kindern die Chance genommen wird, gleiche Bildung zu erfahren, haben sie ein Recht, auch mit fünf oder sechs Jahren hier vor der Tür zu stehen und zu demonstrieren, Herr Kubicki.